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pool #44 08.05.-14.05.2000
pool #43 / pool #45
Das Million Dollar Geheimniss:
Nach der Ironie kommt der Pathos.
Und danach die Demut.
Elke Naters - 08.05.00 at 18:40:43
Ich sitze also in der Hauptpost und meine Nummer, die ich an dem hierfür extra
aufgestellten Nummernautomat mit dem schwarzen Dominoknopf gezogen habe, ist 78, aber auf
der roten LED-Anzeigentafel leuchtet erst 63, deshalb setze ich mich an einen der
aufgestellten Postbearbeitungstische mit den angeketteten Kugelschreibern und den
Paketausfüllformularen und warte zwischen den schwitzend umherstehenden anderen
Postkunden auf meinen zugelosten Schaltertisch und während ich in Gedanken versuche
auszurechnen, mit welcher Wahrscheinlichkeit ich wohl nicht zu dem dickbebrillten Drachen
an Nummer drei genummert werde, sondern zu dem freundlich bezopften kleinen dunkelhaarigen
Mädchen an Nummer fünf, setzt sich auf einmal ein wirr aussehender alter Mann mit Jeans
und einer Windjacke über dem karierten Hemd auf den Platz mir gegenüber, und als ich
aufsehe und unter dem kahlwerdenden Schwarzhaar den abwärts weisenden Schnurrbart erst
gar nicht entdecke, fängt der Mann an, seinen Briefumschlag mit Miniaturbotschaften zu
versehen, die wohl zusammengenommen, untereinander in Form einer Tabelle geschrieben, die
technischen Daten seines alten BMW darstellen, mit Reifenmarke "Pirelli", dem
Hubraum, Farbe und so weiter, und im Moment, da er dies schreibt, fällt meine Blick auf
seine gelben Fingernägel, die sich am Daumen schon abzulösen beginnen, ich blicke also
zwischen seinem Nagel und dem Daumen hindurch auf seine Automobilnachrichten, und nachdem
er die Tabelle beendet, trägt er seinen Absender ein: Dr. P aus der Südstadt. Auf seiner
Nummer steht 98.
Eckhart Nachmittags, - 08.05.00 at 19:32:18
Lieber Sven,
die Stelle in NULL lautet:
Die Gegenwart IST Science-Fiction geworden. Allein aufzuschreiben, was IST, überfordert
in den meisten Fällen den technisch unbeschlagenen Autor. Wir müssen uns nichts mehr
ausdenken, wir müssen vielmehr konstatieren.
Ich muß zum Beispiel konstatieren, daß ich der Welt um sechs Jahre voraus bin oder
Harald Schmidt gerade meine Tagebücher 93/94/95 gelesen hat.
Denn daß auf die Ironie das Pathos und die Demut folgt, ist zwar ein
Millionengeheimnis, aber immer noch meines.
So gehts ja nicht, hier.
HelK m, - 08.05.00 at 19:33:10
Zu weit voraus zu sein ist genauso daneben wie zu sehr hinterher.
Die richtigen Worte zum richtigen Zeitpunkt. Darauf kommt es an.
Und das mit der Demut, das sage ich. Das würde Harald Schmidt nie sagen.
Oder erst nach sechs Jahren und fünf Bypässen.
Elke Naters - 08.05.00 at 19:57:17
Heute zieht hier ein Gewitter nach dem andern vorbei, aber keines entlädt sich so
richtig. Eigentlich ist es ein langweiliger Tag. Gäste müssen her! Spätestens morgen.
Späte Gäste. Hier am pool ist gerade der Gesprächsstoff ausgegangen. Schon seit einer
halben Stunde hat hier keiner mehr den Mund aufgemacht. Alle blättern in irgendwelchen
Illustrierten. Es ist schwül. Es ist sommerlich und das Netz zittert seltsam. Ich habe
also Kathrin Röggla eingeladen hier mit uns bei freien Getränken ein paar Tage über
brennende Gegenwartsfragen zu reden, über New Economy zum Beispiel. Kathrin Röggla
sollten alle kennen (in loop hat sie sogar einen Fan-Club). Ihre letzten einschlägigen
Fachbücher heißen "Abrauschen" und "Irres Wetter" (ganz neu) und sie
sind so klasse wie ihre Titel.
Abb.: Kathrin Röggla vorm Karstadt am Hermannplatz
Kathrin sagt: ja, die stadt und ihre tangenten, meine persönliche geographie, gibts die?
Kathrin oder ihre Erzählerin sagt: wenn man fickt, vermeint man doch was zu erleben,
fremde räume bekommt man dabei zumindest zu sehen, andere wohnungen sozusagen, beinahe
schon andere städte.
Andreas Neumeister - 09.05.00 at 01:03:05
Friedrich Schiller meint dazu: "Enthousiasmus bleibe stets unsre erste treibende
Gewalt, unsre Kugel soll wenigstens so kräftig von der Hand emporfliegen, dass der der
Bogen in den Wolken verschwinden und ihr Rükfall kaum mehr geglaubt werden soll."
Die schreibende Hand am Abzug einer mechanischen Armpistole, das Wort in seiner
kugelrunden Geschwindigkeitstauglichkeit als "ächter" Ausdruck des menschlichen
Movens schlechthin, des Enthusiasmus, fürwahr, wer den als Künstler und überhaupt nicht
hat, sollte die Kugel fallen lassen, aber die anderen, wie wunderbar beobachtet, richten
den Blick zu den Wolken in den Himmel, die Hände in die Luft, noch nachschwingend, weil
nichts so befreiend und glücklich macht wie der Aufblick, tags in das Blau und nachts zu
den Sternen, und das Ende dieses Zustands ist mit keinem Wort besser zu fassen als
"Rückfall", wie eine Krankheit ereilt uns die Niedergeschlagenheit, an deren
Wiederkehr wir dann doch gar nicht mehr glauben wollten, kaum, aber der Bogen, die
geschwungene Linie unserer Worte, steigt ja noch, es ist früh am Morgen und ein
wunderbarer Tag wartet.
Eigentlich Naiv Fast Sentimentalisch, - 09.05.00 at 08:37:02
"Heute Nacht träumte ich von einer neuen Zahncreme, die neben weißen Zähnen auch
Heilung für Hämorrhoiden versprach." schreibt Dr. Nickel.
"Ich dusche, reibe mir ein wenig Preparation H und Clinique Eye Fitness unter die
Augen", erzählt Vincent in Glamorama.
"Preparation H", antwortete Bret Easton Ellis, auf meine Frage, was das sei,
"ist eigentlich eine Creme gegen Hämorrhoiden, die von manchen Models gegen
geschwollene Augenlider verwendet wird."
Georg M. Oswald - 09.05.00 at 12:19:18
Den Kopf an der Fensterscheibe, sitzt er auf dem halbherzigen Kindersitz des
Interrregioabteils und hört seiner Mutter zu. Die er Mutter nennt. Sehr laut, sehr
deutlich liest sie Rätselgeschichten vor, die wichtigen Adjektive in die Länge ziehend.
Es ist heiss, natürlich. Unter seinem Pullover trägt er ein Wollhemd, die Saumgrenze
durch kleine Schweissperlen markiert. Wie eine Nacktschnecke sein Gesicht unter dem
Sonnenhut. Das Rätsel, das Rätsel kann er nicht lösen. Die Mutter wiederholt einige
Absätze. Erfolg wird gebraucht. Sie flicht ihm Assoziationsketten, buhlt um seine, um
ihre Intelligenz. Als das Wort 'Regen' fällt, weiss er die Lösung, sagt er 'Regenbogen',
blass resigniert. Euphorie wird abgeliefert.
- Gut, ich markiere das von dir Geratene und dann lese ich das nächste Rätsel.
- Lieber eine Geschichte, Mutter.
- Nun, das ist nahezu eine Geschichte, und am Ende darf man dann noch raten, wer sie
erzählt hat. Auf vier Seiten stellt sich hier jemand vor, und du wirst uns sagen, um wen
es sich handelt.
- Eine Geschichte, lieber.
- Höre zu.
Er legt die milchige Hand auf seine Wange. Hört zu. Ein Kuckuck erzählt aus seinem
Leben, sagt 'Liebe Kinder' und dass er seine Eltern nicht kennt. Ich stelle mir
weissblonde Haare vor, da vor mir unter dem Sonnenhut, und einen Haarschnitt, den es nicht
mehr gibt. Kastenförmig. Da vor mir wird ein Kind abgerichtet. Da vor mir kriegt ein
Dreijähriger sein Spielzeug auf Rezept. Da vor mir, da tickt was. Der Vater beobachtet
seinen Sohn. Jede Regung ein Seziertisch. Dazu streicht er mit der Hand immer wieder über
sein Notebook. Es ist dieses Notebook, das ausssieht wie von Barbie und Ken, das aussieht
wie die Studentin mit der schlechten Haut und den schlecht lackierten Nägeln, die,
Türkiskette und goldene Uhr, in einem anorganischen Unterhemd ein Referat über Bollnow
hält und sich dabei der blauen Adern auf ihrem hochgewürgten Busen bewusst wird, nicht
aber der Tatsache, dass hinten auf ihrer viel zu engen Hose 'Pussy' steht. Trash. Das
Notebook durfte ich mir nicht kaufen. Weil veraltete Technologie, bescheuerte Farben,
bewusst idiotisch konzipiert, für Frauen konzipiert, verkauft sich wie Sau. Der Vater da,
die Uhr am Gürtel der Freizeithose befestigt, der hat es. Und der Vater da schlägt auf
den Deckel des idiotischen Frauen-Notebooks, als der Sohn am Ende des Rätsels leise
'Kuckuck' sagt.
- Sehr gut. Kannst du uns bitte auch die umgangssprachliche Wendung 'Das ist ein
Kuckucksei' erklären?
Ich wollte noch nie ein Kind entführen. Das da, mit dem möchte ich durch einen Wald
fahren und es aus dem Schiebedach halten. Die Seiten des pädagogischen Rätselbuches als
Schiffe in der Zugtoilette versenken. 1 Liter Fanta trinken. Autoscooter fahren. Wir
müssen ja nicht einmal den Sonnenhut verbrennen.
Die Mutter, ungeschminkt und doch nicht natürlich:
- Wer möchte, kann jetzt einen Apfel oder eine Banane zu sich nehmen.
Will aber keiner. Der Junge dreht sich zu mir um.
- Kuckuck, Kuckuck, Kuckuck.
Würde ihm gerne einige der Klebe-Bonbons geben, die Herr van der Meers Kinder immer in
meine Reisetasche werfen, aber er darf von Fremden nichts annehmen, schätze ich mal so.
Ein kleines Kuckucksei mit Sonnenhut, ins falsche Nest gelegt. Ein Sonnenhut im
Interregio, ohne Chance, je anzukommen.
Kathrin Glosch - 09.05.00 at 12:50:17
Von der Pariser Kosmetikfirma "Nickel" gibt es ein Produkt namens
"Lendemain de fête", untertitelt: aprés les excesses de la nuit. Strafft die
Haut und verleiht im Nu ein halbwegs gesundes Aussehen. Farbe: Minz. Konsistenz: Gelartig.
Ich bekam es unlängst von meiner Lektorin geschenkt.
Exzess Nachts in Heidelberg, - 09.05.00 at 14:32:50
Preparation H. Was gegen die eine Schwellung hilft, hilft auch gegen die andere. Keine
Scheu, Körperteile. In Japan dann FOSHU. Blutdrucksenkender Joghurt und so. In
Deutschland bleibt Medikament Medikament. Und in den USA, Treffer versenkt, da gibt es
Kuhherden, die geben Humanmilch. Kann man wissen.
Kathrin Glosch - 09.05.00 at 16:05:48
der schalltote raum I (späth - hickel - völkle)
späth: die leute werden etwas nervös an der börse... die deutschen spielen... der
nemax, so ein bißchen achterbahn, die leute sagen, was ist los, was ist mit unsere
garantierten aufsstiegs-schancen?
hickel: nun kommen die jungen dynamischen, und was machen die?
- es gibt das berühmte zitat von alan greenspan...
- hat irgendwer einen innovationsplan?
- jeder fühlt sich als zocker.
- jeder glaubt, daß er da mitmachen kann.
hickel: daß der nasdaq runtergegangen ist, ist heilsam, ich freue mich über jeden
kursabsturz!
- daß wir die dinge wieder in ordnung bringen, daß die deutschen erfahren, daß die
aktien auch mal einbrechen ...
völkle: wir müssen wissen, worüber wir hier sprechen, wir sprechen über den neuen
markt.
- es ist eine bewertung von wachstumsunternehmen.
- das ist der unterschied zur old economy.
- wir sind in der wachstumsbranche.
- selbstverständlich gibt es ein risiko, das ist ein teil des wachstums.
späth: sie gehen ja nicht so weit zu sagen, wir brauchen den neuen markt nicht?
hickel: aktien werden nicht mehr ordentlich bewertet. in deutschland und usa gibt es
firmen, die sich einen börsenkurs erschwindeln -
- davon gehe ich aus, wobei, was die realität ist... es ist schwer zu sagen, was real ist
und was nicht real ist. dazu gehört ein element von phantasie und zukunftsperspektive.
Kathrin Röggla, Berlin, - 09.05.00 at 16:34:51
Venture Kapital
Ort: Ein Biergarten.
Charles erzählt ganz aufgeregt: Das sind so Jungs mit Hard Rock Café T-Shirts und
Baseballkappen. Wo sie das Geld herhaben, ganz geheim natürlich. Mercedes, Quandt, was
weiß ich. Streuen ihre Millionen und eins von den Dingern poppt dann so richtig und macht
die anderen wieder mehr als wett. Versteht ihr., mit denen sitzt man in der Eisdiele bei
so einem Banansplit und die wollen 50 Mios bei dir investieren. Wie denn dein
Geschäftsplan so aussieht. Handschlag.
Alles, was im Netz steht, ran an die Buletten. Heißer gehts nicht. Ihr habt doch auch
keine Aktien oder, klar, wir sind die letzten, die neuen Asos, die Verlierer. Keine
Aktien. Ha, da schauen sie dich aber an: Was für eine arme Sau, das ist schon kein
Mitleid mehr, das ist der Blick aus der Ferne auf uns arme Würmer.
Da laufen sie alle rum, die fertigen Künstler, verlottert und mit fettigen Haaren und
einer abgegrabbelten Tengelmanntüte und wir denken, ja ja, wie immer, kennwa schon, die
Fertigen, die Looser. Nix, die sind reich und fett geworden mit Aktien. Unsichtbar. Die
letzten Hänger habens geschafft und wir reden hier noch von Gagen, Honoraren. Das
schürfen die an einem Tag mit links ab woran wir ein Jahr lang basteln. Jetzt hilft nur
noch Venture Kapital, sofort was ins Netz stellen, Geschäftsplan, abkassieren.
Charles nimmt einen tiefen Schluck von einem Radler. Die Sonne scheint. Ein herrlicher
Himmel ist über unsern Köpfen, blau, strahlend, endlos weit.
Sven Lager - B. - 09.05.00 at 20:09:06

Für Howard Sheronas
Martin Fengel - N.Y. - 09.05.00 at 20:33:48
Rent.
EN HD, - 10.05.00 at 00:01:55

aus "HEAVEN HAS HOLES", 1999. Antje Dorn, Berlin., - 10.05.00 at 11:16:45
He, ihr da draußen auf der anderen Seite des Bildschirms, werdet auf keinen Fall
Schriftsteller oder so was ähnliches. Denn dann wird man noch in reiferem Alter schlimmer
gedemütigt wie damals als Student. Heute war ich bei der Bank, um einen
Überziehungskredit von 5000 M zu beantragen. Erst musste ich eine halbe Stunde auf den
vereinbarten Termin warten und dann erfuhr ich, dass es ein GESETZ gibt, dass
Überziehungskredite für Selbständige verbietet! Bafög-Studenten und
Sozialhilfeempfänger bekommen Kredit, da sie ein regelmäßiges Einkommen haben.
Deutschland hat weltweit die kleinste Quote von Selbständigen und so wird man auch
behandelt. Als hätte man ohne Lohnsteuerkarte die Kretze. Und so musste ich meine
Steuerbescheide der letzten zwei Jahre beibringen, auf denen, dem Steuerberater sei Dank,
irre peinlich niedrige Einkommenssummen aufgeführt waren. Iiiih war das unangenehm. Ich
gelte nun als Privatkunde, der eigentlich 200.000 Mark zur freien Verfügung haben und
regelmäßig 6000 Mark netto im Monat beziehen sollte, denn die werden auch von den
Beratern und nicht nur von den Schalterfräuleins betreut. Ich einigte mich mit meinem
Berater darauf, dass wir, d.h. ich, daraufhin arbeiten, dass bei mir ein entsprechender
Hintergrund (200.000 M) entsteht. Wir haben dann noch ein wenig über Aktien geredet, hat
Astrologie als Kantinen-Dauerthema abgelöst, und dann bekam ich den kleinstmöglichen
Kredit, 10.000 M.
schröter berlin, - 10.05.00 at 20:06:54
Auf der Bank
Nicht auf irgendeiner Bank, sondern auf der dann doch nicht fusionierten, also eben nicht
größten Bank der Welt. Wie schade. Was für ein beruhigendes Gefühl das bewirkt hätte.
Wie, als ob man demnächst als stets vom Durst geplagter auf ein unendlich verfügbares
Frischwasserreservoir zurückgreifen hätte können. Nun also, auf dieser Bank, meiner an
der nächsten Straßenecke gelegenen Zweigstelle der Bank, beim Abheben einer etwas
größeren Summe zur Feier des Tages, in großen Scheinen, ja, bitte, nur den letzten Teil
in Hundertern, errötet die Kassiererin sichtlich, als ich unterschreibe und schaut mich
von unten her an: "Ihre Unterschrift." - "Ja, was ist damit?"
- "Sie ist so anders." - "So anders?" - "Ja, so
anders als früher" - "Als früher?" - "Sie haben früher
viel länger geschrieben." - "Ist das wahr?" - "Na ja,
vielleicht haben sie sich einfach verändert." - "Ja, vielleicht. Welche
finden Sie denn schöner?" - "Hmmm, die neue, obwohl, die alte war viel
leserlicher. Ich meine..." Ich merke ihre Angst, wohlmöglich an den falschen
Menschen einen solchen Betrag auszuzahlen und dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden.
Sie redet um das Wesentliche herum. Die Idee, daß vielleicht die Vorlage des
Personalausweises eine Lösung ihres Problems darstellen könnte, kreist in ihrem Kopf.
Die Angst vor der Auszahlung kämpft aber mit der konkurrierenden Maxime, gute Kunden auch
zuvorkommend zu behandeln und ihnen daher kein Mißtrauen entgegenzubringen. Um ihre
Zwickmühle nicht unnötig in Gang zu halten, biete ich ihr von mir aus an, den Ausweis im
Lauf des Nachmittags vorbeizubringen, zu ihrer Sicherheit. In der sie sich dann
erstaunlicherweise auch wiegt, weil eine Art Vertrautheitsgeschäft dadurch entstanden
ist, daß sie mir das Geld quasi unüberprüft mitgibt, ich ihr aber zusichere, mich im
Laufe des Nachmittags auszuweisen. Mit einem fast-verschwörerischen Blick steckt sie das
Geld in einen Umschlag und schiebt es mir herüber. Das charmante in-der-Luft-Stehen jener
zwischenmenschlichen Handels-Balance macht mich ganz heiter und da fällt auch die
vormittägliche Mogräne-Attacke nicht mehr ins Gewicht.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 10.05.00 at 20:34:17
der schalltote raum II (späth - hickel - völkle)
späth: welche chancen hat die neue economy? wir diskutieren über die frage: old economy
- new economy. es scheint so zu sein, daß wir ein bewertungsproblem haben, daß auch
viele analysten...
- jetzt kommt die phantasie. wir bezahlen für die phantasie, daß diese unternehmen eines
tages viel geld verdienen.
- wie könnte man, das ist ja die gretchenfrage, was kann man tun, um beispielsweise
auswüchse oder pleiten zu vermeiden.... einige wachsen schnell...
hickel: es sind die märkte...
- jetzt kommen die new economy und sind teilweise so erfolgreich, denken sie an microsoft,
wie kriegt man den spreu vom weizen getrennt?
- man muß bei den börsengängen viel seriöser vorgehen.
- wir werden immer wieder krisen erleben.
- wenn es zu solchen börsenkrisen kommt, dann hat es ganz schwere auswirkungen auf die
reale economy, und da muß ruhe reingebracht werden.
Kathrin Röggla - 10.05.00 at 22:47:37
In der heutigen Aktienbeilage (SZ) die Überschrift:
Der große Irrtum. Es gibt keinen Unterschied zwischen Old und New Economy
Erika Mustermann sagt: Zukunftsaktie
Alan Abelson sagt: We-Burn-Lots-Of-Money.com
Abb.: Alan Abelson
US-Börsenzeitschriften hätten Todeslisten namhafter Internetfirmen publiziert
Andreas Neumeister - 10.05.00 at 23:31:11
Meinen neuen Roman, "ALLES WAS ZÄHLT", die Antwort auf new economy, können Sie
JETZT bei www.amazon.de bestellen. Greifen Sie zu!
Georg M. Oswald - 11.05.00 at 12:15:31
Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur
Donnerstag, 11. Mai 2000, 20. 30 Uhr.
Neue Aula der Universität
Universitätsplatz
Heidelberg
Lesung:
Joachim Bessing,
Christian Kracht,
Dr. Eckhart Nickel,
Welcome!
EN HD, - 11.05.00 at 13:16:34
der schalltote raum III (späth - hickel - völkle)
völkle: "technologieblase" ist natürlich sehr negativ besetzt. in dieser new
economy, z.b. aol, microsoft, das war keine blase.
- wenn man in der wachstumsbranche ist -
- aol - die sind in der richtigen technologie.
- wir sind hier ein bißchen an der wachstumsgrenze - ein großkonzern, der nicht aktiv
genug ist - wenn man nicht den konzernen auf die beine hilft, oder den schnellen kleinen
unternehmen finanzierungshilfen gibt...
hickel: die wertschöpfung ist menschliche arbeit. das muß man mal klar machen.
späth: im schnitt gibt es eine menge flops. es wird nicht so sein daß die blase platzt
und dann fliegt die asche herum, es wird so sein... das unternehmen wird verschwinden -
hickel: ich will nur einen satz sagen: wir haben eine weltwirtschaftskrise gehabt, und
wenn - aber ich will unseren sonntag nicht vermiesen...
Kathrin Röggla - 11.05.00 at 15:53:23
Sieben Bilder
Der 1.Mai in Berlin: das Prinzenbad ist wieder geöffnet.
SPD-Fest in Pankow, der Breakdance- und Karaokekontest.
Antje Majewski, Berlin - 11.05.00 at 18:27:19
SWISS BEAUTY
has a new name
SWISSPERS
Pillowy Soft
better absorbing
than
synthetic puffs
ACCEPT NO IMITATIONS!
Tom Kummer Palm Springs, - 12.05.00 at 06:15:28
Telling Tails
Designer: "For this show, I feel the hair should look like the girl did it herself,
don't you think? I really don't feel it should look like a style."
Hairdresser: "Hmm...."
Designer: "Can you make it look short? I don't want it to look long any more. And it
must be sexy."
Hairdresser: "Hmmm... How about a ponytail?"
Designer: "Hmm... Yes, but I feel I've seen this before. I like ponytails, but this
one has to be new and sexy. Can it be a ponytail but not a ponytail, if you see what I
mean?"
Hairdresser: "Hmmm... "
Elke Naters - Bangkok - 12.05.00 at 10:13:34

E. N. - 12.05.00 at 10:21:07
der schalltote raum IV (späth - hickel - völkle)
völkle: softwareingenieure sind in deutschland schwer zu finden. wir haben einen kleinen
vorsprung, weil wir ein fun-business sind. wir setzen unsere stockoptions ein. die kriegt
die old economy viel schwerer. ich möchte ganz kurz auf die frage der börsenblase
zurückkommen. es gibt eine schon nicht unerhebliche differenzierungsfähigkeit der
privatanleger.
hickel: das aktiengeschäft ist eine illusion in deutschland. es wird geprägt durch
institutionelle anleger.
-wir haben einen riesigen handlungsbedarf, was das ganze aktiengeschäft betrifft.
- da wird mir angst und bange, wenn ich sehe, was da für eine macht ist...
- schumpeter hat das phänomen als erster begriffen.
- wir müssen die macht der banken beschränken.
- daß da die kontrolle nicht stimmt - das hat gerhard schröder gesagt - wir brauchen
einen übernahmekodex - was er angezettelt hat - wir brauchen
wirtschaftsprüfgesellschaften!
späth: was ist für den arbeitsmarkt gefährlicher? die großfusionen, wenn so ein
richtiger crash, nehmen wir an, es gibt einen crash, glauben sie, daß das, was am
arbeitsmarkt passiert...
- man braucht nicht glauben, wir seien global player.
- wir brauchen eine aufsichtsbehörde!
hickel: ich kann mir vorstellen, daß da ein einbruch kommt von 50%, eine abwertung,wenn
sie so wollen, eine anpassung von dem-
völkle: ich bin nicht ihrer meinung, daß es um 50% runtergeht, es wird sicher
individuell runtergehen, nicht jeder kann gewinner sein, das ist klar.
Kathrin Röggla - 12.05.00 at 14:07:38
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RAMBUS INC.
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technology to enhance the performance and cost-effectiveness of computers,
consumer electronics and other electronic systems.
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Date Volume High/Ask Low/Bid Close
12/17/99 5,940,400 74 68 69 1/4
12/23/99 3,060,800 70 15/16 67 68 3/8
12/31/99 4,106,100 71 7/8 66 3/4 67 7/16
01/07/00 11,341,700 94 3/8 67 7/16 85 1/8
01/14/00 6,316,600 91 7/8 76 1/2 89 5/8
01/21/00 5,484,400 88 1/4 75 75 3/8
01/28/00 4,271,700 80 1/4 72 1/4 74 9/16
02/04/00 3,391,700 82 3/4 72 1/8 77 3/16
02/11/00 6,407,500 94 1/2 75 1/8 88 1/4
02/18/00 28,759,200 172 89 7/8 137
02/25/00 17,088,200 224 132 204
03/03/00 18,087,400 312 13/16 196 286 7/16
03/10/00 14,749,200 439 3/16 275 1/4 421
03/17/00 15,806,400 471 372 393 5/8
USE LUBRICATED LATEX
AND READ THIS BEFORE YOU GO
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GO HIGHER
FEEL IT
THE GREAT NATURAL FEELING
SEXY RAMBUS RATIOS & STATISTICS
Price & Volume Recent Price $ 230.00 52 Week High $ 471.00 52 Week Low $ 57.00 Avg
Daily Vol (Mil) 3.42 Beta -0.64 Share Related Items Mkt. Cap. (Mil) $ 5,471.93 Shares Out
(Mil) 23.79 Float (Mil) 15.50 Dividend Information Yield % 0.00 Annual Dividend 0.00
Payout Ratio (TTM) % 0.00 Financial Strength Quick Ratio (MRQ) 2.72 Current Ratio (MRQ)
3.02 LT Debt/Equity (MRQ) 0.00 Total Debt/Equity (MRQ) 0.00 Valuation Ratios
Price/Earnings (TTM) NM* Price/Sales (TTM) 113.00* Price/Book (MRQ) 83.83 Price/Cash Flow
(TTM) 466.53 Per Share Data Earnings (TTM) $ -6.70* Sales (TTM) $ 2.04* Book Value (MRQ) $
2.74 Cash Flow (TTM) $ 0.49 Cash (MRQ) $ 3.69 Mgmt Effectiveness Return on Equity (TTM)
-275.62* Return on Assets (TTM) -139.42 Return on Investment (TTM) -193.94* Profitability
Gross Margin (TTM) % 69.47 Operating Margin (TTM) % 22.08 Profit Margin (TTM) % NM* Mil =
Millions MRQ = Most Recent Quarter TTM = Trailing Twelve Months Asterisks
(*)
UNITS IN THOUSANDS OF U.S. DOLLARS
ACCEPT NO IMITATIONS!
Tom Kummer Palm Springs, - 12.05.00 at 18:51:00
new economy:
Phosphor.; Sven Lager
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Transatlantik Lounging 2; Various
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Phosphor.; Sven Lager
Sven Lager - B. - 12.05.00 at 20:51:25
DAS GESETZ DER HISTORISCHEN KONTINUITÄT
You should have been here last Thursday. There were 10,000 trying to get in. Shop windows
were smashed; people were carried off in ambulances.A woman in line with her daughter long
before the doors opened said the girl threatened to kill herself if kept home. ...
Almost all those present belong to the bobby-socks brigade, age perhaps 12 to 16. Although
his appearance is still an hour away, they are in a mood to squeal and squeal they do.
Trained nurses have to be on the premises in any theater where he appears, to soothe the
hysterical. ... Then, as a familiar bar of music recognized by the devout, the crowd
goes simply crazy. The shrieks rise to a crashing crescendo.
Bruce Bliven über Frank Sinatra, New Republic November 1944
Pop is now so basic to the way we live, and the world we live in, that to be it does not
commit anyone to Left or Right, nor to protest or acceptance of the society we live in. It
has become the common language, muscial, visual and literary, by which members of the
mechanized urban culture of the Westernized countries can communicate with one another in
the most direct, lively and meaningful manner.
Reyner Banham, 1963
Bear with me for a while, this first bit may be hard but it is important. Read it twice if
you have to because there is something you are going to have to graps before we can go any
further. And that is the notion that Youth Culture now represents not a rebellion but a
tradition, or rather a series of traditions.
Robert Elms, The Face, September 1982
FEELS LIKE THE FIRST TIME
AK NY, - 13.05.00 at 00:07:16
Bisher unklar: Warum verlangt Verona Feldbusch für ihren geplanten Aufenthalt bei BB eine
eigene Toilette?
Weil - die Auflösung gabs gestern abend - auch in der Toilette von BB eine Kamera hängt.
Man sah Verena die Klomuschel putzen.
Das heißt: die Bewohner werden durchaus auch dort gefilmt.
Es wird nur nicht gesendet. Aber bestimmt wird es senderintern herumgereicht.
Und Verona F.weiß davon.
HelK m, - 13.05.00 at 11:09:31
der schalltote raum V (späth - hickel - völkle)
späth: was ist wichtiger für die deutsche volkswirtschaft - diese konzentrationswellen
oder diese wilden jungen?
hickel: es gibt ernsthaft viele mittelständische unternehmen, die wollen gar nicht an die
börse, die wollen nicht von aktionären abhängig sein!
späth: diese mittelständler, die nicht an die börse wollen, sind es ältere oder
jüngere? und wenn es jüngere sind, was machen sie, wenn sie wachstumsraten haben,
können sie aus steuerlichen gründen ihren gewinn, ihr wachstum nicht mehr finanzieren,
das ist unstrittig.
- ab einem gewissen punkt ist der wachstum nicht mehr zu finanzieren, das ist unstrittig -
- aber das ist unstrittig!
hickel: ich finde, die börse ist ein ganz wichtiges, ein konstruktives
finanzierungsinstrument.
- doch... wenn in amerika der crash kommt, dann sind wir mitten drin in deutschland.
- ich denk doch nicht deutsch - wir müssen weltweit aufpassen!
völkle: der crash ist etwas, das seit jahren, das nicht eingetreten ist -
Kathrin Röggla - 13.05.00 at 13:32:41
- Waschraum
- WC
- Dusche
- Schlafzimmer der Frauen
- Küche
- Essraum
- Wohnzimmer
- Schlafzimmer der Männer
- Tagebuchzimmer
- Versorgungsschleuse
- Hühnerstall
Abb.: Jürgen und Sabrina
- mobile Kamera
- Kamera
- feste Infrarotkamera
- mobile Infrarotkamera
heute diskutieren die Bewohner über Rassismus
Andreas Neumeister, Mjunik, - 13.05.00 at 13:41:02
EINLADUNG
Am Mittwoch, den 17.5., so ab 22 Uhr werde
ich in der Flittchenbar im Maria am Ostbahnhof
Straße der Pariser Kommune 8-10, Berlin
aus "Gut laut" lesen und dazu auflegen.
JUST FOR YOU!
Abb.: Christiane und Almut hinterm Tresen
Andreas Neumeister - 13.05.00 at 13:52:58
DAS GESETZ DER HISTORISCHEN KONTINUITÄT Pt. II
Well, it is an interdisciplinary job. I very often combine my analysis with an attempt to
understand political forces, to understand demographic forces. The psychology of large
groups of people is rather important. You have to have a tremendous sense of history
because history does repeat itself, but, of course the trick is it never does it quite the
same way.
And so, kind of looking back on my education, I actually find that my history courses and
my current reading of history is very relevant. Because now the reality is we humans, as
much as we like to pretend we've made a lot of progress, I don't think we're that much
different from humans a hundred years ago or maybe a thousand years ago. We're driven by
our emotions, the classic ones that are relevant to the markets are fear and greed. We
just had a tremendous phase of greed that drove stock prices to fairly unsustainable and
irrational levels, to paraphrase Federal Chairman Greenspan. And now we're seeing some
fear entering the marketplace.
Ed Yardeni, Chief Economist der Deutschen Bank an der Wall Street über seine Arbeit.
I'M A VOODOO CHILD
AK, NY, - 13.05.00 at 19:43:25
WARUM LÄUFT FRAU K. AMOK?
Natürlich möchte ich auch an jene deutschen Helden erinnern, die im Auftrag der
Bundesbank verschmutzte DM-Scheine vernichten, und zwar nach ihrem jeweiligen Wert und
damit nach Farben sortiert.
tkla - 13.05.00 at 20:54:22
nächste woche am pool:
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
special guest:
ISA MELSHEIMER
(Berlin)
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
via Antje Dorn, Berlin
a.d. b., - 13.05.00 at 22:55:19

Für Andreas Neumeister
Martin Fengel - N.Y. - 14.05.00 at 15:09:33
der schalltote raum VI (späth - hickel - völkle)
späth: wir haben das argument mit den arbeitsplätzen nicht ... kommt das von der new
economy in deutschland oder von der normalen deregulierung?
völkle: wir haben das problem, daß arbeitskräfte profile haben, die nicht ganz
kompatibel sind zu dem, was wir brauchen, da haben wir schwer nachgelasssen.
- die new economy enttarnt, daß wir eine echte bildungskatastrophe - ein strukturproblem
haben.
späth: wir haben konjunkturell eine bißchen bessere situation, wie geht man das an?
- es sieht so ein bißchen nach entspannung am arbeitsmarkt aus.
- die älteren arbeitslosen,... wie machen sie einen 55jährigen zum informatiker?
- das schaffen wir nicht!
- das ist ein schwieriges problem
- das kriegen wir nicht mehr vermittelt
späth: die frage an sie: wenn sie einen qualifizierten - würden sie jemanden mit 55
einstellen?
völkle: grundsätzlich schon.
- ein mensch mit 55, hochqualifiziert...
- das ist eine verjüngerungsdramatik in deutschland.
späth: würden sie einen 55-jährigen?
völkle: die wahrheit ist, es gibt sehr sehr wenige ... wenn jemand qualifiziert ist - ja!
hickel: wir haben eine völlige fehlentwicklung im sinne der verjüngung am arbeitsmarkt.
späth: was ist mit unserem bildungswesen los?
Kathrin Röggla, Berlin, - 14.05.00 at 15:11:53
Spaghetti al Pomodoro - kennt ihr. Kennt jeder. Kann jeder. Passierte Tomaten erhitzen.
Wenig Olivenöl, bißchen schwarzen Pfeffer, Salz und wenn man die Sauce aus der Pfanne
hebt, nicht vorher! - gehacktes Basilikum drauf. Keinen Parmesan bitte.
Jetzt probiert mal folgendes: Nehmt nur die halbe Menge Tomaten, und ersetzt die andere
Hälfte durch frisch pürierte Erdbeeren.
Paßt zum Wetter.
HelK m, - 14.05.00 at 15:49:59
1
Wir nennen ihn Prinz Johannes. Nach meiner Einführung als neues Mitglied des
Gemeindevorstands kam er auf mich zu und streichelte mir die Wange. Es war: huldvoll.
Später erfuhr ich von anderen, daß er behaupte, die Kirche gehöre ihm. Das wird der
Grund sein, warum er nie etwas für die Kollekte gibt. Mit erstaunter Miene bedeutet er
einem, man möge weitergehen - eigentlich: sich trollen - wenn man mit dem
Klingelbeutel vor ihm stehenbleibt.
2
Die Kirche ist eine ehemalige Patronatskirche. Es gibt noch Abkömmlinge der Familie, die
sie hat bauen lassen, und gelegentlich besuchen sie auch die Gottesdienste. Zu Taufen und
Konfirmationen.
3
Wenn die Abkömmlinge der Patronatsherren das Abendmahl en famille feiern, was ihnen zu
solchen Anlässen zugestanden wird, dann stürmen sie förmlich die Stufen zum Altar
empor. Ihre Gesichter über den eleganten Kleidern verwirren mich. Mir wäre wohler, sie
wären sepia-braun getönt. Oder schwarz-weiß, wie die Ausschnitte aus den
Dokumentarfilmen.
4
Prinz Johannes läßt sich von den vielen Jahrhunderten deutscher Geschichte, insbesondere
Militärgeschichte, in ihrem Rückgrat nicht abschrecken. Er stellt sich in die Reihe der
Familie dazu. Rechts, fast hinter den Altar. Wenn ich ihm die Hostie reiche "Christi
Leib, für dich gegeben", weicht er meinem Blick nicht aus.
5
Nach Konfirmationen und Taufen ist er glücklich. "Und ist er nicht enorm gewachsen,
mein Neffe?" fragt er einen der Küster, und seine Stimme blubbert dabei ein
bißchen, als perle in seinem Hals der Champagner, zu dem er, wie wir alle wissen, nicht
eingeladen ist.
6
Wenn er den Chef des Hauses begrüßt, sticht er mit der Hand hoch in die Luft, um sie
dann, reihergleich, über die Schulter eines vor ihm Stehenden zur Rechten seines Vetters
herunterstoßen zu lassen. Der lächelt ihn freundlich an. Verwirrt. Und schüttelt ihm
die Hand.
7
Als Prinz Johannes mit seinen schmutzigen Stofftaschen an mir und der Gräfin
vorüberkommt, beugt sie sich zu mir. "Und darin trägt er immer das Adelsblatt mit
sich herum", flüstert sie mir ins Ohr.
8
Noch während wir leise lachen, kommt die Journalistin und sagt, ihr Großvater sei der
Patensohn meines Urgroßvaters gewesen. Damals, in Dorpat. Das hätte sie festgestellt,
als sie neulich ihr Familienarchiv ordnete.
Carmen Samson Berlin, - 14.05.00 at 20:22:29