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pool #24 22.11.-30.11.1999
pool #23 / pool #25
NEU am pool: Andreas Neumeister, Howard Sheronas. Herzlich willkommen.
+ Pardon, Korrektur: 'CLAUS, loop, ist besser als Houellebecq. (copy and paste).'
Sven L. - 22.11.99 at 01:12:53
Ursula Döbereiner New York, - 22.11.99 at 07:25:49
Verschwörungstheorien: Immer wieder amüsant - die Verschwörungstheorien der Black
Muslims, die anhand von Zahlenspielen und Buchstabenfolgen alle Verschwörungen dieser
Welt beweisen können (ein Meister dieses Fachs ist nach wie vor Louis Farrakhan). Dazu
fiel mir auf, daß im Logo der Kollegenwebseite Null das letzte L auf den Kopf gestellt
ist und somit mit dem ersten L ein Rechteck ergibt, das sich auch als L 7 lesen läßt,
dem Punk-Grafitti-Symbol für Square/Spießer (auch der ironische Name einer
kalifornischen Mädchenpunkband). Das haben sie sicher nicht gewußt, aber vielleicht
sollte es ihnen jemand sagen. Weil, und das habe ich von Fred gelernt: Typography is king.
Andrian Kreye, Frankfurt, - 22.11.99 at 09:47:10
Lieber Christian: Ich habe mich bisher noch nicht getraut, »Fight Club« zu sehen. Genau
wie ich mich nie traute »Der Zauberberg« zu lesen. Vielleicht so: Ich ahne, daß das
zwei grosse Ereignisse in diesem Jahrhunderts sein könnten. Und denke mir: Will ich denn
überhaupt, daß sie noch in diesem Jahrhundert stattfinden? Wie wär's denn einfach
mit Verschieben?
-Gerade hat man ja alles so hübsch in der Hand.
-Gerade gefällt er mir zum ersten Mal, dieser ganze große Millennium-Schabernack.
-Gerade schneit es.
-Gerade lerne ich, dass man den Inhalt der sehr umfangreichen Zwischenablage immer
speichern sollte.
Ansonsten: »Tristesse Royal« ist ein großartiges Buch. »Bönt« hat die Biege gemacht.
Helmuth Krausser erzählte eine lustige Geschichte, bevor er unter ungeklärten Umständen
verschwand.
Und ich bin offenbar die einzige, die Herrn Thomas Melle vermisst.
rebecca casati münchen, deutschland - 22.11.99 at 11:20:08
Nein, hochgeschätzte Frau Casati, ich vermisse Herrn Thomas Melle auch sehr, und
wären gewisse Umstände nicht anders, hätte ich längst eine virtuelle
Unterschriftenaktion für ihn gestartet. Das können Sie ja jetzt tun, denn das hier ist
mein letzter Eintrag im Pool. Andere warten. Und ich war nur zu Gast. Also. Noch ein
letzter Countdown:
10. Das erste Mädchen, in das ich mich verliebt habe, trug einen »Petting statt
Pershing«-Button. Um sie auf mich aufmerksam zu machen, habe ich einen Freund von mir
dazu gebracht, ihr bei einer Vorstellung des Theaterjugendrings seine kleingeschnipselte
Eintrittskarte in die Haare zu streuseln.
9. Drei Jahre später hat sie mir beigebracht, wie man Kartoffeln schält.
8. Drei weitere Jahre später haben wir aufgehört, uns zu lieben.
7. In ihren Träume kann Sarah manchmal fliegen.
6. Ich nicht.
5. Der Geruch von Luftmatratzen in Zelten.
4. Abends, natürlich. Und Wind.
3. Danke, Elke und Sven. Für alles. Benjamin Lebert: Du bist großartig. Ich habe Dich
maßlos unterschätzt, ohne je eine Zeile von Dir gelesen zu haben.
2. Pool sagt: Man soll nicht gehen, ohne Aufwiedersehen gesagt zu haben.
1. Ich winke nie aus fahrenden Zügen.
Null.
Stefan Beuse Hamburg, - 22.11.99 at 11:55:51
Reklame
Glaubt nicht
das, was sie
sagen, was
sie zeigen
oder anpreisen-
denn preisen sie
Schönheit,
meinen sie
Häßlichkeit-
und
wirklich, die
Welt, die sie zeigen,
ist nicht
erstrebenswert-
laßt Euch nicht
einfangen, verwirren,
deprimieren-
denn wahr ist nur,
was Ihr erlebt.
Benjamin Lebert - 22.11.99 at 14:08:22
Hemden bügeln. Zigaretten rauchen.
Im All sein, in der dünnen Silberhaut.
Auf Wiedersehen, Stefan Beuse.
Im Frühjahr: Hardcover meets Paperback. Danke, es war nett.
Sven Lager - 22.11.99 at 15:43:57
Bei der Thomas-Melle-Aktion möchte ich nicht unterschreiben.
Bei dem Stefan-Beuse-Komm-Zurück-Ruf schon.
Bitte.
Christian Kracht Bangkok, Thailand - 22.11.99 at 17:34:14
Herr Andreas Schäfer schreibt in einer "Tagebuch" betitelten Kolumne in der
"Berliner Zeitung" einen "Inzest" überschriebenen Beitrag, in dem er,
noch merklich betäubt vom Hergang der historischen Ereignisse, konsterniert konstatiert,
am vergangenen Donnerstag habe ein Paradigmenwechsel stattgefunden. Ort des denkwürdigen
Geschehens sei die Berliner Volksbühne gewesen, in der sich das Publikum bei Gelegenheit
einer Aufführung von Ibsens "Gespenster" selbst be- und den Abend
niedergejubelt habe, beseelt von dem Wunsch, zu was auch immer,
"dazuzugehören". Paradigmenwechsel meint: "Es gibt nur noch ein lautes Ja!
zur Oberfläche" und es "regiert die Pose der Affirmation" - beispielhaft
nennt und zitiert Herr Schäfer Auszüge aus der hiesigen Unterhaltung, über?
-"worüber spielt keine Rolle". Sich selbst meinend, schreibt Herr Andreas
Schäfer:
"Gleichzeitig verlor der Kritiker seine Kriterien, als hätten sie ihm die Hände
abgehackt. Er musste in diesem pathetischen und auch stillen Moment an die "neue
junge Literatur" denken, die auf ihrem Weg schon einen Schritt weiter ist, und die
neuen Gesetze noch etwas lässiger zur Schau stellt. Im Internet-Autorenfreundeskreis
"ampool" regiert schon länger die Pose der Affirmation. Da beginnt der Erste
mit einer Hymne, worüber spielt keine Rolle: "Echt begeistert und echt
gerührt... über so viel RIESENSIEG". Da antwortet der Zweite: "Ja, danke
doch dir, lieber Freund, weil du ja doch Recht hast, immer mit allem." Und der
Dritte: "Deine Freude liest sich wie sie ist: einfach wunderschön. Das ist so
wichtig, sich begeistern zu können." Und ab letzten Donnerstag jetzt immer so
weiter."
Der Journalist, das ist sein Beruf, muß die Welt jeden Tag schreibend neu erfinden. Ist
er Kulturkritiker, wie Herr Andreas Schäfer, sucht er seine Zeit zu entlarven - und muß
um seinen Job fürchten, wenn das Gesicht seiner Zeit die Maske ist, die sie zu tragen
vorgibt. Aber wer, Herr Andreas Schäfer, lässt denn ein "lautes Ja! zur
Oberfläche" vernehmen, wenn er aus dem Zusammenhang und unvollständig zitiert, in
der offenbaren Absicht, sich die Wirklichkeit so zurecht zu deichseln, wie er sie im
heutigen "Tagebuch" gerne hätte? Warum überlesen Sie die skeptischen Beiträge
zum Thema - die von Lorenz Schröter, Andrian Kreye und mir? Die Antwort liegt auf der
Hand, "an der Oberfläche", wenn Sie so wollen: Weil es Ihnen gerade so passt!
Sie sind es doch, der sich in der Pose der Affirmation gefällt. Sie gönnen sich doch an
diesem für Sie exsitenziellen Punkt ("Gleichzeitig verlor der Kritiker seine
Kriterien, als hätten sie ihm die Hände abgehackt") nichts weiter als ein
melancholisches Achselzucken, wo es doch zur Verteidigung ihrer Kriterien eines gewaltig
donnernden Verrisses bedurft hätte.
Stattdessen erklären Sie den Unterschied zwischen Denken und Nichtdenken - ja, wirklich!
- für aufgehoben und präsentieren ihren "Tagebuch"-Eintrag als ersten und
schönsten Beweis für die Richtigkeit ihrer Behauptung. Mit Ihrer
Fin-de-Siècle-Melancholie beweisen sie jedenfalls nichts weiter, als daß Sie Ihren
Kriterien offensichtlich nicht viel zutrauen und begeben sich - wie andere, denen sie es
unterstellen nicht! - in die "Pose der Affirmation", versehen natürlich mit der
kulturpessimistischen Patina, die sich für einen Feuilletonisten ziemt.
Und: Schön wär das schon, Stefan, wenn Du bliebest.
Georg M. Oswald - 22.11.99 at 21:30:13
Treuhandanderkonto, Taikonauten
Jungfernrede, Zwischenfrage, Suchfunktion
Unbekannte hatten im Zentrum Algiers
das Feuer auf mich eröffnet
Welthirnjauche, Henscheid, Säkulareskalation
ausgehschreibereibereit, Waffenhändler Schreiber
Lieder und Gesänge, Schrift und Ton
ein Sprecher der Krankenhauses nannte
den Zustand des Patienten stabil
und hier noch einmal
die Übersicht
1. Liebende
2. Das Böse Buch
3. Die Aufgabe der Schrift
4. Krise
5. De Dekonspiratione
dabei wird es etwas milder
Wetterbericht, Dauerschneefall, Aussichten
die Polizei kann schließlich nicht alles verhindern
mir ist schlecht
ich werde vergast
das gestrige Gedicht
gefällt mir nicht
krank ist am Ende
KRANK
Montag, 22.11.99, Berlin
Rainald Goetz - 22.11.99 at 22:00:48
Danke fürs Bier, Aspera.
"Schreibend die Welt erfinden, der Zeit die Larve vom Gesicht reissen..." das
ist natürlich grober Unfug - aber sowas sagt er sich doch, der Feuilletonist, der
Kulturkritiker, wenn er sich wieder ans Werk macht. Gruß ins Rheinland.
Georg M. Oswald - 23.11.99 at 09:21:54
Lieber Georg M. Oswald,
zu der Präzision und sprachlichen Eleganz Ihres vorletzten Beitrag möchte ich Ihnen
gratulieren und dazu die bereits geflügelten Worte Christian Krachts wiederholen:
»...weil Du ja doch Recht hast«... Falls ich je eine Schandtat begehen sollte - ich
möchte, daß Du mich entlarvst. Und über meinen Aufstieg, meinen Fall und meine
Besinnung urteilen mögest.
rebecca casati münchen, deutschland - 23.11.99 at 10:37:49
Guten Abend,
Zwischenlandung in Wien, weil es dort das bessere Kerosin gibt.
Wien war ja so, wie wir Wien immer in Erinnerung haben; als nach Kerosin riechende, sich
stets erweiternde, pulsierende Stadt - ein Kerosindampf, der einen spätestens in
Wien-Schwechat umwabert, dann, wie ein gelbes, uebelriechendes Ei immer so weiter riecht
und dann, dort an der Linken Wienzeile oder wie das so in Wien heißt, ins Nichts
entläßt.
Vom Fenster des Flugzeugs sieht es natürlich genau so aus wie Zürich aus dem
Flugzeugfenster aussieht: Grauer Schnee mit Positionslampen. Flughafenlandschaft
sozusagen. Ungewiss nur, ob die Raucherecke mit Skandinaviern, die Rotwein trinken auf
kleinen Flaschen, die gleiche ist wie die in Wien. Wir konnen ja nicht aussteigen und
nachsehen.
Soweit zu Zürich und Wien. Weiter kommen wir heute nicht.
Lager & Kracht Bangkok, Thailand - 23.11.99 at 15:27:45
Ich träume nur noch von Rußland, dem ewigen Schnee. Erbacher Davoser. Zauberberg.
Comeback: Beuse. Schokospezialist.
Eckhart Nickel Heidelberg, Tauwetter - 23.11.99 at 17:14:56
Idee, Bild, Wort, Zitat, Gedanke
und wie gemixt jetzt bitte heute?
ich radelte an der TU vorbei
die Leute gingen über die Straße
Idee: ich rieche Menschen
das Perverse, Tierhafte im Wittern
von Gerüchen, nervös, kaputt
längeres Bild mit Wolke, Flugzeug und Antenne
extrem schön, die Farben und Formen, die Bewegung
nachmittags war das, kurz vor Sonnenuntergang
über dem gegenüberliegenden Dach
und der Gedanke war: dass -
nee, den lass ich weg
der ist schon wieder so kaputt
Gegenbeispiel: eine Woche im Parlament
Besprechung im Wahlkreisbüro
Termine koordinieren
Anreise ins Abgeordnetenbüro
Bürositzung mit Mitarbeitern
Telefon, Post, Korrespondenz
Fraktionsvorstand
Treffen Landesgruppe
Nicht vergessen: Bürobesprechung wegen Wochenplanung
Gegenbeispiel: wir einsamen Frauen
Briefe über die Umwälzung des Erdballs
Monumente von noch höherem Alter
Verpflichtungen der Chronologie
Ort des Paradieses
Grundlage der Systeme und Alter des Pentateuch
Genesis, Linguistik, Medizin, Ideenkomik
Wissenschaften vor der Sintflut
Ursache der Dekadenz der Reiche, ein alter Merkur
okay, klare Worte, Lothar, danke
kein Problem, habts noch was?
KRANK
Dienstag, 23.11.1999, Berlin
Rainald Goetz - 23.11.99 at 21:08:04
Ist recht, liebe Rebecca, ich werde ein Auge auf Dich haben.
Georg M. Oswald - 24.11.99 at 17:53:00
NDR, SFB, ORB.
Radio drei mit Nachrichten.
Neun Uhr.
Frankfurt.
Bundeskanzler Schröder
unternimmt heute einen Versuch,
den krisengeschüttelten Bankkonzern
Holzmann zu retten.
Dazu kommt er am Abend
mit Vertretern der Gläubigerbanken zusammen.
Im ZDF forderte der Kanzler die Geldinstitute auf,
einen Zusammenbruch des Unternehmens
zu verhindern.
Die Bundesregierung
werde alle Möglichkeiten ausschöpfen,
um den Bankkonzern zu sanieren.
Der Vorstandschef von Holzmann, Binder, sagte,
jetzt hänge alles davon ab, was Schröder
zu den Gesprächen heute mitbringe.
Er hoffe, dass das ganze Unternehmen
auch nach dem gestern eingeleiteten Insolvenzverfahren
erhalten bleiben könne.
Berlin.
Der Bundestag debattiert heute weiter
über den Haushaltsentwurf zweitausend.
In der Aussprache über den Kanzleretat
kommt es traditionell zu einem Schlagabtausch
über die Politik der Bundesregierung.
Auf die Rede von Kanzler Schröder
wird der CDU-Spitzenkanditat bei der Landtagswahl
in Schleswig-Holstein, Rühe, antworten.
Der Vorsitzende der Unionsfraktion Schäuble
kann wegen einer Erkrankung
nicht an der Sitzung teilnehmen.
Er war am Montag mit einer Gallenkolik
ins Krankenhaus eingeliefert worden.
Berlin.
In der Spendenaffäre um den
früheren CDU-Schatzmeister Kiep
gerät auch Altbundeskanzler Kohl
zunehmend unter Druck.
Kiep sagte im Fernsehsender 3sat,
die wichtigsten CDU-Gremien seien stets
über die Parteifinanzen informiert gewesen.
Der frühere Bundeskanzler und CDU-Vorsitzende Kohl
hatte zuvor jede persönliche Verwicklung
in die Affäre um Kiep zurückgewiesen.
Die Staatsanwaltschaft hat den Hafbefehl
gegen Kiep aufgehoben.
Zwar werde noch gegen ihn ermittelt,
aber es bestehe keine Fluchtgefahr mehr.
Ich schreibe das im Zug,
die Felder, Flächen und Baumgruppen draußen
sind eisweiß überfroren, hellbeige, hellstgrün, hellhellhellgrau.
Mittwoch, 24. November 1999, IC 914 Caroline Neuber
Rainald Goetz, Hamburg, - 24.11.99 at 17:54:45
Aufgenommen
In einem Cartoon in einer Zeitschrift
fand ich diese Situation. Sie gefällt mir.
Ich will sie in ein Gedicht aufnehmen.
Achtung!:
Ein Mann und eine Frau bei einem Rendezvous.
Sie sitzen auf einer Bank im Stadtpark.
Sie denkt: Hoffentlich sagt er bald was!
und
er denkt: Hoffentlich sag' ich bald was!
Benjamin Lebert - 25.11.99 at 12:04:37
Vierte Reihe, Darkroomschweiß, RocknRoll. Raw Power. Ich werde zum
Gnostiker. I wanna be your dog. Es gibt einen Planeten zwischen Mars und Venus. Search and
Destroy. Wenn Björk und Westbam vergessen wurden wie William Warburton und Louis Castell
und niemand mehr weiß, wie man Kokain schreibt, wird Iggy Pop noch da sein. Here comes
Johnny Yen again.
Lorenz Schröter Berlin, 1978 - 25.11.99 at 12:26:38
Heute nun Steife Faust, und sein Adlerbaby, das noch nicht fliegen kann, und überall
liegen Kajalstifte inner Wohnung rum, mit denen er sein Adlerbaby bemalt gegen olle
Plagegeister. Hat auch Strom abgestellt und leuchtet mit Kerzen zum einzigen Zimmer, wo
Strom noch strömen darf, der Adlerbabyforst ist hier dreißig Meter weit weg.
"Du weißt", sagt Steife Faust, "die Geister im Strom sind - ", und
ich küsse ihn, damit er nichts weiter sagt, obwohl er der superste Medizinmann im Ländle
ist. Nur mit den Geistern hat er`s, tjaja, hat ihm ein Scheißmann mal die Ohren
verflucht, und er kriegt sie nimmermehr raus, denkt, sie sind bohrbohr in Wänden und
Kabeln, aber - leider - bohrbohr macht nur sein Kopf.
Er bemalt sich nun gegen die Geister, das macht es noch schlimmer, er und sein Adlerbaby
sehen aus wie Krieger auf dem Weg zum Nummervergessen-Weltkrieg. Dabei geht es nur
"gegen die Geister, Robbe, die brauchen nicht schlafen, da mußt du immer was
tun."
Es ist dunkel im Zimmer, wir durchblättern die Autoren, "paß auf", zischt
Steife Faust, "was die gleich denken."
Dann steht mein Name da, Robbe, und wann ich auf diese kranke Welt geschmissen wurde, um
sie versuchen zu gesunden und selber draufzugehen, das könnte auch da stehen,
"könnte da auch da stehen?" fragt Steife Faust.
"Soll ich dir was sagen?" fragt er, und ich schüttle den Kopf, so sehr lese
ich. Hundert winzige Tage habe ich schon nichts mehr gelesen, "hundert winzige
Tage?" fragt er, als ich das schreibe, und ich nicke und schreib es nochmal, weil ich
authentisch sein will, und "Steife Faust wichst" will ich wieder und wieder
lesen.
"Biste bekloppt?" schreit Steife Faust, und ich schreie zurück: "Spritzt
alles ins Internet, wenn du nicht machst in Zukunft, was ich sage."
Er macht KUHAUGEN für alle Welt, und er klappt jetzt das Leuchtdingens zu und rollt die
Hemdsärmel hoch, und ich weiß, er wird mich betteln darum, daß ich bald weiterschreibe.
"Bettelfritze" flüstert es aus mir raus, dann machen wir ein Wettrennen zur
Wohnungstür, daß die Kajalstifte knacken und wegspritzen und alle S.F.-Wände endgültig
Höhlenwände werden, die ein versoffener Museumswärter geklaut und verscheuert hat an
meinen zweitbesten Freund "Steife Faust", von dem ich will, daß er ein Gesicht
macht wie neugeboren von heute an.
robbe lipsa, deutschland - 25.11.99 at 13:05:26
a.dorn berlin, - 25.11.99 at 13:05:43
fluff enormous chocolate in her white puppy breasts
purple love and peach forest are bare of vision
Ergebnis einer Nacht, schlaflos vom jetlag, mit den poetrystickers von Eva Munz, die am
Kühlschrank kleben. Unter der Neonröhre.
Fight Club in einem Kino, mit einem Vorspann, bei dem alle aufstehen. Auf prallen,
glücklichen Baumblättern sind abwechselnd Motive des Königs zu sehen, bis zum Schluß
auf einer Wiese der ganze Baum zu sehen ist, in dessen Mitte ein goldener König strahlt,
sitzend auf einem Thron, mit seiner hohen, spitz zulaufenden Krone. Ale setzen sich
wieder.
*pardon, ich schneide pool nicht mehr so abrupt ab. aber: keine archive.
Sven Lager Bangkok, - 25.11.99 at 20:50:18
fünf Uhr
dies ist Ihr Weckruf
bitte aufstehen
wir wünschen Ihnen
einen wunderschönen
und erfolgreichen Tag
sieben Uhr
dies ist Ihr Weckruf
bitte aufstehen
wir wünschen Ihnen
einen wunderschönen
und erfolgreichen Tag
Donnerstag, 25.11.1999, Hotel Reichshof, Zimmer 309
Rainald Goetz, Berlin, - 25.11.99 at 22:44:42
Entschuldigung, aber; versteht das überhaupt noch irgendjemand? Lieber Georg M, sag'
doch: Thomas Melle? Britta Höper? Haben die sich nun je leibhaftig getroffen? Oder haben
die sich kennengelernt, verliebt oder auch nicht, gestritten, verletzt, getrennt, und
hinterher dem anderen die Schuld gegeben - auf einer WEBSITE? Und soll man jetzt Stellung
beziehen, Wiedersehen sagen, - auf einer WEBSITE? Soll man hier im Pooloop lieber
autistisch dran vorbeischreiben oder einfach feststellen: »FUNNY HOW LIFE IMITATES ART«?
Also, ich muß sagen: So stelle ich mir die Melange aus New-Wave-Ideen und den Filmen von
Nora Ephron vor.
Ganz, ganz große Kunst, also.
Ich muß außerdem sagen: Wirklich. Schade. Um die Speed-Texte des Herrn Thomas Melle.
rebecca casati münchen, deutschland - 26.11.99 at 12:25:07
Soll ich mal aufhören?
Nein, seufzt Lola.
Ich mein nicht deinen Arsch, sag ich und will, daß sie sich umdreht, sie hält sich den
Bauch.
Wir sind nicht allein, sag ich.
Sie sieht Jack an, sie schmeißt das Kissen nach ihm, Kissen sind weich, Jacks Nase blutet
sofort, er geht in die Knie für Lola-Paola-männerpflegegeil+Mitleidsjunkie; die
herbeispringt mit obersüßkindischen Trösteworten - Obersüßkindisch? fragt sie.
Ja, sag ich und dreh ihr den Monitor weg, aber sie schreit, bis ich klein werde und raus
irgendwo raus laufe
und ich dreh ihm den Monitor weg, aber er schreit
robbe lipsia, - 26.11.99 at 12:44:14
Ja ich weiß auch nicht, liebe Rebecca, kenne auch nur Gerüchte, Flüche, von allen
möglichen über alles mögliche wegen allem möglichen. Aber wie auch immer, am Ende tut
es mir, wie Dir, am meisten um die Texte leid - von beiden. Wobei, was Melles Speedtexte
angeht, hochkarätiger Ersatz eingetroffen ist: robbe lipsia. DAS ist wirklich krank. Hau
rein robbe!
Georg M. Oswald - 26.11.99 at 13:38:05
Tempos
Zitronentee
Disketten
Druckerpatrone
Fassungen und Glühbirnen
ich will rasch vernommen werden
ich bekenne mich zur Stärkung der Wirtschaft
und zum sozialen Ausgleich
Haus der Rückkehr
Imagologie der Haut
Nebenrechte wie gehabt
KRANK
Freitag, 26.11.1999, Berlin
Rainald Goetz - 26.11.99 at 22:53:12
Luzie hat Fieber. Sie weigert sich im Bett zu schlafen und liegt deshalb im Wohnraum auf
den Sitzkissen und alle schleichen darum.
Anton hat morgen Geburtstag. Anton 5 haben wir in den nassen Beton vor dem Haus
geschrieben.
Eva hat eine Torte gekauft mit einer Insel darauf, azurblauem Meer und einem Piratenboot.
Christian speichert auf dem Balkon Wärme für Deutschland.
Thomas Melle ist ein kranker Lügner.
Elke Naters Bangkok, - 27.11.99 at 12:34:40
Phasenprüfer
Lüsterklemme
Ersatzquittung
die Verhandlungen sollen
am Montag fortgesetzt werden
27.11.99
rgb - 27.11.99 at 23:37:19
Aufblende
Soundtrack: Freuede Schoener Goetterboten.
Ein junger gutaussehender Asiate lacht in die Kamera. Er scheint in einem Lokal zu sitzen.
Alles ist mit sehr langer Brennweite photographiert:
dunkel gruen-braun, bis auf ein paar gelbe Lichtpunkte. Der junge Mann hebt den Arm und
scheint jemanden zu gruessen.
Wir sehen eine Kutsche von hinten eine laendliche Allee hinunter fahren, goldenes Licht.
Im Vordergrund auf dem Boden undefinierbare braune Farbflecken.
Eine Gruppe Jugendlicher (Europaeer) prostet sich mit Bier zu, ausgelassene Stimmung. Alle
haben geroetete Wangen und glaenzen auf der Haut.
Eine junge Thailaenderin im Abendkleid spielt in einer gruenen Wiese Violine. Ein Schwarm
Voegel fleigt hinter ihr vorbei. Die Kamera fliegt ueber die Wiese davon.
Time-Lapse-Aufnahmen einer idyllischen Altstadt bei Sonnenuntergang. Koennte Heidelberg
sein, aber auch Augsburg.
Vier Teenager fahren mit Mountainbikes ueber Pflastersteine eine schmale Gasse hinunter.
Der Asiate vom Anfang des Films laesst den Arm sinken. Schnitt auf einen jungen in einer
rustikalen Pinte. Hinter ihm ganz klein unscharf aus Holz geschnitzt ein Thekenspruch:
WESSI ICH HAU DIR AUF DIE FRESSI!
Ein grosser Teich aus Urin, in den ein weicher Strahl fliesst.
Packshot: MITTWEIDA PILS
Abblende
Eva Munz Major Cineplex, Bangkok - 28.11.99 at 17:27:24
ALLES IM RÜCKSTAND. Und zwar wie! Post von sieben Monaten. Alles ganz supergräßlich.
Zettel von sieben Monaten. Fototaschen mit aus dem Zusammenhang gerissenen Negativen.
Dutzende von CDs, die man vor der Abreise noch gekauft, aber nie in Ruhe gehört hat.
Zeitungsausrisse von sieben Monaten. Sogar auch blöde rumstehende Schreibwaren. Man hatte
ja auch einiges dabei. Und wenn man zurückkommt ist der Platz an dem das ganze Zeug
früher stand, längst schon neu vergeben, ich meine, voll, einfach nicht mehr vorhanden.
Rätselhafterweise. Man verschwindet. Läßt alles Mögliche mit verschwinden. Kommt
wieder zurück - und alles ist voll, zugeparkt, als hätte man nie reihenweise Parkplätze
freigemacht. Faxe von sieben Monaten! Alle noch immer unbeantwortet. Alles totally
durcheinander. Vollkommen unwichtiger Kram und dazwischen dann doch zwei, drei
Mitteilungen, von denen, was-weiß-ich-was abhängt. Oder abhing. Oder hätte abhängen
können. Egal. Vorbei. Zu spät. Gone. Ich wollte keinen Nachsendeauftrag stellen. Ich
wollte nichts nachgesendet bekommen. Ich wollte kein Schutzgeld mehr zahlen und von
Hochzeiten mir nur flüchtig Bekannter nichts wissen.
Abb.: La villa dell'aggressione a Bel Poggio
Andreas Neumeister, Mjunik 28.11.1999
Andreas Neumeister Mjunik, - 28.11.99 at 22:40:41
Beautiness
open saturdays 1 - 6 pm
or by appointment
im Moment also leider nicht
Sarah Lucas wäre das gewesen
HOTEL NOVALIS
Trucker Kalender 2000
aber das schmälert
Robertos Sterbeszene nicht
Sonntag, 1. Advent, 28. November 1999, Berlin
rgb - 28.11.99 at 23:35:15
Gerade erst fiel mir auf: Ich entging dieses Jahr einem Blitz (vor meiner Haustür) einer
Nagelbombe (in London) und einem Baumschlag (in der Schweiz). Und ich war versöhnt.
rebecca casati münchen, deutschland - 29.11.99 at 10:07:22
Der junge Mann, der sich neben mir auf dem gruenen Ecksofa luemmelt heisst Ey. Er legt
die Fuesse hoch und schmoekert in einem harmlosen Comic, waehrend von gegenueber die
Gerausche einer stoehnenden Frau kommen. Vor der Videothek steht ein Fahhrad, zwei Maenner
sitzen im Schneidersitz auf dem Boden und rauchen. Es ist Sandra Bullock, die stoehnt,
aber sie sehen nicht hin.
Ey hat jetzt zwei Computer und eine Scanner, er macht auch Tauchkurse. Er versteht meine
Frage nicht, ob er denn mit seiner dicken Brille eine spezielle Taucherbrille braucht.
Aber er lacht. Es ist dunkel. Durch die Scheibe hinter dem Computer steht eine Reihe mit
Speiseoelflaschen, darunter Badeschlappen, dahinter Strandmatten. Ey sieht aus der Tuer
und sagt: "It's cool, eeh?" Es sind immernoch 32 Grad.
Sven Lager Mae Nam, Wunschort: Villa Massimo im Sommer - 29.11.99 at
14:07:00
Feierabend
schreibe ich und klappe das Buch zu
es war kein sehr geglückter Tag
das Computer-Netzteilkabel ist kaputt
und der Kauf eines Staubsaubers scheitert
an Unlust und - Entscheidungsschwächeschwermut
KRANK
gab ihm den Titel
Beiträge zur Poesie
29.11.99
Rainald Goetz - 29.11.99 at 23:15:38
Zehntausende sind nach Seattle gekommen, um dem globalen Volkszorn Stimme zu verleihen und
die World Trade Organisation zu ärgern. Menschenketten, Technotänze, fromme Sprüche, es
riecht verdammt nach Patschuli, aber morgen soll es dann losgehen. Bisherige Bilanz:
sieben Verhaftungen, ein beschmiertes Polizeiauto, fünf einsame Autonomenkids haben die
Scheiben bei McDonalds eingworfen. Da sind wir aus Berlin und Frankfurt natürlich mehr
gewohnt, aber es muß ja nicht immer gleich bösartig werden. Es ist eben so nett hier in
Amerika.
Andrian Kreye, Seattle, Washington - 30.11.99 at 08:00:23
Morgen Beginn des Projekts "Dezember"
Ab April in Ihrem Daumenkino.
Warnung. Leuchtgestalt. Werbeeinblendung.
Klingt brutal:Einblendung.
Der Kurier des Wahren. Schön und gut.
Danke.
Helmut Krausser München, D - 30.11.99 at 12:44:55
Ey hat das Buero verlassen mit einem langhaarigen Englaender in Batikshorts.'Buisines'.
Aber sein Bruder ist noch da. Erst sehe ich seinen Haarschopf, hinter einem Computer. Er
macht 'graphics'. Er sieht aus wie Bruce Lee, taenzelt zu den Karategerauschen aus der
Videothek gegenueber, zwischen den Stapeln aus Gummilatschen. Seine Mutter buegelt. Hinter
Glas, in wandhohen Holzschraenken, liegen bunte Polyesterdecken. Jetzt loescht er die
Lichter.
Sven Lager Mae Nam City, - 30.11.99 at 14:39:40
Heftiges Nasenbluten beim Sonntagsausflug. Es hört nicht auf.
Peter sagt: "Da ist ein Äderchen geplatzt. Wenn das im Gehirn passiert wäre, wärst
du jetzt tot."
Ich gehe ins Krankenhaus. Blutstillende Mittel, Salbe. Als ich wieder herauskomme, sagt
Nina: "Es hätte ja sein können, daß das Nasenbluten nur das erste Anzeichen für
eine ganz ernste Sache ist."
Was ist eigentlich los hier, frage ich mich.
Georg M. Oswald - 30.11.99 at 16:52:10
HEIMAT MIT KÄSEFONDUE
ADMIT NOTHING
BLAME EVERYONE
BE BITTER
Weisswein by Schaffiser
Tom Kummer Bern, Schweiz - 30.11.99 at 19:59:51
der November ist auch schon bald wieder vorbei
das Jahr ist auch schon bald wieder vorbei
das Jahrzehnt ist auch schon bald wieder vorbei
das Jahrhundert ist auch schon bald wieder vorbei
das Jahrtausend ist auch schon bald wieder vorbei
Abb.: Villa Massimo, estate 1944
als ob das rasende Fortschreiten der Zeit irgendwas Bedauernswertes wäre
als ob das rasende Fortschreiten der Zeit irgendwie aufzuhalten wäre
als ob der kaputte Wecker auf dem Schreibtisch irgendeinen Sinn machen würde
Andreas Neumeister Mjunik, - 30.11.99 at 23:55:15
es war schon fast dunkel
als ich um kurz nach halb fünf -
wenn ich etwas für falsch hielt
konnte ich das mit einer Weisung ändern
Südstern, Mehringdamm, Hallesches Tor
Kochstraße, Stadtmitte, Französische Straße Zug nach Alt-Tegel, Zug nach Alt-Tegel
noch ist längst nicht alles auf dem Tisch
aber für heute wars genug
KRANK
Dienstag, 30.11.1999, Berlin
Rainald Goetz - 30.11.99 at 23:56:17
pool 23