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pool #42 23.04.-30.04.2000
pool #41 / pool #43
Tatsächlich, der Literaturfonds schreibt uns. Eine lange Geschichte. Es geht um pool,
Geld für pool, aber der Brief erinnert mich an eine sehr merkwürdige Geschichte vor
Jahren, noch lange vor meinem ersten Buch, als ich in der kleinen Kammer des Kinos auf
meiner Reiseschreibmaschine Texte schrieb. Schnelle Texte, Traumsequenzen. Seit den
Computern geht mir Papier ab. Die Seiten liegen irgendwo in einem Schrank gestapelt,
gestanzte, leicht verschmierte Buchstaben in der Beat-Reporterschrift Courier, ein
haptisches Erlebnis.
Das Räumliche fehlt mir nicht an der Fläche der Computer, es erinnert mich sofort an
einen Berlinartikel von Tom Kummer Anfang April, über die Entwicklung der Hauptstadt zur
Metropole: 'Vorteil: Der Raum flacht ab, gewinnt Bildcharakter' (Tom, bitte eine
poolversion, sweet lords)
Aber die Erinnerung an den Literaturfonds geht weiter zurück, als Berlin noch eine kleine
Frontstadt war. Ich rief an beim Literaturfonds, ich bräuchte Bewerbungsunterlagen. Ein
Mann war dran und ich war mir nicht sicher, ob ich mich verwählt hatte:
'Ja, was schreiben Sie denn so?'
'Äh, kann ich das nicht schicken? Ich bräuchte dafür aber die Unterlagen.'
'Tja, hier kommt ne Menge Zeug rein, das müßte ich jetzt schon wissen. Ist es so was
lyrisches, so ein bißchen unverständlich?'
'Nein, nein, gar nicht, Beobachtungen eher.'
'Also nachdenklich, so ein bißchen verschraubt.'
'Nein, gar nicht, kann ich nicht einfach die Unter...'
'Also dann Dandy-Prosa, die Großstadt der Moloch und so, das liegt hier Stapelweise, ein
bißchen zynisch, aber doch empfindsam, überall nur Kartoffelmenschen und so, und
Deutschland so kalt...'
'Ja äh, kann ich verstehen, kenn ich auch, furchtbar, weiß ich, aber so schreibe ich gar
nicht...'
'Ja also, dann schicken Sie uns doch was und dann sehen wir Mal, ob sich das wirklich
lohnt mit den Unterlagen, okeh?'
'Äh, ja ...'
'Wiederhören.'
Mein Gott, ich war so jung, aber wer auch immer das war, heute hätte ich ihn gerne am
pool als Gast.
Sven Lager M., - 23.04.00 at 11:37:25
Social graces are with the innocent only.
And genius is blessed with the socially graceful only.
Eva Munz Bangkok, Thailand, - 23.04.00 at 20:06:33
Ich bin ich weil mein kleiner Hund mich kennt.
Chor Das beweist nichts über dich es beweist nur etwas über den
Hund.
.
Der kleine Hund erscheint aber nicht denn wenn er es täte gäbe es
nichts zu befürchten.
Hunde riechen wie Hunde
Und Menschen riechen wie Menschen
Chor Und ist die menschliche Natur überhaupt nicht interessant.
.
Jeder der einen Großvater hat hat einen Urgroßvater gehabt und
dieser Urgroßvater hat einen Vater gehabt. Das gilt eigentlich auch
für eine Großmutter die eine Enkelin war und Großvater hatte
einen Vater.
Chor Das kann kein Hund sagen.
.
Ein Mann kommt.
Ja, es nützt eine Menge wenn ein Mann kommt aber wird er
überhaupt kommen und wie gefällt es dir wenn er kommt und
aussieht wie ein anderer Mann.
Chor Käme er nicht. Wie sähe das aus?
.
Und dann die Atemnot.
Der Ball hat den Hund in Atemnot gebracht!
Und so streunt der Hund herum
Niemand der einen Hund hat kann ihn vergessen
Chor Es gibt keine Erinnerung im Geist des Menschen
.
Und macht ein Hund ein Geräusch
außer vielleicht wau wau
und ist das dann mein Publikum
und bin ich dann ich neben dem Hund
Chor Ach wirklich Wie fein das gesagt ist.
Heiner Link München, - 23.04.00 at 23:37:45
Der scheppernde, bimmelnde Klang der Eiswürfel im Whiskyglas. Beruhigendes, zugleich
aufreizendes Geräusch. Massive Würfel klingen wie bronzene Glocken, der Klang der
kleineren Stücke ähnelt den oberen Oktaven einer präparierten Celesta, gedämpft und
doch immer noch klirrend. Ich schwenke das Glas. Der Whisky ist billig, sonst würde ich
kein Eis verwenden.
Säße ich vor einem offenen Kamin, mit knisterndem, knackenden Feuer, gäbe das einen
guten Kontrast, vom orchestralen Standpunkt her. Frequenzen, die sich nicht überlagern,
die sich gegenseitig stützen. Als rhythmischer Bordun, als basso continuo, böte sich das
Geräusch einer Stiefelspitze an, die ungeduldig auf den Bretterboden einer Berghütte
tippt, weil der, der in den Stiefeln steckt, jemanden erwartet.
Und eine Uhr müßte ticken. Das Metronom, der Dirigent. Instrumentatorisch feinfühlig
umgesetztes WARTEN. Auf jemanden oder etwas.
Aber hier zischt kein feuchtes Holz im Feuer, ich trage keine Stiefel und sitze auf
weichem Teppichboden. Die Heizung gluckst. Ansonsten Stille. Die Eiswürfel sind
geschmolzen.
Unter solchen Voraussetzungen kommt heute nacht hier nichts und niemand mehr vorbei.
Nein.
HelK m, - 24.04.00 at 01:04:06
Schreiben tu ich nur noch im Traum. Das aber genial. Der Titel: Bademeister, ähnlich dem
Mädchenversteher, sehr lustig sehr orginell; letzte Nacht im Flugzeug noch besser:
"Du kannst dich als gefickt betrachten". Damit fing C.s Lesung so oft an. Und
mein Text auch. Dann ging es über München und seine Trinker, über Maxim Biller und
seine Buchfeier im Schumanns, was ich vorher im Spiegel Reporter gelesen hatte - und alles
auf den ersten Satz bezogen. Ein geschickter Bogen, ein Rundumschlag. Kurz war ich
versucht, das Licht anzuschalten, alles aufzuschreiben, hab ich wie immer nicht getan -
und wenn man es tut steht am nächsten Morgen nichts da. Stattdessen weitergeschlafen,
irgendwann keine Luft mehr gekriegt und den Hals verrenkt. Jetzt ist alles vorbei. Endlich
zuhause.
Herzliche Grüße an alle, die ich viel zu kurz gesehen und gesprochen habe, was nicht
immer das schlechteste ist.

Elke Naters - Bangkok - 24.04.00 at 18:49:30
Zu all diesen Seen, zu all diesen Moränen zwischen all diesen Seen, zu all diesen Bergen,
das wurde mir die letzten Tage wieder klar, zu der sich in aller Breitwandweite am
südlichen Horizont dahinziehenden Alpenkette, hatte ich von klein an ein gutes
Verhältnis. Historisches Gelände oberhalb von Happberg. Rote Sonne überm Würmsee. Die
Pop-Kommune gleich hinterm nächsten Hügel: Immer sollte Uschi mit aufs Foto. Hüpfende
Gestalten im Unterholz. Die Pop-Kommune im Fünfseenland. Wenn das unsere Eltern gewußt
hätten. (Hierko und Anne legten sich Arm in Arm nebeneinander auf eine silberne Folie und
wurden von den Übrigen mit den Resten des Mahls dekoriert)
Verfrühter Frühsommer im Pfaffenwinkel. Zu diesen grellbunten Frühjahrstagen, hatten
wir immer das beste Verhältnis. Das allerbeste Verhältnis hatten wir von Anfang an zu
diesen explodierendenTagen an denen sich unten in der Hügellandschaft schon das ganze
grellbunte Farbspektrum auftut und sich in den Bergen noch bis weit unter die Baumgrenze
fett der Schnee ausbreitet. Alles dort noch weiß, aber unten schwitzt man. Alles dort
noch weiß, aber man sieht das Weiß förmlich die Hänge runterfließen. An den Kiosken
an den Ufern all dieser Moränenseen wird erstmals wieder Eis in allen Farben verkauft,
man schwitzt und das Eis rinnt tropfend über die Waffel. (Die von der Pop-Kommune
exklusiv angefertigten Gipsabdrucke wurden hauptsächlich über Boutiquen und Sex-Shops
vertrieben)
Rosa Sonne überm Ammersee. Lila Sonne überm Wörthsee. Barockes Voralpenland als
Poplandschaft mitten in Krautland. Amon Düül over Holy Berg Andechs. Die
Amon-Düül-Kommune als High-Fish-Kommune. Die High-Fish-Kommune als Pop-Kommune in der
Pop-Kommunen-Broschüre. (Nackt im Birkenwäldchen, nur mit Tauchgeräten über den
Schultern, simulierten sie einen Spaziergang auf dem Meeresgrund)
Uschi in den Sommerferien bei Verwandten am Würmsee. Uschi als Peggy in Thomés Rote
Sonne. Uschi als Monika in der Pop-Kommunen-Broschüre. Uschi als Uschi darf Tamburin
spielen. (Sämtliche Fahrzeuge der Kommune wurde unter Drogeneinfluss bemalt)
Uschi Obermaier, so heißt man hier in dieser psychedelischen Weltgegend zwischen der
Stadt und den sich breitwandweit hinziehenden Bergen, wenn man hier geblieben ist, wenn
man sich keinen Künstlernamen zugelegt hat, wenn man zu spät den Kontinent gewechselt
und sich nicht wie Nico rechtzeitig von einem Namen wie Christa Paeffgen getrennt hat.
(Als der Mond über dem See stand griffen sie zu den Trommeln und den anderen Instrumenten
und machten eine einfache, choralartige Musik, an der sich jeder beteiligen konnte)
Abb.: Fünfseenland mit Kloster Andechs und Zugspitze (2963m)
Andreas Neumeister Mjunik, - 24.04.00 at 23:36:06
Ich will Musik Musik Musik!
Hör doch mal im Radio nach
Dreh schnell weg von Bach
Was´n das fürn Stück?
Schalt nochmal zurück
Das ist ja von Human League
Ich will andere Musik!
Tschuldige wenn ich so belle
versuchs doch mal mit Mittelwelle
Vielleicht ham die bessre Musik
Nein, nur Ethnodreck aus Mozambik
Von der Minderheiten-Odyssee
schalt zurück zu UKW
Hier ham alle ´n Glatzen-Tick
Nennen sich DJ und sind dick
Gut ich bin jetzt still
und sage was ich will
Nur ganz einfache Musik
-Mädchenchöre sollen singen
und es soll so herrlich klingen-
Wie Sirenen im Atlantik
(Songlines)
lorenzschröter berlin, - 25.04.00 at 17:02:39
Das Haus: Ich trete davor, mit einem Edding.
Die Magnolie vor unserem Haus ist in dieser Woche aufgeblüht. Eine weiße Wolke, zwei
Tage lang. Auf den Beton der Säulen schreibe ich das. Nackt im Birkenwäldchen, nur mit
Tauchgeräten über den Schultern, simulierten sie einen Spaziergang auf dem Meeresgrund.
Äste knacken und der Abend kommt. Eine schmutzige Wolke brennt rosafarben.
Nach dem Händewaschen war das. Das Licht aus, die offenen Augen in der Dunkelheit. Kurz
war ich versucht, das Licht wieder anzuschalten, alles aufzuschreiben. Die Berge dort
unten, aus dem Fenster des Flugzeugs. Alles dort noch weiß, aber unten schwitzt man.
Alles dort noch weiß, aber man sieht das Weiß förmlich die Hänge runterfließen. Jetzt
schreibe ich es auf.
Der Marker knarzt und ich erreiche die nächste Ecke.
Dann sitze ich und sehe die Schrift, die langsam verblasst, die um das Haus geht.
Geheimschrift. Die Eiswürfel sind geschmolzen.
Ich trinke den letzten Schluck. Dann: Mädchenchöre sollen singen: Es gibt keine
Erinnerung im Geist des Menschen. Wenn sie fertig sind, sage ich leise: Doch. Hier.
Sven Lager - B., - 25.04.00 at 21:06:49
Zu American Beauty: Sehr schön das Aufzeigen von Perspektiven, wie sehr jeder mit sich
verstrickt ist und nur das sieht, was er sehen kann. Obwohl zuviel, dennoch gut: Der
autoritäre Militärvater, der denkt, sein Sohn bläst dem Nachbarn einen, nur weil er das
sein sein Leben lang selbst am liebsten getan hätte und sich nicht getraut hat.
Was gibt es für einen Antrieb zu Leben? Wofür lebt man, wofür stirbt man?
Wovor hat man am meisten Angst? Auch schön: Sie die Karrierefrau, er schmeißt seinen Job
als man ihn rausschmeißen will, erpresst seinen Vorgesetzten: I am just a man, who has
nothing to loose. Die beste Vorraussetzung zum Leben.
Was muß passieren, daß einer gemocht wird, jemanden mag, glaubt von andern geliebt -
nicht geliebt zu werden? Warum will einer von dem oder dem geliebt werden, obwohl er ihn
selbst nicht mag? Warum mag er ihn nicht? Was sieht er in ihm, das er nicht mag?
Warum mag man den einen mehr oder weniger wenn andere dazukommen oder weggehen?
Ein lautes Rascheln von draußen, so laut, so plötzlich, daß ich erschrecke, aufhöre zu
schreiben, den Kopf hebe, aus dem Fenster sehe, durch das Fliegengitter, nur kleine
Lichter im schwarzen Himmel und dann erst fährt mir der Wind ins Gesicht, kühl und
sanft.
Unser Nachbar würde gar nicht einmal so schlecht aussehen, wenn er sich nicht so gehen
lassen würde. Vom Kinn abwärts ist sein Körper eine Birne. Das kommt vom Bier trinken
und auf der Harley sitzen. Er weiß, wo es das billigste Bier gibt, den größten
Fernseher, den günstigsten Kabelanschluß und die heißesten Mädchen.
Er steht auf Strümpfen vor seinem Haus in der Dämmerung, ich schlage Moskitos auf meinen
Beinen tot und er erzählt von seinen Ferien. Er ist gerade auf der Harley aus Pattaya
zurückgekommen. "Now I know what happens to your body, wenn he hits a truck".
Ein Torso auf der Fahrbahn, ein Kopf hier, ein Bein da, und so weiter. "I had to stop
and have a beer", beschreibt er seine Erschütterung. Ich bin die einzige, die das
für einen Witz hält.
Elke Naters - Bangkok - 26.04.00 at 05:48:57
RDB sagt: Die süddeutsche Landschaft kommt mir sehr kompliziert vor, und zwar unnötig
kompliziert ...
RDB an Ulf: ... Geröll, Geplätscher, mühsam ist es, diese Zerrissene zu einem
einheitlichen Eindruck zusammenzufügen.
Abb.: Erdfunkstelle Raisting
A.N., Mjunik, - 26.04.00 at 13:42:10

Rhein bei Koblenz
Elke Naters - Bangkok - 27.04.00 at 19:16:07
Ich will auch mal nach Bangkok. Aber die Drogen und die Mörder und das Essen und das
alles. Und dann kenn' ich mich am Flughafen nicht aus. So fängt's schon mal an. Wär
vielleicht doch zu aufregend für mich. Zum Maisinger See finde ich ohne Probleme. Da
fall' ich auch nicht auf, mit meiner Lederhose.
Schade. Bangkok, das wär's schon gewesen. Mit Elke und Sven und so weiter, und den Drogen
natürlich. Dem Christian Kracht am Strand das Schuhplatteln beibringen, meine Herren ...
Das würde in die Literaturgeschichte eingehen.
Genau besehen bietet das Leben schon Möglichkeiten, aber der Maisinger See hat einen
schönen Biergarten
und dann muß man immer die allgemeine Lage seh'n:
.
rom & wien
.
alle wege führen nach rom
daher hat rom
keinen sessellift
.
wien hat einen sessellift
dafür hat rom
keinen wiener bürgermeister
.
(Hermann Jandl)
.
Und ich gehe ja ohne HelK gar nicht mehr aus.
Heiner Link Mjunik, - 27.04.00 at 23:13:42
dieses Zerrissene
es muss dieses Zerrissene heißen
natürlich muss es dieses Zerrissene heißen
ausgerechnet bei Fremdzitaten verschreibe ich mich immer
bei Selbstzitaten verschreibe ich mich nie
heute ein Gedächtniszitat
Arno Schmidt sagt: ... immer wenn man was Schönes sieht, steht'n Berg davor ...
Abb.: Gerhard Richter "Garmisch, 1981" Öl auf Leinwand. Sammlung Robert
Lehrman, Washington, D.C.
Andreas Neumeister - 27.04.00 at 23:54:35

Eines Tages werden wir drei sehr viel Geld haben. Bis dahin kontrollieren wir alles.
Christian, Anton & Luzie - Bangkok, Thailand, - 28.04.00 at 15:33:44
Der Junge gegenüber
Heute morgen, während ich über den Text nachdenke, an dem ich schreibe, schaue ich aus
dem Fenster, und es ist ein wunderbarer Frühlingsmorgen, so ein Morgen von der Sorte, die
einem sozusagen wörtlich das Blaue vom Himmel verspricht, durch das flirrende
Vormittagslicht, verschattet nur von einzelnen Blüten der Bäume, welche die Allee vor
der Haustür säumen, leuchtet das Grün in der Sonne, das tiefe Blau des Himmels, der am
Horizont schon bald ins Weiß übergeht, strahlt mich an und eine einzelne Wolke schwebt
wie hingedacht in der Mitte des Bildes, an diesem Morgen also wende ich den Blick nach
unten auf die Straße und sehe zu dem Einfamilienhaus gegenüber, wo ein dunkelblauer Opel
Astra Caravan auf dem Parkplatz steht, und bemerke den kleinen Jungen gar nicht gleich,
der in Jeans und lila Pulli auf seinem gelb-grün gestrichenen Fahrrad um den Opel herum
seine Runden dreht, und als ich ihn entdecke, denke ich mir, wie furchtbar, er weiß noch
nichts von seinem Glück und ist doch gerade in meinem Kopf ein Sinnbild geworden, das
Sinnbild einer Verzerrung, wie sie das Motiv des Tanzes um das goldene Kalb, deutsche
Variante Jahr 2000 a.d., gerade in meinem Kopf erfahren hat, immerzu im Kreis fährt der
Junge blöde vor sich hin, und als ich einmal kurz wegschaue, weil ich es nicht ertrage,
daß es ausgerechnet dieses furchtbare Auto ist, um das herum er seine Runden dreht,
anstatt auszubrechen aus dem elterlichen Kreis und eine Fahrt um die nächste Ecke in die
Fremde zu wagen, in das Unvorstellbare, das in der Tat ja schon in der nächsten
Querstrasse beginnen würde, in dem Moment also, da ich mich an meine eigene Kindheit
erinnere und an die Fahrten nur fort von den Eltern, da schaue ich wieder herunter und er
hat nun zu allem Überfluß einen Fahrradhelm aufgesetzt bekommen von der Mutter, damit es
im Falle eines Unfalls zur Materialschlacht Opel gegen Fahrradhelm kommt, anstelle Kopf
gegen Opel, was bei dem zu erwarteten Drehwurm ja auch kein Wunder wäre, während also
all dies passiert, bemerke ich, daß es nichts Traurigeres gibt als diesen wunderbaren
Frühlingsmorgen, der mich erfüllt mit der Macht der Erinnerung an die Unendlichkeit der
Tage als Kind und die nimmermüde Sehnsucht danach, daß uns diese Unendlichkeit
zurückkehrt.
Eckhart Heidelberg, - 28.04.00 at 17:13:30
Hausregeln des Anstands, der Würde, Lebensart und des guten Benehmens
- Einen Abfallkübel im Bad und im Schlafzimmer aufstellen.
- Keine Bilder von sich selbst in der Wohnung aufhängen oder -stellen.
- Die Schuhe ausziehen, bevor man das Haus betritt.
- Für Gäste immer Whiskey, Wasser und Knabberreien vorrätig halten.
- Vermeiden beim Trinken oder Schreiben den kleinen Finger der linken Hand abzuspreizen.
- Die Kinder nicht anschreien.
- Eiswürfel nicht vergessen.
- Nach dem Kacken Streichhölzer abbrennen.
- Vor dem Schlafengehen die Füße waschen.
- Keine schlechte Laune verbreiten.
- Am Tisch und im Bett nicht in Tränen ausbrechen.
- Darauf achten, daß immer frische Blumen herumstehen und das Klopapier nie ausgeht.
- Nach jedem Duschen den Abluß von Haaren säubern.
Elke Naters - 28.04.00 at 17:34:45
Macintosh PowerBook 140. Nächstes Jahr wird es zehn Jahre alt. Ich wünschte ich hätte
es vor zehn Jahren schon gehabt, aber ich habe es vor vier Jahren gekauft. Von einem
Araber in der Uhlandstraße. In einer kleinen Neubauwohnung mit Tee und ohne Kaufquittung.
Glücklich, 800 Mark geliehenes und vorgestrecktes Geld. Jobs. Dieser wunderbare graue
Körper, seine angerauhte und doch abweisende Oberfläche. Kohlenstoff. Das Dhaaahh beim
Starten. The Chime, der Name dieses Klangs, weiß ich, weil ich Stunden, Tagelang die
langweiligen Readmes von noch so kleiner Share- und Freeware im Netz gelesen habe
The Chime, die Uhr schlägt, dazu prasselt das Kaminfeuer. Jetzt ist die Tastatur
grünlich, mit schwarzen Rändern. Der Bildschirm gilb wie ein ausgebleichtes Foto, manche
Buchstaben reagieren nicht. Ich tippe wie auf meiner alten Reiseschreibmaschine. Der
glänzende, strahlende Körper eines neuen Jahrtausends ist alt geworden. Ich hielt es auf
meinen Knien wie einen Schatz. Klar habe ich draufgeascht, wie auf eine Opferstelle.
Phosphor habe ich mit ihm geschrieben. Ich sage mit IHM, weil book, Buch. Das Buch,
geschrieben im Book.
Seitdem? Ich frage mich, ob es an pool liegt, daß alles um mich herum so schnell gealtert
ist. Weniger die Menschen. Die Dinge in meiner Betrachtung. Deutsche Städte,
Überbleibsel vom Ende der 80er. Die Sprache ist anders geworden seit pool.
Wer sagte das: 'Schriftsteller, die sich wieder zusammentun seit Anfang der 80er, danach
war es verpönt, man schrieb alleine.'
Man schreibt immer allein, aber hat das gemeinsam auf einer Seite schreiben die Sprache,
das Schreiben jedes einzelnen verändert? Das Lesen hat es verändert, aber das schreiben?
Ich schreibe weiter auf meinem powerbook, wieder. Wenn der Stecker wackelt, gehen immer
die letzten Zeilen, manchmal der ganze Text verloren.
Sven Lager - B. - 29.04.00 at 08:32:27
Die oberbayrische Schacheinzelmeisterschaft fand diesmal in einem Kuhdorf namens
St.Leonhard statt, im Wessobrunner Forst hinter Weilheim gelegen. Es gibt dort zwei
Zigarettenautomaten, eine Telefonzelle, keinen Zeitungskasten, keinen Supermarkt, nicht
einmal eine Tankstelle oder einen Tante-Emma-Laden. Der einzige Fernseher des Gasthauses
"Zum bayerischen Hiasl" war kaputt. Das alte Gebäude stank nach Bratfett und
beherbergte im Hinterhof einige sehr schüchterne Mischlingshunde.
Dort verbrachte ich die letzten fünf Tage, spielte 7 Partien, gewann zwei, remisierte
vier, verlor eine. Die Lichtverhältnisse waren gewöhnungsbedürftig, das Essen kann man
als passabel bezeichnen. Sowohl Zanderfilet wie Rehrahmgoulasch entstammten frisch
geschlachteten, bzw. frisch gefangenen Tieren. Auf den Wiesen der Umgegend blühten
Unmengen von Löwenzahn, und die schneebedeckten Alpen boten das ortsübliche Panorama.
Auf einer gilbfleckigen Tafel des örtlichen Krieger- und Soldatenvereins wurde der Toten
des Dorfes im ersten Weltkrieg gedacht, die, so wurde stolz vermerkt, mit 31 Völkern
(Nationen? Ländern?) im Krieg gelegen waren. Touristische Formulierung, sicher kein
Zufall. Krieg hieß damals auch, und nicht zuletzt, etwas von der Welt zu sehen.
Ich zählte insgesamt 85 Gefallene und Vermißte. Ein Name kam besonders oft vor: Resch.
Zwölf Söhne der Sippe Resch sind im Feld geblieben. Drei von ihnen an ein und demselben
Tag.
In der kleinen Dorfkirche hing ein Schild: UNSERE ALARMANLAGE IST AUF DEM NEUESTEN
TECHNISCHEN STAND. WER DIE BILDER BERÜHRT, MUSS MINDESTENS BEARBEITUNGSGEBÜHREN IN HÖHE
VON DM HUNDERTUNDFÜNFZIG LEISTEN.
Was für Bilder? In der Tat, da hingen einige verrußte Produkte religiöser Volkskunst,
von Wert höchstens für ganz verschrobene Sammler. Auf dem Dorffriedhof fiel mir die
Häufigkeit des Vornamens Kreszenz auf.
Zwischen den Runden machte ich lange Spaziergänge bei schwülem Wetter. Jeder, der meinen
Weg kreuzte, sagte "Grüß Gott". Und als ich ins Nachbardorf kam, rannte ein
kleines Kind vom Pferdestall ins Haus und schrie: "DA IST EINER VON DEN
SCHACHSPIELERN!" So war das, im Wessobrunner Forst.
Vier Tage kein Internet, keine E-Mails. Kein Fernsehen. Nichtmal eine Zeitung. Der Empfang
von B4 auf meinem Taschenradio war trotz der nahen Senderstation Hohenpeißenberg mäßig
bis milde ausgedrückt.
Wie man sich auf Mahlzeiten freuen kann, die zu Ereignissen werden. Wie man die kleinen
Abwechslungen zu zelebrieren beginnt, zu Ritualen erhebt. Das Bier im Gasthaus "Zum
Bayrischen Hiasl" war von Hacker-Pschorr. Wenigstens machte es irgendwann betrunken.
Der Wirt, der außer uns 14 für die Meisterschaft Qualifizierten keine sonstigen Gäste
hatte, erzählte beim Frühstück peinliche Zoten und zeigte ein Foto, auf dem er mit Lisa
Fitz und Wolfgang Fierek zu sehen war, maßkrugstemmend.
Als besonderes Kuriosum muß erwähnt werden, daß für jeden Teilnehmer der
oberbayrischen Schach-Einzelmeisterschaft rechts neben dem Partieformular eine
Fliegenpatsche bereit lag, von der zu Anfang zögerlich, später hemmungslos Gebrauch
gemacht wurde. Gestern habe ich fünf Fliegen mit einem Streich erledigt, und notierte auf
meinem Formular, nach dem 36. Zug (Dame g4): FÜNF!
Das war toll, im Wessobrunner Forst.
HelK m, - 29.04.00 at 12:17:27
Bloody saturday 2
Wieder sind Wahlen, wieder wird aus diesem Grund kein Alkohol verkauft und wieder wollen
wir ausgehen und wieder wird es ein blutiger Samstag.
Blutigen Film gesehen (Sleepy Hollow)
Blutigen Fisch gegessen
Blutiges Fleisch gekauft
Die Q Bar war wieder geschlossen. Jetzt sind wir wieder zuhause.
Trinken weißen Martini, essen Marshmallows und rauchen Marlboro lights.
Elke Naters - 29.04.00 at 17:22:32
Gleich gibt es blutige Nasen.
Die letzten, wie auch weitere Einträge unter meinem Namen im loop, sind und waren nicht
von mir.
Elke Naters - 29.04.00 at 18:19:46
Aufbewahrungsbedingungen (Gepäckschein für 1 Tag)
Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten und andere Wertgegenstände sind von der Aufbewahrung
ausgeschlossen. Für diese Gegenstände stehen Ihnen Hotelsafes zur Verfügung.
Bei Nichtbeherbergungsgästen beschränkt sich die Haftung für in Verwahrung gegebene
Sachen auf 10.000,-DM.
Im übrigen gelten die gesetzl. Bestimmungen.
Eckhart Unterwegs, - 29.04.00 at 18:53:21
Von mir ist auch nicht alles loop. Ist das wirklich ärgerlich? Ich glaube nicht.
Heiner Link München, - 29.04.00 at 22:21:33
Doch ist es.
Was mich am meißten am loop gestört hat, war die zunehmende Gesichtslosigkeit.
Die vielen namenlosen Texte und wechselnden Kürzel haben die Vielstimmigkeit des loops zu
einem unverständlichen Geschrei verkommen lassen. Mit dem Weglassen des Namens entfällt
jede soziale Verantwortung. Ich lese keine Texte ohne Namen. Dabei spielt es keine Rolle,
ob dieser echt oder falsch ist. Jeder Name hat eine Stimme, jede Stimme entwickelt ein
Gesicht. Das finde ich spannend, darauf hin Texte zu verfolgen. Wenn auch noch die wenigen
Namen gefälscht werden, macht nichts mehr Sinn. Der letzte Eintrag von gHack war
übrigens auch nicht von ihm.
Elke Naters - 30.04.00 at 10:14:13
Klar, Elke, das kann man schon so sehen. Mir hat aber grade das totale Durchknallen im
loop gut gefallen. Ich fand einfach interessant, was passiert, wenn die "soziale
Verantwortung" wegfällt. Auf Dauer geht das natürlich nicht, das ist auch klar.
Heiner Link München, - 30.04.00 at 12:25:32
JETZT KRACHT'S RICHTIG!
Ganadenloser Preissturz bei LOOP!*
Die neuen Preise bei LOOP-
Informieren Sie sich bei uns.
*Die Handys funktionieren ausschließlich mit einer LOOP-SIM-Karte und sind deshalb
preislich reduziert. Sie haben jedoch die Möglichkeit, gegen Bezahlung von einmalig 195
DM (24 Monate ab Kaufdatum, danach kostenfrei) die Sperre aufzuheben, um die Nutzung der
Handys mit SIM-Karten für Netze anderer Betreiber zu ermöglichen.
Eckhart en passant, - 30.04.00 at 12:43:03
Lieber Heiner, was ist denn interessant daran, wenn die soziale Verantwortung wegfällt?
Kennt man doch alles: Hosen runterlassen, Frau hauen, ficken schreien. Interessant ist
doch viel eher, wie man in einer derart freien Form wie dem loop eine soziale
Verantwortung erreichen kann. Zumindest irgendwas ähnliches. Im Drecksmedium Internet.
Elke Naters - 30.04.00 at 13:31:31
imperativer Führungsstil
kooperativer Führungsstil
schon John D. Rockefeller gab Petroleumlampen kostenlos ab,
um anschließend am Verkauf des Öls zu verdienen
Abb.: "Nicht mehr der Reichste - Bill Gates"
Abb.: "Auf der Überholspur - Larry Ellison"
Andreas Neumeister - 30.04.00 at 15:10:19
NEU am pool:
Antje Majewski
Herzlich Willkommen
Sven Lager & Elke Naters - B., - 30.04.00 at 16:33:56

Antje Majewski - Berlin - 30.04.00 at 16:35:06
Fundsache 24/45
Absendende Stelle: Koblenz HBF
An Fundbüro Wupp.-Elberfeld
1 Presseausweis
1 American Express
1 Geldbörse
1 BC/3 EC-Karten
1 SAS Euro Bonus Card
1 Britisch Airway Executive Club
1 Air France Frequence Plus
1 Lufthansa Card
1 Personalausweis
1 Führerschein
1 Euroscheck
1 Visitenkarten
1 Reisequittung
1 Postkarte "Inverno"
1 Wetterkompass "Fielmann"
62,45 DM Bargeld!
Ist die Fundsache weniger als DM 100,00 wert, besteht kein Anspruch auf Finderlohn (§ 978
BGB)
Gefunden am 29.04.00
Anschrift des Verlierers:
Henrik Eckhart
Stein (durchgestrichen) Steubenstr. 20
Heidelberg
EN unterwegs, - 30.04.00 at 21:15:11
Liebe Elke, bitte keine Diskussion. Ich hab genug mit dem Forum zu tun. Ihr werdet Euch
schon was Schlaues zum neuen Loop einfallen lassen. Ich schenk Euch lieber ein Gedicht:
Entwicklung eines didaktischen Hühnchens
in
out
dis
put
put
put
Von Jochen Lobe.
Heiner Link München, - 30.04.00 at 21:16:06