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pool #52 08.07.-14.07.2000

pool #51 / pool #53



Nachtarbeit 3:
Ich sitze in einem völlig leeren Airbus der Lufthansa, den man um die mittleren Sitzreihen erleichtert hat. Außer meiner Reisebegleiterin, der Schauspielerin Christina Ricci aus "Eissturm" und mir, befinden sich offensichtlich nur noch zwei Mittvierziger-Sekretärinnen an Bord. Wir sind nach Leipzig gebucht, aber es geht nicht los. Die Purserin meint, wir könnten uns ja noch ein wenig die Beine vertreten bevor es losgeht. Sie würde mich dann auf dem Mobiltelefon anrufen, wenn es losgeht. Also gehen Christina Ricci und ich noch einmal in mein Hotelzimmer, wo ich ihr ein gemeinsam mit Jürgen Nerger verfaßtes Gedicht vortrage, das auf einem Computer mit türkis wabernden liquiden Bildschirm gespeichert ist. Die Buchstaben leuchten gelblich auf diesem grünen Grund und aus unerfindlichen Gründen ist das Gedicht mittig formatiert. Als ich kurz aufsehe, um festzustellen, wie ihr das Gedicht gefällt, bemerke ich das völlige Desinteresse in ihrem Gesicht. Zudem erkenne ich erst in diesem Moment, daß sie völlig in Pink und Lila überschminkt ist. Wir gehen zurück zur Maschine. Auch das personla ist jetzt verschwunden. Eine der Sekretärinnen, es ist die Schauspielerin Kristin Scott Thomas, spricht mich von der Seite an: "Sie hat die Stewardess wohl auch nicht angerufen?" Als ich zu ihr hinunterblicke, sehe ich, daß sie sehr klein ist und ein schwarzes Abendkleid mit Pailletten trägt.
Bevor ich antworten kann, wache ich auf.


Eckhart Nickel Heidelberg, Europäischer Sommer-Monsun, - 08.07.00 at 12:37:34

 



First Tuesday, Berlin, Sophiensäle; Ludwig-Erhard-Haus.
Die Ladies (3)


Antje Majewski - Berlin - 08.07.00 at 15:50:12

 

 






Für Antje Majewski


Martin Fengel - München - 08.07.00 at 15:51:52

 


antje dorn, berlin, - 08.07.00 at 16:36:43

 

 



 


Der Hemdindieunterhosenstecker

wer kennt ihn nicht?


Georg M. Oswald - 08.07.00 at 22:12:18




Fr.Höper Andrea GeraldW Eiseisbaby wch LanaHoff Corvus (ohne Reihenfolge)

Moonsafari Virgin Suicides Premieres Symptomes (ohne Reihenfolge)

Beth Hirsch wird auf dem Soundtrack zu Krieger&Kaiserin; singen. So schließen
sich die Ringe.


HelK m, - 09.07.00 at 11:47:46




Nachmittagsarbeit 1
Ich befinde mich in einem engen, mit hohen dunklen Holzregalen ausgestatteten Tabkageschäft. Außer mir stehen noch etwa 3-4 Kunden herum. Die Besitzerin des Geschäftes eilt zwischen den mit Zigarrenschachteln vollgestopften Regalen umher. Sie trägt eine schwarze Kurzhaarfrisur, etwa wie Liza Minelli in Cabaret, wenn ich mich recht entsinne, und hat ein rundes Gesicht mit großen Kulleraugen. Ihre Lippen sind tiefrot geschminkt. Sie sagt: "So, heute erraten wir einen russischen Schriftsteller, der in den dreißiger Jahren geboren wurde und dessen Hauptwerk"- jetzt sagt sie einen Titel, den ich wage als 'Das Ding mit dem Nichts' erinnere - "hieß und der nur in den besten Kreisen der russischen Aristokratie verkehrte." Die Damen, es sind ausschließlich Damen, wie ich in diesem Augenblick bemerke, raten wild herum, es fallen Namen wie "Pasternak!", "Jewtuschenko?", "Ah, Sie meinen Brodsky!". Und als mich plötzlich alle ansehen, als hätte ich den Namen auf den Lippen, und eine unerträgliche Stille das Geschnatter ablöst, wache ich auf.


Eckhart Nickel Heidelberg, - 09.07.00 at 12:43:48




Sollte man nicht eher Milde walten lassen mit dem Hemdindieunterhosenstecker? Jener armen Figur, der die Mutter noch bis zum zwölften Lebensjahr die Haare gewaschen hatte? Dem man an den etwas zu feingliedrigen Fingern,der papiernen Gesichtsfarbe und den Augenringen ansah, dass er zu viel onanierte? Der seine Nerd-Aura nicht durch Intelligenz kompensieren konnte, weil besagte Mutter leider während der Schwangerschaft zu viel geraucht und getrunken hate? Dessen wichtigste Bezugsperson während der Pubertät die Großmutter war? Der wegen orthopädischer Leiden vom Sportunterricht befreit wurde? Der Modern Talking hörte und Karl May las, als man mit Human League und Charles Bukowski beweisen mußte, dass man vorndran war? Dem wir kürzlich in der Fußgängerzone begegneten, wo er uns von seinem Job bei Siemens erzählte? Nicht als Programmierer. Als nieder Verwaltungscharge. Hat sein auch noch nach fast zwanzig Jahren uns gegenüber unsicher scheeler Blick nicht gezeigt, dass er so sehr gelitten hat unter unseren Hänseleien? Denn grausam waren wir bis ins hohe Alter des Abiturientendaseins.


Andrian Kreye, NY, - 09.07.00 at 16:46:13




Über der Toreinfahrt eines unrenovierten Altbaus in der Kastanienallee steht in geschwungener Schrift: Messias-Kapelle. Aus fast allen Fenster schauen Ausländer auf die Strasse. Manche haben die Scheiben verschlossen und stehen gedrängt dahinter, andere haben sich auf die Fensterbank gesetzt. Ein Asylantenheim betrachtet die Fuckparade. "Fuck da Loveparade, love da fuckparade", steht auf einem Wagen, manche Asylanten nicken rhytmisch zur Musik, wenn diese dies erlaubt. Von einem schwarz verkleideten Lastkraftwagen kommen Hubschraubergeräusche, Explosionen, Kreischen. Jedes Land braucht seinen Krieg, sagt ein Asylant zu sich, die glücklichen zur Unterhaltung. Aber er versteht sein eigenes Wort nicht. Auf den Wagen tragen sie Schalldämpfer oder Oropax, in Hauseingängen sitzen schutzlos Zurückgebliebene wie benommen und starren ins Leere. Zwei weibliche Mitglieder der Gothicbewegung teilen sich die zwei Kopfhörer eines Walkman, um anzudeuten, dass es auch noch Musik gibt mit melancholischen Elementen. Es herrscht Krieg in den Städten, behaupten die herrschenden Geräusche, sei nicht traurig. Wer es versucht, kommt nicht weit. Er klagt gegen eine Mauer aus Sound. Auf den Wagen nicken die Köpfe: das Leben ist hart wie ein Brett. Auf Hüfthöhe werden geballte Fäuste geschüttelt, d. h.: Kraft und vorwärts. Der Zug geht in Richtung Mauerpark und vorbei an der expandierenden Gastronomie. Es gibt mexikanische Maisteigtaschen und indischen Rahmspinat. Den Essern vergeht der Appetit, denn die Beschallung sagt: Maschinen leben länger. Die Musik hat Störgeräusche integriert, sie frisst alles. Diese Musik herrscht alles an. Kein Mauerwerk bleibt ungerührt. Polizeibeamten begleiten auch diesen Zug ins Irgendwo. Altpunks, verirrte Neonbunte, Schrotttunten, schöne Schwule, die sich das Arschloch massieren, Alexandra, Blechgesichter, schlaue Studenten proben den Lumpenaufmarsch, den Totentanz, den Sklavenzug. Es ist überhaupt kein Tier zu sehen. Der Mensch ist dem Mensch ein Krach. Ein Wagen nennt sich Mutter Erde, weil seinem Rhythmus Menschen tanzend folgen können. Aus der Entfernung betrachten Paare mit Kinderwagen das Geschehen und lächeln, weil sie früher auch mal anders waren. Das Kind wird in seiner Jugend jeden Tag eine Cage-Parade veranstalten. Denn: es ist immer etwas in der Luft. Das bekommen wir auch mit Terror nicht weg.
*
Auf der Loveparade hat eine unverkleidete Frau mit Lippenstift auf ihren Arm geschrieben: take it easy 2000.


ernst und blume - 09.07.00 at 22:49:24




1.)
Amok-Fantasien werden genauso reproduziert wie durch Schnittwunden verletzte Körperteile oder komplexe Verhaltensmuster, die sich als gesellschaftlich nützlich erwiesen ...

2.)
Verbrechen sind allein solche, die sittlich nicht geduldet werden, an denen der Staat nicht verdient und für die man - was ökonomisch ebenso bedeutsam ist - Individuen verantwortlich machen kann, die entbehrlich sind ...

Abb.: Zitate unbekannter Herkunft



Andreas Neumeister, Mjunik, - 10.07.00 at 01:00:43




War es beim ersten Mal auch so? Diese lange Gewöhnungsphase, bis dann endlich der Suchteffekt eintrat? Jedenfalls hat letzten Mittwoch Big Brother Amerika begonnen (www.bigbrother2000.com. Gleiches Haus. Gleiche Kamerawinkel. Gleiche Titel- und Jinglemusiken. Eh klar. Die Truppe wie ein Haus voller Kerstins. Gefühlsduselige Klugscheißer. Dem Jargon nach haben sie alle schon ein Jahr Therapie hinter sich. Fettsack George hat gleich mal am ersten Tag schon vor der Gruppe weinen müssen. Weil er seine Familie so vermißt. Worauf Mausgesicht Karen gleich in den Soloraum stürzen und unter Tränen ihre Familienprobleme auspacken mußte.
Die Geheimnisse, die in den nächsten Tagen auf Lüftung lauern: Jamie Krötenkopf ist Schönheitskönigin, Jordan Segelohr Stripperin, und sie finden das beide echt OK. Ab nächster Woche bin ich dann sicherlich ab acht nicht mehr aus dem Haus zu kriegen.

Tagestip: Reality TV zum Selbermachen - ein Besuch bei den Anonymen Alkoholikern. Garantiert mehr Unterhaltungswert als alles was im Fernsehen läuft. In Städten wie New York und Los Angeles mit Extrakitzel: welche Promis tauchen auf?


Andrian Kreye, NY, - 10.07.00 at 07:42:10




Heute 1862.Todestag von Hadrian. Animula vagula blandula. Der einzige römische
Kaiser, von dem ein ganzes Gedicht erhalten ist. (Von Nero nur eine einzige Zeile.) Seltsam. Sollte doch meinen, diese Jungs hätten mehr Mühe darauf verwendet,ihr Werk haltbar aufzubewahren.


HelK m, - 10.07.00 at 19:07:37




IN THE MIND OF A MAD MAN

Folgenden Text hat Tom Metzger aus Kalifornien, selbsternannter Führer der White Aryan Resistance, verfaßt und ihn über geschlossene Mailing Lists in Umlauf gebracht, um seiner Frustration Ausdruck zu verleihen, dass die amerikanische Rechte unfähig ist, RAHOWA (the Racial Holy War) zu beginnen. Metzger sympathisiert seit Jahren mit linksradikalen Elementen. Seine großen Vorbilder sind die RAF und die Roten Zellen aus Deutschland.


Logic says the non white invasion is in high gear and it has been for a long time. But is that the long range answer? I am beginning to think not. In fact I am considering the expansion of my Leninist motto WORSE IS BETTER.

Fact 1. The invasion shows no sign of slacking off.
Fact 2. There is no single act or series of acts that will turn it around or give the white race a lasting shock treatment to do the right thing.
Fact 3.The Resistance is far too small to carry out any meaningful civil war or even widespread underground action.
Fact 4. There is no support from outside the country for any such action. Europe and Russia have their own problems.
Fact 5. The corporate press and media are the most powerful propaganda instruments the world has ever seen.
Fact 6. Even though I have never seen military front line service I have studied it closely on paper and in simulation. Sometimes the only way to salvage the effort is to call in a strike on your own positions. In various war films, we have seen that horrible truth unfold. It's not a pretty sight and most will die, but it gives you the possibility of eventual victory for the few. I have been aware for a long time that our race has lost the first round big time. We didn't loose it, I guess it was just given away.

The only way the race can be saved is to kill the empire. It's way too late for minor surgery. What ever hurts the EMPIRE helps us or at least the Aryans that are left when the smoke clears. Its time to allow the creation of conditions that would make the Weimar Republic in Germany look like Club Med.

Let the flood gates go until white people are hunted like wild dogs for only then will white people learn the habits of wild dogs. Let us be homeless and without food with absolutely nothing to lose . Then the primordial habits of our ancient race will do the job. Tell the non white gangs it's open season on rich whites. Laugh as their mansions burn to the ground. Let the terror mount until no one is safe to drive down any highway. After a time, the layers and stench of liberalism that effects us will peel off like a snake sheds his skin. Gradually the White Beast will reappear. Pull your fingers from the dike, Aryan boy. Let the waters crash over the land. Don't worry there will be hundreds of Tim McVeighs along the way and a growing number of John Kings. Worse is better.


Andrian Kreye, NY, - 11.07.00 at 17:03:55




Hemdindieunterhosenstecker gone berserk.


Georg M. Oswald - 11.07.00 at 20:29:04




Tütentexte

7) Die mit dem Mund voller Zähne und die, die wie ein Kampfhund aussieht, spucken an die Fensterscheibe, als der Obdachlose hinten in der Strassenbahn losleiert. "Gut, ich bin obdachlos, aber ich bin nicht asozial, hört ihr. Ich hab alles verloren, was ein Mensch verlieren kann." Folgt eine lange Liste. "Alles, was ich besitze, ist in dieser Plastiktüte. Wenn ich Geld hätte - ich würd mir 'nen Spaten kaufen und mir ein Loch graben, aber: wer buddelt das dann wieder zu? Ach Leute, ich trink auf eure Gesundheit." Sagt er und prostet unseren Rücken zu. Niemand dreht sich um. Die Spucke läuft die Scheiben runter und die, die wie ein Kampfhund aussieht, kratzt sich am Kopf.


11) Ich zeige Anke die Stadt. Vor Mac Geiz ("Kein Artikel über 20 DM!!! Schotten sind Verschwender - wir nicht!!!") kommt uns ein Mann entgegen.
"Sie wer'n entschuldigen."
"Kommt drauf an, was."
"Ich hätte hier 'ne Tüte mit Bananen. Die wollte ich ihnen gerne schenken. Ich muss jetzt nämlich in die Wanne, und vorher schaffe ich die nicht mehr." Drückt Anke einen Gefrierbeutel mit drei braunen Bananen in die Hand, hebt seine Hand, geht weiter.
"Allmählich verstehe ich, was du meinst", sagt Anke.
Ich könnte jetzt ja auch einiges denken. Ob das mit den Bananen nie ein Ende hat, zum Beispiel. Oder warum er die Bananen nicht nach dem Baden essen kann. Oder ob das was mit Sex zu tun hat. Stattdessen flimmert mir nur ein Satz über die Netzhaut: "'Allmählich'. Lange nicht gehört, das Wort."


18) "Hast du eigentlich nur eine einzige Plastiktüte?"
"Hm?"
"Jedesmal, wenn du hier ankommst, hast du diese dunkelgrüne Plastiktüte in deiner Tasche. Immer nur die. Was steht da eigentlich drauf?" Knistern. "Laura Ashley. Hebst du die auf, so aus Verehrung?"
"Hm-hm."
"Die scheint auch gar nicht zu altern. Bügelst du die?"
"Hmmmmmm..."
"Total unfaltig. Und ein Kassenzettel ist auch drin. He, der ist ja von heute. 'Da.Ro. 169 DM'. Was heisst Da.Ro.? Damenrock?"
"Hmhm."
"Ist das der, den du da gerade anhast?"
"Hmhm."
"Heisst das, dass du jedesmal irgendwas Neues hast, wenn du hier bist?"
"Hmhm."
"Und ich habe nie was gesagt? Nie so ein mickriges 'He, neuer Rock?' Scheisse. Schlimm?"
"Hm-hm."
"Wann sprichst du denn mal wieder in ganzen Sätzen?"
"Wenn es ein Thema gibt."


Kathrin Glosch Halle, - 12.07.00 at 01:49:42




Die Plastiktüte

Der Berliner Maler und Kunstprofessor Bernd Koberling behauptete einmal, er sammle Plastiktüten. Einen ganzen Schrank voll, fein säuberlich an Kleiderbügeln aufgehängt, übersichtlich, so daß er zu jeder Gelegenheit und auf die Kleidung abgestimmt, die passende Tüte herausgreifen kann.
Berlin bietet hier eine vielschichtige Auswahl. In einer Alditüte herumgetragene Habseligkeiten signalisieren absolute Markenverweigerung und ein ironisches Spiel mit eben jener Markenzurschaustellung. Wer seine Lebensmittel bei Aldi kauft, hat mehr Geld übrig für Zigaretten, Alkohol (auch diese sind bei Aldi am günstigsten) und andere Vergnügungen. Die Alditüte steht für ein selbstzerstörerisches, rauschbetontes Leben.
Eine farbenfrohe Alternative dazu bietet die Lidltüte, hübscher, doch leider kein Klassiker.
Trägt man dagegen eine gelbe Plastiktüte des Hauses Reichelt mit sich herum, ist das ein Nullstatment, denn Reichelt steht für gutes Obst und Gemüse, Preis- und Ernährungsbewußtes Einkaufen, ohne eine große Sache daraus zu machen.
Eine Bolletüte trugen nur die Doofen, kein Mensch kaufte bei Bolle und wenn, nur in Notfällen und das war so wenig, daß man es ohne Tüte nachhause tragen konnte. Deshalb gibt es jetzt auch keinen Bolle mehr.
Wer eine Rogackitüte nach Kreuzberg trägt, gibt zu erkennen, daß er aus Charlottenburg kommt und darauf auch Wert legt. Wollte der Charlottenburger seine Herkunft verleugnen und sich bei den Kreuzbergern anbiedern, würde er eine Penny- oder Alditüte wählen.
Eine Bolletüte wiederum wäre in Kreuzberg eine Remineszenz an jenen legendären Bolleladen, Wiener- Ecke Lausitzerstraße, der bei den Straßenkämpfen am 1. Mai 1987 zuerst geplündert und anschließend in Brand gesetzt wurde.


Elke Naters - B - 12.07.00 at 11:39:33







Ursula Döbereiner - 12.07.00 at 16:52:27




TRUE STORIES FROM THE WEST

Sie wollte ihn beeindrucken. Er war einer der angesagtesten Maler im East Village, sollte bald schon zu Ruhm und Reichtum aufsteigen. Sie studierte Medizin, fand sich manchmal etwas spiessig, und deswegen sagte sie, er dürfe sich aus der Pathologie aussuchen, was er wolle. Er sagte, klar, eine Hand. Das fände er cool. Sie meinte, warum nicht gleich einen Kopf. Irgendwie war ihm das unheimlich, aber er wollte sich keine Blöße geben, glaubte sowieo nicht, dass sie das tun würde, und sagte, super, also einen Kopf.

Er hatte die Geschichte schon fast vergessen, da stand sie plötzlich vor seiner Türe. Mit einem Plastikeimer voll Formaldehyd in dem der abgetrennte Kopf eines alten Mannes schwamm. Beute aus dem Kühlhaus mit den Organspenden.

Wochen später. Der Kopf hatte inzwischen seine eigene Ecke im Atelier des Malers. Er dümpelte friedlich in seinem Eimer, war mit einem Tuch verdeckt.
Eines Morgens kam der Maler in sein Atelier und sah, dass ein Einbrecher eingestiegen war. Fernseher und Stereoanlage waren ordentlich am Eingang aufgestapelt, bereit, hinausgetragen zu werden. Auf dem Tisch lag eine Schachtel Zigaretten einer Marke, die der Maler noch nie geraucht hatte, und neben dem abgedeckten Eimer eine Taschenlampe. Der Einbrecher hatte es so eilig gehabt, dass er sogar seinen Mantel liegengelassen hatte. Den nagelte der Maler an einen Holzpflock, befestigte daran einen großen Zettel auf den er einen Totenkopf malte und den Satz "You're next", und ihn vor seinem Fenster über die Strasse hängte. Er hoffte inständig, der Einbrecher sei aus dem gleichen Viertel.

P.S.: Diese Geschichte hat sich exakt so vor zehn Jahren zugetragen. Heute ist der Maler eine bekannte Künstlerpersönlichkeit, der weltweit in angesehenen Galerien ausstellt. Der Kopf schwimmt immer noch in seinem Eimer, der nach wie vor in seiner Ecke steht.
Der Besitz von abgetrennten Körperteilen ist im Staate New York nicht strafbar.


Andrian Kreye, NY, - 12.07.00 at 17:29:01




1
"Hinsichtlich seines Verhaltens auf der hiesigen Universität ist Nachteiliges nicht zu bemerken."
Das steht im Zwischenzeugnis eines Theologiestudenten, der 1887 von der Berliner Universität nach Marburg wechselte.
2
"Carmens Betragen gibt keinen Anlaß zu Beanstandungen."
Das steht im Zeugnis, mit dem ich 1971 in die dritte Klasse versetzt wurde.
3
Der Theologiestudent wurde Domprediger und Mitglied des Preußischen Herrenhauses und war, so heißt es, eine Stütze der Gesellschaft.
4




Carmen Samson Berlin, - 13.07.00 at 10:57:40




MTV über die aktuelle All-Star-Rap-Tournee mit Dr. Dre, Snoop Doggy Dogg, Ice Cube etc.:
"So far the tour's been a great success. No trouble, nobody got hurt, no shootouts. Check it out. ... So why don't you introduce the next video." - "OK. That's ,Big Pimpin'' by Jay Z."

Yeah! Teach that prejudice, brother! Teach!


AK, NY, - 13.07.00 at 17:22:48




Abschlußsitzung Roman der 90er Jahre
- Was ich sagen will ist, daß ich mal nicht glaube, daß Ihr persönlicher Geschmack so krank ist wie die Bücher, die wir hier lesen mußten, also sind das ja wohl eher typische Bücher. Manchmal ist mir ja echt schlecht geworden. Lauter Psychopathen, die entweder Menschen schlachten, sich in Schweine verwandeln, sowieso kein Wort miteinander sprechen, 'Ich liebe dich' kam in keinem der Bücher vor, und das Schlimmste war Bernheim, als die ihrem Freund nicht mal gesagt hat, daß Schluß ist, daß die ihn einfach zum Kühlschrank gehen läßt, damit er sieht, daß da das Bier vom Nächsten schon drinsteht. Was ich möchte, was ich auch hoffe, ist, daß die Autoren in Zukunft wieder ein bißchen Seele in ihre Figuren tun.

(Scheiße. Alles umsonst.)

- Das hoffe ich nicht. Wenn die erstmal da raus ist, die Seele, dann ist die auch raus. Wenn dann plötzlich nach dieser, so will ich es mal nennen, Durststrecke der Gefühle plötzlich wieder 'Ich liebe dich' da rumsteht, wie Du Dir das wünschst, dann wäre das, und ich wäre bestimmt einer von denen, die das unterschreiben, Kitsch. Das geht jetzt echt nicht mehr. Das mögen die nicht, die Figuren. Das mögen die wirklich nicht.

(Danke, Herr P. Trotz Ihrer gebügelten Hemden. Für Ihre gebügelten Hemden.)


Kathrin Glosch, Halle, - 13.07.00 at 23:59:23




Sie waren schon lange Freunde, schon als Kinder, vielleicht. Später ganz sicher, in der Stadt, als sie sich wiedersahen. Sie riefen sich ständig an und an den Biersorten in ihrem Kühlschrank konnte er ihre neuen Liebhaber erraten. Bis sie auf der Brücke standen und sich ansahen. Zum ersten Mal dachte sie nicht mehr an die Farbe seiner Augen. Sie wußte es, noch bevor er es sagte. Er sagte: 'Ich liebe Dich.'


Sven Lager - B. *Variation 23, - 14.07.00 at 04:50:01




- Ich kenne niemanden, der nicht so ist wie seine Mutter. Außer mir.

- Ihre Mutter.

- Was?

- Ihre Mutter, heißt das.

- Oh Gott

- Nur Spaß.

- Du bist auch wie deine Mutter. Der Spaß könnte von deiner Mutter sein.

- Haha. Das könnte deine Mutter gesagt haben.

- Im Ernst. Ich bin die einzige, die nicht so ist, wie ihre Mutter. Du bist auch wie deine Mutter. In gewisser Weise.

- Hast du ein Glück, daß ich deine Mutter nicht kenne.

- Manchmal denke ich, ich bin wahrscheinlich auch wie meine Mutter und merke das gar nicht. Das wär das schlimmste.

- So wird es wohl sein. Wenn alle sind wie ihre Mutter, wirst du das auch sein.

- Jemand hat mal gesagt, man wird so wie seine Mutter oder das genaue Gegenteil. Ich habe mich immer daran festgehalten, daß ich das genaue Gegenteil bin. Aber dann gibt es so Sachen.

- Was für Sachen?

- Na neulich saß ich im Auto und meine Hand lag auf meinem nackten Bein. Flach mit leicht abgespreizten Fingern. Genau so saß meine Mutter immer im Auto. Ich sehe das genau noch vor mir. Wenn ich vom Rücksitz aus nach vorne geschaut habe, habe ich genau so das Bein meiner Mutter mit der abgespreizten Hand darauf gesehen. Das kam mir schon als Kind komisch vor.

- Vielleicht machst du es genau deshalb. Weil du es von deiner Mutter kennst.

- Quatsch. Das sind die Gene, da bin ich mir sicher.

- Stimmt. Da fällt mir ein, daß S. neulich erzählt hat, daß sie ihre Kinder genau so weckt, wie ihre Mutter sie damals geweckt hat, nämlich, daß sie ins Zimmer reinkommt und irgendeinen Spruch sagt und sich dabei mit der linken Hand am Arsch kratzt.

- Kennst du jemanden der so sein möchte wie seine Mutter?

- Ihre Mutter. Ja gibt es. A. zu Beispiel. Die ist so wie ihre Mutter, weil sie so sein will, und gibt sich die größte Mühe dabei genau so ein Miststück wie ihre Mutter zu werden.

- Meine Mutter ist nicht cool. Ich bin cool. Deshalb kann ich nicht sein wie meine Mutter.

- Vielleicht war deine Mutter mal cool. Die war ja nicht immer fünfundsechzig.

- Stimmt. Sie sah damals ganz cool aus. Hatte coole Sachen an, aber hat auch damals schon viel geheult und Angst gehabt.

- Vielleich bist du so, wie deine Mutter früher war, nur ohne heulen und Angst.

- Quatsch. Ich bin wie mein Vater. Es muß ja auch Töchter geben, die wie ihr Vater sind.


Elke Naters - Bangkok - 14.07.00 at 09:46:31


 


Für Lorenz Schröter, Sven L. *Bild anklicken, - 14.07.00 at 20:42:04