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pool #33 17.02.-23.02.2000
pool #32 / pool #34
Es ist so, wie wenn man zum ersten Mal eine neue, völlig leere Wohnung betritt, von der
man gehört hat, sie könnte einem gefallen. Und dann geht man hinein - und es ist alles
noch viel schöner, als man es sich erhofft hatte.
Georg M. Oswald - 17.02.00 at 00:20:20
Mit jedem Tag steigen die Temperaturen. Bald beginnt die Regenzeit.
***
Willkommen im neuen, alten pool. Drei Mal draufgespuckt und ein Glas Wodka über die
Schulter gekippt.
* 'aktualisieren' heißt jetzt lesen, denn etwas anderes wollten wir ja nie. Außer
schreiben, und ...
Sven Lager + Elke Naters - 17.02.00 at 00:21:36
Lieber Georg,
tatsächlich bist du mir um Sekunden zuvorgekommen. Wie schön. Machen wir jetzt endlich
die poolparty im Literaturhaus München? Mit DJ Neumeister.
Sven Lager + Elke Naters - 17.02.00 at 00:23:54
Sehr gut. Jetzt popt es wieder hier. Poolplasma - Blutgruppe Rot.
eva munz bangkok, - 17.02.00 at 05:32:21
Seit drei Tagen Bauchschmerzen.
Das Magenzwicken zwingt mich nieder, obwohl es mich nach vorne treibt.
Die Schmerzen werden immer stärker, ich bin verzweifelt und fange an zu weinen.
Ich rufe Christian an, der sagt: Komm, ich fahr mit dir ins Krankenhaus, es ist wirklich
schön dort. Überleg es dir.
C. holt mich mit dem Taxi ab. Ich trage nur schwarz; schwarzer Rock, schwarzes T-Shirt und
frage mich für einen Moment, ob das nicht zu melodramatisch ist. Dazu das rosa
Täschchen, das Penny mir geschenkt hat, das nimmt dem Schwarz die Strenge. C. trägt ein
rosa Hemd.
Er hatte recht. Eine Mischung aus Luxushotel, Einkaufsmall und Abflugwartehalle. Alle
Menschen sehen gesund aus, nur drei sitzen in Rollstühlen aber die sind auch schon alt.
Es ist kein Magengeschwür, kein -Krebs nicht einmal eine Gastritis, sondern tatsächlich
nur eine böse Infektion. Zwei Tüten Antibiotika, thats it. So einfach.
Ich habe immer noch Schmerzen aber jetzt sind sie auszuhalten. Die Homöophatin sagt, ich
soll China 1000 nehmen. Dieses Mal nehme ich lieber Tabletten.
Elke Naters Bangkok, - 17.02.00 at 06:00:18
Asiatische Darmverstimmungen - die Hölle. Um den hiesigen Präsidenten Bill Clinton
zu zitieren: "I feel your pain". Erinnerung an das Tragflächenboot
Macao-Hongkong...seltsame Übelkeitsgefühle, später alleine in der Harbor View Suite,
Explosionen aus allen Körperöffnungen, hilflos einsames Sterbegefühl, jede Sekunde
dehnt sich in die Ewigkeit. Nach sechstündigem Leiden ein matter Anruf bei der Concierge.
Der Hotelarzt überreicht mir vier chinesisch beschriftete Tütchen mit diversen
futuristischen Pillen. Eine Stunde später ist alles vorbei. Am selben Morgen Gnade des
Schicksals in Gestalt eines Pursors der Thai Airways auf dem Flug nach Frankfurt: Sir, we
would like to upgrade you to first class.
Irgendein Krankenhaus in Bangkok ist übrigens weltweit führend auf dem Gebiet des
Penis-wieder-Annähens, nachdem das gewaltsame Entfernen desselben unter eifersüchtigen
Thai-Damen scheinbar verbreitete Praxis ist. Weitere medzinische Empfehlungen:
Schußwunden - University Hospital Newark, New Jersey; Prothesen - Zentralkrankenhaus
Kabul, Afghanistan. Über die Jahre angesammeltes unnützes Wissen.
***
Stars, die besser nicht in einer Talkshow aufgetreten wären.
Arnold Schwarzenegger: "Haha, ich bin Conan O'Brian, ich bin eine Jungfrau und
habe noch nie Sex gehabt, haha!"
Matt Perry (Friends): " Soll ich den Witz erzählen? Also gut. Kommt eine Frau zum
Arzt...."
***
Popzitat des Tages:
It was a good day, I didn't even have to use my AK.
(Ice Cube)
Andrian Kreye New York, - 17.02.00 at 07:25:37
1.
Logisch: poolparty im Literaturhaus in München. Ursprünglich war Mai geplant, aber jetzt
höre ich aus gut unterrichteter Quelle, dass Naters / Lager Immobilienbesitz in Fernost
erworben haben und deshalb im Mai dort nach dem rechten sehen müssen. Ich würde gerne
von allen wissen, wer wann in München ist - oder, um es mit Fünf Sterne Deluxe zu sagen:
"Könnt Ihr mal bitte alle die Hände hochwerfen, ja?"
2.
Der Suhrkamp Verlag. Terra incognita. Die Stories "Jesus' Sohn" von Denis
Johnson erschienen 1995 in der edition, ohne dass mir irgendwelche öffentlichen
Reaktionen erinnerlich wären. 1994 erschien, ebenfalls völlig unbemerkt,
"Wiederbelebung eines Gehängten" im Hardcover.
"Es machte Georgie und mir riesigen Spaß, durch die Gegend zu fahren. Eine Zeitlang
war der Tag klar und friedlich. Es war einer von diesen Augenblicken, die man auskostet,
zur Hölle mit allen Sorgen von vor- und hinterher. Der Himmel ist blau, die Toten kehren
zurück. Später am Nachmittag entblößte die Landkirmes mit trauriger Resignation ihre
Brüste. Ein Champion der Droge LSD, ein sehr berühmter Guru der Love-Generation, wird
mitten in einem Fernsehteam links neben den Geflügelkäfigen interviewt. Seine Augäpfel
sehen aus, als hätte er sie in einem Faschingsgeschäft gekauft. Während ich den
Außerirdischen
bemitleide, kommt mir in den Sinn, daß ich zeit meines Lebens genausoviel genommen habe
wie er."
(aus: "Notaufnahme" in "Jesus' Sohn")
Direkt beim Verlag kann man die Bücher noch bekommen.
Georg M. Oswald - 17.02.00 at 10:03:38
zvab.com
In einer (!) Minute drei Stücke von L.Andrejew gekauft,
nach denen ich vorher fünf Jahre gesucht habe.
Thats the way a-ha-a-ha...
Schöne rote Welt.
HelK m,d, - 17.02.00 at 11:48:48
Plasma. Wow! Fast Forward, Nowhere Fast.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 17.02.00 at 12:04:41
Das rote Kreuz, die Schweiz, Prada, Campell´s, Marlboro, Königinnen, Japan und jetzt
auch pool.
Elke Naters Bangkok, - 17.02.00 at 15:45:00
Zweierlei: 1. So klar, wie pool jetzt vor uns liegt, so weiß wie sonst nur das Papier, so
rot wie eine Lieblingsfarbe, das ist schon eine große Freude. 2. An Herrn HelK, fataler
guter Tip, das zvab. Man findet wirklich viel zu viel zu gut zu schnell. Einzige Gefahr:
Der Warenkorb stürzt ab, und die Suche geht von vorne los. Trotzdem und gerade weil:
Besten Dank.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 17.02.00 at 16:54:56
Zustand des Übergangs. Nach dem langen Licht des Monitors sehen die Dinge gerendert aus,
ich sehe ihre plastische Strukur. Elektronisch, der göttliche Blick.
S. Lager - 17.02.00 at 18:36:36
NEU am pool: Joachim Lottmann
Herzlich Willkommen
S. Lager - 17.02.00 at 18:53:55
HOLY EXPERIENCE
8 reasons why our partners say POOL is the best choice: it makes you, not high, but MORE:
more capable / more powerful / more attractive / more clever/ more sexy / more smart /
more efficient / more happy / WHATS WRONG WITH THAT?
Now kids have all kinds of choices:
HANDMADE, HAND-SLICED, ALL-NATURAL, COLD-PRESSED, SUPER-FLATTED, TRIPLE-MILLED
THANKS ELKE & SVEN
*******
Und noch was / DENIS JOHNSON in seinem Debut ANGELS, 1977 by Alfred A. Knopf/ 1985 by
Ullstein:
"Klassische Musik erklang - irgendein Klavierstück - und die Mündung der
Klimaanlage spuckte kalte Luft. Leckt mich doch. Der Mensch brauch Pillen für die Welt
und Wein für die Pillen. Alles weitere zu gegebener Zeit."
Darauf trinken wir jetzt einen F.F. Coppola, Prost!
tom kummer los angeles, - 17.02.00 at 19:30:20
Rot wie Blut, weiss wie Schnee, schwarz wie Schrift. Danke.
Kathrin Glosch - 18.02.00 at 00:21:47
Hallo! Hier schreibt zum erstenmal ein neuer Teilnehmer! Ich habe mir den Usernamen
"Lottmann" ausgewählt, weil ich ein Verehrer des deutschen Schriftstellers
Joachim Friedrich Lottmann (oder ohne Friedrich?) bin. Der schreibt im Forum der Dreizehn.
Da schlägt er sich tapfer mit Freunden und Feinden herum. Sein einziges Anliegen ist ja,
glaube ich, das Fördern oder Provozieren oder... Erzwingen oder...Wiedererwecken einer
Streitkultur, die die Faschisten einst abgemurkst haben und die seitdem nie wieder richtig
auf die Beine gekommen ist (Norbert Niemann: "Ich hasse Herrn Joachim Lottmann, aber
ich werde mein Leben dafür geben, daß er bei uns seine Meinung sagen kann!"). Im
Pool geht`s eher literarischer zu und das ist eben mehr MEIN Stil. Sorry. Oder auch gut.
Und so sitze ich hier, denke an Tim Staffel in Berlin und höre "crazy" von B.
Spears. Eben waren noch Bekannte da, ein Jurist und eine Praktikantin von Pro Sieben. Was
die erzählten, von ihrem Berufsleben, war so deprimierend und schreckenauslösend, daß
ich mit einemmal (und wirklich zum ERSTENMAL) dachte: "Ich werde niemals etwas
anderes werden wollen als ein Schriftsteller!" Im Nebenraum schläft Barbara. Ein
harter Tag bei Gruner + Jahr. Nachts im sechsten Stock: Die Gelenkbusse in Hamburg
(Nachtlinie) haben so starke Dieselmotoren, daß ich sie selbst hier höre...
Lottmann Hamburg, - 18.02.00 at 02:12:02
Rückkehr, trunken, nachts, von Lesung und dann Abendessen mit Günther Grass. Ein in der
Tat überzeugend guter Leser und nimmermüder Erzähler. Vor dem Hotel schwankend, meinte
er zum Abschied: Ein Autor muß zu seinem Text stehen. Fürwahr. Geradeheraus. Chapeau!
Eckhart Nickel Heidelberg, - 18.02.00 at 03:36:45
Ist nicht wahr das?
Ist ein Witz, oder!
Elke Naters B., - 18.02.00 at 11:23:16
Zu Lottmann, nicht Grass.
Elke Naters - 18.02.00 at 11:24:59
Auch noch: Toyota, STOP, Levis und Rauchen verboten.
Beim Blick auf den offenen Kleiderschrank: Alles rot. Ich kann kein Rot mehr sehen.
Rosé, flieder, lindgrün. Die Farben der Lotusblume: Perfekt.
Im Krankenhaus wurde ich gewogen: Ich wiege 65 kilo bei einer Größe von 1 meter 80. Mein
Idealgewicht.
63 kilo sind mein Wunschgewicht. Mit 62 kilo bin ich DÜNN, mit 67 dick und mit 68 FETT.
Wo bleibt denn der Uslar, ich möchte endlich mit dem rückenschonenden
Bauchmuskeltraining beginnen.
Elke Naters Bangkok, - 18.02.00 at 11:42:58
Grabkiesel
AUF DIESEM KÜHLEN GRUNDE LIEGT
EINE STOLZE HASELMAUS.
VERSEHENTLICH ERSOFFEN.
IM FELDE UNBESIEGT.
HelK m,d, - 18.02.00 at 14:36:59
1. Michael Ruff
2. Reinhard Mohr
Christian Kracht Westerland auf Sylt, - 18.02.00 at 15:18:59
P.S. 10...0-0
HelK - 18.02.00 at 15:32:47
Eigentlich ja auch die nie gekannte Farbe der sensationellen Textklinik von Uwe Kopf. Ihm,
dem Schreibmaschinenfaxversender, gilt aller Respekt. Er wird dies nie lesen.
Eckhart Nickel 5,5 Grad, Nachmittagssuppe, - 18.02.00 at 16:40:55
Der Schritt zurück in die Zukunft
Die Mode 2000: Nur noch Retro. Als gäbe es im Jahr 2000 nur den Blick zurück auf das
vergangene Jahrhundert. Vergangenheitsbewältigung. Und doch sah es noch nie so modern
aus. Und nicht nur die Mode, auch das Wohnen. Die Modernität der sechziger auf das Jahr
zweitausend übertragen. Die Utopie jener Zeit gipfelt in Modernität. Noch nie hat man
zuvor (außer in den sechzigern) einen dermaßenen Modernitätsanspruch gestellt. Die
Zukunft ist jetzt HIER. Wir haben sie eingeholt. Deshalb der Blick zurück?
Elke Naters Bangkok, - 18.02.00 at 18:08:14
Holy Experience II: STAR STATUS (and side effects)
Hilary Swank said: "I almost had a heart attack.
Sofia said: "I felt no sexual SIDE EFFECTS whatsoever.
Toni said: "I had to sit down, and all it did was make me sweat and feel dizzy.
Matt calls it: "One of his biggest disappointments ever.
Ben insists: "No, no, no, it's like you were 14 and jerking off six times a day.
Jane argues: "STAR STATUS is a job requirement.
Leo said: "STAR STATUS is pretty good for my love life. I don t need any other stuff!
Paul Thomas said: "Anybody can get laid when they're famous. The champion thing is to
get laid when you're not famous. That's what's really hard.
Clark said: "Thats why this drug works for me.
Jude said: "You can be seriously disfigured or whatever and women will still be
attracted to you. That s what I call a powerful STATUS.
tom kummer los angeles, - 18.02.00 at 21:55:41
a.dorn - 19.02.00 at 09:39:03
Eben noch pflegt man im Zug seine schlechte Laune, entwirft böse Briefe an jeden, der
einem in die Quere kam, inklusive der Kellner von gestern abend -- und jetzt sowas.
I love it. Really. Schöner als drei CDs innerhalb von Sekunden finden.
Carmen Samson dritte von rechts, - 19.02.00 at 17:04:50
Lieber Stefan, lieber Stefan,
genug der Geisterbeschwörung. Schon mein altes Laptop, auf dem ich gerade schreibe, kommt
mir unheimlich vor. Boten des Gestern. Deshalb wird dies mein letzter Brief sein. Ein
Zimmer ist da für dich, nur wie mache ich es zu deinem? Brauche ich jetzt, zu Beginn des
21. Jahrhunderts wirklich noch einen Gegenstand aus deinem Besitz, ein Ding von dir in
diesem Raum. Das ist ein Aberglaube meiner Jugend, der einer anderen Zeit. Von da kommt
auch das inzwischen befremdliche Wunschdenken die Geister der Toten sprächen auf den
ungenutzen Wellenlängen des Radios miteinander. Ein Allgemeinplatz.
Daher auch nicht verwunderlich meine Furcht manchmal, seit den Briefen, du könntest mir
erscheinen. Geister, die ich rief. Ich muß dich nicht rufen. Immerhin, ich mag noch die
Vorstellung das Senden meiner Briefe über die Sateliten rund um die Welt würde sie für
dich lesbar machen. Manchmal war ich vernünftiger, dann war es allein das Schreiben, das
meine Nachrichten für dich sichtbar macht. Der Blick über die Schulter.
Du bist gestorben, ich habe es nun so oft verraten, vor genau zehn Jahren. Ich dachte es
wären allerhöchstens fünf. Unfall oder nicht, du warst weg.
In einem sehr kühlen Sinne, also entfernt und sehr praktisch, glaube ich an dich nach
deinem Tod. Als Teil der schimmernden Masse der Ströme, in denen wir sind. Strom. Es
spielt keine Rolle, ob du wiedergeboren wirst. Für keinen. Wenn, dann beginnt etwas
anderes von vorne, etwas ganz anderes, für jeden. Ich sehe andere an und denke an dich.
Ich will selbst, sterbe ich, danach verteilt sein, auf die, an die ich zeitlebens dachte.
Nun, der Raum. Er wird mein Arbeitsraum. Irgendetwas abergläubisches werde ich schon tun,
damit es deiner ist. Und dann lass mich arbeiten mit der gleichen Wut, wie du sie immer
hattest. Ich bitte dich, gib mir etwas von dieser Unbeirrbarkeit, der nie versiegenden
Energie. Ich bin, so sagt es auch jedes Horoskop, kein Mensch, der alleine seine Sache
verfolgt. Stets Anerkennung. Dabei wünsche ich mir nichts mehr, bewundere ich nichts
mehr, als die Leidenschaft, die mit sich allein auskommt.
Dein Sven
***
Jetzt, ich muß es hier sagen, weil ich einfach hingerissen bin: Tom Kummer, du bist ein
Meister. Alle anderen mögen mir den Moment verzeihen. Der Verständlichkeit halber: ich
höre deine Musik, Tom. Brechung, Abstraktion, Erfindung. Was anderes ist Kunst?
Sven Lager - 19.02.00 at 17:55:47
Ein leises, ängstliches Sprechen. Barbara telefoniert. Schwer drückt der Himmel auf die
nordeuropäische Stadt. Gleißend weiß der undurchdringliche Nebel: Sonntag, Frühjahr,
ewiger Regen, Sozialdemokratie. "Ihr seid doch alle tot, wenn der Kahn in Hamburg
anlegt!" ruft Victor Ward in "Glamorama" auf Seite 309 den Rentnern auf der
QE 2 zu. Barbara macht "den Spül" (ihr Ausdruck). Rumpelnde rheinische
Geräusche in der eimsbütteligen Dauerstarre. So soll es sein. Auf Grönland haben ab
1802 französische Siedler gesiedelt. 1880 sind die, in der vierten Generation nach
Frankreich zurückgekehrt. Nicht einer ist zurückgeblieben.
Gruß an Elke in der Khaosan Road. Habe selten eine so geistlose, nichtige,
depressionsauslösende Reportage gelesen wie die im Stern heute. Bloß gut, daß von Euch
andere Zeichen kommen.
Lottmann Hamburg, - 19.02.00 at 18:24:16
Vorgestern abend, in der Bar Hotel Europäischer Hof.
Ausgezeichnet: Man kommt als Gast, betritt die Bar und keiner ist da, nicht mal ein
Kellner. Dazu läuft "Sunshine Superman" von Donovan, die Wände sind
holzgetäfelt, goldbeschirmte Wandlampen, halbkreisförmig, und um die Paar Tische sind
alte speckige kleine Ledersessel drapiert. An jedem Tisch bereits Gebäck, aus dem
Hinterraum der Bar ist der langgestreckte leere Frühstückssaal einsehbar, und über den
Gang huschen ab und an ein paar Kellner. Gezählte Gäste des Hotels in Lobby und Bar
(erst später): ca. 4.
Ein rumänisches Paar im hellgelben Lacoste-Semi-Business-Chic redet schlechtes, hartes
Französisch, um nicht erkannt zu werden. Später setzt sich ihr livrierter Etagenkellner
ohne Getränk zu ihnen und plaudert über Ausgehmöglichkeiten im nächtlichen Heidelberg:
"Regardez le "Weinloch" ou le "Drugstore" , à propos de
l'université."
Der Rumäne hat die graue Bundfaltenhose bis zum Bauchnabel hochgezogen und weist den
Kellner an, dem Pianisten, wenn er denn käme, die Getränke auszugeben. Wer bei dem
italienischen Barkeeper einen Mai Tai bestellt, wird nicht enttäuscht. Vielleicht liegt
das Geheimnis des Ganzen in der Leere, man ist mit sich allein, was ja durchaus Wille und
Vorstellung ist. Der Pianist taucht nicht auf, und sein Stuhl am Klavier bleibt leer. Ab
jetzt der einzige Platz in Heidelberg, an den ich mich abends hinbegeben werde.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 20.02.00 at 14:49:00
Betr.: Richterliche Verfügung
Ja, richtig. Schon wieder war www.ampool nicht zu finden. Den ganzen Abend gestern und
heute vormittag. Nun, was hat das zu bedeuten? Die Antwort ist sehr einfach: Es ist
Absicht.
Es steigert das Verlangen nach pool. Natürlich muß man vorsichtig sein mit sowas. Mehr
als eine Woche kein pool und danach die Notversion, das steigert die Freude über ein
Relaunch ins Unermessliche. Unser Marketingexperte hatte Recht.
Aber würden wir ihm freie Hand lassen, wir könnten gar nicht mehr arbeiten. Kindereien
sind das, sagt er, Peanuts, was ihr braucht ist ein handfester Skandal, etwas das die
Medien der Republik erschüttert, dann seid ihr gemachte Leute; eine richterliche
Verfügung, das wäre das Beste, was euch passieren kann.
Wir ändern schon ständig das Passwort, denn seine mails erinnern mich an 'Almeyers
Wahn'. Er will das ohne Bezahlung machen, wir werden ihn gar nicht mehr los.
Wenn also jemand über Stunden von einem Browser unverständliche Meldungen bekommt und
den pool nicht laden kann, dann bitten wir um Verzeihung. Wir haben das unter Kontrolle.
Und es dient einem guten Zweck!
Es grüßt Sie, Ihr Sven Lager - 20.02.00 at 17:13:21
Für Eva eine verzweifelt trauernde Mafiosowitwe gespielt. Das war ein Fehler. Ich weiß,
wie diese Bänder später angesehen werden.
"Now you look much better than before." Im Make up Raum gab es keinen Spiegel.
Erst bei Towerrecords im Siam Center stelle ich fest, daß ich über und unter den Augen
silbernen Lidschatten trage und der viel zu rote Lippenstift sich auf meinen Zähnen
verteilt hat.
Ab heute darf ich wieder trinken. Das werde ich tun. Sven mischt schon die Wiskey sours
aus dem Wiskey, den er für die Barbequeparty gekauft hatte, die letzten Sonntag wegen
meiner Magenverstimmung ausfallen mußte.
Gruß zurück in die Hafenstraße. Was habe ich mit dem STERN zu tun?
UUUUUUUslAAAAAAAA!??
Elke Naters, Bangkok, - 20.02.00 at 17:22:48
Klatschkolumne in der Literarischen Welt zum Pool gesehen?
Begeisternd dagegen: Der Artikel von Jochen Winter in der SZ
zum 400. Leuchtfeuertag des Giordano Bruno. Besonders die
letzte Spalte: Pure Musik.
Die Krähen vor dem Schauspielhaus tänzeln von einem Fuß auf den andern.
Sieht süß und beschwingt aus.
Unbedingt auch zu empfehlen: Die Ausstellung 'Cäsaren und Gladiatoren'
am Steintorplatz. Das Beste aus Arles und Neapel ist hier zusammengetragen
worden, das Gedränge ist bezeichnenderweise in dem Saal am größten, wo in einer
Endlosschleife das Wagenrennen aus Ben Hur gezeigt wird. Ist aber auch
fantastisch, heute wie damals.
HelK HH, - 20.02.00 at 17:49:10
Gestern in "Ich habe eine Identitätskrise" alias "Boys don`t cry" ,
der Film über dieses wahnsinnig hübsche Mädchen, das ein Junge sein möchte (besser:
ist). Man sieht sehr schön, GERADE bei diesem Extremthema, daß es das "Sexuelle an
sich" eben NICHT gibt. Die Geschichte der Titelfigur spielt in der absoluten
Unterschicht, bei den Sub-Prolls, sozusagen bei den Sechziger-Fans, und würde in jeder
anderen Schicht vollkommen anders verlaufen, Geschlechtsverwirrung hin oder her. Schon
Julie Burchill wußte vor Jahren, daß derselbe Schwule, den die Vorstadtproleten bzw.
Arbeiter (die es damals noch gab) lynchen würden, der Star einer hippen Studentenparty
sein könnte...
Lottmann Hamburg, - 20.02.00 at 18:26:54
Mein kroatischer Nachbar lädt mich zum Abendessen ein und unterhält mich beim Kaffee mit
lustigen Weltverschwörungstheorien. Ich erzähle ihm, dass ich im HL-Markt "The
Green Mile" von Stephen King gekauft habe, weil mich das Vorwort so begeistert hat.
Stephen King schreibt hinreissende Vorworte. Ich würde gerne auch mal eines seiner
Bücher lesen, aber das dauert mir zu lange. In seinen Vorworten schreibt er übers
Schreiben - und das auf eine Art, dass man sich fragt: "Hey, warum sitzt du nicht
längst am Computer?" - Weil man fernsehen muss, natürlich. Und sehen, wie
"Herr Doktor Karasek" (Frau Feldbusch) in "Veronas Welt" nämlicher
Frau Feldbusch wie ein glückliches, kleines Nagetier auf die Titten schielt und dabei
über seinen Beruf schimpft, weil er sich wahrscheinlich einbildet, das erhöhe seine
Chancen. Aber als er einmal recht selbstbewusst von seinem "Dativ" spricht,
wiegelt Frau Feldbusch entschieden ab.
Georg M. Oswald - 20.02.00 at 20:44:15
A-Seite
A-Klasse
B-Boy
B-Seite
D-Schild
E-Musik
G-Funk
G-Punkt
H-Milch
I-Punkt
K-Gruppe
P-Funk
O-Ton
S-Bahn
S-Kurve
S-Klasse
T-Shirt
T-Träger
U-Bahn
U-Musik
V-Mann
X-Chromosom
Y-Chromosom
Abb.: Jil Sander geht
Abb.: Patrizio Bertelli kommt
Andreas Neumeister - 20.02.00 at 22:43:01
Im "Weißen Bräuhaus" vier Abendessen plus acht Weissbier gehabt; einen
Espresso. Woanders noch paar Bier hinterher. Schwester und ihren stillen, weisen, den
erwachsenen Freund beim Onkel abgegeben. Zuhause vier Hemden gebügelt. Es läuft:
"Superfunk", gerade jetzt. Es wurde, sehr ausführlich, besprochen, wie der
DREISSIGSTE Geburtstag in Sophienreuth am Wochenende des 28., 29., 30. Juli diesen Jahres
zu läufen hätte. Dabei blieben wir in der angenehmsten Phase des Planens, der des
Rumspinnens. Dabei wurde festgehalten: Es sollen, ganz gegen den Geist der Zeit, VIELE
Drogen genommen werden. Vielleicht schreiben wir das sogar auf die Einladung, die
übrigens, ganz im Ernst, die sogenant. englische Schreibschrift auf eierschalfarbenen
Bröckelpapier sein soll: "Heroin und Kokain und Ähnliches sind erbeten."
Ansonsten, die Eckpfeiler: Männer und Jungs kommen in Unterwäsche, am besten in roten
Netzstrumpfhosen. Dazu: lange Haare; Hakenkreuzbinden; Zwölfjährige in
Frotteeschlafanzügen auf den Knien. Zu trinken gibt es: nur Rotwein. Kein Bier, kein
Wein, kein Sekt, keine Drinks. Die Musik: Händel. Oder der Drogenrock von "Exile on
Mainstreet." Weitere vorstellbare Bilder: Es fahren ausgewachsene Männer in Smokings
mit Motorrädern durch die Treppenhäusern. Irgendwo ein WEISSES Pferd (wohl auch Schimmel
genannt), friedlich, festgebunden, zwischendrin, wenn einer aus Versehen seine Rotwein
über das Pferd ergißt, schnaubend. Irgendwo läuft auch noch ein nacktes Ferkel rum,
nach dem man, nach Belieben, mal treten kann, wenn einem danach ist. Wichtig wäre auch,
dass man insgesamt eher wenig redet und in finsteren Ecken, wo man nur aus Zufall mal
hinblickt - so schleirige Trunkenheitsblicke hinwirft -, wirklich üble Sex-Ferkeleien
stattfinden. Gut? Wird das eine gute Party?
Moritz von Uslar, München, - 21.02.00 at 01:06:59
RADICAL CHIC
Yeah, Okay! und Monster Magnet! Moritz, Wir sind ende Juli in München, suchen noch einen
Zeltplatz. Hallo? Ha, Ha. Es gab übrigens auch lustige Parties westlich von Da Nang,
nördlich von Guatemala City.....wir freuen uns!
**********
SPHERIC
Es ist jetzt Sonntagabend. Familienabend. Henry spielt am Computer, "Cat in the
Hat" by Dr Seuss. Wir sitzen einfach da, hören Astrud Gilberto, betrachten unseren
Sohn (zwanzig Monate alt) und rauchen "Mendocino".
Es mag vielleicht unfair klingen, aber ich denke in diesem Augenblick wirklich nur an eine
Sache: Meine neue Frisur, THE FIN
It s hair that s cut real short, and up on top it all gets pushed toward the center so it
looks almost like a Mohawk......
So redete Friseur Bobby auf mich ein. Es ist natürlich kein Mohawk. Auch kein Mullet oder
Caesar. (Caesar trug ich zu meinen Tempojahren. Mohawk mit 16. Mullet war ein Fehler.)
Jetzt, endlich, habe ich meine Frisur für den Monat März entdeckt: THE FIN
Und sooo praktisch. Zum Beispiel: If you do an Interview with somebody really difficult -
like, say, Barbra Streisand - you can get by easy: Just lay your hair flat! And then PUSH
IT UP for the evening. William Orbit does it, Goldie does it, George Clooney does it,
Giovanni Ribisi does it. So whats wrong with that?
The Fin wurde auch The BUDDHA HAWK genannt, doch das ist lange her. Er kommt, klar, aus
England. Thanks. Ich, für mich, habe THE FIN im Kino entdeckt:
It s the old STEVE MC QUEEN look, where hair was cropped really, really short in the
front, with a little height and texture on the crown, so from the profil it looked almost
spheric....
SPHERIC
tom kummer los angeles, - 21.02.00 at 08:44:50
a.d. - 21.02.00 at 10:20:53
Uslar: HOCH. Klingst superb. Klingt nach einer Party, für die es sich lohnt um die halbe
Welt zu reisen. Klingt auch nach Homotraum. Was tragen die Frauen? Gibt es da Frauen?
Zu meinem dreißigsten Geburtstag kamen auch alle angereist. Das einzige Geburtstagsfest,
an das ich mich erinnere, weil das schönste. Louis schenkte mir ein schwarzes Kleid,
Moritz eine hellblaue Herrenunterhose von Calvin Klein und Thomas eine dunkelblaue Bluse
von Kathrin Hamnett, die ich immer noch manchmal trage.
Thomas und Moritz sangen "ring of fire" und spielten dazu Gitarre; es war sehr
feierlich und alle hatten Tränen in den Augen. Was es zu trinken gab, weiß ich nicht
mehr.
Das Drogenholen scheiterte am Blitzeis, genauso wie das Nachhausekommen, wie ich später
erfuhr, denn ich habe davon nichts gemerkt sondern fest geschlafen, als meine Gäste, sich
an den Händen haltend, langsam auf den zugeeisten Straßen nachhause schlitterten.
Elke Naters Bangkok, - 21.02.00 at 14:57:46
Heidelberg, am Nachmittag. Ein Fall von spontanem Nachmittagsrausch. Eine Flasche Prosecco
im Cafe Burckardt, zusammen mit Christian Kracht. In der Strassenbahn - Linie 3 - dann ein
Gespräch mit einem Arbeitslosen mit TWA-Flugbegleitertasche, der spontan einer jungen
Frau mit Kinderwagen über drei Bänke hinweg beim Aussteigen behilflich sein wollte.
Erstaunt beglückwünschten wir ihn zu seiner unerwartet mitdenkenden Geste. Er klärte
uns auf: Er habe der Dame schon beim Einsteigen geholfen. Wiederum die Erkenntnis, daß
der Satz "Tat twam asi", den Schopenhauer uns in seinen Aphorismen überliefert
hat, wer sich selbst im anderen sieht, ist ein Mensch. "Ah, Sanskrit", sagte er
und knöpfte seine Gore-Tex-Jacke zu. Und: "Wie man´s nimmt." Dann
Verabschiedung: "Bleiben Sie so, wie sie sind", sagte Kracht.
"Erstmal ich", so fasste der Arbeitslose mit der Tasche den Zustand unserer
Gesellschaft zusammen. Wir stiegen aus. Ein kurzer und heftiger Regenschauer erwischte uns
ohne Regenschirm.
Eckhart Nickel Heidelberg, - 21.02.00 at 17:17:32
Tatsächlich: Haare. Vergeblich der Versuch Brisk in ein Zentimeter lange Haare zu
schmieren. Sofort wieder weckt der Geruch Erinnerungen: Jahrelang versucht dünne glatte
blonde Haare gegen die Schwerkraft zu gelen. Der Herrenfriseurgeruch morgens im
Kopfkissen. Juckreiz im Sommer, die Pomade im Gesicht. Dann die kurzen Haare, Erlösung,
plötzlich ging das und jetzt ist es plötzlich vorbei. Mein vier Millimeter Haar sieht
auf einmal brutal, dumm aus. Krank. Wachsen lassen heißt Zivilpolizistenfrisur. Frauen
weichen mir auf dem Gehsteig aus.
Was zum Teufel ist THE FIN. Versteht hier keiner. Könnte die Lösung sein.
Das Erstaunliche daran ist, daß es keine eigene Entscheidung ist. ES ist so. Vorbei Gabba
Breakbeat Fremdenlogionär HardcoreVeganer Ronaldo Dalai Lama Charakterkopf
Kurzhaarschnitt. Nein, ich gehe nicht zu Vernissagen, ich kenne auch niemanden mit einem
personal trainer, letztes iD: Autumn 99. Es ist so, ich spüre es plötzlich, inmitten von
struppigen Orchideensträuchern, keiner spricht zu mir, es ist so.
Monster Magnet, keiner hat je Monster Magnet erwähnt. Da! Gleich wieder einlegen, hören,
überprüfen. Immer gegen eine Wand geredet: Keine Gitarren, einzige Ausnahme, Monster
Magnet! Stimmt. Immer noch einzige Ausnahme. Sofort der Impuls: Mineralwasser, einen Apfel
schälen. Das ist die Wahrheit von wirklicher Drogenmusik: macht jede Droge überflüssig.
PS:
Superheiner: Die Schwarzhaarige beknabberte an der nächtlichen Bushaltestelle einen blonden Maiskolben.
Sven Lager - Night, - 21.02.00 at 17:42:10
Ursula Döbereiner Berlin, - 21.02.00 at 20:26:11
Eimsbüttel. Ich mache "den Spül". Die Lampe brennt. Der Kühlschrank röchelt.
250.000 am Heldenplatz. Roland Koch mitreißend auf Phoenix, zweieinhalb Stunden ohne
Manuskript, frei und absolut theatralisch. Mal zuckersüß, mal umschmeichelnd, mal die
Pauke, mal das Schweigen. Wer vor ihm konnte das noch? Cäsar? Der junge Gustav
Gründgens? Shakespeare? Bestimmt nicht: Kohl. Schröder. Rühe. Jetzt fällt mir der Name
wieder ein. Joschka F. natürlich.
Lottmann Hamburg, - 21.02.00 at 23:28:02
- ich komme
- ich komme in Begleitung
- ich komme nicht
Kurze Frage: warum soll man bei offiziellen, hundertfach maschinell verschickten
Einladungen immer auch antworten, wenn man nicht kommen will?
Kurze Frage: wer macht sich diese Mühe?
Abb.: Altes Rathaus
Andreas Neumeister Mjunik, - 22.02.00 at 01:03:15
AM 11.04.2000 FINDET IM CAFE DES LITERATURHAUSES MÜNCHEN DIE POOL-PARTY STATT.
RAINALD GOETZ, JOACHIM FRIEDRICH LOTTMANN UND HELMUT KRAUSSER WERDEN GEMEINSAM ÖFFENTLICH
LESEN - DAS HEISST: HALT, NEIN, WERDEN SIE NICHT. ABER ES WIRD GELESEN WERDEN, UND ANDREAS
NEUMEISTER WIRD AUFLEGEN. ALLE POOLSTER UND LOOPSTER UND LESER SIND HERZLICH EINGELADEN.
WEITERE DETAILS KOMMEN VON ELKE UND SVEN.
Georg M. Oswald - 22.02.00 at 09:21:07
Bitte ausfüllen und zusenden:
- ich komme
- ich komme in Begleitung
- ich komme nicht
Danke
Elke Naters - 22.02.00 at 11:01:58
Mitschrift Arte(zum 100sten)
Der Dirigent hat einen Bart.
Zuvor Schubert, jetzt Wagner.
Liebestod als Kammermusik in
nächtlichen römischen Gärten.
Küsse im Schatten einer Statue.
Korbstühle, Liguster, Efeu.
Zypressen glauben an Gott?
Ja, aber im Hintergrund.
Verzweifelte Lippen, rot,
saugen am Sockel des Marmors, weiß.
Der Minister wird zum Telefonat gebeten.
"Kratz nur ab! Ist mir scheißegal!"
Wo ist der Lichtschalter?
Du tust mir weh mit deinem Ellbogen.
Amour fou. Klimax Wagner. Ekstase.
"Ist dir kalt?"
"Nein, ich fiel. Welche Freude, unsere
Kinder ermordet zu haben."
Der Dirigent leidet unter Migräne.
Hat zu tief in den Kosmos gesehen.
Taumelt fort. Schritte auf dem Kies.
Trommelwirbel. Militärische Rhythmen.
Abblende. Das süße Gift wirkt nach.
Der Liebende wühlt seinen Kopf in weiße,
frisch gestärkte Kissen. Das Zimmer wird
umstrukturiert. Am Boden die Büste Apolls.
Ein brennender Tannenbaum fällt aus dem Fenster.
Hinterher der Bischoff. Dann die Giraffe. Bild verflackert.
Neuer Schauplatz: Das Schloß von Selliny im Schnee.
120 Tage Schurkerei. Kein Hinweis auf De Sade.
Zugbrücke. Der erste Überlebende der Orgien:
Der Graf von Blangis, alias Christus.
Eine Frau stürzt aus der Tür. Wird zur weiblichen Leiche im Schnee.
Blangis hebt sie auf, bringt sie ins Schloß zurück. Ein Schrei
aus dem Off. Trommeln. Trommeln. Trommeln.
Christus ohne Bart. Effeminiert.
Fröhliche Musik unterm Kreuz. Froschperspektive.
DANS UN INSTANT/GLEICH...
Bea fragt: "Wie war der Film?"
"Viel."
HelK back, - 22.02.00 at 12:26:04
Demut.
Mein Thema dieser Tage, aber das sagte ich glaub ich schon einmal.
Einer geliebten Freundin geht es schlecht, ganz schlecht. Als wir endlich am Telephon
sprechen, spüre ich es körperlich. Über Hunderte von Kilometern, durch den Draht. Wenn
es mich so beutelt, wie geht es dann erst ihr?
Wenn ich jetzt vom Abgrund in uns schreibe, dann ist das bestimmt pathetisch.
Meine Angst um sie läßt mich die Angst meiner Familie vor mir besser verstehen.
Jetzt habe ich ein Ticket zu kaufen, in bar, weil es so bald schon losgehen wird.
Und halte mich an ihrem Satz fest: Ich weiß schon noch, wie man deine Telephonnummer
wählt. Nur, weil es mir nicht so gut geht, bin ich noch lange nicht bescheuert."
Mir scheint, sie wird da schon herausfinden.
Carmen Samson Berlin, - 22.02.00 at 16:35:43
P.S.
Antje Dorn hat eine sehr nette Stimme.
Für alle, die das noch nicht wußten.
Carmen Samson Berlin, - 22.02.00 at 16:36:56
Zwischendrin - das: Ich trage jetzt Wegwerf-Linsen der Firma Johnson & Johnson. Meine
alten Dauerlinsen hatte ich statt der empfohlenen zwei exakt vier Jahre lang in den Augen.
Als ich mich beim Bezahlen nach Johnson & Johnson erkundigte - amerikanische Firma,
englische Firma? Was stellt Johnson & Johnson sonst noch her? Gibt es nicht auch ein
Auto oder Hubschrauber, die Johnson & Johnson heißen? Ist Johnson & Johnson
eventuell der schönste (50er-Jahre-, Bill-Haley-mäßige) Firmenschriftzug der Welt? Hat
Johnson & Johnson im Dritten Reich Zwangsarbeiter beschäftigt usw. - als ich all das
jedenfalls ganz im Ernst am liebsten lang besprochen und erfahren hätte, da war die
Optiker-Kassiererin echt angekotzt. Wusste sie alles nicht. Ey. Ich muss doch wissen,
welche MARKE ich im Auge trage!
Moritz von Uslar, München, - 22.02.00 at 17:28:42
Gestern in der U-Bahn Linie Eimsbüttel. Drei "junge Leute" mit diesem
unerträglichen Idiom, Sabrina Setlur auf Plattdeutsch. Junge Frau, junger Mann
(langhaariges Dickgesicht aus "Boys don`t cry") und Glatze mit Baseballcap. Frau
nippt unentwegt an Dosenbier, erzählt eine Geschichte. Krachende Konsonanten, scharfe S-
und Sch-Laute ("Sooo-ne Schschzeissse!!!"). Die "Geschichte" ist die
Einheitsgeschichte, eine andere kennen sie nicht: "Wor är
erst supper schscheissä un so, nä, un dann SCHLEIMT er sich sowas von
supperschschzeisss-schleimig ran äh, so ein Schscheissser!! Sowas von zum Kottzen, äh!
So ein Scheisssäär!..." Heißt: unauthentisches Verhalten wird hier vorgeworfen,
zum Thema gemacht. Fühle mich sofort angesprochen. Wenn die Dame wüßte, wie oft ich mal
so und dann ganz anders bin, würde ihr das Flens aus der Hand fallen, und das Dickgesicht
würde schwer atmend zum Angriff übergehen.
Lottmann Hamburg, - 22.02.00 at 17:36:52
HAPPINESS IS A WARM GUN - ein Homotraum (1985)
Pfahl im Fleisch. Es knallt pausenlos. In der Ferne schlägt jemand gleichmässig auf ein
Stück Eisen. Trotzdem ist es still. Das Geschützfeuer hat aufgehört. Mathieu lächelt
mich an. Er bleibt mit der Stirn im Kissen und einer komischen Falte im Mundwinkel auf dem
Bauch liegen. Seine Augen sind geschlossen. Ein junger Vietnamese serviert jetzt grünen
Tee.
HAPPINESS IS A COLD GUN - ein Heterotraum (1995)
Eine Frau ist eine Putzfrau. Was macht Deine Frau?
Meine Frau ist eine Jungfrau. Was ist Deine Frau?
HAPPINESS IS A GOLDEN GUN - ein Traum (2005)
Ich träume von Tannenwälder, summe Lieder vor mich hin und blicke beim Aufwachen auf
dunkles Wasser in einer Meerenge. Ich fahre dann zur Fabrik, in der es nach Meer riecht.
Überall scharlachrote Krabben, die erst zappeln und dann dampfen. Ich höre, wie ihre
Schalen aufplatzen und die Zangen zerbrechen, sehe, wie das süsse weisse Fleisch in
Aluminiumdosen fest verpackt wird.
Nach der Mittagspause entschliesse ich mich, mir eine Kugel zu geben.
ARE YOU HAPPY NOW?
(Soundtrack by Angst)
tom kummer los angeles, - 22.02.00 at 19:49:25
Sylvester ein Anruf aus Florida vom Familiengut des Johnson & Johnson-Erbe. Wunderbare
Welt wurde gemeldet. Kein moderner, hysterisches Geldregen, der so schnell
herniederprasselt, dass die Getroffenen nicht einmal dazu kommen, ihren Lebensstil
anzupassen. Kein altes, bösartiges Geld, das bissig versucht seine Pfründe zu schützen.
Nein, so richtig unvorstellbar viel Geld, das einfach nur da ist. Alle waren eingeladen.
Kein Thema.
Im Badezimmer: Johnson & Johnson Zahnseide, Shampoo, Kopfschmerztabletten,
Grippemittel, Pflaster, Duschgel.
Nicht im Badezimmer: Johnson & Johnson Babypuder, Windeln, Spritzbesteck.
Kein Entkommen.
Andrian Kreye New York, - 22.02.00 at 22:55:01
Sabrina Setlur, lieber Frank Hornung, ist eben KEINE Kanaksta mehr. Gestern, bei diesem
Plattkopf Beckmann (Ex-Sport-Moderator), mit gerichteter Nase, übertraf sie diesen noch
an Nulligkeit. Edmund Stoiber, der neben ihr saß, tat mir zum erstenmal richtig leid. Ich
beleidige niemanden, wenn ich sage: Schwester S gibt es nicht mehr (und bloß gut, daß es
Bruder Frank noch gibt, lieber Frank). Aber wo wir schon beim Städtevergleich sind. Es
gibt ja nichts öderes als Städtevergleiche (außer Horoskop-Gespräche). Unter meinen
Freunden ist das ein echtes Tabu, gottlob. Wer davon anfängt, ist "draußen"
(hat, wie Tom Cruise in Eyes Wide Shut, sozusagen das falsche password gesagt). Nun hat
ausgerechnet D. Diederichsen kürzlich beim siebenten Bier (mehr zu sich selbst) gesagt:
Berlin und Hamburg hätten ihre Rollen komplett getauscht. HH sei jetzt das, was Berlin
vor der Wende gewesen sei (nämlich Provinz, reine Rentner- und Studententown, wobei
Rentner und Studenten nicht voneinander zu unterscheiden sind) und umgekehrt. Und wenn ich
an heute morgen denke, an die U-Bahnfahrt durch Eisbüttel, bestätigt sich das sogar!
Jeder zweite säuft Billigbier oder Fusel beim Fahren und pöbelt die Leute an. Wie
früher in Berlin, diese total kaputte Zwei-Drittel-Gesellschaft. Also zwei Drittel
verdoofte BZ-Leser, und ein Drittel Kaputtniks. Berlin heute dagegen: Alles strahlt, alles
läuft; und die BZ wird von Franz-Josef Wagner gemacht (der ja auch für SPEX gehandelt
wurde). Plötzlich weiß ich: er ist halt doch ein Genie, der D.D.
Lottmann Hamburg, - 23.02.00 at 00:00:00
"Petra, das ist H., H., ich stelle dir Petra vor. Und das ist Martha." Martha
weiss nicht, was sie sagen soll, setzt sich hin und legt ihr Gesicht auf meine Hand. H.
sieht mich an. "Mach mal deine Augen richtig auf, so verpennt will ich nicht
begrüsst werden." Ich werde nie verstehen, warum wir uns treffen. Petra weiss, was
man in solchen Situationen macht, was man fremde Männer fragt, sonntags, morgens im N8.
Petra fragt, H. antwortet. H. fragt nichts. Hätte mir eh nicht gefallen, wenn aus den
beiden was geworden wäre. Ich habe noch nie jemanden verkuppelt. Ich will all meine
Freunde für mich behalten. Petra zumindest. Die fragt jetzt Martha, in welche Klasse sie
geht. H. steckt Marthas gelbe Stoffgiraffe in den Ausschnitt seines Pullovers. Unter dem
Tisch legt Martha ihr Bein auf meines. Dann gibt es nichts mehr zu fragen, sonntags,
morgens. "Ich schlage vor", schlägt H. vor und sieht auf meine Stuhllehne,
"wir fahren jetzt schnell ins Mühlwegviertel und holen eine wärmere Jacke fürs
Kathrinchen. Damit sie nicht frieren muss. Ist ja albern, bei der Kälte mit so einer
Jacke rumzurennen. Und dann führe ich Petra durch die Franckeschen Stiftungen." Nenn
mich Kathrinchen, sei mein Feind. Könnte ich es ertragen, ihn zu berühren, würde ich
ihn schlagen. Natürlich holen wir keine "wärmere Jacke". Hs Fürsorge ist
Macht.
Im Freylinghausensaal der Franckeschen Stiftungen sitzen wir auf violetten Stühlen mit
Tigerflecken. Am anderen Ende spielt jemand Orgel, Petra kann das besser, ich sehe es in
ihren Händen. Sagen würde sie es nie. H. erzählt lange von den Stiftungen. Wie es hier
zu DDR-Zeiten ausgesehen hat. Dass dieser Saal mal die Turnhalle war, das Dach mit Netzen
gesichert. Und dort hinten war der Schulgarten. Die Wunderkammer hatte man damals ein
Stockwerk tiefer untergebracht. Er redet, Petra hört zu, ich flechte Martha kleine
Zöpfe, wir sprechen leise über die Farben der Haarclips, die ich aus meiner Jackentasche
hole.
Vor der Kulissenbibliothek kommt uns eine alte Frau mit Kinderwagen entgegen. Alles, was
man von ihren Augen sieht, ist ein winziges Stück gelbliches Weiss. Um den Mund einen
Ring aus Warzen. Trainingshose, Sandalen, ein Anorak mit zerfranstem Fellkragen. Ein
königsblauer Acrylschal. Fast fährt sie den Kinderwagen in Petras Bauch. Bittet sie,
schon weitereilend, mal eben auf das Kind aufzupassen. Petra hat es nicht, das durch
Trauer erworbene innere Display für psychische Erkrankungen. Ausserdem weiss sie nicht,
was im Wagen ist. Legt also ihre Hand auf den verblassten Stoff des Verdeckes. Die Frau
ist sofort zurück. Schreit Petra an. Dass die ihr Kind gestohlen habe. Entrüstet, auch
beschwichtigend geht Petra um den Wagen herum. Ich habe Herzklopfen. Ich weiss es. Ich
lebe hier. Im Kinderwagen der alten Frau liegt eine einäugige Plastikpuppe.
"Manchmal", sagt Petra. H. und Martha verabschieden sich, gehen zur
Strassenbahn. Als H. uns nicht mehr hören kann: "Ich habe mich nicht zu fragen
getraut - der Francke, war das ein bekannter SED-Politiker? Von dem habe ich noch nie
gehört." "August Hermann Francke, Pietist, Prof. für Theologie, 1727 in Halle
gestorben. Geburtsdatum habe ich vergessen. Gründer der Franckeschen Stiftungen."
"Wie? Das ist gar keine DDR-Einrichtung? Aber H. wollte mir doch die Geschichte der
Stiftungen erzählen!" "Hat er auch. Seine Geschichte."
Im letzten Wagen der Linie 3 ist es bunt, wenn Martha den Kopf bewegt. Nur die roten
Haarclips wollte sie nicht. In meiner Jackentasche schliesse ich die Hand so lange um das
Rot, bis ich sicher bin, dass es einen Abdruck hinterlässt.
Kathrin Glosch - 23.02.00 at 00:34:35
Vielleicht habe ich heute gar keine Lust auf KO-MU-Ni-KA-TI-ON. Vielleicht will ich heute
absolut niemanden sehen, sprechen, hören. Muss ja nicht sein, ich meine
Abb.: Brockenblick am Polsterberg
Andreas Neumeister, Mjunik, - 23.02.00 at 01:10:04
11.Te1;
Georg M. Oswald - HelK - 23.02.00 at 13:10:25
WAS?
Ich BIN der "stern"?
Und das soll das netteste sein, was man heute über einen Menschen
noch sagen kann?
Das will ich bitte erklärt bekommen.
Elke Naters, B., - 23.02.00 at 14:30:04
Jetzt doch die Haare wieder kurz: eindeutig eine coole und demütige Mönchsfrisur, so wie
sie DER Steve McQueen HEUTE hätte, sie wie sie meine Frau gerne hat, überhaupt alle
Frauen, die dem Reflex nur ungerne widerstreben mit der Hand darüber zu streichen.
Ungezählt: die Folgen der unendlichen Serie 'Vielleicht liegt irgendwo noch eine
Zigarette'. Die Dramaturgie inzwischen verschärft durch absichtliches Nichtübriglassen
von Zigaretten. Eine Kunstform letztendlich, trickreich, unterhaltsam und ohne wirklichen
Inhalt. Der beste Kurzfilm, jedesmal ich, beiläufig und doch hastig auf der Suche nach .
. . Ausser Konkurrenz unschlagbar, gerade weil: jedes Mal ungefilmt.
Problem, Frauen weichen auf dem Bügersteig aus, gelöst: In die Augen sehen, unsichtbar
kurz, wie versehentlich zuzwinkern und dann LAUT und DEUTLICH sagen: OH-LA-LA!
Heute auch wieder viel gelernt über richtiges Denken:
Die Zuluftschlitze der hier überall vorhandenen Klimaanlagen haben kleine Stoff- oder
Kassettenbänderfetzen, die in der Zuluft flattern. Ganz lange gedacht: Sehr schlau, man
sieht den Luftstrom und weiß welche geht und welche nicht. Falsch. Kontrolldenken.
Richtig: Kleine Bänder flattern im Strom der gekühlten Luft, denn sie steigern das
Wohlbefinden.
Sven Lager / Bangkok - 23.02.00 at 18:24:28