© www.ampool.de / Archiv -> www.imloop.de

pool #14 08.09.-16.09.1999

pool #13 / pool #15

 

Bei der Geburtstagsfeier des Ministerpraesidenten und selbstverstaendlich gibt es Kava, und die anwesenden Ministerialraete und Berater spotzen den letzten Schluck stilecht ueber die Verandabalustrade in den Garten. Der Regierungssprecher sagt zu uns: You are invited to spit. Ich mag ja Laender, in denen sich prinzipiell das ganze Leben um ein Rauschmittel dreht.

Gestern den Anschlussflug verpasst und den Pilot des Kavatransporters dazu ueberredet, mich in die Hauptstadt mitzunehmen. Hach wie huebsch - die Islander bis zum Dach voller Kavasaecke, keine Belueftung, so sitzen wir im Kavanebel, und bringen den Flug mit freudig lethargischem Grinsen hinter uns.

Andrian Kreye Port Vila, Vanuatu - 08.09.99 at 06:08:41

Ich finde, wenn Einer Einem was zu sagen hat, dann soll er ihn ANRUFEN, oder ihm PERSÖNLICH schreiben, das interessiert sonst nämlich KEINEN Menschen, auch wenn er ein Schriftsteller ist und der ander auch.

Elke Naters Berlin, - 08.09.99 at 09:51:10

1
Im Oktober werde ich auf einen Ball gehen. Ich möchte dabei einen großen Auftritt haben. Zum ersten Mal seit langer Zeit lasse ich mir ein Kleid schneidern. Es wird sehr schlicht und dabei sehr auffällig. Das liegt zum einen am Stoff, der weich fällt und doch eine gewisse Steife hat. Der Mantel dazu wird aus einem gold-grün schimmernden, durchsichtigen Chiffon genäht. Mit hohem Kragen. Bis an die Augenbrauen, haben meine Schneiderin und ich beschlossen. Das ist der andere Grund.
Meine Schneiderin fragt, ob es mir sehr viel ausmachen würde, auch die Bluse auszuziehen. Dann könne sie leichter Maß nehmen. Es ist mir unangenehm, mich ihr halb bekleidet zu zeigen, obwohl ich an dem Morgen extra einen Body angezogen habe. Es ist nett, wie sie mit meiner neuen Verlegenheit umgeht, die ich selber nicht kannte.

2
Auf dem Weg die Treppe hinunter wird es mir klar. Frauenakte an den Wänden. Von ihr gemalt. Eine halbnackte Figur vor sonnengelbem Hintergrund trägt im Décolleté Kirschen. Meine Schneiderin hatte mich tief angeblickt, als ich darüber eine Bemerkung machte.

3
Später hatte sie mir ihre Stoffe gezeigt. Bestickte Seide. Brokatsamt. Handgenähte, tapisserieartige Gewebe aus kostbarem Material. Andächtig strichen unsere Finger darüber. Ich hatte mich ganz auf die Proben konzentriert.

4
Der Rauchtee war köstlich. Sie reichte ungefragt Milch dazu.

Carmen Samson Berlin, - 08.09.99 at 10:42:15

Heute am Telefon habe ich mich benommen wie zwölf, und ich ärgere mich jetzt noch darüber. Ein Mann will mich sprechen, er nennt seinen Namen, redet umständlich herum: er sitzt auf einem Filmgelände, hat die Süddeutsche Zeitung gelesen mit der Kritik über "Lügen", er ist begeistert, meint wir hätten uns viel zu sagen, kommt bald nach Berlin und möchte mit mir Kaffee trinken.
"Warum?" frage ich.
"Ich glaube aus uns könnte etwas werden", sagt er.
"äähhh, ich glaube nicht".
"warum denn nicht?"
"Das hört sich alles so - dubios (DUBIOS!) an", sage ich.
"Warum dubios? Ich bin eben nicht der Typ, der alles gleich auf den Tisch kotzt und sagt: hier ich Filmproduzent, millionenschwer."
Er sucht Autoren und möchte gerne mit mir zusammenarbeiten.
"Ach so, na dann. Rufen sie mich einfach an, wenn sie in Berlin sind". (Ich glaube sogar, wir haben uns gedutzt).
Ich erzähle Sven, von dem Telefonat, wie er gesagt hat, "ich glaube aus uns könnte etwas werden".
"Und, was hast du gesagt?" fragt Sven.
"Ich habe gesagt: junger Mann, ich habe einen Mann und zwei Kinder. VERPFEIF DICH."

Elke Naters Berlin, D - 08.09.99 at 14:45:21

Au Weia: 'In der U2 tuckern Rasta-Tanten und Bürolinge Side by Side. Die Parallelität von Trash und Money, von Bonzen- und Ranzenbackentum macht die Stadt spannender denn je.' Welche Stadt Tanja Dückers? Berlin? Die einzige Parallelität, die es hier gibt, ist die von der Stadt und von deiner Vorstellung, wie sie sein soll und wie sie im Spiegel jetzt ofenfrisch als 'New Berlin' verkauft wird.
Der Spiegel, das ist das Magazin, das man als eins der wenigen treuen Neuköllnfans bezeichnen kann. Das Spiegel-Neukölln bedient alle Klischees und Tanja Dückers den Spiegel. Oder wie war das Tanja, ich will es wirklich mal wissen. Sind solche Sätze wirklich von dir?
'Das Lebensgefühl der Teens, Twens und Young Thirts findet sich zum Beispiel in den ehemals besetzten Häusern. Ihre Bewohner sind keineswegs, wie noch in den Achzigern und zu Wendezeiten, schwarzgekleidete Polit-Rhabarberer, sondern Leute mit Sony-Discman und Blinkerturnschuhen, und ihre Buden etablieren sich zu richtigen Spaßhäusern.'
Ich hatte schon immer den Verdacht, daß da ein bleicher Zwerg in einem Verließ hockt und JEDEN Artikel auf Spiegelsprache kämmt. NACH der Schlußredaktion. Sonst wäre es doch aufgefallen. Aber es ist viel schlimmer, wahrscheinlich, die schreiben wirklich so. Haben sie dir eine Hammerpille in das Szenegesöff getan oder dich in einer 'blöden Stehlocation' zugelabert bis du nicht mehr anders konntest?
Irgendwo sitzen sie noch die die Exildeutschen, im Djungel oder auf einem versauerten Außenposten, wo sie jedes deutsche Zeitungswort verschlingen, während ihnen die Kakerlaken über die Seiten laufen und sie leise 'Deutschland' murmeln. Für sie wurde 'Das Deutschlandgefühl' geschrieben, die Titelgeschichte, das Dossier, das 'New Berlin'-Spiegelgimmick, finsterer als die Deutsche Welle früher, als sie noch die Vorstellung von Deutschland in aller Welt mit Jodelmusik versaut hat. Sie werden überrascht sein von so hart recherchierten news wie: daß die Türken in Berlin 'nicht mehr nur den Döner-Spieß drehen.'
Ach, Tanja, was zum Teufel sind 'Young Thirts'? Echt? Nein! Das IST nicht von dir, bitte!
Na ja, für 5000,-DM. Weniger? Dann hast du dich über den Tisch ziehen lassen Tanja.

Sven 'Blinkerschuh' Lager Berlin, - 08.09.99 at 15:50:47

Ursula Döbereiner, Berlin - 08.09.99 at 16:20:45

1.
Liebe Elke, so wird das nichts, mit Dir beim Film. Ein bisschen Mut zum Risiko gehört schon dazu. "Wir müssen uns mal unterhalten" klingt doch vielversprechend - als nächstes kommt dann "genaugenommen bin gar nicht ich selbst der Produzent, sondern ein Freund von mir. Aber das spielt keine Rolle, der macht was ich sage". UAAH! Wenn es wahr ist, was Filmleute so reden, sind heute alle meine Bücher verfilmt und ich sitze in meiner 100-Zimmer-Villa in Palm Springs. Elke, Du musst Dir einen Satz merken, der bei Dir ja auch wirklich zutrifft. Du musst sagen: "WENDEN SIE SICH AN MEINEN AGENTEN!"
Genau da gehört er hin der Satz. Typen von der Sorte Deines Anrufers ÜBERLEBEN diesen Satz nicht, glaub's mir, die fallen auf der Stelle tot um.
2.
Direct hit, poolmaster, target destroyed.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 08.09.99 at 17:39:56

Eines schönen Sommerabends wurde ich auf der Straße von einem fremden Mann angesprochen. Er fragte mich, ob er mich fotografieren dürfte, für seine Zeitung. Die ganze Geschichte hatte doch einen überaus windigen Titel. Und das dazugehörige Magazin berichtete auch über Themen wie »Die Gier nach Gummi«. Das wusste ich, ja. Jedoch: Ich war jung und brauchte das Geld. Und was noch viel wichtiger war: Ich war sehr betrunken. Er aber auch.
Wie dem auch sei, ich gab dem fremden Mann einfach meine Telefonnummer.
Und er rief an.
Was aber wäre nun passiert, Elke und Herr Oswalt, wenn ich ihn damals an meinen Agenten verwiesen hätte?
Gut, ich hatte damals keinen Agenten. Aber: Ich hätte auch einen Freund weniger.
Leider habe ich ihn gerade ziemlich verdrossen. Was mir sehr leid tut. Aber wer weiss - vielleicht ruft er ja wieder an.

rebecca casati münchen, deutschland - 08.09.99 at 19:08:36

Ach, Frau Casati, ich war auch mal "jung und brauchte Geld". Und so ein Produzentenheinz gab mir den Auftrag "Die Kinder der Finsternis", einen Roman, den sie vermutlich nicht kennen, zum Drehbuch umzuschreiben. Ich hab's gemacht, in wochenlanger Arbeit. Geld gab's - obwohl hoch und heilig versprochen - natürlich keines, obwohl ich jung war, und der Produzentenheinz war ein Freund einer Freundin von mir, also konnte man da nichts machen. Alle meine Freunde waren sich einig, dass das scheisse gelaufen ist, aber ich hatte eben Pech gehabt. Geschichten von der Sorte kann ich Ihnen eine Menge erzählen, und die Moral ist einfach: Jemand will etwas von dir und zwar: umsonst. Nirgends gibt es mehr von der Sorte, als in der sogenannten Filmbranche, und Buchautoren sind ihre bevorzugten Ziele. Man kann sie sich nur vom Leib halten, indem man sie an seinen Agenten oder an seinen Verlag verweist. Die seriösen wenden sich sowieso an diese Adressen, die anderen, die sich nur an einen dranhängen wollen, wird man am einfachsten los, indem man sie dorthin verweist. Das wollte ich mit meinem letzten Eintrag gesagt haben. Im übrigen würde ich es ihnen nicht übel nehmen, wenn Sie sich Mühe gäben, meinen Namen richtig zu buchstabieren.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 08.09.99 at 23:45:04

Ueberdosis, was ein Spass. Vier Schalen Kava und schon betrachtet man amuesiert seine nutzlosen Glieder, die versuchen nach dem Vollverlust der Feinmotorik noch etwas sinnvolles anzustellen. Danach entspanntes Brechen und am naechsten Morgen ist die Welt wieder in Ordnung. Schien auch nicht weiter auffaellig zu sein: "Wir brechen immer in die Hecke. Da sieht man's spaeter nicht." Na fein....

....viel Geld in der Verbindung mit dieser protestantisch-norddeutschen Leidensnummer, nach der menschliche Groesse nur durch redliche Qualen erreicht werden kann, ist uebrigens nur schwer ertraeglich, aber so ist er halt, der Weltumsegler. Da war die Erleichterung gross, nach sechs Wochen auf dem Boot von Franz zu landen, dem oesterreichischen Buschpiloten, der zusammen mit Janek aus Prag nach zwei Flaschen Rotwein Helmut-Qualtinger-Lieder gesungen hat. ...will jemand tolle Tauchgeschichten hoeren? Nein? Naja, wollte ich wahrscheinlich auch nicht.

Andrian Port Vila, Vanuatu - 09.09.99 at 07:49:35

1
Taxifahrer in Berlin.
Der erste möchte gerne mit mir plaudern. Warum er das Gefühl hat, mir die Fahrt mit leichter Konversation freundlicher gestalten zu müssen, weiß ich nicht. Er erzählt mir Witze. Sie sind tendentiell schlüpfrig und ich habe das Gefühl, ich müßte mich gegen sie wehren. Wie ich das tun kann, ist mir nicht klar. Jetzt weiß ich es: sie zu vergessen. Einer ist schon weg.

2
Der zweite fährt mich durch die Nacht. Erst zur Ausstellungseröffnung. Übrigens heißt der Veranstalter "loop". Und die Ausstellung ist schön. "Sechzehn Räume" in der Schlegelstraße 26/27. Ich weiß nicht, ob sich die Plakate in der Stadt darauf beziehen, auf unser Gästebuch oder auf noch etwas anderes.
Aber zurück zum Taxi. Mein Fahrer erzählt, er arbeite nur freitags und samstags. Ansonsten auf Bestellung. Seine Stammgäste wollen eben nur von ihm gefahren werden. Außerdem habe er derzeit viel zu tun. Er baue seine Wohnung um, immerhin 130 Quadratmeter. Wände versetzen, Türen zumauern, da komme schon was zusammen an Arbeit. Ich frage ihn, ob er denn gelernter Maurer sei. "Nee. Aba ick bin jaÎn Mann. Und Männa sinÎ ja praktisch, wa." Mein Taxifahrer versteht nicht, warum ich so anhaltend lache. Aber ich bitte ihn, mich in einer Stunde abzuholen.

3
Etwas zu früh stehe ich auf der Straße. Gehe langsam zur großen Kreuzung vor. Der Taxifahrer kommt mir entgegen, als ich zwanzig Meter weit gegangen bin. Woher ich denn gewußt hätte, daß er aus dieser Richtung in die Straße einbiegen würde? Er hätte doch auch vom anderen Ende kommen können und dann vor der Haustür warten müssen.
Ich sage ihm, ich hätte es eben gewußt. "Sie solltenÎs mal mit Lotto probiern, junge Frau."

4
Der dritte fährt mich nachhause. Ich weiß, daß ich mir etwas von ihm merken wollte, aber ich habe es wieder vergessen. Vielleicht war es auch nur seine freundliche Art. Denn ich bin, obwohl ich es nicht sein wollte, betrunken. Das merke ich später, weil ich mit schnellen, kleinen Nähmaschinenschritten die Treppe zu meiner Wohnung hinaufsteige. Im Taxi war mir das nicht so klar. Der Fahrer sprach mit mir, und ich spürte nicht die geringste Mißbilligung. Das hat mich getröstet.

Carmen Samson Berlin, - 09.09.99 at 09:45:01

Die kleine Priebe feiert ihren ihren dreizehnten Geburtstag. Ihre Titten sind inzwischen größer als die Luftballons, die früher anläßlich solcher Feierlichkeiten im Hausflur hingen.
Auf der Treppe kommt sie mir entgegen mit einer Freundin und als sie mich sieht, tut sie so, als wäre ich nicht da und schreit nur für mich durch den Hausflur: HEUTE KANN ICH SO LAUT MUSIK HÖREN WIE ICH WIIHILL. Dabei springt sie die Stufen hinunter und ihre Glocken .....
Dann ist ihr Vater so besoffen, daß er die halbe Wohnung zusammenhaut und aus der Party wird nichts. Nicht einmal Musik ist zu hören.

Ich habe mir endlich ein neues Adressbuch gekauft. Nach einigem Zögern habe ich auch die Nummer von Frau Durieux übertragen. Meine frühere Sachbearbeiterin auf dem Sozialamt.

Elke Naters Berlin, - 09.09.99 at 15:38:39

Wie gehts weiter? Das muß man sich ständig fragen. Immer. Und wovor hat man Angst, vor dem leeren Raum in den man hier hineinschreibt. Die Härte manchmal keine Antwort zu bekommen, überhaupt diese ganze Themenlosigkeit, das Unredigierte, Unabgesprochene, Plötzliche, Haltlose., das manchmal furchtbar sein kann im pool. Und reizvoll. Die Idee entwickelt sich.

Ein schnelles Medium, in dem nur langsam der Körper einer verbindenden Idee wächst.

Georg Oswald hat uns gerade gemailt, einen langen Brief, wie es im pool weitergehen soll, was er gerne anders hätte. Schreib es hier rein Georg. Zuhause bei dir ist nur der Anrufbeantworter. Den Brief, so wie er ist.

Morgen früh fahren wir zum LCB (das Literarische Colloquium Berlin, "Tunnel über der Spree", Veranstaltung zur Literatur im Netz), wo wir die Nullautoren treffen, viele andere, wo es genau darum geht. Für uns. Was ist hier möglich. Aber erst übermorgen dann geben wir vor den versammelten Schriftstellern unsere Statements ab und indem ich das schreibe versuche ich Klarheit zu erlangen. Klarheit in den Positionen.

Georg, dich habe ich schon einmal beruhigt, ungeachtet dessen wie recht du hast mit deiner Unruhe. Mit so vielen Leuten braucht es länger, da bin ich gelassen. Das Gästebuch nervt, loop, es muß anders werden. Aber es sind auch Perlen darin, die wir sonst nie gesehen hätten und es ist wie mit dem Leben: man sucht sich auch hier das Richtige heraus.
Was dafür gefunden werden muß ist: die Sprache.

Ich kenne die Furcht vor dem Belanglosen, daß was auch immer man in den pool schreibt in der Luft zu hängen scheint, man scheinbar immer nur einen weiteres Thema hinzufügt. Gar nicht weiß wo man ist. Für wen das ist. Wozu. Plötzlich fehlt einem die soziale Position, die das Netz, der pool haben soll und die man bei allen anderen Medien einzuschätzen weiß. Ein Text für eine Zeitung ist ein Text für eine Zeitung.

All das gehört dazu. Es klingt banal, es ist banal, aber das Simple ist immer das vor dem man erst einmal zurückschreckt. Dieses Medium, das Netz, der pool definiert sich über den Text und das Allerwichtigste dabei ist: Kontinuität. Die Kontinuität des eigenen Textes, nicht das kontinuierliche sich höflich Antworten. Immerwieder träume ich davon: jeder Autor steht für eine Fortsetzung, ein Beharren, eine nur auf den ersten Blick unkommunikative Sturheit.

Ich bin glücklich. Und ab und zu muß einer aufstehen, die Musik leiser drehen und fragen: Und? Alle okeh? Wie gehts weiter?

sven * lager - 10.09.99 at 00:37:15

Es war fuenf Uhr morgens und noch stockdunkel. Man konnte die Sterne nicht sehen und das war schlecht, ganz schlecht. Wir brauchten dringend Sonne. Alle sassen auf dem Rollfeld des Sportflughafens und starrten Richtung Osten. Es wurde dann einfach hell, ohne Sonnenaufgang. Ganz weich war das licht, keine Kontraste, das Grau des Rollfelds und dahinter das Gruen und darueber wieder das Grau der Wolken und dann waren da diese orangefarbenen Punkte, die auf uns zukamen. Es waren fuenf Moenche auf dem Weg in den Tempel.
Der Kameramann: "Ivah, you sure, NO SUN NO SHOOT?" Ich nicke, bin fest entschlossen. Die Stuntfahrer drehen trotzdem schon mal ein paar Runden mit den Motorraedern, zum Warmwerden, in Badelatschen und Unterhosen.
Nui haelt dann den letzten Moench der orangefarbenen Karawane an. Nimmt mich am Arm. Haelt einen Teller mit Curries und Reis in Plasticksaeckchen. Schuhe ausziehen, dem Moench nicht in die Augen sehen, ihn auf keinen Fall beruehren und die silberne Schale, eher eine Art Suppenschuessel auch nicht, wenn ich die Sachen da reinlege. Klingt einfach, klappt aber nicht. Ich sehe doch kurz auf zu ihm und er hat einen wahnsinnigen Unterbiss und sieht mir auch in die Augen, nur ganz kurz, vielleicht hat es keiner gesehen.Dann die Haende falten und mich verneigen, meinen Respekt zeigen. Ich bin nicht glaeubig, aber bei Ritualen werde ich sofort schwach.
Eine Stunde spaeter scheint genau ueber dem Rollfeld die Sonne. Nui grinst. Es klappt immer. In allen anderen Richtungen kotzt sich ein tropisches Unwetter aus. Die Rennmotorraeder rasen auf und ab, wir drehen.
Dann, noch spaeter, kreist ein kleines Sportflugzeug ueber uns. Wir stehen mitten auf dem Rollfeld, mit Equipment, Generatoren, Licht-LKWs, 30 Leute. Eigentlich ist der Flughafen heute gesperrt. Ein Thai auf einem gelben Fahrrad mit einem Pappschild FOLLOW ME radelt auf uns zu, winkt wie ein Wahnsinniger, die Maschine kommt runter, spuckt, rast auf das Equipment zu, macht dann einen kleinen Schlenker und rollt im Gras aus. Der Pilot und der Co-Pilot steigen laechelnd aus. In allen umliegenden Flughaefen war schlimmes Unwetter, sie hatten dann einfach keinen Treibstoff mehr und mussten Notlanden. Am Abend haben wir uns Geistergeschichten erzaehlt.

Eva Munz Bang Rak, Thailand - 10.09.99 at 07:21:37


Heute morgen, auf dem Rückweg vom Kinderladen, ein Traum. Habe ich gestern im Eckstein ein Magazin in der Hand gehabt? War es schon ein bißchen zerfleddert, nicht von dieser Woche, und war da ein Thierse in einer Badewanne drin? Ich habe den Text daneben angelesen, will mir scheinen, es ging um seinen Bartwuchs, ich habe schnell weitergeschlagen. Sich nicht für Politik zu interessieren ist das Eine. Damit zu kokettieren etwas ganz anderes: Dümmlich.

Sven, ich habe einen sehr ernstgemeinten Vorschlag: Jeder der im loop nicht mit einem vollen Namen zeichnet, der in der Auskunft aufrufbar ist, wird wieder gelöscht. Mich kann jeder anrufen, ja. Diese Halodris aber pupen sich in die Buxe, wenn sie was reinschreiben, und haben keine Ahnung, was stellen heißt. Das ist ärgerlich gerade dann, wenn ein Text im loop gut ist.
Dann gibt es noch ein Problem: Wenn man hier immer angibt, was man sonst noch so redet, der hat gerade in ein mail geschickt etc., kann der Autor der mail nicht mehr selbst entscheiden, wann etwas öffentlich ist und wann nicht. Das ist die Technik des Fernsehens, das immer die Kamera draufhält und später sendet, wie Du Dir die Nase putzt oder hilflos eine Erscheinung anlächelst oder sonst was. Klar geht es hier genau um diese Schnittstelle und auch darum, daß wir hier sowas machen. Aber das ist natürlich auch so herum heikel.
Ich habe schon eine Menge Spaß hier am Schirm gehabt und auch daran, daß man seine Abendgarderobe kaum mehr anlegen kann, ohne auf den Pool angesprochen zu werden.

Ralf Bönt, wieder in Berlin, - 10.09.99 at 10:51:43

voll verklickert hier pool-loop, kannst das andre auch löschen, Sven. merci

RB - 10.09.99 at 10:54:08

auf den Berliner Seiten der FAZ heute: pool. #

Ralf Bönt Berlin, - 10.09.99 at 12:48:17

Liebe Elke, lieber Sven. Nochwas: nachdem ich gerade wieder in den pool geschaut habe, bin ich wirklich sauer. Im loop schreiben die Deppen, in pool schreibt keiner mehr.
Ich habe gerade einen Artikel für die SZ fertig geschrieben, in dem es um Literatur und Internet geht und habe pool zusammen mit Null und Goetz' "Abfall" für wichtig erklärt. Ich glaube, dass pool ein exzellentes Forum für Autoren sein könnte, die verstehen es zu nutzen und es nutzen wollen. Es freut mich, dass Euch Heiners Seite mit unserem kleinen Briefwechsel gefällt. Ich erwähne ihn hier, weil er ziemlich genau so funktioniert, wie ich mir pool immer vorgestellt habe und wie es in Ansätzen einmal funktioniert hat.
Der besondere Reiz an pool wäre dann die Vielstimmigkeit. Warum funktioniert es jetzt nicht mehr?
Ich glaube, es liegt daran, dass viele der Teilnehmer einfach gar keine Idee entwickelt haben, was ihre Schreiberei hier soll. Sie finden sich toll, weil sie dabei sind und mehr fällt ihnen dazu nicht ein. Kurz, es fehlt ihnen - ich meine das wörtlich - am nötigen Ernst. Jawohl Ernst. Für mich ist Literatur eine ernste Sache. Es gäbe soviele wichtige Dinge, die in pool zum Gegenstand gemacht werden könnten, aber das würde voraussetzen, dass sich die Herrschaften nicht zu fein zum nachdenken sind. Nur wenn in pool ein Diskurs zustandekommt, wie er in Ansätzen ja einmal da war, in dem es letztlich um poetologische Fragen gehen muss, wird das auf Dauer spannend bleiben.
Ich kenne Maike Wetzel nicht, aber ihre Haltung scheint mir paradigmatisch. Sie hat offenbar wirklich geglaubt, weil sie einen Buchvertrag hat und an der Filmhochschule studiert, genüge es, hier Miszellen aus ihrem schönen, reichen, berühmten Leben zum besten zu geben. Aber das genügt eben nicht. Wenn pool als literarisches Projekt nicht gestorben sein soll, sondern die Bedeutung erlangen soll, die es als Idee eigentlich verdient, dann müssen andere Leute her.
Thomas Hettche hat mich neulich zu Null eingeladen. Ich mache gerne mit, weil ich aus Prinzip jedes dieser Internetprojekte gut finde. Es war noch nie so einfach für Autoren, sich zu vernetzen. Allerdings höre ich von den meisten Null-Autoren, mit denen ich rede übereinstimmend die Einschätzung: In Null ist derzeit nix los.
An dieser Stelle frage ich mich grundsätzlich. Wollen die Autoren nicht oder können sie nicht?
Für mich haben diese Internet-Projekte nur einen Sinn, wenn sie Forum eines poetologischen Diskurses sind. Wenn die anderen das nicht wollen, kann ich mich getrost ausklinken. Ich will mich aber eben gerade nicht ausklinken, sondern einklinken. Und dass das geht, sehe ich ja etwa bei der Sache mit Link oder der Sache zwischen Link und Niemann. Also:
1. loop zumachen
2. Leute aus pool rausschmeissen, die nichts mehr schreiben.
3. Die anderen fragen, was sie von pool wollen, was sie sich davon versprechen.
Und wer keine gescheite Antwort gibt, fliegt raus. Meinetwegen nach Abstimmung.
Das sind meine Vorschläge. Tut mir leid, dass ich jetzt so ausführlich geworden bin, aber es wäre wirklich schade drum.
Was meint ihr?
Georg

per mail von georg oswald am Donnerstag, 9. September 1999 23:19, - 10.09.99 at 22:55:15

Herr OSWALD! OSWALD! OSWALD! Ich entschuldige mich, dass ich IHren Namen falsch geschrieben habe.

rebecca casati münchen, deutschland - 11.09.99 at 07:33:44

Ich moechte nicht, dass jemand, der "Poetologische Diskurse" schreibt und fuer den das auch wichtig ist, ueber mich abstimmt. Ich moechte nicht darueber diskutieren, was Thomas Hettche gut findet. Ich moechte nicht darueber nachdenken, was die anderen Leute im Pool alles falsch machen, wer schlecht schreibt, wer wochenlang gar nicht. Ich moechte auch nicht darueber nachdenken, welche Autoren zum Verlassen des Pools selektiert werden muessen. Vor allem: Ich diskutiere doch nicht. Ich stelle doch nichts zur Diskussion. Ich lasse mir doch von Ihnen, Herr Oswald, auf die falsche Antwort an der Rampe keinen Genickschuss geben.

Christian Kracht Vientiane, Laos - 11.09.99 at 07:40:19

Rebecca.

Christian Kracht Vientiane, Laos - 11.09.99 at 07:47:40


Ha! Passiert mal was hier in der Kiste. Ich im loop am scrollen, da taucht eine Anrede an mich auf, okay. Antwort auf meinen Anschiß an die Leute, die hier rumblasen und auf den Lesungen sich keine Fragen zu stellen trauen. Ziemlich avanciert allerdings, kommt der Kerl gleich mit der Polis, die offenbar anerkannte, daß das Wort allein nicht zählt, sondern ist, was der Mathematiker eine Abbildung nennt: Es geht von wo nach wo. Der loopist meints aber nicht so. Klar kann ich hier Bärbel drunter schreiben und schon glauben die Leute, ich sei potentiell zu was nütze. Zum reinen blödeln ist mir das Internet zu teuer. Da geh ich lieber in die luna bar oder mit meinem Sohn auf den Kolle. Es ist ja auch nicht gleich ein geschlossenes System, wenn man sich traut zu sagen, ich bin der Hugo aus der Dingsbums Straße und lebe auf dem Land. Ein geschlossenes System wär - wegen der Entropie! - eh weniger interessant.

Aber nun: Pop-ästhetisches L'art pour l'art. Martin Hielscher, was sagst Du dazu, wenn hier jemand in einer Wendung wie Gerd Müller die neue Ideologie auf ihren selbst erkorenen Erzfeind zurückführt? Ich bin ja froh, daß wir, was seit Deinem fauxpas mit der Anthologie mit dem Kater nicht möglich war, wieder vernünftig miteinander reden können. So würde ich gern was dazu hören. Oder wir lassen das als Abschlußwort stehen und allesamt Literatur Literatur sein.

Ich scrolle also weiter und dann echte Freude: Ingo Jacobs, der einzige Lyriker neben Papenfuß, Braun und Rühmkorf, den ich je ernsthaft gelesen habe. Ja, hallo! Hast Du Dich damals geziert, als ich paar Sachen drucken wollte! Die "Konzepte" schlummern, ich hab Familie und echte Arbeit haben alle anderen damals gescheut. Aber das kann sich ändern, wo wir jetzt an den Fleischtöpfen hocken.

Ich bitte höflich um Einladung von Herrn Jacobs! Köln ist eh unterrepräsentiert.

Georg, das mit dem Diskurs - vielleicht könnens wir auch mal schlichter Gespräch nennen - geht prinzipiell schon. Aber die Verluste sind hier notwendig hoch, man schreibt schnell, unkorrigiert und, wollen wir nicht vergessen: unbezahlt. Null ist doch gerade daran eingangen, daß Meinecke anfing an der Stelle über den Krieg zu reden und sich dann in eine Diskussion über Suhrkamp-Existenzen ziehen läßt. Viel schlimmer gehtâs ja nicht. Nach Leander Scholz' Beitrag dazu hätte man Null konsequenterweiser dicht machen müssen. Eine derart ERNSThafte Diskussion (Krieg) benötigt auch die Aura der Ernsthaftigkeit und die hast von taz bis faz, aber nicht hier. Auch hier greift der Entropiesatz über eine Herausgeberschaft, wie ich damals bei Ohler argumentierte.
Nun siehst Du, daß schon diese Antwort nicht mehr ins Netz paßt: viel zu lang. Und das alles gilt auch für Niemann und Link, es soll sehr gediegen sein, das Thema ernst, aber man liest schnelle Texte mit einer unsäglich schlechten Ökonomie und wünscht sich ein Band in der edition suhrkamp oder serie piper, wenns denn sein soll.
Natürlich müssen wir hier nicht über smartfaces reden oder darauf antworten. Aber für mich ist es wichtig, unser Gespräch zu zeigen: z.B. zu sagen: "Die Fernsehleute haben in der Regel Angst vor Autoren, hallo 3sat-Redaktion, hätte nicht so blöd laufen müssen." Oder: "Auf den nächsten Bayrischen Literaturtagen wird gezahlt, bitte."

Ich muß jetzt aus terminlichen, familiären und finanziellen Gründen aufhören, aber auch aus solchen des Formats.

Suse aus NY: Könnten Sie mir bitte mal ein mail an blumu99@aol.com schicken. Ich möchte Sie mit einem Projekt bekannt machen. Danke.

Ralf Bönt Berlin, - 11.09.99 at 14:46:59

Aber Herr Kracht. Ich habe weder die Absicht mit Ihnen zu diskutieren, noch sie zu erschiessen. Aber es würde mich und sicher auch einige Leser hier erfreuen, etwas über Ihre Arbeit zu erfahren. Vermutlich werden Sie antworten: Mein Werk spricht für sich. Tut es, gewiss. Doch darüber hinaus hätte ich gerne gewusst: Was bewegt den Dichter bei seiner Arbeit? Ich weiss, diese Frage betrachten Sie als Majestätsbeleidigung. Aber wenn Sie dazu nichts sagen wollen - warum schreiben Sie dann im pool? Die Frage geht an alle.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 11.09.99 at 17:24:37

Jörg Magenau: Sie sind ein Arschloch.
Zu erschöpft, zu viel geärgert, zuviel geredet. Müde. Nur das noch:
"Eva Munz berichtete, dass sie gemeinsam mit einer gewissen Barbara im Räumungsverkauf in Kreuzberg zwei identische Herrenunterhemden in Grau erstand", schreiben Sie am 10 Sept. in der FAZ.
KREUZBERG! Lesen Sie die Texte, über die sie herziehen, dann fangen Sie vielleicht an zu verstehen.
Der Ausverkauf war ein Räumungsverkauf bei KRAMBERG. Das sollte Ihnen ein Begriff sein, wenn Sie für die Berlin Beilage der FAZ schreiben. Der Punkt dieser Geschichte war die anstehende Arbeitslosigkeit der Verkäuferinnen, die in einem gewissen Spannungsverhältnis zu dem Ort steht, an dem sie bisher gearbeitet haben.
Nicht UNS ist die "Literatur zu anstrengend", sondern IHNEN ist es zu anstrengend zu lesen.
Das müssen Sie auch nicht. Aber dann lassen Sie es einfach bleiben und schreiben Sie nicht unqualifizierte Kritiken über etwas, was Sie nicht verstehen. Wenn es Ihnen zu anstrengend ist zu denken.

Elke Naters aus ihrer Berliner Wohnung, - 11.09.99 at 23:34:23

Mist, zu müde. In der Kritik stand: "AUSverkauf in Kreuzberg".

Elke Naters - 11.09.99 at 23:47:20

 

Lieber Georg,
Liebe Sinnstiftler,

Darf man Sätze mit `Und´ beginnen lassen?
Sind Metaphern okay?
Soll man stets kurze Sätze machen oder auch mal Kommas setzen, obwohl die einzelnen Sätze, weder gemeinsamen Held noch Handlung haben?
Soll man in einer Geschichte den Ausgang schon andeuten? Wird es dann spannender?
Wie kommt man von einer einer ausführlich geschriebenen Szene zur Ruhe? Beginnt man einfach ein neues Kapitel oder fügt eine Naturbeschreibung ein oder sagte: `14 Tage später hatte ich Durchfall.´?

Ich weiss nicht, ob aus solchen poetologischen Diskursen was vernünftiges rauskommt (gibt es Protokolle der Gruppe 47? Interessiert die jemand?) Aber ist unser Reden nicht schon die ganze Zeit ein poetologischer Diskurs? Stehen wir nicht alle auf der Party namens pool mit unseren schönen Sätzen in der Hand, jeder auf einer Insel, dazwischen Erdbebenspalten? Alle gut anzusehen und ein wenig einsam. Neue Stimmen tauchen auf man spürt die Spannungen zwischen den Autoren, es britzelt und funkt ein wenig, aber man bleibt doch höflich. Manchmal, wenn es langweilig wird, rumpelt jemand, lässt eine Bierflasche fallen -fordert Kommunikation, Paradigmenwechsel und Idiosynkrasie.
Ist doch alles super. Was haben wir nicht alles auf der Party erlebt. Einen Hochstapler. Eine schüchterne Liebesgeschichte. Abenteurer, die in der Südsee Kava kauen. Eine Autorin unter Reality-schock. Um manche Gäste breitet sich ein unangenehmes Schweigen aus. Komplimente von schönen Frauen. Drehberichte aus Bangkok. Merkwürdige Monologe. Brabbel-Manifeste. Agenten, Verleger, Redakteure stehen draussen an, weil es drinnen authentisch zugeht. Klar müssen Redakteure darüber stehen, das kritisch sehen, das ist schon genetisch festgelegt.

Lorenz Schröter Berlin, - 12.09.99 at 10:53:42

Jörg Magenau kennt uns gar nicht. Er steht da an dem Morgen, an dem wir zum Literarischen Colloquium gefahren sind, nicht nur um über die Ästhetik der Netzliteratur zu reden. Weiter unten steht der Wannsee, still, in einem schimmernden blau und die ersten Segel neigen sich in den Morgen.

Aber Elke steht vor Jörg Magenau und zittert. Vor Wut. Ich mußte sie schon die ganze Fahrt in der S-Bahn über davon abhalten in Tränen auszubrechen. Es war der Freitag und auf den Berliner Seiten der FAZ stand dieser Artikel, auf der ersten Seite. Der Artikel fängt an mit 'Elke Naters will heute nicht kommen', komischerweise steht sie jetzt aber doch vor ihm. Es ist ein dämlicher 'opener' für einen Artikel, der eigentlich auf die Veranstaltung im LCB hinweisen will. Elkes 'opener' ist es ihn anzuschreien. Am frühen Morgen. Da werden auch die anderen unruhig und das komische ist, daß Jörg Magenau die ganze Aufregung nicht versteht.

'Wer sagt denn, daß ich sie nicht mag, ich habe sogar ihr Buch zuhause stehen' sagt er und es würde mich nicht wundern wenn es ein Gratis-Leseexemplar ist. Ich sage nichts über seine Erscheinung, es gehört hier nicht hin. Es gibt nur wenige Menschen, die mir auf Dauer unsymphatisch sind. Im 'Abfall für Alle ' ist er schon verewigt.

An diesem Morgen kommt also Ulrich Janetzki, der Leiter des LCB, über die Steintreppe zu unserem Tisch mit einem Papier, an dessen verschmierter Schwärze das absolut dringende Fax zu erkennen ist. Es ist der Artikel, in dem Elke zitiert wird, wie unverschämt sie es fand, daß das LCB ihren Namen nicht richtig schreiben kann. Und das ist genau die Peinlichkeit, die Jörg Magenau haben wollte. Er steht noch unerkannt daneben und tut so als wäre er nur einer der zufällig anwesenden Journalisten.

Als Elke vor ihm steht, kann er nicht viel sagen. Dann sagt er es.' Aber das wollen sie doch, die Öffentlichkeit.' Ich kann Elke nur mit Mühe von ihm abhalten. Genau das ist es, und das ist jetzt an alle Jörg Magenaus da draußen, wir sind öffentlich, und wir setzten auf eine Offenheit, um sich derer zu bedienen erst recht die erste Journalistenregel gilt: 'Zitiere nur im Zusammenhang', denn womit Elke zitiert wird ist nur ein Teil einer hier so unverschämt versimpelten Auseinandersetzung mit dem Thema. Mit dem Thema Netzliteratur, ob sowas geht oder nicht und das wir nach diesen übrigens sehr guten zwei Tagen im LCB selbst viel besser verstanden haben.

Ihr größter Fehler, Jörg Magenau, war es solch eine Äusserlichkeit herauszunehmen, nur um damit den Inhalt, das Wichtige, das Thema zu diskreditieren. Tschau.

Und das Schlimme daran ist, daß wir uns deswegen auch vorrangig mit so einem Blödsinn befassen müssen, statt das Beste aus den zwei Tagen zu erzählen.
(Noch schlimmer, ich muß diesen auch noch Artikel ABSCHREIBEN, für unser Archiv. Aber erst heute Abend. Wir gehen jetzt definitif raus in den Sommersonntag)
Am Dienstag erscheint in der FAZ Berlinbeilage eine Gegendarstellung.

*Ich möchte es doch noch erwähnen: pool ist einen entscheidenen Schritt weitergekommen.
Burkhard Spinnen wird uns darüber schreiben, wie er pool sieht und er hat die Einladung angenommen.

Sven Lager in Berlin, - 12.09.99 at 11:21:21

Noch was, auch zu dem FAZ Artikel und um das künftig zu vermeiden: Bitte ziehen Sie sie nicht einfach eine Zeichnung aus dem Pool, das sieht ja schrecklich aus. Schon der Vergleich zu der Bildschirmdarstellung im Pool hätte Sie stoppen müßen. Falls Ihnen einmal das Original zu Gesicht kommt werden Sie meinen Ärger verstehen und sich hoffentlich schämen. Mailen Sie einfach an Pool oder rufen Sie mich an und Sie bekommen die Zeichnung in zeitungstauglicher Auflösung zugeschickt, da muß dann auch nicht die Kontur nachgestrichelt werden. Das geht sicher schneller und sieht auch schöner aus.

Ursula Döbereiner Berlin, - - 12.09.99 at 12:28:47

Ich fände es sehr schade, den loop »zuzumachen«. Ich finde den »loop« großartig.
Sehr schade auch, Leute aus pool rauszuschmeissen, die nichts oder wenig schreiben.
Ein Jammer, Herr Oswald, wenn Sie sich ausklinkten. Es ist doch so: Nicht jeder ist interessiert daran, zu formulieren, was ihn zum Formulieren treibt. Das hat viel weniger mit Ignoranz zu tun, als Sie offenbar meinen. Sondern mit Stilempfinden, von dem ja auch Sie eine Menge haben.
Sie scheinen zu glauben, wir würden diesen Platz missbrauchen. Oder missachten. Bzw. fühlen Sie sich nicht ganz aufgehoben. Für Sie scheint der Eindruck entstanden zu sein, die Schreiber hier würden zu wenig oder zu wenig zielgerichtet schreiben. Und dass wir alle dasselbe Ziel verfolgen sollten wie Sie.
Was bewegt den Dichter bei seiner Arbeit - interessiert Sie das denn wirklich? Ich meine: WIRKLICH? Von dieser Sorte ist Ihre Neugier? Sind Sie auch beruhigter, wenn Sie die Erläuterungen zu einem Roman gelesen haben? Oder »The making ofá« zum Film gesehen haben?
Ich weiss nicht. Ich hasse Making of's. Ich finde sie überflüssig, weil: die Antworten sind ja oft viel langweiliger als die Fragen.
Auf jeden Fall würde ich Ihnen auch wieder mit einer Frage antworten: Sind es nicht die Fragen, die einen zum Formulieren treiben? Ja, reicht denn das zum Schreiben, und zum Mitschreiben? Ist das Literatur? Ist diese Einstellung nun gescheit? War diese Antwort gescheit? Und: Ist irgendjemand dadurch gescheiter geworden?
Also, Herr Oswald, eben diese Auseinandersetzung ist das, was ich mir vom Pool erhoffe. Aber auch nicht dauernd.

rebecca casati münchen, deutschland - 12.09.99 at 15:01:45

 

Soziale Probleme zum Nutzen der Menschheit: allgemeine Wohnraumnot fuehrt hier nun schon seit Jahrzehnten zur Entwicklung von huebschen Geraeten im Kleinstformat. Und die wollen wir natuerlich alle haben. Hat jemand den ersten Walkman aufgehoben? Der in dem schicken Gruen mit den zwei Kopfhoerereingaengen und dem Mikrofon, ueber das man sich beim gemeinsamen Abhoeren von Kassetten verstaendigen konnte? Was das nun wieder fuer ein Denkfehler war, in vollkommener Verkennung menschlicher Verhaltensweisen und Ueberschaetzung der allgemeinen Bereitschaft zur Adaption von technischen Geraeten.... Wuerde man sich hier nur nicht so unwuerdig fuehlen, mit seiner Weichwaehrung aus den unterentwickelten Regionen uebelriechender Langnasen.

andrian kreye per mail aus tokyo, - 13.09.99 at 00:22:41

 

Zum Verständnis meines letzten Textes für alle Nicht-Berliner:
KRAMBERG ist ein höchst-exclusives und traditionsreiches Bekleidungsgeschäft.
KREUZBERG ist ein heruntergekommener Stadtteil.

Elke Naters Schöneberg, Berlin - 13.09.99 at 09:45:26

Die Ungeduld des Schriftstellers G. Oswald (gelegentlich auch der Schriftstellerin Elke Naters) liegt darin, dass hier alle raus müssen aus ihrer Schriftsteller-Einöde. Hier: im Pool. Das erträgt er nicht. Das hat ihm vorher keiner gesagt.
Und jetzt fordert er Verbote, Regeln, den nötigen Ernst: trostlos. Das hat er doch schon in seinem kleinen Stinke-Verlag. Der Schriftsteller muss noch ertragen lernen, dass er seinen Käs nicht bis zum Ende durchkontrollieren kann. Dass ihm da einer was DAZWISCHEN tippt: Für uns Redakteure ja ein uraltes Ding. Von nichts Anderem handelt Zeitschriften-Machen: dass einem immer einer was dazischen tippt; dass es immer einer noch besser weiß; dass es die endgültige Version nicht gibt. Das haben wir ganz am Anfang gelernt. Den Schriftstellern ihre Wohlfühl-Kuschel-Nischen kaputthauen: hehe. Sehr schön. Auch davon handelt Pool. Auch deshalb wird aus Pool - hoffentlich! - nie ein Buch werden, wenn überhaupt: eine Zeitschrift. Wer das Verbot von Loop fordert, der hat sie - kurzerdings - nicht mehr alle. Muff!

Moritz von Uslar, München - 13.09.99 at 15:16:45

 

DER FAZ-Artikel im Pressespiegel. Heute steht da nochmal etwas über pool und LCB und morgen über pool, alles FAZ (also 3x).
Im Tagesspiegel heute auch etwas über das LCB und pool. Bald im Pressespiegel.
Yours

Sven l. * pool - 13.09.99 at 15:51:57

Als wir von diesem bewegten Wochenende zurückkamen, stand am Viktoria-Louise-Platz eine Frau ganz still im Brunnen. Da sie dabei ihre Schuhe anhatte, kam uns das merkwürdig vor und Angela sagte: "Der muß man helfen" und ging hin und half der Frau aus dem Brunnen.
Ihre Unterlippe zitterte, als wollte sie weinen, ihre Augen blickten gehetzt und sie flüsterte mir ins Ohr: "Ich will nach Hause". Wir bieten ihr an, sie mit dem Taxi zu bringen, aber ihr Zuhause ist in Rumänien. Sie hat auch ein anderes, aber da will sie nicht hin und rennt von uns weg. Die Frau ist offensichtlich verwirrt, so kann man sie nicht herumlaufen lassen. Ihr Deutsch ist gut, aber sie spricht nicht mit uns. Wir wissen keinen Rat und rufen mit schlechtem Gewissen die Polizei. Als der Wagen kommt, läuft sie auf die Polizisten zu. Ihre Fragen beantwortet sie ohne Zögern. Der Polizist sagt: "Na, dann bringen wir sie mal nachhause" und sie klettert dankbar in sein Auto.

Am Sonntag sitze ich im Park auf einem Stuhl, an den Luftballons gebunden sind und alle halten mich für die Ballonverkäuferin.
Dann kommt tatsächlich Frau Durieux vorbei, meine ehemalige Sachbearbeiterin aus dem Jugendamt, deren Telefonnummer ich neulich in mein Adressbuch übertragen habe. Wenn man vom Teufel spricht. Aber Frau Durieux ist ein Engel. Sie freut sich sehr uns zu sehen und sagt:
"Also neulich les ick dit im Tagesspiegel über sie: Bachmann goes Pop, det fand ick ja so toll, also da hab ick direkt Gänsehaut jekriegt. Den Artikel hab ick dann ausjeschnitten und - det is jetz weniger geschmackvoll- hinten in ihre Akte einjeklebt"

Elke Naters Berlin, - 13.09.99 at 19:06:52

Puh. Über das pool nachzudenken und ö schlimmer noch ö zu schreiben, lieber Georg M. Oswald, kann einem richtig den Tag verderben. Es war anstrengend. Erleichtertes Aufseufzen nach getaner Arbeit.

Zuallererstens, weil der Text wirklich morgen in der FAZ erscheint. Phew. Schreiben für eine Zeitung ist ja noch mal was ganz anderes. Mein Respekt an alle Journalisten da draußen.

Zweitens, weil ich mir damit wohl nach Ihren Kriterien ein gewisses Bleiberecht erworben habe. Ich schreibe im pool, und ich bleibe im pool. FürÎs erste. Weil ich darüber nachgedacht habe, warum es hier schön ist. Warum ich Netzliteratur so spannend finde. Können Sie morgen nachlesen. So hatten Sie sich das doch gedacht, oder?

Drittens, weil dann vielleicht mal einer hier reagiert. Lieber Lorenz Schröter, das waren doch Sie mit der schönen pool-Party-Metapher? Und dem unangenehmen Schweigen um manche Gäste? Ich wäre jetzt gerne nicht mehr eine von denen. Die einzige, die hier mal mit mir geredet hat, ist Maike Wetzel, und das auch nur zum Tschüß-Sagen. Und natürlich Elke Naters, aber die hat mich schließlich auch eingeladen. Gastgeber sind zu derlei verpflichtet.

Viertens, weil mir selber klarer geworden ist, was ich mir von pool wünsche: Eigenständige Texte, aber im Kontakt. Damit meine ich nicht Auseinandersetzungen um Krawatten oder Literaturpreise, so erheiternd sie auch sein mögen. Sondern das Aufgreifen eines Motivs, zum Beispiel. Was mir letzte Woche so toll gefallen hat: das Bild von Antje Dorn, 1. September 00:28:17. Vom leeren pool, nachdem es tagelang nur tröpfelweise Texte gab. So was.

Fünftens, weil ich Ihnen jetzt zustimmen möchte, liebe Rebecca Casati. "The Making of" ist was fürchterliches. Und ich kann nicht finden, daß Fragen technischer Art hier von allgemeinem Interesse sind. Sollen die Sätze mit "Und" anfangen oder nicht, Cliffhanger am Kapitelende oder Naturbeschreibungen -- es ist mir egal. Das ist hier kein Schreib-Workshop.

Sondern ein Forum.

Carmen Samson Berlin, - 13.09.99 at 20:54:30

Lieber Lorenz, genau so, wie Du den pool beschreibst, gefällt mir der pool. Deshalb habe ich eine Bierflasche fallen lassen, wie Du das nennst. Herr Kracht hat den Aufschlag für einen Genickschuss gehalten. Aber es war nur ein böser Traum. Schlafen Sie weiter.
Frau Casati, ich sprach von poetologischem Diskurs, Sie von "Making-of"-Filmen. Das ist nicht dasselbe. Ich wollte wissen, was pool für seine Teilnehmer darstellt, was sie sich davon versprechen. Darauf eine Antwort zu geben, wäre kein Stilbruch, das ginge relativ entspannt.
Aber Herr von Uslar, Sie haben ja gar nichts begriffen. Ich sagte doch gerade, dass alle herauskommen sollen, aus ihrer Schriftsteller-Einöde, wenigstens, wenn sie im pool schreiben. Viel mehr muss dazwischen getippt werden. Noch viel mehr als beim drögen "Zeitschriften-Machen". Pool ist mir viel zu sehr eine "Wohlfühl-Kuschel-Nische" für Schriftsteller. Mehr Muff!Muff!BRABRA! Verstehen Sie? Ich glaube nicht.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 13.09.99 at 21:52:13

Danke, liebe Carmen Samson! Genau díese Überlegungen, die Sie da eben angestellt haben, sind die, um die es mir geht! Offenbar habe ich mich doch nicht ganz so unverständlich ausgedrückt. Und Ihr Beitrag endet mit dem - für mich zumindest - entscheidenden Wort: "Forum". Hängen auf einem Forum vielleicht alle in der Ecke und sagen gar nichts oder murmeln vor sich hin? Doch wohl kaum! Ich wünschte mir, dass hier ein bisschen mehr gestritten würde, dass man sich ein bisschen weniger einig wäre in der Betrachtung und Bewertung des pools und der Beiträge darin.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 13.09.99 at 22:08:17

1. Der beste poetologische Diskurs ist konkret.
2. Die beste Antwort eine Erzählung.
3. Auch die, die schweigen sagen etwas: sie lesen.
7. Schreiben ist leichter als Leben.
8. Antworten leichter als Machen.
11. Wenn ich denke wieviele Jahre es dunkel war; es ist nicht nur das Licht des Monitors jetzt, wenn ich pool lese.

Sven. Lager. * * *, - 14.09.99 at 00:33:41

Das Gute am Künstler: Er handelt auf eigene Rechnung. Daher meine Berufswahl.

Mraio "Ralf" Basler Berlin, - 14.09.99 at 00:35:18

Heute "Süddeutsche Zeitung" kaufen. Leitartikel im Feuilleton von Hans-Peter Kunisch über "Pools, Positionen". Grossartig! Genau so!

Georg M. Oswald München, Deutschland - 14.09.99 at 08:37:05

Never explain.
Work.
& Shop.
Until you drop
Also jetzt mal ran an die Tasten und her mit den Naturbeschreibungen und falschen Tagebüchern.
Schade, CARMEN SAMSON, dass Sie gar kein Boxenluder sind, sondern schüchtern (wenn alle Menschen wirklich so schüchtern wären, wie sie sagen, wäre die Menschheit schon längst ausgestorben). Keine Angst, Carmen, um ihre Geschichte breitet sich keine peinlich berührte Stille aus. Aber vielleicht ist pool nicht der richtige Ort, um so von Mensch zu Mensch zu reden, denn wir sind ja so was wie öffentlich und demnächst gibts sicher mal ne Party, gell E&S;, so ne gute Bottle Party, wo jeder Nudelsalat mitbringt und dann trinken wir Bier und moussiereenden Weisswein und zeigen unsere Ex Libris Sammlung. Na, und dann stellen wir mal fest, wer der Schönste und die Schüchternste von uns allen ist und wer die meisten Punkte auf der Krawatte hat.
Aber jetzt Themenwechsel, weitermachen.
Write on, sister.
(Vielleicht sollten wir mal alle in englisch schreiben? Das wäre sicher lustig)

Lorenz Berlin, - 14.09.99 at 10:28:38

Genau, auch von mir Zustimmung. Aber ein Einwand wiederholt: der ungezügelte dirty talk von Krausser und Meinecke zu einem solchen Thema ist nicht in Ordnung. Schließlich hat das keinerlei Beitrag zur Kriegsdebatte gebracht. Diese wird schließlich nicht um ihrer selbst willen geführt, und wenn dann tut das weh. Der Seelenzustand einzelner Dichter anhand eines Krieges interessiert mich wenig. Es gibt eine Generation, deren Geschichte mit dem Ende der Nachkriegszeit markiert sein wird. Sie diskutiert gerade sehr viel über Netze, Texte und Autorentreffen. Vielleicht kommen wir noch drüber hinaus.

Ralf Bönt Berlin, - 14.09.99 at 10:37:08

"Die Amerikaner lernen ja nicht denken", sagt mir einer beim Abendessen, als sei das eine Selbstverständlichkeit, die wir nun wirklich nicht mehr diskutieren müßten. Ich beschließe, einmal nicht höflich zu sein: "Mit Verlaub, das ist schlicht und ergreifend Quatsch." Der Mann, der gerne mein Gesprächspartner wäre, richtet sich im Stuhl auf. Er hätte schließlich in Amerika studiert. Und im übrigen lohne sich eine weitere Diskussion wohl kaum. Wenn wir auf dieses Niveau absänken, mit "Quatsch" und so. Ich sage, ich könnte ihm nur zustimmen. Diese Diskussion lohne wohl wirklich nicht.
Später kommt der Mann noch einmal auf mich zu. Von meinen Verbindungen nach Amerika hätte er nicht gewußt. Und meine Mutter hätte er bestimmt nicht beleidigen wollen. Ich warte eigentlich auf den Zusatz: "und dich natürlich auch nicht." Der Satz fällt nicht.
Noch später befindet er, wenn wir uns erst einmal über das Denken an sich unterhielten, kämen wir bestimmt zu einer gemeinsamen Meinung. Ich lächle.

Carmen Samson Berlin, - 14.09.99 at 15:08:08

Ampool.de ist meine liebste Tageszeitung. Man blättert durch, was ist geschehen, wo gab es Meldenswertes zu berichten. Da fährt ein Mann im alten Audi durch Berlin und ihm passiert etwas, das ist mein liebster Fall. Daß einer schildert, wie Vermischtes, was ihm gerade mal passiert und das auch noch sehr gut beschreiben kann. Im Idealfall etwas Unerhörtes, das Verwunderung auslöst und im Moment den Atem stocken läßt. Ich möchte auch vom Wetter unterrichtet werden, wie sieht es aus am letzten Sommertag in Brandenburg, wie traurig macht das Tief, das München von den Alpen her erreicht? Und auch den Klatsch verschlinge ich, selbst wenn ich manche Namen gar nicht kenne. Portraits zu lesen, es gehört erst recht dazu, Gesichter, rasch skizziert in Worten, in ihrer schönsten Imagination, und sicher auch die Bilder und die Zeichnungen, die feine Künstler exklusiv gestalten. Und neben Politik, den interessanten Kommentaren, darf auch das Spiel, in Worten Schach, nicht fehlen. Und den Genießern darf man auch mal Wein empfehlen, das ist nur fair, vor allem, wenn man ihn beim Nickel kauft: Ampool.de ist meine liebste Tageszeitung.

Dr. Eckhart Nickel Heidelberg, Spätsommer - 14.09.99 at 15:58:10

Liebe Carmen von Samson, Sie haben recht: Ihre Texte hat bisher immer eine Art Schweigen umgeben. In meinem Fall liegt das sicher auch daran, dass ich Sie mir gar nicht vorstellen kann. Wenn ich es aber doch tue, stelle ich mir Sie in einer dunkelrötlichen Mohairstrickjacke in Ihrer Küche sitzend, einen Mandeltee trinkend, vor. Aufgrund einer sehr seltenen Krankheit verbinde ich nämlich jedes Wort sofort mit einer Farbe oder einem Gegenstand. Und bei »Samson« denke ich an Mandeln, bei »Carmen« an dunkelrote Wolle und an einen Chor. Sollte ich da wider Erwarten richtig liegen?

rebecca casati münchen, deutschland - 14.09.99 at 17:56:50

Die drei besten Sätze des Tages:
SCROLLEN STATT GROLLEN.
(Lorenz Schröter über loop)
EY, SO GEIL ALTER, WIE MANCHE LEUTE UNTERWEGS SIND.
(Cord über Magenau, mit einem Zitat von Rainald Goetz )
I´M VERY SENSITIV. IF SOMEONE IS NEGATIVE TO ME, I GIVE IT BACK.
(Naomi Campbell über sich selbst)

Elke Naters Berlin, - 14.09.99 at 18:22:18

Lieber Dr. Nickel, der Tonfall, in dem Sie resümieren erinnert mich an das Ende vieler Don Camillo und Peppone Romane, die ich als Kind mit Begeisterung gelesen habe. Kompliment. Ich wähle die Italienische Eröffnung und setze unsere Partie, die ich sträflich vernachlässigt habe, mit Lf1-c4 fort.

Georg M. Oswald München, Deutschland - 14.09.99 at 18:58:21

 

Antje Dorn, Berlin 14.09.99 at 19:08:18

 

1
Mittagessen mit einer alten Freundin in meiner Küche. Es ist nicht ganz klar, ob sie schon zu den ehemaligen Freundinnen zu zählen ist, oder noch zu den Freundinnen, mit denen es nur gerade ein bißchen wacklig ist, oder ob sie schon eine der ehemaligen Freundinnen ist, denen ich mich derzeit wieder annähere.

2
Sie scheint meine Unsicherheit nicht zu bemerken. Munter plaudert sie. Im Hintergrund jubilieren Choräle. Leise.

3
Während ich mich darauf konzentriere, im passenden Augenblick die möglicherweise richtige Platitüde einzuwerfen, frage ich mich, warum sie meine belegte Stimme nicht bemerkt. Oder ob sie das Bemerken überspielt. Vielleicht ist sie ein besserer Mensch als ich. Oder ein hoffnungsvollerer. Denke ich, während ich fröstelnd meine Mohair-Strickjacke fester um mich ziehe. Ihre dunkle, bordeauxrote Farbe erinnert mich, daß ich Wein nachschenken muß. Das tue ich dann auch.

4
Freundlich teilt sie mir das neueste Gerücht mit: ich steckte bis zum Hals in der Scheiße. Das ist mir neu. Mein Leben hat mir in letzter Zeit eine Menge Überraschungen beschert. Durchweg angenehme.

Ebenso freundlich teile ich ihr mit, ich würde es ihr jederzeit und gerne erzählen, wenn ich in der Scheiße steckte. Nur wüßte ich leider nicht, wo die Scheiße in meinem Leben gerade liegen sollte. Ob sie mir da vielleicht weiterhelfen könne?

Ich schaue sie nicht an. Der Mandeltee schmeckt heute bitter. Darin sind wir einer Meinung.

Carmen Samson Berlin, - 14.09.99 at 23:25:42

1.) Die Dorfschule
2.) Rahm
3.) Der Orkan
4.) Warschau
5.) 1979
6.) Mandeltee
7.) Gregor Dotzauers Haare
8.) Die Kegelhofstrasse
9.) Burschikos
10.) Dill
11.) Fischer Z
12.) Johanna Adorjan
13.) Die alte Landstrasse
14.) Samen
15.) Egel
16.) Lupa
17.) Laibach
18.) Der erste Schnee
19.) Franz-Josef Wagner
20.) Die Lorelei
21.) Das Tal
22.) Der Arzt
23.) Am Rand
24.) Der Herbst
25.) Die Nacht

Christian Kracht Vientiane, Laos - 15.09.99 at 08:02:50

Liebe Carmen von Samson: Ich verstehe sehr, sehr gut.

rebecca casati münchen, deutschland - 15.09.99 at 13:52:24

Danke.

Carmen Samson Berlin, - 15.09.99 at 14:13:56

 

Ursula Döbereiner, Berlin 15.09.99 at 19:24:12

 

Christian. Wie versprochen. Du siehst ein mit zarten Pinselstrichen skizziertes, künstlerisch völlig unambitioniertes Bild. Es ist eine Ente, die sich mit ihrem Schnabel an ihrem Gefieder zu schaffen macht; ihren Kopf hat sie zu diesem Zweck um 90 Grad gedreht. Aber: nun handelt es sich hierbei um ein Vexierbild. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Entworfen von einem kleinwüchsigen glatzköpfigen Designer osteuropäischer Herkunft. Noch expliziter zu werden verbietet mir der Respekt vor der Gattung Rätsel.

rebecca casati münchen, deutschland - 16.09.99 at 01:29:30

Pop Pop Populär! Pop Pop Populär! In Charlottenburg warb ein Etablissement mit dem "erotischen Fräuleinwunder". Ist halt die Stadt der Künster hier, wa, Berlin. Bin ich froh, daß man meine Vorleistung nicht so leicht feindlich abschöpfen kann.

Ralle Bönt Berlin, - 16.09.99 at 08:59:57

Dann gibt es jetzt also eine neue Popliteratur, wie ich bei meiner Rückkehr nach Deutschland aus den diversen Feuilletonen erfahre. Und die schert sich nicht weiter um die traditionellen Ansprüche und sinnschweren Selbstumkreisungen der deutschen Literaten. Gut angezogen seien die neuen Literaten, steht da geschrieben, rotzfrech, stilbewußt, konsumfreudig. Ist das nun die Fortsetzung des Dandy-Aufstandes, der Mitte der 80er zwecks Demontage aller Ideologien begann? Was ja historisch richtig wäre, weil ja die meisten Kulturphänomene erst sehr viel später ihren Einzug in die sogenannte Hochkultur fanden. Weil aber der Dandy-Aufstand mit dem Mauerfall und dem Paradigmenwechsel sein natürliches Ende fand und die Aufständischen dann mangels Mumm leider zu einer Generation von Semi-Achievern verkamen, stellt sich natürlich die Frage nach dem Subtext der neuen deutschen Popliteratur. Und ob das Dandytum nicht schon ein anachronistischer Gestus ist, vergleichbar mit Guerilla-Romantik, Spießerschelte und Anti-Amerikanismus. Vielleicht ist das aber alles auch nur eine grandiose Retromode und ich sollte einfach einsehen, daß meine Jugend nun auch schon zum Geschichtsschatz der Popkultur gehört.

Andrian Kreye Frankfurt, - 16.09.99 at 13:51:52

Bingo. Da haben wir ihn doch endlich, den poetologischen Diskurs, den Aspera aus Bonn schon die ganze Zeit sieht und offenbar auch schmecken kann.
Um es zu verdeutlichen:
1
Lieber Ralf Bönt, ich nehme Ihre Erleichterung, daß man Ihre Vorlagen nicht so leicht feindlich übernehmen könne, als auf meinen Beitrag von vor zwei Tagen bezogen an.
2
Liebe Rebecca Casati, ich entschuldige mich ernsthaft und in aller Form, sollten Sie die Meinung von Ralf Bönt teilen -- immer unter der Voraussetzung, daß diese sich auf meinen Beitrag bezog. Ich wollte heute morgen schon Ihre e-mail Adresse von Sven Lager erfragen, doch war mein Computer klüger und stürzte ab. Denn: er diszipliniert mich. Was in pool geschrieben wird, ist öffentlich. Eine private Entschuldigung gilt nicht.
3
Für mich war Ihre Reaktion ein Mitspielen. Ein Baustein in der fiktiven Welt des Freundinnengesprächs, sozusagen. Hinter dem Mitfühlen eine kleine Ironie. Einer meiner liebsten Freunde nannte Amaretto immer einen "Hauch von Grausamkeit". So in die Richtung.
4
Interessant finde ich, daß mir bis heute morgen nie in den Sinn gekommen ist, der Text könnte als aggressiv verstanden werden.
5
Die Schnelligkeit des Mediums führt zu einer viel größeren Direktheit (siehe hierzu den an sich ja ganz amüsanten Schlagabtausch Krausser-Meinecke in Null), aber auch zu einer größeren Angst. Paranoia. Ich bin jetzt gewarnt.
6
Und Ralf Bönt wohl vor mir auch.
7
Es kann natürlich genauso sein, daß ich auf mein eigenes Verwirrspiel hineingefallen bin.

Carmen Samson Berlin, - 16.09.99 at 15:58:19

Liebe Carmen von Samson!

Ich teile die Meinung von Herrn Bönt nicht, weil sie so formuliert ist, dass ich sie weder verstehe noch auf etwas beziehen noch auf etwas anwenden könnte. Weder auf Sie, noch auf mich noch auf einen unserer Texte. Ach, ist das ein Spass. Denn ich weiss jetzt, Carmen von Samson: Sie sind ganz reizend. Ihr Name passt zu Ihnen.

rebecca casati münchen, deutschland - 16.09.99 at 16:28:11

Aber Sie sind mir ein paar gedankliche Schritte voraus.

rebecca casati münchen, deutschland - 16.09.99 at 16:29:31

1
Liebe Rebecca Casati,
vielen Dank!
2
Was nicht von allgemeinem Interesse ist, ich weiß, Elke.
Mit dieser Versöhnung ohne Anlaß ist nur gerade der Versuch, eine Metaebene mit psychologisierendem Einschlag einzuführen, leider gescheitert.
3
Hallooo, Ralf Bönt!!! Georg M. Oswald!!!! Möchten Sie mal was dazu sagen? Lorenz Schröter!!!!! Ob poetologischer Diskurs oder ein selbiges Gespräch -- allein gelingt es nicht. Nicht nur anregen -- mitmachen.
4
Was passiert mit Ihnen beim Schreiben ins Leere? Ist das Internet überhaupt die Leere? Denn: Erschrecken Sie auch so, wenn jemand Sie auf Ihre Texte anspricht? "A propos easy listening -- das mögen Sie ja nicht so, Frau v. Samson, hab ich da richtig gelesen?" Machen Sie sich Gedanken, ob derjenige, den Sie anschreiben, verletzt sein könnte (sofern er nicht Kracht heißt, Herr Oswald; und sofern er nicht Oswald heißt, Herr Kracht)? Haben Sie Angst vor den anderen Mitschreibern? Vor dem loop? Wieso ist es spannend, hier mitzumachen? Inwieweit bedeutet die fast absolute Öffentlichkeit einen zusätzlichen Reiz oder einen zusätzlichen Schrecken?
5
Vielen Dank für den Mandeltee, lieber Christian Kracht. Da ich nicht weiß, was das ist, bin ich auf Sie und Rebecca Casati angewiesen, einmal einen mit mir zu trinken.

Carmen Samson Berlin, - 16.09.99 at 21:41:56

Huch! So vornehm habe ich ja noch überhaupt nicht von mir gelesen. Aber der Tonwechsel hier tut auch gut. Leider, Carmen, ich habe das weder auf Dich bezogen noch verstanden, worum es da ging. Was ich sage, ist etwas ganz anderes: Die Diskussion und Vermarktung der Literatur (man schmeißt ja beides gern zusammen, weil eine Diskussion gar nicht mehr erwünscht ist, sondern nur Vermarktung noch zählt - und inwieweit sind wir selbst dran schuld?) läuft zunehmend unter der Vertauschung der labels. Man muß unbedingt was andres draufschreiben, als drin ist. Ich bin 36, im 3. Beruf, war mit dem Tod meines Großvaters überfordert, habe ein Haus mitgebaut und eine Familie zu ernähren. Man muß halt aufpassen wo der slapstick anfängt. Das hat nichts mit Elitarismus zu tun! Ich halte den Durchschnittsleser weder für dumm noch für faul. Noch halte ich mich für sonstwas. Leider ist nur im mitten happening - und nix gegen das happening - das substantielle Gespräch selten. Das gilt aber nicht für die Kritik, die ich erfahren habe. Ich nehme das, Georg und Norbert, sehr ernst. Und auch Kunisch hat paar richtige Sachen gesagt. Oder doch nicht? Die herumgereichten Dichter hätten sich schon äußern können zum Krieg, oder haben sie Sachen eingereicht und zurückbekommen? Wollen wir die Diskussionen noch schneller machen per Mausklick, wo wir uns doch gegen die ganzen Blödsinnsmoden wehren eigentlich? Ist es etwas anderes, wenn die Dichter die Macht haben? Muß der Künstler nicht ohne Macht sein, um nicht korrumpierbar zu sein? Sollte ich nicht lieber diese Gedanken erst auskochen und was vernünftiges drüber schreiben? Ist die Audi-Szene wegen der billigen Selbstironie nicht blöd gewesen? Andrian, ich habe eine andere Deutung für die vielzitierten Achtziger, aber das paßt beim besten Willen nicht hier hin. Das löse ich noch. Wir sind gar nicht die, die sich beschweren sollten.

Ralf Bönt Berlin, - 16.09.99 at 21:45:55