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pool #23 15.11.-21.11.1999

pool #22 / pool #24



In den Nächten des ersten Schneefalls träume ich intensiver als sonst. Ich war in eine Fernseh-Talkshow mit Verena Auffermann eingeladen. Im Anschluß daran wurde ich ohne Angabe von Gründen verhaftet. Die Vertreter der Behörden waren freundlich, glaubten zunächst selbst an ein Mißverständnis. Dann aber ergaben sich unübersehbare Komplikationen. Als ob man das nicht alles längst kennen würde.


Georg M. Oswald - 15.11.99 at 09:59:39





liebe Nachbarn

von Mittwoch, den 10.11.99
bis Dienstag, den 16.11.99
befreien wir mit einer Schleifmaschine
unseren Dielenfußboden von alter Farbe.
Danach wird der rohe Holzfußboden
mit Klarlack oder Öl versiegelt.
Bitte haben Sie Verständnis dafür,
dass Lärm bei dieser Arbeit
nicht völlig zu vermeiden ist.
Vielen Dank!
Ihr Schleifmaschinen-Verleih

KRANK

Montag, 15.11.1999, Berlin


Rainald Goetz - 15.11.99 at 17:17:14




So schrieb heute Willi Winkler im SZ-Feuilleton über Joachim Bessings "Tristesse Royale", in dem sich die Schriftsteller Bessing, Kracht, Nickel, v. Schönburg und v. Stuckrad-Barre über alles, alles und anderes Superwichtiges unterhalten: "... enthält mehr Debatte als ein ganzjähriges Zeit-Abonnement; lustiger ist es auch." Und: "Sie blicken besser durch als Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in der kritischsten Kulturkritik." Es soll hier einfach nochmal stehen, soll zitiert werden, weil es so freut, so erfrischt, so selten ist: straightes Lob. Es freut mich auch: für Herrn Willi Winkler. Wer noch von Herzen, echt: von ganzem Herzen, gut finden, toll finden, also loben kann - und das am besten: platt, einfach, mit Übertreibungen, krachenden Sätzen - der kann so schlecht nicht sein. Der ist noch nicht am Ende. Das freut mich nun wieder für Herrn Willi Winkler, den ich einst klein, zerknittert, ängstlich, mit Schuppenbrocken auf dem weinroten V-Ausschnittpullover in der Alsterdorfer Sporthalle über ein wirklich famoses Elvis(!)-Konzert lästern sah: Es spielte die alte Elvis-in-Vegas-Band unter der Leinwand, auf der Elvis sang. Alles weinte vor Glück, nur Willi musste draußen stehen und, klein-klein, "Gi-ga-gock!" machen. Sieg! Meine Herren Bessing, Kracht, Nickel, Schönburg, Stuckrad-Barre: Was für ein Sieg! Ich werde es meinen Ur-Ur-Ur-Enkeln geben und "Lesen!" sagen und: "Schaut mal! So war wirr und groß und aufgebracht und erbittert und todernst und irre lustig und voll daneben und hoffnungsvoll und echt verzweifelt saß man zusammen. Und: Dann hat man doch geredet. Und siehe: Es war kein Wort umsonst. Es haben Menschen zugehört. Und verstanden. Thank you." Echt begeistert und echt gerührt und überhaupt, ach, über soviele RIESENSIEG,


Moritz von Uslar, München - 16.11.99 at 00:13:56




1
Die Rose von seinem ersten Besuch hatte sie nicht wegwerfen können. Ihre Blätter hatten sich pergamenten, rosa über wulstige Ränder geschwungen. Der Stiel unter der Blüte war schwarz geworden. Ganz unten, dicht über dem Wasser, ein Trieb.
2
Am Vorabend seines nächsten Besuchs war sie ratlos. Die Rose sichtbar aufzustellen, wäre einem Geständnis gleichgekommen.
3
Als er die Vase sah, regte er zunächst an, die Blume einzupflanzen. Um sofort seine Idee wieder zurückzuziehen. Topfpflanzen machten viel Arbeit, sagte er. In ihrer Bibliothek stünden außerdem so viele Bücher. Das vertrüge sich nicht mit der feuchten Erde.
4
Ihre Verwirrung löste sich erst, als er sie Tage später bei einem Telephonat anzischte. "Würdest du solche Bemerkungen bitte lassen." Vielleicht hatte er auch "gefälligst" gesagt.


Carmen Samson Berlin, - 16.11.99 at 00:22:02




a.dorn berlin, - 16.11.99 at 01:17:48




Städte. Was sind Städte. Der eisige Wind in New York, die Kälte. Das Meer, das die klaren Himmel macht. Hamburg, klamm. München ist mir zu warm. Warum ich Berlin mag, obwohl ich lieber am Meer bin. Berlin, ohne oben und unten. Ohne Meer und Berge. Stadt, endlos, Straße auf Straße, Orte, immerwieder, im Nichts, zu denen man gehört.
Nie Kehrwoche, Mietshäuser, größer als anderswo, Korruption, Egalität. Frankfurt Hauptbahnhof, da fiel mir das zum ersten Mal auf, Kleinkriminelle im Mac Donalds, mit Goldzähnen und Ludenmänteln, die groß rumschrieen. Das gibt es hier gar nicht Ganz oben, da sind die krummen Geschäfte, unten, hier, sind wir unter uns. Haschdealer, Models, Bäckereifachverkäuferinnen, Schreiberlinge, am Boden.
Berlin, ich ernenne dich hiermit zur realsten Stadt Deutschlands. Es ist keine Liebeserklärung. Gerade deswegen ist sie die Stadt der Träume.

Zum Realen™ später mehr.


Sven Lager - 16.11.99 at 01:39:36





a.dorn berlin, - 16.11.99 at 11:47:38




Ja Moritz, ja, so mag es sein. Ja, durchaus. Ja, danke doch Dir, lieber Freund. Weil Du ja doch recht hast, immer mit allem.


Christian Kracht Luang Prabang, Laos - 16.11.99 at 12:45:35




Krankheiten

Wie schön das war damals, als jede Krankheit durchlitten wurde, als wäre sie ein Fanal, dieses Aufgehen im tiefsten Leiden, als gäbe es aus der Krankheit keinen Weg mehr hinaus. Jede Sommergrippe eine Zauberberg-Tbc, jede Erkältung im Winter ein "Katarrh der oberen Luftwege". Das alles natürlich nur im Wissen darum, daß nach ein paar Tagen aber auch alles wieder so dermaßen in Ordnung sein wird, die erste Zigarette nach dreitägiger Pause, na hoppla. In meinen Pyjama vergraben, mit Schal und einer Kanne Tee auf dem Nachttisch, hörte ich mit dem CD-Spieler am Bett sämtliche Streichquartette Haydns oder las so weit ich kam in Prousts Recherche. Der heitere Ernst, mit dem man der Lage begegnete, war im besten Sinne produktiv, die Stilisierung ein Bildungsinstrument erster Güte.
Heute dämmert man im Bett dahin, unfähig, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, und will nur eines: gesund werden. Was noch geht, ist Fernsehen oder die Zeitungen lesen. Aller Glamour ist von der Krankheit abgefallen und übrig geblieben sind Leid und Schmerz. Auch Wut und Hass auf die Krankheit, die man am liebsten treten würde, ersatzweise geht auch mal der Türrahmen. Natürlich dauern alle Krankheiten viel länger, und man kann von Glück sagen, wenn das Antibiotikum nicht eine Allergie nach sich zieht, die wiederum behandelt werden muß und die Krankheit verlängert.
Bei meinem Hausarzt, Herrn Doktor Isidoro-Perez, werde ich wieder an den Thymian-Inhalator angeschlossen, ein Gerät aus den Sechziger Jahren, das aussieht wie eine Mischung aus einem Röntgen-Gerät und einem Atom-Transistorradio, in Beige und Silber. Die gläserne Röhre, durch die ich atme, ist mit Gewürzteilchen und Tropfen beschlagen. Es klingt seltsam, aber es hilft.
Doktor Perez ist Spanier und ein persönlicher Freund von Paco de Lucia. Er praktiziert nach der tibetanischen Gesundheitslehre und malt auch. Seine wirklich sehr guten Ölgemälde im Stil Francis Bacons hängen im Wartezimmer, wo man auch die Magazinbeilagen von El Pais studieren kann.
Während ich inhaliere, brennt mir sein Wärmestuhl den Rücken locker, die Eieruhr am Inhalator zeigt die verbleibende Zeit. Draussen vor dem Fenster fallen die vertrockneten Blätter säckeweise vom Baum, ein trüber Himmel mit Schneeversprechen. Unterdessen versucht die joviale Sprechstundenhilfe, eine ältere Öko-Witwe mit Dauerwelle, meinen alten Hausarzt, der noch über der Praxis wohnt, abzuwimmeln. Er hat ein Problem mit einem Gerät, und weil er schon sehr alt ist und ein wenig verwirrt, kann er nicht gleich sagen, worum es ihm geht. Erst ärgere ich mich maßlos über ihre herablassende Art, wie sie ihn, einem Kind gleich, behandelt. Dann denke ich mir, wer weiß, wie oft er am Tag auftaucht, mit verwirrenden Fragen und drehe mich um. Er kann die Sätze nicht beenden wie Mynheer Peeperkorn im Zauberberg und ich verspreche ihm, nach der Behandlung noch einmal oben vorbeizuschauen.
Es stellt sich dann heraus, daß er versucht hat, sein Telefon im Arbeitszimmer anzuschließen und keine Buchse gefunden hat. Die wäre aber auch gar nicht nötig, weil er so einen mobilen Siemens-Kolben als Haustelefon hat, den er überall mit hinnehmen kann. Rührend die Haltung des alten Professors, der in Hemd, Halstuch, Pollunder und Cordhose vor mir steht, sich nicht aufgegeben hat, und mir bei der Verabschiedung noch Bilder aus seiner Jugend zeigt. Ausgesprochen gutaussehend, in der Steppe beim Einsatz als Doktor in Afrika, mit seiner Frau vor einem alten Flugzeug auf dem Rollfeld.
Der über achtzigjährige wollte seine Praxis eigentlich noch weiterführen, bis ein trauriger Unfall ihn vor zwei, drei Jahren zur Aufgabe zwang. Er hatte an Weihnachten mit seiner Frau einen Tanz gewagt und war dabei gestolpert. Ein gebrochener Hüftknochen machte die Arbeit in der Praxis von da an unmöglich. Wenn ich mich richtig erinnere, hat er mir nie etwas anderes als Aspirin verschrieben.

Lieber Christian, laß uns doch hier an dieser Stelle einmal über die Bizarr-Krankheit "Pfeiffersches Drüsenfieber" unterhalten, und wie sie uns ereilte.

Und, lieber Moritz, danke, Deine Freude liest sich so wie sie ist: einfach wunderschön. Das ist so wichtig, sich begeistern können. Das verbindet wie nichts Zweites auf der Welt. Willkommen zu Hause. Hallo, Herr Winkler!


Eckhart Nickel Heidelberg, Fade to Grey - 16.11.99 at 13:11:28




Meine Homöopathin ist verschnupft, aber guter Dinge. Sie schreibt auf:
Daß ich gekochtes Gemüse nicht leiden kann.
Eine traurige Kindheit hatte.
Unter Druck stehe.
Schweinefleisch liebe.
Eine Milchunverträglichkeit aufweise.
Paprika nicht ausstehen kann.
Mit 19 meinen Blinddarm verloren habe.
Gern Salat esse. Und manchmal die Sosse trinke.
Daß ich schnell schwitze und leicht friere.
Die Kontrolle nicht verlieren will.
Keinen Kaffee vertrage.
Mir nichts aus Eis mache.
Kapern hasse.
Bier liebe.
Morgen gehts weiter.


Elke Naters - 16.11.99 at 17:23:14




Es liegt mir fern, die Siegesfeier zu "Tristesse Royale" stören zu wollen - aber hat sich da nicht, was die Willi-Winkler-Kritik betrifft, der Leseteufel eingeschlichen? "...enthält mehr Debatte als ein ganzjähriges Zeit-Abonnement; lustiger ist es auch." Ist das nicht ein Kompliment von der Sorte: Es gab mehr Bier als bei den Anonymen Alkoholikern; lustiger als bei ihnen war es auch?
Und dann das andere Zitat, es lautet, im Zusammenhang, so: "Dreißig, vierzig, vielleicht noch mehr Jahre liegen vor den jungen Menschen, aber schon jetzt haben sie alles gesehen, alles getrunken, und das Geld reichte auch nie. Schlimmer noch: Sie blicken besser durch als Theodor W. Adorno und Max Horkheimer in der kritischsten Kulturkritik." Jaja, irony is over, ich weiß - oder vielleicht doch nicht so ganz?
In der selben Kritik steht:"Kein Wunder, daß sie alle für konservative und reaktionäre Blätter wirken, für Springer und die FAZ. Männerbündisch sind sie unfähig, sich voneinander zu lösen. Deshalb wird immer wieder auf Homosexuellen herumgehackt, und sei's nur, weil dieses Zusammensein, das den Herrenclub samt Kaminzimmer bloß parodiert, trotz Romeo Gigli ein bißchen zu streng nach Homosexualität riecht."
Straightes Lob? Willi Winkler als sechster Mann im Kaminzimmer? Ich glaube nicht.


Georg M. Oswald - 16.11.99 at 17:35:03





nicht unbedingt angenehme
Einblicke ins Naturell des Erzählers

die Frau von der Krankenkasse
verlängert eine abgelaufene Frist
Zucker ist aus

Schlegelstraße: Rudi und Bernd
U-Bahn Zinnowitzer: ist das Johanna? ja!
Brüsselerstraße: den Gegenlichtfluten entgegen

es ist ein kalter, klarer Tag
ich weiß genau, wie ich es gerne hätte

KRANK

Dienstag, 16.11.1999, Berlin


Rainald Goetz - 16.11.99 at 17:47:57




Ach! Warum sind wir nicht einfach alle homosexuell? Gar nicht schwul ist es natürlich auch schön. Oder watt?


Moritz von Uslar, München - 16.11.99 at 17:49:22




So gesehen, lieber Moritz, hast jetzt Du wieder recht.
Et pour le Docteur: h2-h3.


Georg M. Oswald - 16.11.99 at 19:31:33




Punk & Zen: Gabba, gabba. Funk & Islam: Africa X. Christentum & Disco: Last night a DJ saved my live-I will survive- Everyone talks about popmusic...
In der S-Bahn: Ein britischer Penner mit nur einem Schuh blubberte: Fucknfuck, Fucknbastardmotherfucking, fuck, fuck. Wie diese fiesen, grauen Geysirlöcher Islands. Im Kino der Werbespot von C&A;, hip wie Nike 97. Bin mal auf den von Doktor Oetker gespannt: Phatt. `Fight Club´, guter Film. Ich würde mich gern mal wieder prügeln.
Liebe hinterglas Buchstaben-Geister, manchmal kommt ihr mir vor wie eine Wasserleiche, die bei Vollmond wieder an der Oberfläche auftaucht. Wer passt auf euch auf, wenn der Blink-blink Curser sich verabschiedet?


Lorenz Berlin, - 16.11.99 at 21:01:44




1
Fügt euch den Fügungen des Schicksals, o ihr Weisen.
2
Es sei doch, sagte sie, merkwürdig. Den einen, ihren Schwarm vom Sommer, hätte sie zufällig am Montag gesprochen. Er hätte ihr ausführlich von seinem Abend zuvor erzählt.
3
Als er im Bericht beim Einweichen seiner Socken angekommen war, versuchte sie sich zu befreien: "Die üblichen Beschäftigungen eines Sonntag abends, nicht wahr?" Den tadelnden Unterton mußte er gehört haben. Hoffte sie. Von der Oper erzählte sie lieber nicht.
4
Mit dem anderen war sie seit langem schon verabredet gewesen. Das Gespräch ging um zivilisatorische Traumata, den Goldesel des Apuleius, die Hingabe an die Revolution, Madame de Stael, und zuletzt um eine ihr unbekannte österreichische Lyrikerin und deren letzte, nein, vorletzte Affäre. Mit einem Kardinal. Jetzt war es ein Modedesigner. Die Gedichte, so fand ihr alter Freund, seien sehr schön.
5
Es hätte doch, sagte sie, für einen amüsanten Abend reichen können. Stattdessen seien ihre Gedanken immer wieder abgeschweift.
6
Ganz zum Schluß des Telephonats sei es gewesen. Drei Worte. Eine Ellipse, wenn man so wolle. Sie hätte zu ihrem eigenen Erstaunen nur schwach "Och" sagen können. Sozusagen hingehaucht sei das gewesen. Ein zufriedenes "Ja", vielleicht ein wenig behäbig, in jedem Fall aber nachdenklich, als hätte er sich selbst auch erst an den Gedanken gewöhnen müssen, aber nun seien die Dinge eben so, wie sie seien und daran könne man wohl nicht mehr viel ändern, war seine Reaktion. Dann hätte er sich verabschiedet.
7
Ich frage sie, ob sie jetzt Angst hat.


Carmen Samson Berlin, - 16.11.99 at 23:51:52




Aufkleber IV (slight reprise, für Georg)
Also: weißer Opel Omega. Direkt vor mir. Über dem Nummernschild ein paar Pril-Blumen. Daneben, ganz klein, ein Satz, den ich erst an der nächsten Ampel entziffere: »Kein Schmerz ist so hart wie das Leben«.


Stefan Beuse Hamburg, - 17.11.99 at 13:33:34




Mein Freund Ralph

Mit meinem
Freund
Ralph
ziehe ich abends
immer durch die
Straßen-

im Laternenlicht
laufen wir und
reden
übers Leben-

Manchmal, wenn
es einen guten
Gegner gibt,
schauen wir auch
beim Eishockey
vorbei-

oder wir gehen zusammen
zum Blücher, einem
Lokal, um die Ecke-

Dort gibt es
zwei Kellnerinnen
auf die wir
fixiert sind-
eine Große und
eine Kleine-

Wir kennen
ihre Namen nicht-
darum bleibt es
bei der Bezeichnung-
die Große und
die Kleine-

Während mein
Freund Ralph eher
von der Kleinen
angetan ist, habe
ich Gefallen an
der Großen gefunden-

Ich glaube, in letzter Zeit
gehen wir verdammt
häufig zum Blücher.

Jedes Mal, bevor wir
gehen, fragen wir uns,
wer denn wohl diesmal
bedienen wird-

"Hoffentlich die Kleine,"
sagt Ralph-
"Hoffentlich die Große,"
sage ich.

Mein Freund Ralph
ist mir ungeheuer
wichtig-
bei ihm kann ich
so sein
wie ich bin-

Und obwohl
wir nie wirklich
etwas besonderes
machen, eben Eishockey
schauen, ins Kino gehen oder
zum Blücher-
Ein Abend mit Ralph
ist ein schöner
Abend-

Danke fürs Zuhören.


Benjamin Lebert - 17.11.99 at 15:54:36




Ich denke
oft an die
Neonlichter von
Hongkong
Shanghai
Nanking
Taipeh
Tokio


Lorenz Berlin, - 17.11.99 at 20:36:38




Die ganze Welt
heißt Bielefeld
Überall
ist Wuppertal


Renate Wuppertal, - 17.11.99 at 20:44:23





moon-dance

name-scan
milde-scan
kitsch-scan
sex-scan
menschenbild-scan
natur-scan
wohl-scan
ganz-scan
jetzt-scan

mein kopf kocht
krank

17.11.99


Rainald Goetz - 17.11.99 at 20:59:47





a. d., b. - 18.11.99 at 00:04:46




Was ist Realität und Realität™?
Für große Banken ist die Realität schon ein guter Hintergrund. Gutaussehende Akteure stellen ihr Leben dar, sie werden gecastet. Die U-Bahn, die Hundescheiße, Menschen, die Luft, das alles darf schon sein, als echte Umgebung. Nur die Darsteller dürfen nicht onanieren oder Drogen nehmen, aber immerhin. Und noch fehlt das rot in den Werbeclips, aber das ist eine Eigenschaft der Realität™.

Um einer Verwechslung vorzubeugen: Die Realitysoaps, die wir seit langem kennen, sind weder Realität noch Realität™, sie sind Kleinkunst. Lindenstraße ist Komödienstadel. Fernsehunterhaltung.
In den Werbeagenturen dagegen, da wird das Leben gecastet, die Impression, der Schnipsel. Hier, und nur hier, wird der Schnipsel hergestellt, von dem es heute morgen in Kathrin Gloschs Dialog hieß, er wäre das, was ein Schriftsteller wahrnimmt, mitnimmt und dann zusammenklebt zu einem: TEXT. Falsch.

Denn 'Die Große' und 'Die Kleine' im Café Blücher, die sind Realität, und Benjamin und Ralph sind Schnipsel, ich bin ein Schnipsel und so schnipseln wir uns durchs Leben, deshalb gefallen uns die modulierten Schnipsel aus den Werbeagenturen so gut. Sie sind fette Schnipsel von eben jener Realität™.
Und wir sind, jeder für sich: Ich™, so siehts aus, so fühlt man sich doch. DAS schreiben wir auf. Dadurch wird aus Ich™ ein Ich©, das ist fast schon ein alberner Schlenker, aber mit einem wahren Kern: ™ bedeutet Handelsmarke, © bedeutet Copyright. Ich™ schreibe Text©.

(Und mit Houellebecq ist es so, er eignet sich ganz hervorragend für Schnipsel™. Har Har)

Aber mir geht es auch darum den Bogen zurückzuschlagen zum 'nachmetaphysischen Zeitalter':
Je näher sich Realität und Realität™ kommen, desto mehr davon. (Würden Ralph und Benjamin 'Die Große' und 'Die Kleine' kennenlernen, also würden sie sich annähern, dann wäre der Spaß irgendwie vorbei.)


Sven Lager Berlin, - 18.11.99 at 00:32:09




Donnerstag: bester Tag der Woche, das war schon immer so.
Morgens in der Post ein Brief des Marriot Hotels Bangkok an die Jugoslavische Botschaft (mein Haus). Sie wuerden sich freuen auch in Zukunft wieder viele Gaeste aus Jugoslavien begruessen zu duerfen. Die Zusammenarbeit haette in der Vergangenheit so gut geklappt. Finde ich auch und faxe einen extrem positiv bewerteten Fragebogen zurueck.
Dann den Brief an Juliette Dubois (Vormieterin?) von der NESTLE WIFES ASSOCIATION gelesen. Die Nestlé Wifes haben viele Club-Abende. Ich melde mich sofort an.
Spaeter herausgefunden, im Thai-Unterricht, dass ich monatelang zu meiner Producerin gesagt habe sie sei ein lahmes Pferd. Thai falsch ausgesprochen. Ich wollte sagen: sie sei so schoen schnell.
Dann mit Giovanni, dem Yoga Meister aus Brindisi den ganzen light-goes-in-smoke-comes-out-scheiss mitgemacht. Ohne zu lachen, Million Dollar!
Dann einen Platz direkt neben Mister Kobayashi im japanischen Restaurant bekommen, der immer noch seine perversen Comics liest und dabei viel grunzt.


Eva Munz Bangkok, Thailand - 18.11.99 at 15:17:48




1
Es würde, hatte er ihr gesagt, in der Nacht Sternschnuppen geben.
2
Sie stellte sich den Wecker.
3
Um drei Uhr stand sie am Fenster. Die Wolkendecke öffnete sich, eine große, helle Bahn erschien am Himmel, und dann zog das Dunkelblau über ihr Dach hinweg. Sie legte sich ins Bett und schlief sofort wieder ein. Traumlos.
4
Am Morgen fiel es ihr auf. Der Wunsch, den sie sich tonlos vorgesagt hatte, war verboten.


Carmen Samson Berlin, - 18.11.99 at 17:29:58





Landeseinwohneramt Berlin
Referat Fahrerlaubnisse, Personenbeförderung

Geschäftszeichen
bitte immer angeben
IIIC1208/240554

Zimmer 323
Durchwahl/Apparat 699-31482
Datum 16.11.1999

Sehr geehrter Herr Götz,

als Anlage übersenden wir Ihnen Ihren Führerschein
und wünschen Ihnen jederzeit gute Fahrt!

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Führerscheinbüro

KRANK

Donnerstag, 18.11.1999, Berlin


Rainald Goetz - 18.11.99 at 18:15:36




So hat einer der Fortsetzungsromane aus Abfall sein historisch notwendiges Ende genommen und bekommen. Da kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch und allzeit Gute Fahrt!


Georg M. Oswald Verwaltungsbehörde, - 18.11.99 at 19:13:37





sehr erledigt
Textkopfweh
Deutungsüberfrachtungsproblem
Zusammendenkzwang

krank

19.11.99


rainald goetz - 19.11.99 at 19:24:38





Seit mir die Homöopathin drei Kügelchen gegeben hat, bin ich nicht mehr müde.
Sie sagt, ich hätte eine gute Konstitution. Eine stabile Kindheit und die Familie:
Kein Wahnsinn kein Schwachsinn, keine Diabetis, kein Krebs.

Meine Großmutter liegt im Sterben. 97 Jahre alt, keinen Tag im Leben krank gewesen.
In der Nacht haben sie den Pfarrer geholt, aber am nächsten Morgen saß sie schon wieder beim Frühstück.
Ich rufe sie an:
Ich wollte dich noch mal sprechen bevor du stirbst, sage ich.
Was macht dein drittes Buch? Fragt sie.

Mein Vater hat eine Lebensversicherung für mich abgeschlossen. Den Antrag hat er für mich ausgefüllt.
Ich muß nur noch unterschreiben und in dem bereits frankierten und adressierten Umschlag zurückschicken.
Mit gutem Gewissen hat er folgende Fragen verneint:

12. Wurde bei Ihnen eine HIV-Infektion festgestellt (positiver Aids-Test)?
13. Nehmen oder nahmen sie regelmäßig oder gewohnheitsmäßig Medikamente, Rauschgifte, Alkohol? War eine Entziehungskur erforderlich?
14. Besteht ein körperlicher oder geistiger Schaden?


Elke Naters - 19.11.99 at 19:27:14




Tim Burton s SLEEPY HOLLOW. Opening Night. Aha. Set in a isolated farming community in the wilds of upstate New York, 1799: Three people have had their heads lopped off and Johnny Depp has to figure out who the culprit is. Tim Burton im Interview: I ve always wanted to make a movie where one of the characters didn t have a head.
Wie immer: Great Christmas Family Fun. Und, wie immer:
Not ugly enough
Not cruel enough
Not romantic enough
Not stupid enough
Not angry enough
Besser: Post-Premiere-Party at the Antonio Morenos Villa in Silver Lake. Nebelmaschinen schaffen Atmosphäre. Pool Of Blood. A headless horseman circles poolside on a black stallion. Gästeliste: Johnny Depp, Christina Ricci, Martin Landau, mexikanisches Dienstpersonal, all in black.
Good Evening, Sir, are we having fun yet? Want some oak-planked salmon with horseradish-mustard glaze?
Nice to have you back, Tom. Life in the desert can be a bitch, right? Let s get some of the sage-roasted whole turkey and cure Virgina ham.
Does Burton rock or what?
Excuse me, are you talking to me? ja.....and let me tell you something: never, for effect, pull a gun on a small child. He won t get it.
Später, on the way out: Happiness by Paramount. Everyone receives a 6-inch "Sleepy Hollow" Actionpuppe. Wir empfangen Christopher Walken s Headless Horseman. Supergelaunt. Gott Sei Thanks.


tom kummer los angeles, usa - 19.11.99 at 20:24:29




Investmentfonds sind das nachmetaphysische Zeitalter.

David, loop, ist besser als Houellebecq. (copy and paste).

B. von Stuckrad-Barre täte ein Stück H. Kerkeling gut. (cool down, get warm).

Es ist doch mehr rot in der Werbung der Hypovereinsbank.

Jegliche Schulung für Moderatoren: 'Was mache ich mit meinen Händen', streichen.

Realität® gibt es nicht, (gibt keine Rechte). Das macht es einfacher.


Sven Lager™ - 20.11.99 at 01:47:09




Tristesse Royal:
Angenehm befreit von gesundem Menschenverstand und ohne Bodenhaftung fliehen unsere fünf Freunde vor den Prada-Prolls. Wie mächtig muß Wolfgang Petry sein, wenn er diesen eleganten, elloquenten Männern die Freude an Helmut Lang nehmen kann.
Die fünf apokalyptischen Sprengreiter aus dem Hotel Adlon verstricken sich bei ihrer Flucht in ihrem eigenem Gefängnis: Ironiefeind Christian Kracht: `Ulf Poschard ist ein Titan.´ Die ständigen Regieanweisungen im Text der soeben gerauchten Marlboro ist tiefstes 80er Jahre und fettestes Tarantino-Kino.
Ein schönes Buch, ja, jeder findet eine Szene zum hassen: Meine beginnt auf Seite 134, wo Alexander v. Schönburg gegen das Gesetz des Gentleman verstößt und seine Privilegien nicht still genießt, sondern extrem deppert auswalzt:
`Auf dieser Empore (im P1) saßen wir mit Prince. Die Treppe wurde von einem Bodyguard bewacht, und vor dem Bodyguard standen scharenweise Berufsmünchner, die ihre Seele dafür verpfändet hätten, um zu uns hinaufzukommen. ...Ich gab den Bodyguards ein Zeichen, sie zu entfernen...Einge Mädchen rafften ihre Blusen und zeigten ihre Brüste.....Wutentbrannt ließ uns meine Schwester eine Schneise durch das Volk schlagen. Dann brausten wir in den Limousinen ins Hilton. (Da wir keine Mädchen dabei hatten) erbot ich, mit drei Bodyguards zurück ins P1 zu fahren, um welche zu besorgen. Noch heute nähre ich mich von dem Gefühl, als ich in dieser Nacht wie ein Sklavenhändler auf der Empore des P1 stand, einen Suchscheinwerfer dirigierend und einzelne Mädchen von den Bodyguards in die Limousinen schleifen lassend. (sic)´
Falls Alexander v. Schönburg mal wieder von zuviel Ennui angefallen wird, biete ich ihm hiermit, nach dem schlauen Satz eines klugen Menschens: Der Dandy wird vom Schmerz überwunden, eine gehörige Tracht Prügel an.


Lorenz Renatus Schröter Berlin, - 20.11.99 at 17:02:17




Immerhin scheint sich "Tristesse Royale" als Pflichtlektüre popkulturell interessierter Deutscher durchzusetzen, ganz wie es das Marketing vorsieht. Bleibt nur die Frage, ob man sich jetzt wirklich damit auseinandersetzt, oder das Kokettieren mit Chauvinismus und Menschenverachtung milde belächelt, wie die Hakenkreuze auf den Lederjacken der Punks, die ja letztendlich keine wirkliche Bedeutung hatten, sondern lediglich inhaltlich vorbelastete Symbole zu Pop-Ästhetizismen reduzierten.

"Ich würde gerne umbuchen." - "Gerne." So einfach kann das Leben sein. Und so nett.


Andrian Kreye Frankfurt, - 20.11.99 at 22:24:52





Schnee wirbelt
durchs Autofenster in den Wagen
ein Nikolaus sitzt auf dem Karstadt-Dach
er ist rot und weiß und riesig
Schering, Tiergarten, Irish Pub
Schuhe zum Verlieben

ich knipse blind nach draußen
überall steht irgendwas

KRANK

Samstag, 20.11.1999, Berlin


Rainald Goetz - 20.11.99 at 23:16:07





Meine Homöopathin sagt: das wäre ein gutes Zeichen, daß es mir jetzt schlecht geht.
Das ist die so genannte Erstverschlimmerung. Ein Zeichen dafür, daß das Mittel anschlägt.
Eine Heilung sei damit eingetreten, auch wenn es zunächst nicht so aussieht.
Ich könnte heulen vor Magenschmerzen.
Meine letzte Homöopathin ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben.

Ich sollte auf meine Träume achten, sagt sie.
Letzte Nacht tauschte ich keusche Küsse mit meinem Agenten aus.
Später im Traum hatte ich einen riesigen Busen, der mir auf den Rücken gerutscht war
und den ich deshalb vorne mit einem Diamantring zusammenhalten mußte.


Elke Naters immer noch Berlin, aber nicht mehr lange. - 21.11.99 at 12:38:41




Ralf (Boent): ich schulde Dir noch eine Antwort, aber der letzte Zusammenbruch meines neuen Computers hat leider mein gesamtes Adressenverzeichnis zerstoert. Was mich an die treffende Bemerkung von Rainald erinnert, dass Computer etwas Benutzer-freundlicher geliefert werden sollten, bei einem neuen Auto müsste man ja auch nicht erst das Getriebe einbauen. Na, da sind wir bei Apple aber noch weit davon entfernt. Waere das neue G3 Powerbook ein Auto, waere ich jetzt wahrscheinlich tot.


Andrian Fredfurt, - 21.11.99 at 17:39:26





Jetzt auch dabei: ANDREAS NEUMEISTER
Herzlich willkommen.


E. pool - 21.11.99 at 22:09:48




Lieber Benni,
bitte mail uns Deine Adresse!
Danke


Elke - 21.11.99 at 22:11:33





also zerstörerisch
spalterisch tätig werden

alles ist aus
alles liegt voll
Sonntag, Verwahrlosung 7
schöne Worte
was will man mehr

ich esse eine Birne
und mache mir ein Brot

KRANK

Sonntag, 21.11.1999, Berlin


Rainald Goetz - 21.11.99 at 22:56:55