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pool #19 17.10.-24.10.1999
pool #18 / pool #20
Antje Dorn, Berlin
MITTAG. Zum klassischen New Yorker Privatbrunch gehört nicht viel. Lachs,
Bagel, Kaffee und Champagner. Jegliche Feinkostextravaganzen wären fehl am Platze und
würden unangenehm auffallen. Zu vermeiden sind auch alle Formen der Ernsthaftigkeit, weil
dazu kann man sich ja verdammt nochmal wann anders treffen. Nur heute gab es doch kurz
ernsthafte Gruppengrübeleien, nachdem die Doctors Without Borders den Friedensnobelpreis
gewonnen und somit den Doctors Of The World für die nächsten 200 Jahre jegliche Chancen
darauf geraubt haben. Es geht ja dann auch auf dem Gebiet des Altruismus inzwischen um
Leistung, Prestige und Publicity. Betrachtet man die Geschichte der beiden Organisationen,
die in den 70ern eine waren und sich dann aus sehr stutenbissigen Gründen getrennt haben,
drängen sich nun doch Vergleiche mit der Entertainment-Industrie auf. Die natürlich
angesichts der Feldrealitäten sofort hinfällig werden. Aber wir sind nunmal nicht im
Feld, sondern in New York. Ablenkung: Gary erzählt von der Mühsal das New Yorker
Dokumentarfilmfestival zu finanzieren. Ein ganz bitteres Gewerbe, gegen das die
Schreiberei gar luxuriös erscheint. Und die üblichen Immobiliengespräche. Ein
Vierstöcker in Harlem kostet auch schon eine halbe Million (US). Glück gehabt, Ramona.
Beim Abspülen Ruandaerlebnisse ausgetauscht. Uns Journalisten geht es wirklich gut.
NACHMITTAG. Times Square. Ha woisch, mir ham noch a Tiggedd kriegt. Die Hölle. Aber das
wissen wir ja auch schon aus der deutschen Wochenpresse.
VORABEND. Amerikanisches Fernsehen kann gnadenlos sein. Die selben Wiederholungen wie im
Frühjahr: Rocky 4, Carlito's Way, Crooklyn. Fred berichtet von Wetten Daß mit Tom Jones.
Prime Time Envy.
ABEND. Der Unterschied zwischen den 80er und den 90er Jahren, obwohl es ja doch streng
verboten ist in epochalen Kategorien zu denken, alsodann, der Unterschied zwischen dem
letzten und dem momentanen Kunstboom ist, daß noch mehr Geld fließt, noch mehr Hype
betrieben wird, die Wirklichkeit aber sehr angenehm unprätentiös daherkommt. Jedenfalls
war es keine Party für, sondern eine Party bei Mathew Barney, der in seinem Werkstattloft
(Meat Packing District, eh klar) feixend hinter der Bar stand und Freibier an seine 200
engsten Freunde ausschenkte, allesamt freundliche Zeitgenossen, keine Kritiker, kein
Galerist in Sicht. Gegen Mitternacht brachte eine japanische Punkband (selbstverständlich
mit perfekt choerographiertem Pubertäts-Testosteron-Ausstoß in massiver Dezibelstärke)
freundlich trunkene Jungs zum Armwedelnden Rempeltanz. Das New York Times Magazine
bezeichnete ihn letzten Sonntag als Wagner der neuen Kunstgeneration. Wie der Amerikaner
so sagt: Go Figure.
Lektion des Abends: Don't Pogo in your fucking Prada shoes.
Andrian Kreye New York, - 17.10.99 at 09:56:29
Pop-Diskurs: Begrabt meine Herz unter dem Damenklo des CBGB!
Freitag: Vernisage, Foto-Retrospektive. Lauter schöne, angenehme Menschen, kein einziger
Schrubbbel-Berliner, nur klare Mädchenteints, sympathisches Jungen-Lächeln, sehr nett
plus Journo-Posse. Alles okay und fein. Nur ich war der einzige, dem die Fotos nicht
gefallen haben. Rockfotos. Germs, Black Flag, Dead Kennedys, Ramones, Run DMC.
Schweisstropfen im Scheinwerfergegenlicht, nackte Oberkörper, die sich um Mikros
schlängeln. Skater in der Pipe -Skater sind echt was fürn Arsch. Homeboys auf
glänzenden Kühlerhauben. Rockisme at its best. Das seltsame ist dabei, dass Ramones etc.
meine Jugend sind.
Samstag: Prix Europa. Radioleute, die das Kulturradio beschwören und deren Ansprachen
sich wie `Und der Sozialismus wird doch siegen´ anhörten, also wie Beerdigungsreden.
Legendäre BBC-Leute im kariertem Jackett und Lederaufsatz an den Ellbogen, eine
fünfzigejährige Dauerjugendliche mit hellrot gefärbten Haar von der Popwelle Schweiz.
Halbglatzen, Nischenautoren, Papierraschler. Eine sehr sympathische, leicht gruselige
Nacktmull-kultur. Aber die Veranstaltung ist mir nicht so wichtig. Ich bin früh gegangen
und habe auf Arte eine Dokumentation über Blondie gesehen.
Dazu muss man wissen: Blondie ist Gott. Ich meine das nicht lustig, wie man das halt so
macht, um durch Übertreibung einen gewissen Wert zu vermitteln, nein, ich meine das
wirklich wörtlich. Keine Musik -bis vielleicht auf Iggy Pop, auch Iggy Pop ist Gott- hat
mich jemals so im Innersten berührt, und nur wenige Bücher und noch weniger Menschen.
Wenn ich sie sehe, wie letzten November, steigen mir die Tränen in die Augen und ich habe
15 Jahre nicht geweint. Ich fühle mich wie damals 1977, mit 17, als ich sie mit hundert
anderen Münchener Downtown gesehen habe. Und ich fühle gleichzeitig, dass es vorbei ist.
Da hilft auch nicht, dass ich auch jetzt ganz glücklich bin und die vergangenen
Jahrzehnte auch nicht verplempert habe, aber wenn ich Blondie sehe oder höre spüre ich
meine Sterblichkeit.
Lorenz Schröter Non-Frankfurt, BRD - 17.10.99 at 11:48:55
Ich suche einen Traumdeuter.
Immer schon habe ich Bahnhöfe und Züge geliebt, Zugfahren ist für mich der Inbegriff
des Reisens. Ich fahre mit jedem Zug gerne, mit Interegios, Nahverkehrszügen, ICs, ICEs,
ECs, sogar mit S-Bahnen und auch Straßenbahnen, nur U-Bahnen mag ich nicht, diese
Erdwürmer. Auf jedem Film, den ich verknipst habe, sind garantiert auch Oberleitungen,
Gleise, Schienen, Weichen, Prellböcke und Stellwerke drauf.
Und jetzt habe ich seit einiger Zeit schlechte Träume, die alle mit Zügen zu tun haben.
Verpasste Züge, überfüllte Züge, Züge, die gar nicht fahren, sondern nur stehen
(besonders unangenehm). Vergessene Taschen oder Tickets, Zwischenfälle, die mich zwingen,
auf offener Strecke auszusteigen, wo ich vom plötzlich wieder anfahrenden Zug
zurückgelassen werde. Mehrgeschossige Bahnhöfe, ich finde meinen Zug nicht. Einmal
mußte ich unter Lebensgefahr auf das Dach eines Waggons klettern, in dem Moment, als ich
die Oberleitung berührte, wachte ich auf. Oder meine Mitreisenden kommen mir abhanden,
ich bin allein auf einem Bahnsteig, der voller Menschen und trotzdem völlig leer ist.
Heute Nacht saß ich mit einer Frau und ihrem Kind in einem Abteil, wir fuhren und ich
wunderte mich, daß es so ruhig war, nachdem auf dem Bahnsteig höllisches Gedrängel
geherrscht hatte. Ich lief durch den Waggon, alles leer. Ich kam zurück und die Frau und
das Kind waren tot, wahrscheinlich schon sehr lange, denn sie waren staubtrocken. Dann
bemerkte ich, daß der Wagen abgekoppelt worden war und mit unkontrollierter
Geschwindigkeit und führerlos durch eine Landschaft raste, die mit Schienensträngen
bedeckt war. Aber weit und breit kein anderer Zug. Schließlich blieb der Wagen stehen,
ich stieg aus und stolperte über die Gleise und Schwellen, weit vor mir lief die Frau mit
dem Kind auf dem Arm, viel schneller und sicherer als ich. Ständig sprangen die
unzähligen Weichen um. Das Schienenfeld nahm kein Ende. Wahrscheinlich wäre ich von
einem anderen Geisterzug überfahren worden, wenn ich nicht aufgewacht wäre.
Ich suche einen Traumdeuter.
Britta: Der Zug ist abgefahren, aber wohin sollte es überhaupt gehen? - 17.10.99 at 12:05:10
Zurück. Krank.
Soviel geredet, daß ich vom Wortbrei satt wurde und nichts mehr gegessen habe
bis ich fast umgefallen bin.
Nicht gesehen: Heiner Link, Manfred Krug, Verona Feldbusch.
Nicht erkannt: Eckhart Nickel.
Fast gesehen: Helmut Krausser.
Martin Hielscher(?) sagte: "Da war Helmut Krausser."
Ich: "Echt, wo?"
MH: "Der ist schon wieder weg".
Ich: "Schade, den hätte ich gerne kennengelernt, wir hatten mal einen kurzen netten
Mailverkehr".
MH: "Er wollte dich auch kennenlernen, aber er meinte:
"Ich seh gerade so scheiße aus, ich komm später noch mal wieder."
Mehrfach wurde ich darauf angesprochen: Was meint Rebecca mit deinen Beinen?
Die sieht man doch gar nicht auf dem Titelbild. Rainald sagt: Sehen Frauen da was anderes,
als ich sehe?
Ich hatte es schon vergessen, aber es war mir auch komisch aufgefallen, das Kompliment.
Das ist ungefähr so, als würde ich sagen: Lustiges Tauchfoto, Rebecca. Du hast wirklich
schöne Haare.
Elke Naters Berlin, im Bett - 17.10.99 at 14:08:21
ich sitze am Hotelbett
trinke lauwarmen Nescafé
aus einem Wasserglas
und lese in Tristesse Royal -
das ist doch alles einfach nur genial
da hebts mich hoch
ich geh paar Schritte -
muss lachen, denken, lachen
für die reale Kaputtheit
meines KÖRPERS aber: wie
heißt für die der Text?
KRANK
Sonntag, 17. Oktober 1999, Frankfurt
Rainald Goetz, Frankfurt, - 17.10.99 at 16:21:36
Nichts macht einen schlimmeren Kopf als amerikanisches Designerbier. Micro
Breweries, Pfui Teufel. Gestern abend gleich zweimal hintereinander Arto Lindsay
getroffen. Gegenseitiges Nostalgiegrinsen. Alabamahalle, Area, Loft München, The Kitchen,
Loft Berlin, MK, Knitting Factory, Meat Packing District. Noch unverwüstlich oder schon
unverbesserlich?
Andrian Kreye New York, - 17.10.99 at 19:14:53
Besagter Artikel jetzt
im Pressespiegel (der auch nicht das ist, was er vorgibt zu sein. Das sehr schöne
Interview mit Georg Oswald über pool in der Literarischen Welt vom letzten Wochenende
fehlt, - anderes auch, aber das, weil es unwichtig ist.)
pool*s - 17.10.99 at 22:55:36
Schöner Tag. Schön geschlafen, Radio gehört, dann gab's die Rühreier
von Casati, dann KUNSCHT gesehen im Haus der Kunst (war komischerweise vollkommen in
Ordnung), dann wieder toller Winterspaziergang durch den eisigen Eise-Eis-Wind, dann toll
gearbeitet, jetzt tolles Bier. Vermisse wieder: alle. Herr Rudolf Spindler: entschuldigen
Sie, dass bei der jetzt-Tagebuch-Party (am Montag!) nicht da war. Wenn das aufgefallen
ist. Wäre gerne gekommen. Liebe Elke: morgen kommt DER Anruf. Oh Gott. Christian: Ich
würde gerne vielleicht doch erst am Sonntag zu den Gi-Ga-Gingolf-Literaturtagen nach
Göttingen kommen. Und du? Wann sollen wir da sein? Lieber Andrian: Wenn in München,
melde Dich. Verdammt. Alter Lorenz: alter Freund. Ansonsten bin ich natürlich ganz
dafür, dass man bitte unfassbar avantgardistisch denkt und schreibt. Wenn es denn bitte
KLAR geht. Diederichsen in der FAZ konnte man ja unvergleichlich gut verstehen, viel
besser als sonst. Toll. Finde ich einen tollen Fortschritt. Toll hier. Ich finde es hier,
im Pool, so amtlich spannend wie noch nie. Irre gut gelaunt,
Moritz von Uslar, München - 18.10.99 at 01:50:53
Komische Abfolge die letzten zwei Wochen: Erst fuenfzig Jahre China-Super-Rotmacht-Party
mit Simultanuebertragungen auf BBC und CNN. Alles sah aus als sei es vor mindestens
zwanzig Jahren aufgenommen worden, das am Platz des Himmlischen Friedens. Dann weiter nach
Japan, dort die schoene Nachricht eines Atomunfalls nahe Tokyo. Wie nahe, wie viel Tote?
Weiss keiner, also: trotzdem hin.
Der SONY Hund hatte dann einen Softwarefehler. Companion heisst der Hund uebersetzt und
ist aus Plastik mit einer mettalic-blauen Oberflaeche. Der Hund war nach vier Minuten in
Japan ausverkauft. Trotzdem: in den Parks und auf den Strassen kein einziges Maedchen in
Schiluniform oder eine gebluemte Haushaelterin, die den Hund Gassi fuehrt. Dafuer:
tausende von tiefschlafenden Menschen ueberall, im Bullet Train, in der U-Bahn auf der
Parkbank. Apokalyptisch alles, keine quietschbunten Hello-Kitty-Kinder, nur todernste
Fashion-Victims. Noch immer verwirrt.
Britta, wenn Du einen Traumdeuter findest, ich brauch auch einen, dringend!
Rainald: Frauen sehen da tatsaechlich was anderes. Elke hat sehr schoene Beine und auch
ich kann das auf dem Photo erkennen!
Eva Munz Bangkok , Thailand - 18.10.99 at 07:32:16
Sehr schön ist der Anfang von Diederichsens Schlusssatz: "Es ist
also Acht zu geben..." Genau. Da sind wir uns einig. Drum heisst es ja auch: Obacht
geben - länger leben.
Georg M. Oswald München, - 18.10.99 at 09:58:56
Möglicherweise bedingt durch meine einjährige Tätigkeit als Stilkritikerin habe ich mir
angewöhnt, Bilder und Physiognomien genau zu studieren. Ein schönes Bein hat viel mit
der Wade zu tun. Ein Bein, dass in einem blickdichten Strumpf steckt und trotzdem nicht an
eine Kolchose-Bäuerin erinnert, nicht einmal an die aus der ersten Szene der
»Blechtrommel«, unter deren Rock sich der Flüchtling verbirgt - ein Bein, das vielmehr
eine schmale, gerade Wade aufweist und weiter oben, am Oberschenkel, gerade in die Hüfte
übergeht, ist es ein schönes Bein. Du mußt, Elke, nicht in einem Versace-Tanga auf dem
Spiegel-Cover stehen, damit dieses erkennbar wird.
Etwas ähnliches würde ich übrigens gerne über die Haare auf dem »Tauchfoto«
ableiten. Nur: leider ist es tatsächlich nicht der Fall. Aber etwas anderes kann man
über dieses Bild sagen: Wenn man ganz genau hinsieht, erkennt man um meinen Hals einen
gelben Gegenstand. Es handelt sich dabei um eine Schwimmweste. Die bei so einem Tauchgang
viele Scherereien machen würde. Weshalb es sich auch nicht um ein »Tauchfoto« handelt,
sondern um ein »Wasserski-Foto«.
Also: Rainald hat recht, Eva hat recht, und beide haben meines Wissens noch nie eine
»Stilkritik« verfasst.
Lorenz: was Du über Dich und Blondie sagst, rührt mich. Sehr.
rebecca casati münchen, deutschland - 18.10.99 at 10:34:37
1
Die Frau am Lesetisch neben meinem trägt Weiß. Weiße Blusen, weiße Schuhe, weiße
Strümpfe. Nur ihre Handtasche ist braun, aus billigem Leder und prall gefüllt mit an den
Rändern weich und plustrig abgewetzten Papieren.
2
Die Nähte der Handtasche platzen auf. Die Frau hat zahllose Gummibänder darum gespannt.
Ich frage mich, wie sie in dieser engen Fülle an ihr Portemonnaie und ihren
Schlüsselbund kommt. Wie sie die überhaupt da hineinzwängt.
3
Während ich lese, blättert sie Kunst- und Architekturfolianten durch. Jeden Tag zwei.
Tief beugt sie sich über die Abbildungen von hohen Festräumen und Herrscherfrauen auf
Hochglanzpapier.
4
Damit ist klar: sie besitzt weder Portemonnaie noch Schlüssel. Ihre Liebe hat sie mir
verraten.
Carmen Samson Berlin, - 18.10.99 at 10:49:57
Was ich in den letzten zwei Tagen gelesen habe (Auszüge):
Die Zeit, Die 13 ¸ Leben des Käpt'n Blaubär, Paris was a woman, Duden Nr.11
(Redewendungen, Redensarten), loopool, Aufzeichnungen aus dem Dramaturgieunterricht bei
Alexander Mitta, den "Klappentext" der Cornflakespackung, Tucholskys Sprache ist
eine Waffe
Was ich in den letzten zwei Tagen geschrieben habe:
Ein Spielfilmtreatment, einen Brief, einen Einkaufszettel, einen pool-Eintrag, drei
emails, eine halbe Kurzgeschichte (verworfen), zwei Seiten meiner Enzyklopädie der
Beleidigungen
Jetzt frage ich mich und die Herrschaften von der Presse: Welchen Stellenwert hat der
loopool? Und was wird daran gemessen?
Britta Hamburg, Deutschland - 18.10.99 at 12:07:49
Huuhh, Rebecca. Ich vergaß. DIE Stilkritik hätte ich gerne gelesen. Du hast natürlich
recht.
Ich bin erleichtert und bedanke mich für das Kompliment - auch bei dir Eva -
und entschuldige mich für meinen ungenauen Vergleich und mein grundsätzliches
Mißtrauen.
Aber ich bestehe darauf: Ein schlankes Bein ist noch lange kein schönes Bein
- ohne meine Beine dabei herabsetzen zu wollen.
Um das beurteilen zu können, muß man mehr vom Bein sehen: zum Beispiel das Knie.
Elke Naters Berlin, bei Keks und Kakao - 18.10.99 at 14:27:03
Die Sehnsucht nach Kohl
Die Weisheit der Sterne
Der Kanzler lobt
Das Wiener Schnitzel
KRANK
Die Schmerzens-Geige
Das Rotzlöffel-Komplott
Und wie gehts Findelkind Max?
KRANK
Weltherrschaft
Penisvergrößerung
Führerkoks Inc.
Ich hoffe
Sie sind dabei
Meine Damen und Herren
Viel Vergnügen
KRANK
Montag, 18.10.99, Berlin
Rainald Goetz, Berlin, - 18.10.99 at 17:24:28
Benutzt man den Vergleich des aufwachsenden Kindes mit der amerikanischen
Nation, wie von Populärhistorikern in aller Welt gerne getan, wären die USA derzeit in
der "Girls are yuckie"-Phase eines acht- bis neunjährigen Knabens, der sich
scheckig lacht, wenn jemand "Penis" sagt, Mädchen als Realität aber als etwas
bedrohlich Fremdartiges erlebt. Um die dunkle Vorahnung, daß Sexualität in nur wenigen
Jahren den Rest seines Lebens bestimmen wird zu sublimieren, greift er gerne zu
Horrorcomics und Actionpuppen, so auch das amerikanische Kollektivbewußtsein, wie immer
am besten zur Hauptsendezeit zu beobachten. Sex sells gar nix. Paranoia treibt die Quoten
in die Höhe, und so fürchten wir uns vor (in beliebiger Reihenfolge) dem Wetter, dem
Heimcomputer, den Chinesen, rotem Fleisch, Hühnerfleisch, nacktem Fleisch, Saddam
Husseins West Nile Virus, der Jugend, den Agnostikern, dem ersten Date, schlechter Laune,
Körpergeruch, dem Alter, der Genügsamkeit, den Kindern, der Schwäche.
Zitat des Tages: Lookin' for fun, feelin' groovy (Simon & Garfunkel).
Andrian Kreye New York, - 18.10.99 at 18:18:35
1. Letztens war es wieder soweit, ein Funktionär sagt: Autoren - ein Haufen Neurotiker!
(Die Phobie des abhängigen Kleinbürgers vor dem Selbständigen.)
2. Schöner Versuch von Diedrichsen, das Programm ohne Programm zu schreiben und den
anderen simultan Programmatik vorzuwerfen. Zärtlich. Nur so soll man reden.
3. Ich stehe daneben, als die Pressefrau, die ihren Autor "unbedingt treffen"
wollte, zum Journalisten sagt: Entschuldigen Sie, aber ich muß unseren Autor gerade mal
abfertigen. Lockeres Lachen.
Ralf Bönt, Spotendorf, - 19.10.99 at 11:03:25
1
Am Morgen des Tages, an dem er seinen Besuch ansagte, hatte sie einen Traum gehabt.
2
Traum
Sie verabschiedet sich von einer Gruppe von Menschen. Die Aufgabe ist jetzt klar, und sie
weiß, was sie zu tun hat. Also geht sie los. Ein Auto naht. Am Steuer sitzt ein Mann. Er
hält neben ihr. Sie steigt ein. Hinten rechts. Der Mann fährt sehr schnell weiter. Als
es eine Rampe emporgeht, fragt sie ihn, ob das richtig sei. Die Straße sieht sehr
unfertig aus. Nach rechts hin kurvt die Betonstrecke hoch in die Luft. Tief unter der
Baustelle liegt das Tal. Sie wundert sich, daß sie auf der Fahrt die Steigung nicht
bemerkt hat.
In dem Augenblick wird ihr bewußt, daß das Auto geradeaus fährt.
Sie stürzen hinab. Es dauert lange. Den Aufprall träumt sie nicht.
3
Am Nachmittag, als sie den Anrufbeantworter mit seiner Nachricht abgehört hatte, ging sie
Blumen kaufen. Sie wußte, daß dies nun zu tun sei. Ihr Traum fiel ihr erst später
wieder ein.
4
Diese Affäre würde stattfinden. So viel war ihr klar.
Carmen Samson Berlin, - 19.10.99 at 13:48:16
Seit Tagen laufe ich daran vorbei. Das Blut ist inzwischen getrocknet. Ein
zäher dunkler Fleck.
An jenem Morgen war es ganz frisch, naß und glänzend unter der Hauswand. Ein riesiger
Fleck.
Daneben lag eine kleine Metallleiter, an den Enden gebogen - zum Einhängen - aber wo?
An beiden gebogenen Enden auch Blut, und dicke Blutstropfen führten um die Ecke in
gleichmäßigem Abstand
die Barbararossastraße entlang bis zur Goltzstraße, wo wir die Spur verloren.
Auf dem Rückweg entdeckten die Kinder die Zähne. Zwei aneinanderhängende Vorderzähne
mit Wurzel lagen da im Blut.
Ich konnte sie davon abhalten sie einzustecken. Sie liegen immer noch da. Gleditsch- Ecke
Barbarossastraße.
Ich mußte gestern vor dem Einschlafen daran denken.
Elke Naters Berlin - 19.10.99 at 15:08:55
wenn Diedrich die großen
Begriffe verschiebt -
Wirklichkeit, Leben,
Acht geben: logo, klaro, super Idee
nur: wieso nicht neun?
fünf oder Sex?
je weniger drin,
desto Feldherr der Blick,
desto gilt es, entpuppt sich, über kurz oder lang,
desto Kampfbegriff,
wedelt, Hehl, wieder, und immer im Im -
viel kann man schreiben,
ohne zu lesen;
vieles: eher nicht.
Doch wer zahlt die Miete,
das Essen, den Wein?
vielleicht ein Artikel,
ein Theoriechen, eine von tausend,
ein kleines Ding übers - LEBEN vielleicht?
und hat Millionen Legionen hinter sich
mich letztlich, trotz allem, ja auch
KRANK
Dienstag, 19.10.1999, Berlin
Rainald Goetz - 19.10.99 at 16:09:11
Es wird weiter aufgeräumt in der Nachbarschaft. Die beiden jemenitischen Delis, in denen
man Cornflakespackungen mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum und frisches Khat kaufen
konnte, sind geschlossen. Der Besitzer des dominikanischen Delancey Car Service sitzt als
verurteilter Crackdealer im Gefängnis.
Andrian Kreye New York, - 19.10.99 at 16:11:02
ACHTUNG*ACHTUNG* ACHTUNG* ACHTUNG* ACHTUNG
Lügen - Lesung
Morgen: 20.10 um 20 Uhr Akazienbuchhandlung
Akazienstraße 26 Schöneberg Berlin
Elke Naters Berlin - 19.10.99 at 16:25:15
Komme gerade aus der Muffathalle, in der ich heute abend mit Bret Easton
Ellis gelesen habe, deshalb hier gleich noch eine WERBUNG:
Am 30.10.99 um 20:05h im Deutschlandradio STUDIO LCB, die Aufzeichnug meiner Lesung mit
Ellis im Literarischen Colloquium Berlin. An die Rundfunkgeräte!
Georg M. Oswald München, - 20.10.99 at 01:56:31
- Guten Morgen!
- Guten Morgen. Da muß man ja erst einmal verschnaufen, hier oben. Puh. Ich hab Ihnen
etwas mitgebracht. [Papier raschelt.] Sie ist schon etwas aufgegangen.
- Nein, wie wunderschön. Dieses zarte Rosa - vielen Dank. Darf ich Ihnen einen Tee
anbieten? Ach so, aber erst Ihren Mantel. So.
- Danke. Gerne einen Tee.
- Sehen Sie, dann bekommen Sie auch gleich eine Schloßführung. Hier also wäre die
Küche. Milch und Zucker?
- Gerne. Und was ist hinter der Tür da drüben?
- Das ist meine Bibliothek.
[Beginn eines Gesprächs über geistige Dinge]
- Kennen Sie eigentlich das Buch von Sebald, "Luftkrieg und Literatur"? Was Sie
neulich von der Bombennacht von Dresden erzählten, erinnert mich daran. Er beschreibt
sehr drastisch -
[Weiterführung des Gesprächs über g. D.]
- Neulich hatte ich Sorokin in der Hand, "Die Schlange". Kennen Sie das?
- Natürlich. Großartig. Ich bin überzeugt, sein Einfluß auf die Literatur, auch auf
die neuere deutsche Literatur -
[Immer noch das G. ü. g. D.. Nur hat er jetzt ihre Hand in seine genommen.]
- Sie werden ja so rot. Ist etwas nicht in Ordnung?
- Nein, nichts Schlimmes. Ich bin nur ein bißchen aufgeregt.
- Und was macht Sie so nervös?
- Ich fürchte, Sie.
[...]
- Genau. Diese Falte am Mundwinkel, wenn du lächelst. Die hab ich damals schon gemocht.
[...]
- Wenn du jetzt nicht sofort aufhörst, dann beiß ich dich.
- In Ordnung. Ich mach weiter, und du darfst beißen, soviel du willst.
[...]
- Ich glaube, deine Frau ahnt etwas.
- Wie kommst du darauf?
- Sie hat mich neulich so angeschaut. Ich weiß nicht. Irgendwie so, als wisse sie
Bescheid. Noch bevor ich es überhaupt ahnte.
[...]
- Deine Schokoladenherzen heb ich uns für nächstes Mal auf.
- Ich darf also noch einmal zu Besuch kommen?
- Unbedingt. Wir kommen ja doch nicht aneinander vorbei.
Carmen Samson Berlin, - 20.10.99 at 09:34:32
plötzlich kriegen die kranken
Notizen aus Wien
ihren Sinn
sie werden die Basis sein
meiner - Programm fürs Programmheft - kranken
Wiener Dramaturgie
heute freue ich mich wieder auf morgen
das ganze erste halbe Jahr nicht
20.10.1999, Berlin
Rainald Goetz - 20.10.99 at 16:05:05
1.
Die Herzschrittmacherhersteller haben bekräftigt, dass ihre Produkte Jahr-2000-sicher
sind, weil sie nicht datumsabhängig programmiert seien. Allein dieses Dementi sollte alle
Herzschrittmacherträger argwöhnisch werden lassen. Das wird ein spannender abend für
sie, der 31.12.99, besonders so die letzten paar Minuten vor zwölf.
2.
Aus absolut zuverlässiger Quelle weiss ich, dass Frank Schirrmacher mit Leidenschaft DOOM
spielt, stundenlang, fieberhaft, wie man das halt so macht. Vermutlich rezitiert er dabei
aus Oswald Spengler, "Der Untergang des Abendlandes".
3.
Ich will eine Antwort von Doktor Nickel auf meinen letzten Zug c2-c3.
Georg M. Oswald - 20.10.99 at 16:28:44
Ursula Döbereiner Berlin, - 20.10.99 at 17:28:41
Titelgeschichte der heutigen Village Voice: Literary Criticism's Death Rattle von
Richard B. Woodward. Leider hat er seine Argumente mit dieser sterbenslangweiligen
Ami-Objektivität zu Tode relativiert. Sein grundlegendes Argument: aus ganz banal
existentiellen Gründen trauen sich immer weniger Autoren die Bücher ihrer Kollegen zu
verreissen. Stimmt ja nun so auch wieder nicht. Mailer und Updike (obwohl die sicher keine
Existenzsorgen mehr haben) gegen Tom Wolfes grob überschätzte Airport Novel "A Man
In Full". War doch sehr amüsant. Und daheim - Biller über Lebert war auch nicht so
schlecht. Obwohl es mal wieder drei Redaktionen gebraucht hat, bis es gedruckt wurde.
Andrian Kreye New York, - 20.10.99 at 17:58:53
Die Ecke mit dem Blut und den Zähnen liegt bezeichnenderweise gegenüber dem
modernisierten Edeka-Markt, in dem zwar immer noch die bettelarmen Rentner einkaufen
gehen, nur jetzt unter Design-Halogenlampen. Sie können jetzt wählen zwischen 200
aromatischen Früchteteesorten und phantasievollem Silberschmuck zu günstigen Preisen,
der in beleuchteten Drehkästen hinter der Kasse zur Schau gestellt wird. So sieht sie aus
die Moderne in der Stadt, das ist sie, die Avantgarde der Einzelhandelsketten. Gelbes
Licht, das Brötchen noch vollmundiger aussehen lässt.
Angesichts der Zähne kann ich nicht sagen, was ich sonst gerne schenkelklatschend mit
meinem Freund Axel sage: 'Dit is Berlin'. Er steht davor, angeekelt. Gerade war er noch
ganz heiß drauf, als ich es ihm erzählte. Wir standen vor dem Hobbyshop Rüther und er
erzählte mir, daß er sich gerade wieder Giessharz gekauft hat für einen Zahn, den er
sich hat durchsägen lassen. Seinen Backenzahn, den erst neulich gezogenen. Damit man ihn
besser sieht.
Gleich auf dem Weg in die Akazienbuchhandlung werden wir wieder daran vorbeigehen. Die
Leiter wird immer noch daliegen, das Blut schwarz, unsichtbar in der frühen Dunkelheit.
S.Lager Berlin, - 20.10.99 at 18:48:47
Und, liebe Ursula Döbereiner, wir waren neulich in der Paris-Bar wegen
irgendwas, was ich gar nicht mehr genau weiss, unterschiedlicher Meinung. Wenn ich mir
aber Deine letzten beiden wiederum hinreissenden Bilder anschaue - Jens Lehmann (?), seine
Mauer dirigierend - muss ich sagen: Du hattest bestimmt in allem Recht, was Du gesagt
hast. Schönen Dank!
Georg M. Oswald Dreiviertelstunde vor Anpfiff Valencia-Bayern, live im Radio auf B5 Aktuell , - 20.10.99 at 20:08:57
Björn, tatsächlich schreibt Olle Beck solche Gedichte? Hab heute die
Beilage des Tagesspiegel gekriegt und dann gedacht, das ist doch nicht alles Quark mit dem
und daß ich doch mal ein Buch lesen möchte. Vor allem ging Meike Fessman darauf ein,
daß man anfangs keine Sorgfalt spürt - ich hab die Kampfzone nämlich schon zweimal
wieder weggelegt - und beleuchtet die angeblich unterlegte Physik auf verständige Weise.
Na, mal sehen.
Bei Hertha wünschte ich auch ein Zweieins, tippe aber auf Niederlage irgendwie seit
gestern abend.
Heute ruft ein Freund an, er hat Icks gelesen und sagt, es sei eine Liebeserklärung an
"Barbara". Nicht der Erste.
Ralf Bönt, Spotendorf, - 20.10.99 at 20:29:35
Tss, Herr Oswald! Der Torwart trägt ein Trikot, auf dem ASPIRIN steht, er
muß also von Bayer sein. Matysek, Frau Döbereiner!?
Britta Christoph Daum für Bundestrainer, BVB für immer - 21.10.99 at 08:32:09
Sehr wohl, liebe Britta, habe ich den Schriftzug ASPIRIN gesehen und
deshalb war mir klar, dass es der Torwart von Bayer Leverkusen sein muss. Ich aber habe
gedacht, Jens Lehmann IST der Torwart von Bayer Leverkusen! (JAUL!)
Aussehen tut er übrigens(der da oben, meine ich) am ehesten wie Sven Scheuer. Vielleicht
ist das überhaupt der versteckte, tiefere Sinn dieser Bilder: Sven Scheuer, der
Reha-Schläger von Regensburg, ab zu Bayer Leverkusen. Das würde helfen.
Georg M. Oswald Südkurve, - 21.10.99 at 09:04:26
1
Anrufbeantworter schienen ihm suspekt zu sein. Er hatte bislang nur eine Nachricht
hinterlassen. Nach ungefähr zehn erfolglosen Versuchen. Als es anders nicht mehr ging.
Schließlich wollte er sie besuchen.
2
Erst später kam ihr der Verdacht, daß es auch um anderes gegangen sein könnte.
Spurenlosigkeit zum Beispiel.
3
Seinen Namen sagte er nie. Ihren auch nicht.
Carmen Samson Berlin, - 21.10.99 at 09:43:35
1.
Schlimmer Streit in der Sendlinger Stadtbücherei. Ich sitze an meinem Notebook und
schreibe, da setzt sich so ein alter einarmiger Knacker in Anzug und mit Schalkrawatte
direkt mir gegenüber hin und beginnt in einem Buch über "Moderne Lokomotiven"
herumzublättern. Dabei zieht er dauernd den Rotz hoch, was mich beim Schreiben STÖRT.
Ausserdem trägt er eine Prinz-Heinrich-Mütze und einen Anstecker am Revers, auf dem eine
durchgestrichene, qualmende Zigarette abgebildet ist. Mir zuliebe biete ich dem Deppen ein
Tempo an, und was sagt der zu mir: "Sie haben wohl gar keine Manieren, wie?" Das
gibts doch gar nicht, denke ich und frage ihn: "Wollen Sie lieber eine Rauchen?"
Jetzt wird der Alte laut, ich verstehe gar nicht, was er von sich gibt, jedenfalls ist
sofort die Aufsicht da, die - ohne überhaupt zu fragen, was los ist - sofort für diesen
ARSCH Partei ergreift und mich nach einigem Hin-und-her tatsächlich HINAUSWIRFT! Aber ich
gehe sowieso. Das gibts doch gar nicht! Seinen Arm hat er vermutlich bei dem Versuch
verloren, sich eine Zigarette anzuzünden!
2.
Rainald Goetz und Elke Naters lesen beide am 27.10. um 20:00h in München - aber an
verschiedenen Orten. Das ist ein Problem. Zumindest für mich, denn ich will beide sehen.
3.
Mario Basler hat angeblich in Straubing und Landshut in zwei Nächten einmal 380.000 Mark
und einmal 180.000 Mark beim illegalen Glücksspiel verloren. Hey, Super Mario!
Georg M. Oswald München, - 21.10.99 at 12:37:46
Ich will auch zu Rainald Goetz seiner Lesung!
Elke Naters - 21.10.99 at 13:15:04
Saturn und Melancholie
Säkularisierung und Selbstbehauptung
Texte zur elektronischen Musik
Wie die Zeit vergeht
von 1956
eine Rose
von Isa Genzken
der Stuhl in Raspes Zelle
Versteck 1
steht an der Wand
Edie Sedgwick, cirka 1965, daneben
drei Fotos auf einer Seite
das Inbild
einer schönen jungen Frau
Frieda Grafe, Filmtips
am Arbeitsplatz sammeln sich Gegenstände
des Denkens, die Bücher, die Bilder
bevor ich anfange
und wenn ich fertig bin
mache ich Musik an
zur Zeit: Nightlife
von den Pet Shop Boys
happiness is an option
sie singen
Krank nickt
21.10.1999, Berlin
Rainald Goetz - 21.10.99 at 16:29:27
Ich sage zu Anton, der auf dem Klo sitzt:
"Du sollst nicht so rumschrein, wenn ich telefoniere."
Er sagt: "Wer war denn am Telefon?"
"Rainald Goetz" sag ich.
"Waas? GOTT?"
Elke Naters B. - 21.10.99 at 17:06:39
Weil ich verabredet bin, muß ich draußen warten. Und weil ich gar nicht weiß, auf
wen ich warte, muß ich mir alle Leute genau angucken. Gleich neben mir steht ein älterer
Mann, seine Haut ist großporig und rot.Ein paar Mal zieht er den Rotz hoch und eigentlich
ist es erst dieses Geräusch, mit dem er auf sich aufmerksam macht. Ich gucke vom
Tabakbeutel hoch und sehe, wie er sich den kleinen Finger in die Nase steckt. Er holt
einen sämigen Rotztropfen raus, den auf der Fingerspitze balanciert und kurz betrachtet.
Es ist mir peinlich das zu sehen und ich hoffe, daß er nicht guckt und merkt, daß ich
gucke. Ich wende mich wieder der halbfertigen Zigarette zu und sehe noch aus dem
Augenwinkel, wie er den Finger in den Mund steckt. Dann zieht er hochzufrieden seine
Prinz-Heinrich-Mütze in die Stirn. Mein Zippo schnappt zu und unvermittelt brüllt er:
"Nichtraucher-Liga München!" Ich erschrecke, die Lesung fängt gleich an. Ich
weiß nicht, auf wen ich warte.
Drinnen setze ich mich neben einen blonden Mann, der sich für meinen Geschmack etwas zu
breit macht. Hinter mir sitzt eine Frau, die einen penetranten Vanilleduft verströmt.
Vorne steigen Patchouliwolken auf. Ohgott, auf wen habe ich hier bloß gewartet. Es wird
dunkel und der Blonde lacht bei jedem zweiten Satz wissend. Die Schote hinter mir zischt
passend dazu: Sehr witzig. Oder:Was für eine kranke Scheiße. Oder: Der Typ ist doch
völlig gestört. Als es ans Fragenstellen geht, ist der Blonde ganz vorne dabei. Er winkt
herum, um auf sich aufmerksam zu machen und der Kunstlederärmel seiner Collegejacke
raschelt unangenehm an meinem Ohr. Endlich! Man bemerkt ihn und dann stellt er seine
Frage: a.) Do you find, äh, what do you find, äh, hold for more sexy: Woman or man? b.)
How came you to write? Nachdem seine Frage erschöpfend und höflich beantwortet ist, kann
auch die Frau hinter mir nicht mehr an sich halten. Ob er denn gar nichts von Liebe und
den kleinen Dingen des Alltags halte, platzt es aus ihr heraus. Sie jedenfalls werde sein
Buch ganz bestimmt nicht lesen. Ich stehe auf und gehe. Ich warte woanders weiter.
Im Café sitze ich neben einem anderen blonden Mann. Wir reden. Wir geben einander recht.
Später zahlt er alles. Ich weiß nicht, ob ich darauf gewartet habe.
Britta Hamburg, Deutschland - 21.10.99 at 18:36:20
1.
Will ich wissen WANN und von WEM und WIESO sich Moritz von Uslar LET IT ROCK auf den Arm
hat tätowieren lassen. Dies ist eine FREUNDLICHE Frage, weil ich mich für die GESCHICHTE
interessiere.
2.
Will ich, dass Rainald Goetz und Elke Naters am 27.10. ZUSAMMEN lesen, weil das sonst
nicht GEHT.
Georg M. Oswald München, - 21.10.99 at 19:07:49
Lieber Herr Oswald! Bitte, bitte: Führen Sie einen poetologischen Diskurs
mit mir.
Ich gebe zu, daß die "Nur-Geschichten-Taktik" nicht aufgegangen ist. Es ist
wohl doch interessant, wer sich wo einen grünen Schal, warum eine Collegejacke oder ein
Pferd kauft. Oder vielleicht auch, wer wem auf der Buchmesse die Hand geschüttelt,
gelangweilt ins Gesicht gegrinst hat. Und natürlich, wer alles krank ist , krank am Hals,
am Geist und an Worten. Ich gebe mich geschlagen und will jetzt Schach lernen.
Und dann möchte ich noch meine Mama in Erlangen grüßen, meinen Papa im Himmel, den
Marco, den Robert, den Folli, den Ahmet, die Cornelia, den Sven, die Elke, den Stefan, den
Guido, meinen Vermieter Mahmut Bakht, den Milenko, die Tanja, die Lori und den Sandro und
alle, die wo mich kennen und mögen. Und ich wünsch mir "Life is life" von
S.O.S.
Britta Hamburg, Deutschland - 21.10.99 at 20:07:56
1
Das erste Leuchten wich am dritten Tag von ihr. Das tat es meistens. Für fünfundsechzig
Stunden, bestenfalls siebzig taugten solche Erlebnisse. Soviel wußte sie.
In der neunundsechzigsten Stunde also begann sie, in der Schublade ihrer Erinnerung zu
kramen.
2
Die eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Das enthusiastische Rufen: "Also das
klappt morgen vormittag! Ich meld mich dann vom Flughafen aus!" Sie stellte sich ihn
vor, wie er bei dieser Nachricht ausgesehen haben würde. Er müßte, so dachte sie, ihrem
kleinen Bruder geähnelt haben, wenn der sommers aus seinem Zimmer wetzte, eine schon
saubergegriffene Münze warm in der Hand, um dem Klingeln des Eiscremeverkäufers
entgegenzulaufen und unruhig, von einem Bein auf das andere wippend, am Straßenrand zu
stehen, mit der Zunge im Mundwinkel die Möglichkeiten des nachmittäglichen Genusses
gegeneinander abwägend.
3
Gleich zu Anfang des Gesprächs hatte er einen Kinobesuch angeregt. Und Vorlesen, das
täte er auch gern.
Vor Glück hatte sie aus dem Fenster schauen müssen. Es galt jetzt, sich nicht zu
verraten. Den Atem wieder zur Ruhe zu zwingen.
4
Später, als er schon lange nicht mehr angerufen hatte, fragte sie sich, warum es gerade
dies gewesen war. Man hätte auch die Oper vorschlagen können. Ihre geheimsten Wünsche
so beim ersten Mal zu benennen, kam einer Obszönität gleich. Hatte er sie von seinem
Vorgänger erfahren? War das Losungswort weiterverraten worden?
5
Aber den Vorgänger, der zunächst ihr guter Freund und dann eine Erinnerung geworden war,
kannte er ja nicht.
Carmen Samson Berlin, - 22.10.99 at 07:43:09
Liebe Britta, Ich hab das noch nie gemacht und ich weiss auch nicht, wie
das geht, "sone Diskurse".Ich war damals ja nur sauer, dass ein paar Leute, von
denen ich mehr erwartet hätte, hier nichts oder zu wenig reingeschrieben haben. Das hat
sich mittlerweile gelegt, mir ist es jetzt nämlich wurscht. Doktor Oswald sagt: Die
Forderung nach einem poetologischen Diskurs resultiert gewöhnlich aus einer
Zwangsvorstellung, pool müsse, könne, solle oder wolle etwas anderes sein, als es ist.
Gelingt es dem Patienten, diese Zwangsvorstellung zu überwinden, fühlt er sich sofort
wesentlich besser. Er kann dann Geschichten erzählen aber muss nicht. Er kann was in den
pool schreiben aber muss nicht.
Georg M. Oswald, Gremium, - 22.10.99 at 09:44:34
Der Kanzler erhebt sich aus seinem Sessel, sieht aus dem Fenster und
steckt sich eine Zigarette in den Mund. Die beiden Männer sitzen auf der Kante des Sofas
und keiner ist schnell genug, um dem Kanzler Feuer zu geben. Der Kanzler nimmt einen
tiefen Zug und sieht die beiden scharf an. Unbehagliche Stille breitet sich aus. Der eine
Mann räuspert sich. Der Kanzler explodiert: "Dann laßt euch was einfallen,
verdammte Scheiße!" Er wedelt dicht vor den versteinerten Gesichtern der Männer mit
eng bedrucktem Papier herum. Darauf sind Balken, Kurven, Zahlen. "Gerd, deine Frau
ist am Telefon. Soll ich durchstellen?" klingt die Stimme der Sekretärin aus der
Sprechanlage. "Natürlich nicht!!" Der Kanzler drückt so fest auf den Knopf der
Sprechanlage, daß seine Gelenke ganz weiß werden. "Wir haben uns folgendes
überlegt." beginnt der eine Mann und der andere setzt fort: " Vielleicht
solltest Du ... wir brauchen eine bodenständige Sache ..." Seine Stimme erstirbt.
"Ihr Bruder ist am Telefon." Wieder die Sprechanlage "Soll ich durch-"
"Natürlich nicht!" faucht der Kanzler. "Ich wußte gar nicht, daß Du
einen Bruder hast." bemerkt der eine Mann. "Halbbruder." korrigiert der
Kanzler. "Schmarotzer, Nervensäge. Arbeitsloser Toilettentieftaucher. Ruft ständig
an, ich soll ihm einen Job besorgen. Als ob ich keine anderen Sorgen hätte."
"Nicht mehr, Kanzler." plötzlich können sich die Männer zurücklehnen und
lächeln. "Verschaff ihm einen Job und den Rest erledigen wir." "Ich ruf
gleich mal beim Kerner an." "Vergiß die Bildzeitung nicht."
Britta Hamburg, Deutschland - 22.10.99 at 14:41:15
das Alhambra: weg ist es
Gehen wie ein Depp: der Typ
der mir entgegen kommt
Text: romantische Form
die Lesung: herzlich beschwingt
durchhuschen uns sprachlich zarte Momente
am Rad dann, im Sturm: Dichtung
was ist das? warum und wozu?
ein großes Wort: Seele
weiß: ist der Name
der heutigen Rose, Christian
gewidmet, brüderlich umarmt unkrank
von krank
Freitag, 22.10.99, Berlin
Rainald Goetz - 22.10.99 at 18:18:44
Heute hat Sven die kleine Türkin dabei erwischt
- die hübscheste Tochter - wie sie den Rotz hinten hochzieht
und auf die Treppe spuckt. Die Mutter ruft strafend: DERYA.
Und wir hatten immer ihren Vater verdächtigt.
Elke Naters Berlin - 22.10.99 at 21:08:36
Herr Oswald! Jawohl. Ich nehme den Auftrag an. Hier kurz zum Wann und Wo und Warum
meiner LET IT ROCK-Tätowierung auf meinem rechten Unterarm. Grundsätzlich: Ich bin
unendlich stolz auf diese Tätowierung. Tatsächlich: stolz! Hoha! Oh ja. DAS war ein
richtige Entscheidung - die beste nach: der Grundentscheidung, dass man es (als Junge/
Mann) versuchen muss, mit einem Mädchen zusammen zu sein. Ausreden: gelten nicht. MAN
MUSS ES BITTE VERSUCHEN. In meinem Fall: Casati. Auch eine richtige Entscheidung. Weiter
im Text: Das Let it Rock entstand 1993 im Dezember in Sidney. Keine Angebergeschichte: Es
war so. Ich war da, weil ich während einer Redaktionskonferenz behauptet hatte - unter
großem Tamtam, Hallo und Huhu - Sidney sei in etwa das, was San Franzisco um 1967 war.
Einfach: Paradies. Der Platz. Da warst du damals oder eben nicht da. Wenn da, dann sahst
du Wellen, Surfer, Girls und hast dein Leben lang was zu erzählen. So. Bitte: nur so.
Frage: Bin ich Seefahrer? Biker? Skindhead? Die Frage ist: Bin ich so hart, wie ich
vorgebe, zu sein? Antwort: Du bist tätowiert, damit du an einen Moment erinnert wirst,
der MIST war. Das Tatoo ist Ausdruck und Vergebung der Sünde in einem Bild. Du lernst zu
ertragen, dass du Fehler machst.
Wo war ich jetzt? Richtig, ich war schön wirr und einsam und natürlich dauerhaft
AUFGEREGT, weil ich so unendlich weit weg von zu hause war, exakt: 18 Flugstunden, und es
so gar nicht aufging, was ich mir überlegt hatte. Sidney: kleines, mieses
Schwulettenstättchen, alles freundlich, alles doof, alles egal. Andererseits: auch eine
tolle Strafe für alle Deppeln, die glauben, Reise könne irgendetwas lösen. Gegen 14 Uhr
eines Tages hatte ich eine Verabredung mit einem Fotografen, gegen 13 Uhr 30 stand ich vor
J.J.s Tatoo-Corner. So heißt das dann eben echt. Der Tatoo-Bär malte eine
hundserbärmliche Biker-Tätowierung auf eine Kleenex-Packung. Missverständnis. So bitte
nicht, oh Gott! Ich wollte sie so Skinhead-Mod-mäßig haben, drei Worte am besten in
schöner Runen-Schrift, und ganz wichtig: die Worte untereinander. Es sollte winzig und
arm und strichlig, wie mit Kugelschreiber gemalt, aussehen, und so wurde es dann auch:
perfekt. Zwanzig Sidney-Dollar. Raus da. Dem Fotografen gegenüber am Tisch, brachen fein
die Blutrillen um die Buchstaben raus, und er: Wow! Und ich so: Yes. Haha. Hehehe ... this
is a fresh one, jajaja. Und so weiter. Casati schrieb ich aus dem zwanzigsten Stock im
Interconti Sidney ein Fax - drei Kästchen zum Ankreuzen und die Frage: Was steht,
eintätowiert, auf meinem Arm? A: Lalalalala. B: Let it rock. C: Casati forever. Sie
fand's vielleicht nicht SO lustig. Nein, die falsche Tätowierung wäre verheerend
gewesen. Und sie blieb trotzdem bei mir. Ha!
Moritz von Uslar, München - 22.10.99 at 22:27:56
Jemand erzählte mir eine lustige Begebenheit aus dem Fernsehen, die ich Ihnen nicht
vorenthalten will.
(Traumhochzeit oder sowas ähnliches mit Linda de Mol)
Separate Befragung zweier Ehegatten.
Linda: Sagen Sie doch mal, wann hatten Sie
denn zuletzt Sex?
Der Mann: Also hören Sie mal- das ist ja ganz schön intim - naja, also
schön - Freitag.
Applaus, Applaus.
Linda: Und darf ich auch noch fragen, wo?
Mann: Also wissen Sie -
Linda: Das ist eben Fernsehen....
Mann: Na gut, also - in der Küche.
Riesenapplaus!! Mann geht hinaus. Seine Frau kommt herein.
Linda: Nun wollen wir auch Sie fragen, wann Sie das letzte Mal Sex
hatten.
Frau wird rot. "Das sag ich nicht."
"Ihr Mann hats uns ja schon verraten."
"Ehrlich? Oje. Naja. Am Freitag."
Tumultartiger Applaus. Linda lächelt.
"Und verraten Sie uns auch noch wo?"
Die Frau wird KNALLROT.
"Muß ich?"
"Ist doch nur Fernsehen."
"Im Popo."
Stille. Schnitt. Werbung.
Helmut Krausser, via mail, mit Grüßen an alle - 23.10.99 at 11:41:43
Presse
Presse
Presse
Presse
fünf, sechs, sieben mal
so stehts am Zettel
ich kaufe alles
lese nichts
KRANK
abends: eine fast perverse Lust auf Bücher
morgens: brauch ich einen klaren Kopf
und oben am Himmel
ziehen die Vögel dahin im Schwarm
wie von Cord beschrieben
Samstag, 23.10.1999, Berlin
Rainald Goetz - 23.10.99 at 18:41:03
Rocketman schreit: 'Löscht die Archive! Schnell.' Eine riesige Flutwelle nähert sich der
Küste
Sailor Moon: 'Haaaa!!!' Mit einem Schwerthieb kappt sie in letzter Sekunde das Kabel zum
Computer. Die Welle schlägt über den Menschen zusammen und löst sich im gleichen Moment
auf: in Nebel.
'loop ist auch weg, sieh nur!' sagt Rocketman. Er zündet sich entspannt eine Falling Rain
an, Menthol.
'Nein sieh nur!' Das Logo erscheint noch einmal mit dem letzten Impuls der Kondensatoren.
'Es ist noch da, aber es ist anders. Alles wird anders.' Sailor Moon wirft die Haare in
den Nacken. Oben am Himmel ziehen Vögel dahin im Schwarm. Eine Schweißtropfen berührt
ihre Lippe. Sie leckt ihn. Alles wird gut.
S.V.E.N. - 24.10.99 at 01:50:50
das Wetter
in Berlin und Brandenburg
Temperatur in Berlin Tempelhof
zur Zeit 11 Grad
Südwind Stärke 2
am Nachmittag bleibt es
meist heiter und trocken
erst gegen Abend
ziehen Wolken heran
der Wind aus Süd bis Südost
frischt etwas auf
die Temperaturen erreichen
14 bis 17 Grad
in Berlin 16 Grad
die Aussichten
zum Wochenbeginn wolkig
teils auch heiter und meist trocken
es bleibt mild
die Zeit
es ist 12 Uhr 5
Radio Kultur
Berlin Mitte
Sonntag, 24.Oktober 1999
Rainald Goetz - 24.10.99 at 16:11:09
Was für eine Premiere. Der Ku Klux Klan in New York City. Fünfzehn
verschüchterte Altrassisten stehen mit ihren Spitzmützen (Masken waren verboten) vor dem
Gerichtsgebäude, klammern sich an Transparent und Flaggen. Stumm, weil sie keine
Genehmigung für einen Lautsprecher bekommen haben. Rings um den Platz zornige
Menschenmengen, Tausende rufen, brüllen, skandieren. Ein älterer Herr schmuggelt sich in
die Klangruppe, gibt einem eins aufs Maul. Blut fließt, die Einsatzpolizei stürzt sich
auf den Störenfried. Applaus, noch mehr Gebrüll. Keine Bürgerrechtsorganisation, die
nicht eine kurze Ansprache hält. Dilemma - jaja, wir sind stolz auf das Grundrecht der
Meinungsfreiheit, wir wollten dem Klan nur klarmachen, dass wir mit ihm nicht...usw.usw.
Was für ein Triumph. Für den Klan. So viel Reaktion haben sie sicherlich schon seit
Jahren nicht mehr bekommen. Man nimmt sie wieder ernst, obwohl sie doch längst zum
rechtsradikalen Trachtenverein verkommen sind.
In Pulaski, Tennessee, wo alles anfing nach dem Bürgerkrieg, machen sie es richtig. Wenn
der Klan kommt, einmal im Jahr, um seinen Gründungstag zu feiern, macht der ganze Ort
einfach dicht. Alle Geschäfte und Lokale schließen, kein Mensch auf der Straße und so
marschiert der Klan dann einsam und unbeachtet ein wenig durch die Strassen, zu Essen
kriegen sie auch nichts und dann fahren sie wieder heim.
Vorne im Pressepulk war es aber sehr nett. Viele Freunde wiedergesehen. Ron, Nina, Linda,
Gigi, Frank. Und Bruce, mit dem ich mich auf der Buchmesse mal verbrüdert habe, weil wir
herausfanden, daß wir beide Vertreter verschiedener Speedfreak-Generationen sind. Er -
New York 68. Ich - Berlin 86.
Andrian Kreye New York, - 24.10.99 at 18:41:27
Ich hasse sprachliche Ungenauigkeiten wie: DER GESTRIGE SPIELTAG. Es kann einen gestrigen
Tag geben, obwohl man besser und gerader einfach: gestern sagt. Ein Tag vergeht in 24
Stunden, darauf hat man sich geeinigt. Er endet um 0.00 Uhr. Ein Spieltag dagegen wird in
Spielen gemessen, in der ersten Bundesliga sind das neun Spiele. Ob die an einem, zwei
oder mittlerweile drei Tagen absolviert werden, spielt keine Rolle. Der Spieltag ist
beendet, wenn das neunte Spiel abgepfiffen wird. Eine merkwürdige Ausnahme bilden die
wegen schlechtem Wetter oder baufälligen Stadien verschobenen Spiele, das sind dann
"Nachholspiele vom X. Spieltag". Und auch der vorangegangene Spieltag ist kein
"gestriger" sondern der letzte oder eben der X+1. Den Borussen wird's egal
sein, die haben heute erbärmlich verloren.
Britta hat mak scharf nachgedacht, - 24.10.99 at 20:06:10
1
Am Anfang, wenige Tage nach seinem ersten Besuch, hatte sie beschlossen, ihn beim
nächsten Mal zu überraschen. Sie war damals auf einer Tagung gewesen, erinnerte sie
sich.
2
Auf die Ankündigung, er käme demnächst wieder in ihre Stadt, wollte sie gelassen
reagieren. Jedenfalls würde sie ihn siezen. Das hätte sie ohnehin lieber getan.
3
Wenn er dann ihre Dachgeschoßwohnung erreicht hätte, ließe sie ihm gerade so viel Zeit,
den Mantel auszuziehen. Später, so hatte sie sich vorgestellt, wäre nicht eindeutig
erkennbar, ob er noch vom Treppensteigen oder schon aus anderen Gründen keuchte.
4
Während sie diese Phantasie in ihr Tagebuch eintrug, schaute sie in den Spiegel über dem
Hotelzimmerschreibtisch. Die Frau mit den wirren Haaren und dem energischen Blick erkannte
sie erst wieder, als sie sich in Erinnerung rief, daß man für sie ein Einzelzimmer
gebucht hatte und sie daher allein war.
Carmen Samson Berlin, - 24.10.99 at 20:26:15
1.
Sehr, sehr schöne Tätowierungsgeschichte von Moritz von Uslar. Sogar MIT
Liebes-Happy-End. Danke.
2.
Im SZ-Extra steht: Lesung Naters, Lesung Goetz: 27.10. Im Literaturhausprogramm steht
Goetz: 28.10. Vielleicht kann ja GOTT (nach Anton) selbst mal kurz die Frage beantworten,
hier entspannt und ganz unkrank ein bisschen Werbung für sich machen und sagen, wann er
in München liest. Aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund.
3.
Britta: Der Karl Kraus der Bundesligaberichterstattung zu werden, ist eine viel hübschere
Idee, einen poetologischen Diskurs zu führen.
Georg M. Oswald - 24.10.99 at 23:20:40
"als" einen poetologischen Diskurs zu führen.
Georg M. Oswald - 25.10.99 at 00:16:34