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pool #36 08.03.-15.03.2000
pool #35 / pool #37
1
"Der Verkehr war viel besser als erwartet."
Der Anglizismus aus Kindertagen, als ich eine Stunde zu frueh bei einem Termin erscheine.
2
Dank einer freundlichen Bibliothekarin heute: pool-loop. ( All the best, Sven! Und erhol
Dich gut, sonst tanzt ja keiner mit mir am 11. April.)
3
Die Bibliothekarin verkoerpert, was ich an Amerika immer geliebt habe. Freundlichkeit,
Einsatzbereitschaft, Gelassenheit. Neben ihrem Dienst am Information Desk beraet sie die
Alten aus der Nachbarschaft (hier: "Leutchen", nicht anders) in Sachen
Aktienkauf.
"I hate to see people doing badly when the market's doing so well."
Als ich fuer ihren Sonderfonds spende, mit dem bequemere Moebel fuer die Bibliothek
angeschafft werden sollen, freut sie sich genauso innig wie die Rentner, die ihr mit den
Aktienlisten ihrer mitgebrachten Zeitungen Auf Wiedersehen winken.
4
Den Satz "Traffic was much better than I expected" haben wir alle natuerlich
auch gesagt. Erroetet sind wir bei keiner Version.
5
Schoen ist es hier. Wish you were here.
Carmen Samson aus dem Urlaub, - 08.03.00 at 01:26:59
Heute bekam ich eine mail, darin stand: "Zum Schluß noch zwei wichtige Fragen:
Wer ist deine beste Freundin?
und woran erkennt man das Unausgeprochene in einer fucking e-mail?
Das letzte betrifft all das, was wir uns nie sagen."
Zwei gute Fragen. Die erste konnte ich nicht beantworten und die zweite trage ich schon
den ganzen Tag mit mir herum.
Das, was wir uns nicht sagen, ist es das, worauf es ankommt? Das, was mehr über die
wirklichen Zustände sagt, als das, was man schreibt?
Ist es das , was mich im pool interessiert? Worauf ich warte: Die Geschichten, die nicht
aufgeschrieben werden. Dafür Worte zu finden, würde es das Unausgesprochene wieder
ausschließen? Weiß jemand eine Antwort?
Elke Naters Bangkok, - 08.03.00 at 18:48:40
Nachmittag Gedanken Teil 1
pool is over
Ich wollte es nie anders: mit Geschichten und Bildern kommunizieren: Tough, straight,
zack.
Der gute Heiner Link schreibt im Forum der 13:
"Wir sind alle noch nicht so richtig fit im "öffentlichen" Umgang
miteinander. Bei POOL gibts das Problem nicht, weil die alle willentlich aneinander vorbei
schreiben. Das ist ja bei uns hier Gott sei Dank ein bißchen anders."
Der Dummkopf, er hat nichts verstanden. Aber Recht hat er.
Wovon träume ich? Von einem großen Schritt voraus.
Was haben wir?: Einen pool, einige Leser, Spaß, Arbeit.
Was brauchen wir?: DEN POOL, viele Leser, Glück, Arbeit, von der man auch leben kann.
DER POOL:
Wer will was lesen? Warum? Ich wollte ich könnte jeden Tag den Menschen ins Gesicht
schreien: LEST POOL, ihr gottverlassenen KRÜCKEN! Wo sind eure verdammten INTERESSEN?
Was kann es Besseres geben: Schriftsteller und Künstler, JETZT, an einem Ort, täglich?
Der Haken: da draußen sind noch mehr Menschen, die etwas von ihrer Arbeit verstehen, von
ihrer Kunst, die wichtig sind für das tägliche: DENKEN GLÜCK WISSEN. Wo sind sie? Wir
hier können erst der Anfang sein.
Klartext: Wir sollten sie einladen, jeder von uns, für einen Monat, eine Woche, einen Tag
und dann werden sie gefragt, Fragen stellen, antworten: ES wird gemeinsam GEDACHT,
lässig, deutlich, klar.
Don't get it wrong: pool rules super, kann aber so nicht leben. Die Schuhe sind zu klein,
sie DRÜCKEN. Versteht ihr? Wir sind zu GROSS.
Größenwahnsinn?: Ja, gerne.
loop, natürlich auch ganz GROSS: fast schon so gut wie "Berlin Alexanderplatz"
Es folgen bitte: Listen mit Namen von wirklich wunderbaren, schlauen und wichtigen
Menschen, die wir alle als Gastgeber gerne hier am pool hätten. Punkt.
Sven Lager Bangkok, - 08.03.00 at 19:27:58
1
Proposition 22, ein Plebiszit zur Ergaenzung des Familiengesetzes von Kalifornien, wurde
gestern angenommen.
"Only marriage between a man and a woman is valid or recognized in California."
2
Senator Pete Knight hat seine Kampagne von dem ehemaligen Vorstandsmitglied einer
Initiative finanzieren lassen, die Homosexualitaet unter Todesstrafe stellen wollte.
3
Senator Pete Knight hat einen schwulen Sohn.
4
Auf dem Handzettel, auf dem die Ergaenzung erlaeutert wird, sind viele glueckliche
Brautpaare abgebildet. Auf keinem einzigen Photo unterschiedliche Hautfarben. Hispanics
bleiben unter sich, Pakistanis, Asian-Americans. Und natuerlich jede Menge Weisse, der
Braeutigam gelegentlich in Uniform.
5
Was Senator Knight wohl als naechstes angehen wird? Jetzt, wo sich die Studierenden der
Bob Jones University seit zwei Tagen gemischt-rassig befreunden duerfen ("interracial
dating").
Carmen Samson aus dem Urlaub, - 08.03.00 at 21:18:34
Hoppsa. Das war entschieden nicht die gewuenschte Liste. Sorry, dear Sven. Und Moin, moin.
Wuerde Euch gerne mailen, neben guten Wuenschen fuer Dich eine Reaktion auf das obige.
Geht aber aus oeffentlichen Bibliotheken nicht.
Suche mir jetzt ein Internet-Cafe. Denn das gehoert alles wirklich nicht hierher. Sorry,
dear Leser.
Carmen Samson aus dem Urlaub, - 08.03.00 at 21:31:35
Gesamtstand:
Bayern
ACHT
Madrid
DREI
Danke
BITTE
Servus Lothar.
HelK bayernkabine, - 08.03.00 at 22:54:24
Teresa: Lisboa à noite. South-american Getaway: Expo tenerife. Romano Mussolini: Blues
for Alexandra. Go Betweens: The sound of rain. Ambassadors of Style: Sirocco. Dandy
Warhols: Nothin to do. Chopin: Piano Sonata No. 19 c-moll, Mitsuko Uchida.
Eckhart Nickel Heidelberg., - 08.03.00 at 22:56:46
show topics from last day
last two days
last five days
last ten days
last twenty days
last thirty days
last 45 days
last 60 days
last 75 days
last 100 days
last year
show all topics
all times are GMT +1
GMT for Greenwich Mean Time
UBB for Ultimate Bulletin Board
PNT for Post New Topic
Abb.: lb
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Andreas Neumeister - 09.03.00 at 00:37:48
Der Nazijäger
Wir treffen uns meist in den Hallen von Hotels der mittleren Preisklasse, in denen er auf
seinen Reisen absteigt. Diesmal trägt er eine hellblaue Jeans, weiße Turnschuhe, ein
beiges T-Shirt mit Rollkragen und eine schwarze Lederjacke, ein optisches Vakuum inmitten
der Reisegruppen, Musicaltouristen und Vertretergruppen.
Er lebt mit seiner Frau in einem beigefarbenen Haus am Rande einer Siedlung von
beigefarbenen Häusern in der zweitsichersten Gemeinde von Amerika, eine knappe Stunde
außerhalb von Los Angeles. Die Einrichtung wurde beim Kauf des Hauses als Komplettsatz
angeschafft, weswegen die Kunstdrucke auf das Mobiliar abgestimmt sind. Er besitzt auch
zwei Angorakatzen, die farblich gut zum Ton des Teppichbodens passen und nachmittags meist
auf der cremefarbenen Polstergarnitur schlafen. Auf der Terasse vor der Küche hat er eine
Grillgarnitur aufgebaut. Im Urlaub macht er gerne Kreuzfahrten in die Karibik oder nach
Alaska.
Nachdem Armageddon und der Weltuntergang zum Jahrtausendwechsel ausgeblieben sind,
herrscht erst einmal peinliche Stille da draußen. Wir sitzen beim Japaner und erzählen
der Bürochefin aus Torronto Jagdgeschichten. Vom Ku-Klux-Klanchef, der sich mit
weinerlicher Stimme über die Skinheads beklagte. Von Manfred Roeder, der versicherte, er
würde einen Juden auf den ersten Blick erkennen. Von den Hammerskins, die den Hitlergruß
erzwingen wollten, sich dann aber mit bayerischen Trinkliedern beschwichtigen ließen.
Deutschland, Argentinien, Texas, Oklahoma, Idaho.
Heute kam eine Einladung zur Mitgliedschaft bei der Republic Of Texas. Sie wollen den
Kampf mit ganz neuen Mitteln wieder aufnehmen.
Andrian Kreye, New York, - 09.03.00 at 02:28:12
Liebe Eva. Lieber Christian. Und auch alle anderen, die schon einmal darüber nachgedacht
haben, welchen Ort auf dieser Welt sie gerne ersatzlos wegbomben würden (ohne daß jemand
dabei zu Schaden kommt, selbstverständlich. Auch Evakuierungen sind noch schnell vorher
möglich.) Ich möchte meine Liste, auf der sich zur Zeit New York und Hamburg befinden,
um einen Ort ergänzen, aus dem ich gerade wiederkehre. Es handelt sich hierbei um den
sogenannten »Sunshine State« Florida. Der Flughafen Tampa, er geht ja gerade noch: da
lehnen draußen ein paar Gestalten an Betonpfeilern; erwartungsvoll, aber noch betreten
von ihrer ersten Zigarette, die nach so einem Langstreckenflug ja immer unglaublich
reinknallt, blicken sie in die Luft, die hier, das muß man zugeben, eine schöne, milde
ist, und freuen sich, daß im Sunshine State tatsächlich das Wetter gut ist. Dabei
können ja auch noch nicht wissen, daß sie in Tampa nur Taco Bells und Wendys erwarten.
Und deren unglaublich übergewichtige Kunden in Tunrschuhen (es gibt jetzt genauso viele
Übergewichtige wie Unterernährte auf der Welt, wundert sich der »Tampa Tribune«).
Florida ist nicht gestört wie Kalifornien oder anstrengend wie New York: es ist ein
großes schlappes mit Käse überzogenes Nichts, über dem die Sonne scheint.
Rebecca Casati München, USA - 09.03.00 at 13:10:40
Meine Idee: Immer Paare als Gäste einladen, eine Frau, ein Mann, ein Monat? So bleibt die
Geschichte übersichtlich. Meine ersten Favoriten: Anna Champagner und Niklas Maak. Frau
Champagner wurde auch schon im loop vorgeschlagen, sehr zu Recht. Und Niklas Maak gelobt.
Auch sehr zu Recht.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 09.03.00 at 16:12:09
Coldcut vs. Silent Poets: Border. Orbital: Way out. Tom y Joyce: Vai minha tristeza. Trio
Mocoto: Swinga Samambay. Talk Talk: I believe in you. Cleaners from Venus: Lukewarm
lovesong. Schumann: Piano Quartett Es Dur, Op. 47, Beaux Arts Trio.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 09.03.00 at 19:12:37
Year Of The Dragon
Bryce sitzt mit einem Topf Nudeln und einer Flasche Bier vor dem Fernseher, lächelt in
sich hinein, freut sich. Er hat seinen Job als Artdirektor und seinen Mietvertrag für die
Loft gekündigt, er hat die Hälfte seiner Besitztümer in den Müll geworden und den Rest
seiner Siebensachen in der Mini Storage verstaut, und wird sich mit seiner Kamera während
der nächsten Monate über New Orleans, Los Angeles und Alaska dem Schicksal anvertrauen.
Die ersten Jobs sind schon gesichtert. Im Herbst kommt er wieder zurück. Oder auch nicht.
Eine Qualität, für die ich ihn bewundere. Für diesen kompromißlosen Willen, vollkommen
von vorne anzufangen, im blinden Gottvertrauen, dass es schon irgendwie weitergeht.
Andrian Kreye, New York, - 09.03.00 at 21:33:46
Niklas Maak, sehr guter Vorschlag. Anna Champagner kenne ich nicht, aber das macht auch
nichts.
Mein Vorschlag: Jeder lädt selbstständig einen oder mehrere Gäste ein und übernimmt
damit auch Gastgeberfunktion. Für sagen wir einen Monat. Das ganze mehr konzeptionell -
gerichteter. In welcher Form auch immer. Intervieuws, Gespräche, was auch immer. Ihr
versteht, was ich meine?
Willst Du den Anfang machen, lieber Eckhart?
Elke Naters - Bangkok, - 10.03.00 at 11:37:30
Sie sah wie immer sehr geil aus, mit ihren millimeterkurzen Haaren, der großen Nase, dem
schlanken Hals, sie scheint einfach nicht älter zu werden, und ich begehre sie wie sonst
kaum eine, seit Jahren, aber es gibt nicht die leiseste Hoffnung.
Sie gehört zu den obskuren weiblichen Personen, vor denen ich sprachlich verkümmere,
verstumme, mich stotternd, fast benommen mit Phrasen und Allgemeinplätzen durch die
Unterhaltung schleppe. Es gibt ein paar solcher Frauen, und ich weiß bis heute nicht, was
denen gemeinsam ist, das mich derart lähmt.
Wir nickten uns zu, fragten einander, was es Neues gibt.
Ich schäme mich zutiefst, vor ihr als Langweiler zu gelten, drum hab ich mit der Zeit
unsere Gespräche auf Floskeleien beschränkt, gebe mich eher uninteressiert, formell
freundlich zwar, aber nicht herzlich. Ich fürchte, daß meine Augen mich verraten, drum
wage ich kaum mehr, sie anzusehen. Ihr Gesicht verschlägt mir die Sprache. Als ich jung
und blöd war, habe ich bei einem ähnlichen Fall versucht, das Trauma, den Staudamm, mit
Gewalt zu durchbrechen, habe mir vor einem Treffen die lustigsten Geschichten ausgedacht
und sogar in Stichpunkten auf einem Spickzettel notiert. Es hat überhaupt nichts
geholfen. Die Geschichten waren schon lustig, wir unterhielten uns einige Stunden recht
angenehm, mehr aber nicht, sie raubte durch ihre bloße Anwesenheit meinen Pointen die
Seele, den Witzen das Funkeln, dem Gelächter die Ausgelassenheit. Es war, als sei ich ein
Gespenst, das sich großer Gesellschaften erinnert, in denen es einst, noch lebendig,
verkehrt hat, und alles, was es mühsam von sich gibt, wäre nur schale Reproduktion,
verkrampftes Auf-Sich-Beharren. Ja, sie gibt mir das Gefühl, tot zu sein, und als
ruheloser Schemen unter den Menschen herumzugeistern. Seltsam, daß ich dennoch jede
Sekunde genieße, in der ich sie ansehen darf, verstohlen, aus den Augwinkeln, es wäre
mir peinlich, wenn sie wüßte, wie sehr sie von mir begehrt wird.
HelK m, - 10.03.00 at 12:38:39
Das Kleid, das ich mir nähen ließ vom Schneider: Der Stoff: Blaßrosa, ein wenig ins
schmutzig gehend. Baumwolle, dünn. Der Schnitt: So weit, dass es keinen Reißverschluß
benötigt und ich gerade so hineinschlüpfen kann, über Kopf. An den Hüften, gerade so
weit, daß es nicht aufsitzt, sondern fällt. Nicht eng, aber schmal, dachte ich, soll der
Gesamteindruck sein. mit geschickter Weite einen schmalen Eindruck ereichen. Der
Ausschnitt: Rund mit einem Schlitz in der Mitte. Die Ärmel: bis zum Ellenbogen - mit
Manschetten, diese nur offen zu tragen, auch nach oben geklappt. Exakt Knielänge. Die
Weite unten: Breitbeiniger Grätschstand. Nach der 3. Änderung ist es Perfekt. Gleich
werde ich es ausführen. Könnte man die Zeit um genau eine Woche zurückdrehen, würde
Sven mich begleiten und wir würden seit langer Zeit wieder gemeinsam ein Tänzchen wagen.
Elke Naters - ebenda - 10.03.00 at 12:47:33
Könnte man die Zeit um eine Woche zurückdrehen, mein Schatz, dann würdest du dich jetzt
in der Notaufnahme über mich beugen mit deinem schönen rosa Kleid und mir zulächeln.
Und das wäre mir fast noch lieber als ein Tänzchen zu wagen.
Niklas Maak einzuladen ist eine gute Idee. Ich würde nur den Monat auf einige Tage
reduzieren, die man ankündigen kann, sonst wird es zu diffus. Gespräche, Themen, oder
die Eingeladenen haben eine bessere Idee.
Im Film, lieber Helk, würden sich diese wunderbaren und begehrten Frauen, nachdem man sie
hartnäckigst ignoriert, ja geradezu schlecht behandelt hat wegen der eigenen Gehemmtheit,
der Scham, plötzlich, wenn schon jede Hoffnung geschwunden ist, für einen interessieren.
Sie wären sogar ein wenig verliebt.
Der Film ist zu Ende und Lichter gehen an im Kinosaal. Der dickgesichtige, langweilige
Richard, also Leonardo, hat sie bekommen, die kleine Französin. Sie haben sich geküsst
und sie hatten Sex miteinander. Wie langweilig. Im Buch von Alex Garland passiert das zum
Glück nicht. Dem etwas unscheinbaren, symphatischen Richard fällt nichts mehr ein
Angesichts der schönen Françoise, der Kopf heiß vor Verlangen, aber leer. Und das ganze
endet furchtbar: Sie werden Freunde.
Ich weiß schon warum ich Bücher lieber mag.
Sven Lager - B., - 10.03.00 at 13:53:21
Soviel kann gar nicht verwürgt werden, grösser müssten die Pepsidosen sein, grösser!
Ich gehe jetzt in die Küche. In deine qualblaue Bulthauptküche. Wenn du nur einmal
diesen Satz sagen würdest: Ich gehe jetzt in die Küche. Aber es heisst immer: Ich gehe
jetzt in die Bulthauptküche. Ein T-Shirt hätte ich dir schenken sollen, aus dünnem
weissen Stoff, mit dicken Nähten, und in grün hätte drauf gestanden: Ich bin zwei
Bulthauptküchen. Aber du trägst ja nichtmals T-Shirts. Und du hast dich als Kind auch
nicht über "Ich bin zwei Öltanks" gewundert, weil du schon mit fünf
aufgehört hast, hinzusehen. Weil du nie wahrnimmst. Weil du nie siehst, was in deinem
Rücken passiert. Weil deine Augen nicht geschmeidig in ihren Höhlen laufen. Ich gehe
jetzt in die Küche und werde die Tür deines Hängeschrankes (hörst du das?
Hängeschrank!) ganz langsam öffnen und öffnen und öffnen, bis die Scharniere
ausbrechen, splittern soll es, splittern. Und dann nehme ich deinen orangenen Lippenstift
und male eine Zielscheibe auf die Kühlschranktür, und dann werde ich die Dartpfeile in
der Hand halten, und glaub mir, ich werde treffen, diesen Kühlschrank treffen, in dem
immer nur eingeschweisste Sachen liegen, weil du wahrscheinlich gar nicht g e s e h e n
hast, dass es auch Futter gibt, richtiges Futter, und dass das was mit Kunst zu tun hat.
Alles eingeschweisst. Eine qualblaue Bulthauptküche, in der immer Champagner im
Kühlschrank steht. Wenn ich dann den Kühlschrank vermackt habe, geht es (ich fall um,
ich fall um: du sagst "Stube") im Wohnzimmer weiter, als erstes halte ich mal
ein gelbes Kondifeuerzeug unter die Alpenpfeilchen. Und dann reisse ich diese
Blumenkörbchenfensterbilder von den Scheiben, weil hier nie was zusammenpasst, weil du
nicht siehst. Ich reisse die Blumenbilder ab, wie ich mir manchmal die Strahlen des
Monitors und die davor gerauchten Zigaretten vom Gesicht ziehen möchte, in knisternden
Fetzen. Dann, dann werde ich mit schwarzen Stiefeln in deine affige Reisescheibmaschine
treten - was solltest du schon tippen in deinem Leben ausser Bewerbungsschreiben? Danach
kannst du dir aussuchen, ob ich lieber mit deinem oder mit meinem Auto durch dein
Krokusbeet fahre, aber besser, ich nehme meins, bei deinem erkennt man ja nichtmals, wo
vorne und wo hinten ist. Was ich mit dieser gehäkelten Hortensie mache, weiss ich noch
nicht, aber ich habe noch genug Wut. Hörst du das? Ich möchte das nicht noch einmal
sehen, wie du an einem Sonntag aus der Bäckerei kommst und auf der ausgestreckten rechten
Hand so ein eingeschlagenes Paket mit Kuchen ("Teilchen", sagst du,
"Teilchen") trägst. Ich möchte nicht noch ein einziges Mal danebenstehen, wenn
du in einem Drogeriefachmarkt eine Verkäuferin fragst, welcher Pflegeserie du dich
überantworten sollst. Und ich werde mir nie wieder "ganz doll" Mühe geben, um
Mitleid mit dir zu haben, weil die Aktien, die du kaufen wolltest, siebenfach
überzeichnet sind. Vor allem, hörst du, werde ich nie wieder in einem Antiquariat stehen
und einen Stapel mit Büchern sehen, die ich liebe, und ich werde sie nie wieder
aufschlagen und darin meine eigene Handschrift finden und eine Widmung für dich, über
die ich lange nachgedacht habe. Das passiert kein zweites Mal, dass ich in die Wohnung
komme und überlegen muss, wo ich die zweimal gekauften Bücher jetzt verstecke, während
ich dir irgendwas erzähle, dass ich Hunde liebe, die beim Autofahren ihren Kopf aus dem
geöffneten Fenster stecken, zum Beispiel. Und alles, was du dann säuselst, meint nur das
Kaputte in mir. Nie wieder, hörst du? Sonst komme ich nachts in deine abricotfarbene
Bettwäsche und erwürge dich mit deinem Aigner-Gürtel. Nein, nicht krank genug. Mit
deinem Moschinogürtel werde ich dich erdrosseln. Ist das deutlich? Neinneinnein, nicht
auf mich setzen, wenn ich gerade den Hals vorstrecke, um die Zigaretten neben dem Bett zu
suchen. Ich weiss, wie du jetzt aussehen willst. Siehst du aber nicht. Weil du nicht
siehst, nie.
Kathrin Glosch, Halle, - 10.03.00 at 16:18:52
Heute erlaube ich mir etwas Pathos, denn heute ist ein unentschlossener
Frühlingsnachmittag. Es ist ein unentschlossener Frühlingsnachmittag, der Verkehr
rauscht, also öffnet man die Fenster und hört mehr als das Rauschen des Verkehrs, da
sind Vögel. Vogelstimmen, die singen wie sonst nur im Sommer, bevor die Sonne aufgeht,
Amselgesang. Es ist zwar kalt, nicht wirklich warm. Aber wenn man allein an der Luft
riecht: Sie riecht warm und ist ganz hell, obwohl es bewölkt ist, so ein grau-blauer
Vielversprecherhimmel, vor dessen silbrig-metallenem Glanz immer wieder ein leichter Wind
entlanggeht. Das sind die ersten Nachmittage draussen, wie sie sich in der
Kindheitserinnerung bis ins Unendliche dehnten. Es ist ein unentschlossener
Frühlingsnachmittag.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 10.03.00 at 17:02:47
Liebe Elke, lieber Sven, in diese Märzen-Euphorie passt Euer Vorschlag gut hinein, also
werde ich sie kontaktieren, die Champagner und den Maak. Vielleicht auch gerade weil ja im
loop vermutet wird, die Anna Champagner sei ein Autorenpool, was ja wiederum gut passt.
EN HD, - 10.03.00 at 17:07:11
1. Django
2. Florian Illies
3. Reinhard Mohr
4. Benjamin von Stuckrad-Barre
5. Tom Gläser
6. Oliver Hirschbiegel
7. Til Obladen
8. Francesca Demichelis
9. Nika Scheidemandel
10. Kerstin Müller-Niedlich
11. Kurt-Georg Dieckert
12. Olrik Kleiner
13. Thomas Walmraath
14. Claudia Pegel
15. Anette Guther
16. Antje Majewski
17. Niklaus Bürgin
18. Heiner Ebber
19. Joachim Bessing
20. Christian Ulmen
21. Kahimie Karie
22. Michel Obladen
23. Sandra Schwittau
24. Wais Kiani
25. Rebecca Casati
Christian Kracht Westerland auf Sylt, - 10.03.00 at 22:35:28
THE SHAPE OF THINGS TO COME
Da war er wieder - THE PULSE, dieser Stromstoß der Glückseligkeit, der nur zündet,
wenn alles im Leben für einen Moment perfekt und vollkommen zusammenspielt. Und nur ganz
wenige vermögen es, diesen Moment aus eigener Kraft herzustellen, wie ein Surfer, der
seinen Körper mit dem Schub eines hunderte von Meilen entfernten Tropensturms in Einklang
bringt. Und dann stand er da, zur Feier seines Geburtstages auf der Bühne des Joe's
Pub - Ornette Coleman, der Mann aus Texas, der schon alles gesagt hat, bevor es die
anderen gedacht haben, der jeden seiner Gedanken mit dem Schub von tausend Jahren in
Einklang bringt, von seinen Mitstreitern getragen, von Dewey Redman und Jack DeJohnette
und Charlie Haden und seinem Sohn Deonardo und der Prime Time Band. Keine zwei Sekunden
hat er gebraucht um den Moment zu beschwören, ihn über endlose Minuten gehalten,
getrieben, all die Worte des Abends wie weggefegt, der Beweis, dass alles möglich ist.
An der Bar - Kristin und Thomas, Bill Adler, Vivian Goldman, Nina Ritter, Steven
Turré, Vernon Reid, Pattie Smith, Billie Hart, Stanley Crouch, James "Blood"
Ulmer.
ARE YOU GLAD TO BE IN AMERICA?
Andrian Kreye, New York, - 11.03.00 at 07:52:13
Was die Radisch so schreibt, ist schon ziemlich doof.
Genaugenommen nicht mal das. Stupor mit Schüben von Moria.
Wie kaputt der Betrieb aber eigentlich ist,
merkt man daran, daß eine Radisch in ihm
kaum noch negativ auffällt.
Es kommt nur auf die richtigen Vergleiche an.
Relativ zur Streeruwitz ist die Jelinek
eine intelligente und wortgewandte Frau.
HelK aus gegebenem grund, - 11.03.00 at 11:56:38
Geschichte der Kulturkritik.
Das Weißweinproblem:
"... Will sagen: Wer im gemachten Netz sitzt, ist für die Literatur verloren. Der
betreibt, recht unromantisch, Inzest auf Papier. Soll vor Alter und Einsamkeit schützen.
Wird gern mit Literatur verwechselt. Erscheint sogar als Hardcover."
Oder: das Ende des Feuilletons im Gestus formelhafter Lyrik.
Zitat: I. Radisch 'Einsam ist Scheiße'
Sven Lager - B., - 11.03.00 at 13:44:30
Der vormodernen, schon seit Jahrhunderten zum Klischee verkommenen Vorstellung vom
Künstler als genialem Einzelgänger hängt selbstverständlich auch Frau Radisch an. In
Ermangelung eines Hölderlinturms möge sich der Dichter doch wenigstens in einen
Elfenbeinturm zurückziehen, nur dort kann schöne, wah-re, gute Literatur entstehen.
Es geht ihr vornehmlich natürlich nicht um die Verteufelung des Internet, sondern darum,
die Autoren zu diskreditieren, die ihrem romantischen Künstlerbildchen nicht entsprechen.
Da steckt sie dann die im pool versammelten "Armani-Dichter" mit Hettche,
Altenburg und wem noch alles in einen Sack und haut unbesehen drauf. Es trifft ja doch
immer den richtigen, denn wer literarische Unzucht mit dem Internet treibt, gehört
bestraft.
Das führt uns zu sophistischen Fragestellungen ähnlich jenen der mittelalterlichen
Theologie. Wieviele Engel passen auf die Spitze einer Nadel? Dürfen Schriftsteller
telefonieren? Wird ein literarischer Text wertlos, wenn er gefaxt, per eMail verschickt
oder gar im Internet veröffentlicht wird?
Was Frau Radisch ärgert, ist der Umstand, daß sie sich als Repräsentantin der Kritik
nicht länger gefragt fühlt. Das würde mich an ihrer Stelle auch ärgern. Würde sie das
Internet nicht nur als Ort betrachten, an dem sich vom rechten Glauben abgefallene
Schreiberlinge zusammenrotten, sondern darin tatsächlich lesen, würde es ihr schnell
besser gehen. Sie würde bemerken, daß, was ihr als "www.Gesamtautor.de"
erscheint, völlig disparate Stimmen sind, die sich lediglich entschlossen haben, ein
Medium gemeinsam zu nutzen. Kopf hoch, Frau Radisch! Ihre Kriterien zur Beurteilung von
Literatur haben schon gravie-rendere Veränderungen unberührt überstanden! Da müssen
Sie sich doch vor uns nicht fürchten!
Georg M. Oswald - 11.03.00 at 20:09:51
Frau Radisch ist überfordert von einer Gemeinde der Literatur, in der sich die Menschen
miteinander unterhalten, einander kennen, übereinander sprechen, gar wohlmöglich
miteinander und übereinander schreiben.
Da ist natürlich die Kritik in ihrer Autonomie bedroht, wo Literaten selbst schon
Kritiker sein können. Ja, das ist natürlich böse.
Und Literatur oder Schriftsteller als Thema in der Literatur, das ist ab jetzt auch
verboten. Schade für einige wunderbare Romane von Nabokov u.a.
Der kühnste Schlag aber kommt ja kurz vor Schluß: Frau Radisch schmeißt alle, die im
"Netz" irgendwie verbandelt sind, gleich ganz raus aus der Literatur: Einweisung
in die Feuilleton-Psychatrie, Diagnose: Inzest auf Papier. Und da sitzen wir nun in
unseren Zwangsjacken und schreiben trotzdem unsere Bücher weiter.
Wie wir das schaffen? Das Netz ist allmächtig, und Frau Radisch kommt nicht durch. Wir
wünschen ihr mit Mixmaster Morris: Nepalese Bliss.
So ein Artikel provoziert schon fast wieder zu nicht gekannter Infantilität im
Kinderladen Literatur.
Mein Wort des Tages daher, mit Sascha während eines wunderbar debilen Nachmittags im
Café Burckardt erkoren: Supi.
O-Ton: Fila Brazillia: Brazilification. Meisterwerk.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 11.03.00 at 22:08:31
Jetzt muß ich es doch mal sagen: Seit Tagen ein Wetter wie nur an brutalst
schönen Sommertagen. Heiße Sonne, blauster Himmel, glitzerklar und ein
leichter Wind.
Unfaßbar so etwas als Wetternormalzustand. Gestern habe ich mir sogar einen
Sonnenbrand geholt. Nicht richtig, aber der Rücken war am Abend rot. Wären
das nicht für die nächsten vier Wochen vorraussichtlich die letzten schönen
Tage, würden wir wahrscheinlich über die Hitze stöhnen. So aber genießen
wir die Sonne und liegen im Garten unter Bananenstauden und lassen uns hin
und wieder von den Kindern mit kaltem Wasser abspritzen. Der Trick: Nie
länger als eine halbe Stunde in der Sonne liegen bleiben, dann wieder
hinein ins kühle Haus und viel Limonenlimonade (ein schönes Wort) trinken
und ein bißchen schreiben. Ein schöner Beruf ist das.
Letzte Nacht träumte ich, daß ich auf eine Berufsschule geschickt wurde.
"Aber ich habe doch eine abgeschlossene Lehre, Abitur und fast einen
richtigen Studienabschluß", rief ich verzweifelt in die Menge von debilen
Berufsschülern und Aufsehern, die mir Schuhe und Mantel versteckt hatten,
damit ich nicht weglaufen konnte.
"Aber du hast keinen richtigen Beruf", sagten meine Eltern "und deshalb
mußt du hierbleiben."
So, jetzt geh ich wieder raus.
Elke Naters - Bangkok, - 13.03.00 at 06:05:39
Dr. Vajparee dimmt die Beleuchtung im Behandlungszimmer auf ein angenehmes
Orange. 'This makes You feel happy'. Leichte Mozartmusik steigt auf während
er mir die Fäden zieht. Die Schwester im grauen Buisinesskostüm lächelt:
'I'm very sorry.' Ich denke, sie sagt noch etwas, und sehe sie für einen
Moment zu lange an.
'Okay', sagt er und rollt zu seinem Flachbildschirm, 'because of the
operation we made a general check before. You want to now the results?' Ich
beuge mich vor und sehe ihn ein icon anklicken, das eine Hand mit erhobenem
Daumen darstellt. 'Wonderful', sagt eine vertraute Frauenstimme im Monitor,
'You are in great shape. Congratulation.'
Ein platinfarbener Elefant sprüht Wasser in ein blumenumranktes Becken in
dem Saal, in dem die Patienten auf ihre Rechnung warten. Es ist Mittag,
aber die Panoramafenster zeigen die Skyline der Stadt in einem abendlichen
Rot.
Ich tippe auf das Logo von Starbucks und jemand, den ich nicht sehen kann,
schiebt mich zum Fahrstuhl. Der polierte Stahl reflektiert das Weiß seiner
Kleider. Als er weg ist, versuche ich mit dem heißen Frappuchino zum
Ausgang zu kommen. Mit dem rechten Fuß ziehe ich mich vorwärts bis zu der
Holzbank, die an der Auffahrt steht. Die Luft ist schwer und heiß unter der
unsichtbaren Sonne.
Der alte Mann neben mir gibt mir Feuer. Auf seinem Patientenkimono steht:
'I AM SO LUCKY!', kreuz und quer und in den verschiedensten Sprachen, und
als ich den Kopf drehe, um besser lesen zu können, lacht er und bläst den
Rauch aus dem Loch in seinem Kehlkopf.
Sven Lager - B., - 13.03.00 at 10:15:04
Die neuen Joghurtsorten von Bauer:
Mit Apfel, Apfelessig und Honig
Mit Pfirsich und grünem Tee
Mit Kombucha und Kirsche
Mit Waldfrucht und Rotweinextrakt
HelK m,d, - 13.03.00 at 18:46:44
erste Schaulustige treffen ein
noch mehr Schaulustige treffen ein
immer mehr Schaulustige treffen ein
noch mehr Schaulustige treten dazu
(die Schaulustigen stehlen dem Geschehen die Schau)
Abb.: Il terrazzo da qui i baby-killer hanno sparato e il quartiere del delitto
Andreas Neumeister Mjunik, - 14.03.00 at 00:07:41
-Man redet ja in dem Betrieb. Untereinander und übereinander.
Natürlich weiß man um Radisch. Man weiß alles. Aber es gibt
ja keine Alternative. Die wäre höchstens sowas wie Mariam Lau
und das muß echt nicht sein. Hast du heute schon den Artikel
über die Rolle des Vamps und Marlene Dietrich gelesen, in der WELT?
-Nein.
-Na, das mußt Du erstmal lesen, dann weißt Du was ein apodiktisches
Delirium ist, geboren aus Schludrigkeit, schlechtem Sex, schlechtem
Geschmack und abgebrochener Halbbildung - dagegen hat es eine Radisch
natürlich einfach, und will denn jemand die Löffler zurück? Nein, bloß
nicht. Also lassen wir
die Iris machen, und lachen hinterrücks ein bißchen, wenn sie wieder mal
die
Welt verstanden hat, nachdem sie je ein Buch von Foucault und Lacan las,
es ist nämlich das Weibliche in der Radisch, was jeden Widerspruch
im Keim erstickt, ihre offen zur Schau getragene Unsicherheit, zugleich
der Hysteros ihrer Stimme, du weißt schon, wenn sozusagen die Gebärmutter
zu schreien beginnt und -
-Was bitte?
-Na, kennste doch aus Klagenfurt,wenn sie in die Runde schaut und wild
gestikuliert und jeder Satz ein Echo trägt - "Es ist doch so? Ich hab doch
recht, oder?" und niemand wagt etwas dagegen zu sagen, weil: wo anfangen?
Es ist ja praktisch gar nichts richtig - und außerdem - wer hat schon Recht
heutzutage? Dagegen aufzuheulen, da würde man sich ja selbst als Rechthaber
outen, so kommt sie über die Runden, ich bitte Dich: was soll man dagegen
machen?
-Ja, ich muß jedenfalls Schluß machen, die Nudeln kochen, darf ich
aufschreiben,
was Du gesagt hast?
-Aber bitte nicht in meinem Namen, ja.
-Ach, komm!
-Nein! Bitte! Spinnst Du?
Telefonat mit xxxxx von der ZEIT, eben vor dem Mittagessen.
HelK m, - 14.03.00 at 12:40:11
the Buch:
insert
heute: camouflage, Nichtkönnen
gestern: gespräch/entwurf
S. Lager - B., - 14.03.00 at 15:30:38
Gestern im Hugendubel ein wenig in "Generation Golf" von Herrn Illies
geblättert. Herrn Illies Vita wird mit dem Hinweis eröffnet, er sei
Golffahrer. Bin ich auch, unser Zweitwagen ist ein Golf Yachting. Und?
Schon nach kurzer Zeit empfand ich Erleichterung, nicht dieser Generation
anzugehören, (ich bin Jahrgang 1963, die Generation Golf aber, lehrt uns
Herr Illies, ist zwischen 1965 und 1975 geboren). Die Generation Golf, las
ich da, verehre Christian Kracht und Stuckrad Barre unter anderem deshalb
so sehr, weil sie das öffentliche Bekenntnis wagten, eine Putzfrau zu
beschäftigen. Ein Befreiungsschlag o.s.ä. sei das gewesen. Das müssen schon
sehr trübe Tassen sein, dachte ich, die sowas als Befreiungsschlag
betrachten. Ehrlich, ich hatte schon als Erstsemester eine eigene Putzfrau
und im Traum wäre es mir nicht eingefallen, sie zu verleugnen. Aber wenn
sie mal krank war, habe ich schon auch selbst angefasst, ist doch klar. Wir
haben unser Personal immer gut behandelt. Unser Kindermädchen hat mir
dieser Tage erzählt, sie habe Infineon-Aktien zugelost bekommen. Ich hatte
noch nicht mal welche gezeichnet, also konnte ich sie reinen Herzens
beglückwünschen. Sie sagte, sie werde aber nur für Zehntausend Euro kaufen,
um nicht zuviel Kapital für die kommenden Neuemissionen zu binden. Was sagt
dazu jetzt einer aus der "Generation Golf"? "Verkehrte Welt"? Oder
wie?
Unser Kindermädchen trägt übrigens ausschließlich Couture von Prada, auch
im Sandkasten.
Georg M. Oswald - 14.03.00 at 20:51:40
Lieber HelK, könntest Du hier die ersten elf Züge unserer Partie nochmal
geben? Ich will jetzt nicht das Archiv durchforsten und muß doch endlich
antworten. Danke.
Georg M. Oswald - 15.03.00 at 09:05:59
1. e4 c6 2. d4 d5 3. Sc3 de: 4. Se4: Sd7 5. Sf3 Sdf6 6. Sf6: Sf6:
7. Lc4 Dc7 8. 0-0 e6 9.c3 Ld6 10.De2 0-0 11. Te1 b6
Hast Du gestern im Spiel Rom-Marseille (5:1) das Fan-Transparent gesehen?
Eiacu
Lazio!!
HelK m, - 15.03.00 at 10:19:46
Lieber Georg M. Oswald - ich finde, Du tust dem Buch von Illies ein bißchen
unrecht. Da sind nämlich sehr hübsche Stellen drinnen. Und ich fahre keinen
Golf, ich hab ja noch nicht mal einen Führerschein, und dieses öffentliche
Bekenntnis... ja, es fühlt sich einmal mehr an wie ein Befreiungsschlag. Es
gibt auch gar keine Couture von Prada.
Rebecca Casati München, - 15.03.00 at 10:32:36
Liebe Rebecca Casati, Du bist nicht allein mit Deiner Meinung. Mein
Chauffeur zum Beispiel, hat mir fristlos gekündigt, als er meinen letzten
Beitrag gelesen hat.Halt! Stop! Um offen zu sprechen, ich habe kein
Kindermädchen, das folglich auch keine "Couture von Prada" trägt, und auch
keinen Chauffeur. Eine Putzfrau schon. Ich frage mich aber, in was für
einem kleingeistigen Muff man aufgewachsen sein muß, wenn man es ernsthaft
als "Befreiung" empfindet, darüber öffentlich sprechen zu können. (Ich
meine damit, um das klarzustellen, natürlich nicht Herrn Illies persönlich,
sondern die von ihm beschriebene Generation). Daß man damit ein paar
ewiggestrige 68er ärgern kann, die ihre Putzfrauen sorgfältig geheimhalten,
mag ja schon sein. Aber ist dieses Geständnis so sehr von Belang, daß man
es zu einem Akt geistiger Befreiung hochstilisieren muß? Sagt das nicht
mehr über den kleinkarierten Geist aus, der da befreit wird, als über
dessen angebliche Befreiung? Besonders hat mich erstaunt, daß es zwei
Schriftstellern so hoch angerechnet wird, daß sie sich öffentlich zu ihren
Putzfrauen bekennen. Daß sie als Schriftsteller für diese Tat bei ihren
Generationsgenossen besonderen Rang genießen. Ich stelle da, mit Blick auf
die Literaturgeschichte eine gewisse - wie soll ich sagen - Verflachung
fest.
Georg M. Oswald - 15.03.00 at 12:10:49
Für den Kollegen Bonné im Forum der 13:
Es sind Leoparden, keine Tiger.
Ein Aphorismus vom 10.November 1917
HelK m, - 15.03.00 at 18:29:10
Um genau zu sein:
Hochzeitsvorbereitungen auf dem Lande 3. Oktavheft
S. 61 (Fischer Taschenbuch-Gesamtausgabe)
HelK m, - 15.03.00 at 18:43:56
Für alle anderen, weil es eine schöne Stelle ist:
Leoparden brechen in den Tempel ein und saufen die Opferkrüge
leer; das wiederholt sich immer wieder; schließlich kann man es
vorausberechnen, und es wird ein Teil der Zeremonie.
Kafka. War immer mein Lieblingszitat zum Thema Provokation.
Könnte stilistisch ebensogut von Jünger stammen, sieht
man vom doppelten Semikolon ab.
Heute übrigens wieder im Hugendubel gewesen und gelesen:
Elke Schmitter. Titel: Vergessen.
So liest sich das also, wenn eine Kritikerin schreibt.
Das also hat sie die ganzen Jahre von uns gefordert und
nicht bekommen. Ja, hätte sie's nur genauer beschrieben, was sie will.
Das wäre schon irgendwie zu machen gewesen.
HelK m, - 15.03.00 at 18:53:26