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pool #9 01.08.-09.08.1999
pool #8 / pool #10
sven lager, südschweden - 01.08.99 at 01:48:23
Die Großmutter lädt ein zum großen Mahl. Die letzten Tage habe ich nur gelesen
gelesen gelesen. Jeden Tag ein Buch - fast. Es geht immer nur Lesen oder Schreiben. Mein
Kopf war LEER LEER LEER. Ein guter Zustand zum Lesen. Selten genug. Damit sollte man
zufrieden sein. Mich befällt aber Panik, wenn ich nicht schreiben kann. Wenn nicht jeden
Tag ein paar Sätze hinaus wollen und aufgeschrieben werden müssen. (Richtig:
aufgeschrieben werden könnten). Man muß nicht immer schreiben. Weiß Gott. Das weiß
ich. Trotzdem: was ist, wenn ich mich ausgeschrieben habe? Wenn alles, was ich zu sagen
habe, schon geschrieben ist und bis zum Ende meiner Tage Leere in meinem Kopf herrscht? Da
befällt mich eine existentielle Angst, daß meine gerade so bequem am Schreiben
ausgerichtete Existenz am Ende ist. Und dann? Eine ganz kleinliche Angst. Lächerlich.
(Uhh Striptease - das Höschen laß ich aber an.)
Draußen im Garten sitzen die Alten bei Kaffee und Likör.und die Jungen spielen Krocket
im Abendlicht. Friedlicher schwedischer Schönsommerabend. Es gibt echten Amaretto, statt
selbstgebrannten Whisky, den die Großmutter in alte Johnny Walker Flaschen füllt und
denkt, wir würden den Unterschied nicht merken. Der Amaretto hebt die Stimmung; die sonst
üblichen Biere der Kategorie 1 ändern wenig am Bewustseinszustand.
Das Haus der Großmutter wird Hundert. Ein Grund zum Feiern und immer wieder: Trinken!
Skål.
Naters, Nättraby, S - 01.08.99 at 10:50:51
1. Tyrone Slothrop
2. Lambretta
3. Der Waliser
4. Minzgruen
5. Britta
6. Das Leuchten
7. Der Abhang
8. "Friendship Plaza"
9. Britney Spears
10. Dolph Lundgren
11. Die Forschung
12. Nizza
13. Bast
14. "Der Bequerel-resistente Skinhead-Schnitt" (Markus Peichl)
15. Samen
16. Paharganj
17. Die Erdnuss
18. Die Zeitschrift "George"
19. Das Amt
20. Die Wasserscheide
21. Der Mittelscheitel
22. Rock
23. Vater
24. Der Atem
25. Der Tod
Christian Kracht Ho-Chi-Minh-City, Vietnam - 01.08.99 at 12:08:45
Wieder nicht geschlafen, obwohl jetzt Ferien sind. Kein Auge zugedrueckt,
weil alles so wahnsinnig aufregend ist. Sai-Gon. Rue Catinat. Pate mit accent aigu ueber
dem "e". Sofort Leben aendern. Heute trage ich Mittelscheitel. Das mache ich
sonst nie. Habe ich nicht mehr gemacht seit ich keinen Balletunterricht mehr habe. Und das
ist viele Jahre her. Dazu: eine goldene Draht-Sonnenbrille mit rosa Verlaufglaesern. Auf
der Strasse gekauft. Und eine rosafarbene Regenjacke, ganz transparent.
Anouk Aimee. Mit accent aigu ueber dem "e".
Eva Munz Ho-Chi-Minh-City, Vietnam - 01.08.99 at 12:17:01
Diesmal mit Rechtschreibreform:
Wo man hinsieht, ob auf die Leinwand oder in Bücher, überall wird leidenschaftlich
geflohen, so weit die Füsse tragen: Richard Kimbel, Papilion, Noah, Der Graf von Monte
Christo, Hänsel und Gretel, Huckleberry Finn. Casanova wird nicht wegen seiner
Frauengeschichten, sondern durch seine Flucht aus den Bleikammern Venedigs berühmt. Die
Detektive in den hardboild Krimis stolperen stets in eine undurchsichtige Geschichte,
kriegen mächtig Senge, bis sie aus einer aussichtslosen Situation fliehen und dadurch,
nur dadurch, die Bösen erledigen.
Die gelungene Flucht ist die eigentliche Leistung des Helden. Hätten die Bösen ihn nicht
in den Keller gesteckt, an das Heizungsrohr gefesselt, den Zeitzünder angestellt, und den
Helden in seiner letzten Not zur Flucht gezwungen, dann könnten die Gangster ihre
Trilliardenbeute in Südamerika verprassen, die hübsche Geisel heiraten, die Welt
beherrschen oder was die Bösen sonst noch so gerne tun. Immer wieder wagen sich Old
Shatterhand und James Bond in die Höhle des Löwens und werden prompt von dem Komantschen
Dr. No geschnappt, der sie an den Marterpfahl neben der Atombombe fesselt. Aber dann, zum
Schluss, der Höhepunkt, gelingt die Flucht. Unzählig sind die Filme, in denen
ausschließlich geflohen wird: Alcatraz, Alien, Außer Atem, The Fugitive, Gateway (Genial
die doppelte Fluchtsituation:Fliehende Gangster mit Geiseln), North by Northwest, The
Rock, The great train robbery, Thelma und Louisa... Und in jedem, absolut jedem,
Actionfilm wird zumindest ein wenig geflohen, meist dann, am Ende, wenn es wirklich
spannend wird. Es braucht kein Warum, keine Moral, der Held muß weder sympathisch noch
glaubwürdig sein, hauptsache er entkommt. Der kürzeste Plot: Der Held muss fliehen.
Wir identifizieren uns immer mit dem Flüchtenden, mag er Banken überfallen, Indianer
umbringen oder Lynchjustiz vertreten. Deshalb gibt es auch keine fliehenden Nazis, es
würde sie sympathisch machen.
Leben oder Tod ist auf jedenfall entscheidener, als die andere Frage, ob der Junge nun das
Mädchen kriegt oder nicht. Auch andere Mütter haben hübsche Töchter. Aber man hat nur
ein einziges Leben, das man retten kann.
Ein Roadmovie von A nach B oder ins Nirgendwo, nach Paris/Texas,
Steppenwolf-On-the-Road-mäßig, ist so ein buddhistisches `Der Weg ist das
Ziel´-Tralala, von Menschen, die vermutlich sich selbst finden wollen. Richtig spannend
ist das nicht. Der wahre Flüchtling aber versucht einem ganz bestimmten Moment echter
Gefahr zu entkommen und nicht eskapistisch herumzudaddeln.
Auf der Flucht wird archaischer Streß reaktiviert. Wir brauchen für unseren
Seelenhaushalt anscheinend eine Portion nackter Angst.
Es ist dunkel. Und ganz still. Doch da -SCHRITTE! Sie kommen näher und NÄHER! Wird Long
John Silver das Versteck unter der Wassertonne entdecken? Man zieht sich beim zusammen,
ganz eng zusammen, rollt seine Seele ein, hält den Atem an. Das ist es, das Gefühl, nur
noch die nackte Haut retten zu wollen. Fluchten stellen einen vor die einzige Frage: Lebe
ich noch, wenn ich die Augen aufmache, oder ist die Welt verschwunden?
Wenn man sich unser Gehirn als einen Globus vorstellt, dann ist diese graue, zerfurchte
Kugel besiedelt mit unheimlichen Häusern, Höhlen und Schlössern aus denen man nicht
rauskommt: Die Nibelungen verbrennen in Etzels Hunnenburg, Doktor van Helsing irrt in
Draculas Schloß herum und ganz versteckt im Hinterhaus ist Anne Frank eingesperrt.
In der Belagerung, der Flucht im Ruhezustand, wenn sich der Hase ganz tief ins Gras duckt,
um nicht von den Bluthunden entdeckt zu werden, spüren wir, wie wertvoll unser Leben ist.
Deshalb sind wir süchtig nach Situationen, aus denen uns nur eine Flucht retten kann.
Schnell über die Mauer in den Hinterhof. Gleich wird mich das Monster erwischen. Es muß
direkt hinter mir sein. Rauf auf die Mülltonne und in den Hauseingang...
Dann bin ich leider aufgewacht, gerade als es spannend wurde.
Ich träume oft von Verfolgungsjagden. Falls ich zu schnell für das Monster bin, stelle
ich mir dabei selbst ein Bein. Ich bleibe irgendwo am Zaun hängen, damit der Pestatem der
Bestie mich weiter verfolgen kann, und ich weiter fliehen muß. Ich mag das. Wenns mich
nur gruselt, wie es im Märchen heisst.
Die Flucht erinnert an tiefere, bewusstlosere Regungen, sie rührt an ein primitives Organ
aus der Entwicklungsstufe der Lurche und Salamander.
Ja, man könnte dieses Geniessen der Umzingelung vielleicht Klaustrophilie nennen, die
Lust auf Platzangst. Vielleicht suchen wir diesen Kitzel in Horrorfilmen, weil einem in
den Genen der Atem des Höhlenbärs anbläst, der unsere Vorfahren zu zerfetzen drohte.
Oder vielleicht, weil man sich dann ganz fest selber spürt. Nicht als Teil einer Masse,
in einer bestimmten Rolle in der Gesellschaft, als Teil einer Nährlösung in der laut
Musil der moderne Mensch schwimmt, sondern nur als Ich. Ein Ich, das nicht weiss, ob da
oben ein Gott ist oder ob das Leben einen Sinn hat. Aber wenigstens ein Ich, das
zusammengepreßt im Kleiderschrank sich wenigstens seiner Existenz sicher ist, weil es die
Hosen voll hat.
Lorenz Schröter Georgetown, Guyana - 02.08.99 at 11:18:55
Vergessene Lieder, die vielleicht wieder einmal gehört werden sollten,
Teil 1:
Fun Boy Three, The Lunatics have taken over the asylum.
Eckhart Nickel Heidelberg, Deutschland - 02.08.99 at 15:31:45
Kapielski erhält den Ben-Witter-Preis, dotiert mit DM 25.000,--. Das
Versäumnis von Klagenfurt soll damit gesühnt sein. Aber Ben Witter? Ich kannte ihn nur
durch seine Jahrhunderte währende Kolumne in der Zeit, "Nebbich", deren
kryptische Altmännerweisheiten mich so oft ratlos zurück ließen. Das Folgende also im
Ben-Witter-Style, strictly Nebbich:
Der Schreiber, der seine Leidenschaft darauf verwendet, die Qualität seines Textes
unangreifbar zu machen, imponiert mir mehr, als der, der für sich beansprucht, mehr zu
leiden als andere.
Was gäbe ich für eine Großmutter, die mir Selbstgebrannten in Jack Daniels Flaschen
auftischt (würde Ben Witter hier "kredenzt" geschrieben haben? Wäre durchaus
drin)in der Hoffnung, ich würde den Unterschied nicht bemerken!
Gestern, das ARTE TV magazin im Briefkasten. Im Impressum wird auch für den Monat August
Dr. Eckart Nickel als Mitglied der Redaktion genannt.
Was für eine bescheuerte Form. Noch besser als Nebbich war nur das
Schwerstgedankentagebuch von Johannes Groß im FAZ-Magazin. Allein deshalb hätte es nie
eingestellt werden dürfen.
Lieber Dr. Nickel, ich glaube, wir sollten eine neue Partie beginnen. Ich eröffne mit
Weiß und ziehe Bauer e2-e4.
Georg M. Oswald München, Deutschland - 02.08.99 at 17:00:11
Seit gestern mein guter Freund Enrico Brissa mein Powerbook versehentlich
vom Tisch gestossen hat und es hinterrücks auf den Boden gefallen ist, gleicht mein
Internet dem Sommer, es kriecht, und ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll. Also
Schach: Witter-Gross, Ravenna 1984: e7-e5, d2-d4.
Oder Beobachtungen im Park: Zwei Baseball-Biker rauchen und zünden Würmer an. Noch bevor
der erste in Flammen aufgegangen ist, macht der Eine wiederholt Wuergegeräusche, als ob
er damit sein Tun zugleich vorwegnimmt, beschreibt, wertet und darauf hinweist, daß es
passiert.
Cruel Summer (Bananarama).
Eckhart Nickel Warteschleife, Vordertaunus - 02.08.99 at 17:56:47
"These Things take Time"(The Smiths)
Sg1-f3; Sg8-f6;
Johannes ( sehr ) Groß - 02.08.99 at 20:00:46
Das "Katzenparadies" hat zugemacht. Ich dachte, es habe Pleite
gemacht, als letztes Geschäft in der inzwischen beinahe komplett verwaisten Ladenzeile
gegenüber. Aber mitnichten, es wurde neu eröffnet und sogar vergrößert und heißt
jetzt "tierisch g'sund". Die Farben der neuen Jalousien sind: grün, gelb, rot.
Die jamaikanischen Landesfarben. Ich beobachte die Inhaber des Ladens beim Einräumen, es
sind zwei Typen mit Dreadlocks - Weiße, mit blonden Dreadlocks. Aus der offenen Ladentür
wummern Dub-Bässe. Die Kombination von makrobiotischem Katzenstreu, ganja und
Geschäftserweiterung in Zeiten des niedergehenden Kleingewerbes scheint mir so obskur,
daß ich den ganzen Tag schon darüber rätsle, während mein Sohn dauernd will, daß ich
eine kranke Katze spiele, der er die Ohren eincremen muß (keine Ahnung, wo er das her
hat). Das alles hängt irgendwie zusammen, nur muß ich herausfinden wie.
Georg M. Oswald München, Deutschland - 02.08.99 at 20:41:23
"The Safety Dance", von Men without Hats.
Christian Kracht Da Nang, Vietnam - 03.08.99 at 13:35:09
Seit gestern sind wir auf der Insel. Seit zwei Tagen offline.
Die ersten Entzugserscheinungen machen sich bemerkbar.
Sven liegt auf dem Boden und versucht das Telefonschloß mit einem Draht zu knacken;
ich glaube nicht, daß es ihm gelingt. Dafür fängt er jeden Tag einen RIESENHECHT.
Ein Tag schöner als der andere: Raaauuuusch glitzerglitzer blink glitzer Raaaauusch.
Wir liegen auf weichen Decken unter Pflaumenbäumen im Schatten und essen Knäckebröd.
Dann: klingelt in diesen glitzernden Sommertag das Telefon hinein.
Max Maier (o.s.ä.) hat mit Christian Kracht eine "Kampagne" gemacht und möchte
jetzt
Texte aus dem POOL von Christian und vielleicht auch anderen, für die WERBEBROSCHÜRE.
Bei wem denn das COPYRIGHT liegt, fragt er aus seinem Büro in die Sommerwiese hinein.
Darauf bin ich nicht vorbereitet, auf solche Fragen - auf so einen Käs.
Das copyright liegt selbstverständlich bei den Autoren sage ich, keine Frage.
Soll er sich an die wenden. Adee.
Aber das wirft neue Fragen auf:
Daß da einer daherkommt und sich am pool bedient für seinen Schmarrn.
Das geht so nich - finde ich.
Elke S. Naters, Tjurkö, S - 03.08.99 at 14:48:26
Das Schloß ist wirklich vertrackt. Es sind so halbrunde Schlüssel die
hineinpassen, so richtige Schwedenschlüssel und ich habe sogar schon aus einem Aststück
einen geschnitzt mit richtigen kleinen Zähnen dran. Er ist natürlich im Schloß
abgebrochen und den Rest der Zeit habe ich damit zugebracht das abgebrochene Stück wieder
herauszupoken. Die Besitzer sind auf Mallorca. Als ich sie fragte, ob wir sie erreichen
können, meinte sie, 'ja vielleicht geht das Handy', 'nein' sagte er mittenrein, 'aber auf
Malta, da...' 'NEIN' schreit er. Ansonsten sind sie ganz ruhige Menschen, er züchtet
Bienen und sie sieht zu. 'Ja, ja' meint er, weil das mit dem Telefon, damit haben wir
schon ein wenig genervt, daß wir eins brauchen, er hätte jetzt auch Internet. So wie der
Freund meiner Großmutter. Er sitzt vor seinem Laptop, auf dem ihm immer die Schrift zu
klein ist, und versucht die e-mail seiner Tochter zu lesen. Seit einer Woche. Ich kann ihm
auch nicht helfen. Ich angle lieber. Dick verpackt in orangene Schwimmwesten sitzen meine
Kinder an dem einen Ende des Boots und schreien: 'noch einen!' (einen Fisch) oder
'Motorboot fahren!' Das Boot leckt ein wenig und einer muß immer schippen und der kleine
2 PS Motor ist so stark, daß er fast die morsche Rückwand rausreißt. Aber so muß man
sein in Schweden: ein wenig verlottert, ein bißchen verwegen.
Sven Lager auch da, - 03.08.99 at 14:51:08
Ursula Döbereiner, Berlin - 03.08.99 at 15:10:22
"Stirbt ein Betsileo wird der Tote wird solange im Haus aufbewahrt,
bis das Leichenwasser austritt. Die Flüssigkeit wird in Töpfen gesammelt. Der Tote muß
so lange im Haus bleiben, bis ein bestimmter Wurm in einem dieser Töpfe auftaucht. Der
Wurm heißt Fanano und hat die Form einer Eidechse.
Das kann Monate dauern, bis der Wurm auftaucht. Endlich kann man also die Leiche
bestattet, und auch der Topf mit dem Leichenwasser und dem Wurm darin werden begraben. Auf
dem Grab wird ein Bambus gepflanzt.
Nach weiteren acht oder neun Monaten klettert der Wurm den Bambus hoch und geht ins Dorf.
Die Verwandten des Toten fragen dann den Wurm: "Bist du Der-und-der?" Wenn der
Wurm nickt, hat er sich zu erkennen gegeben. Dann wird die Schüssel, von der der Tote als
letztes gegessen hat herbeigebracht, einem Ochsen wird das Ohr geritzt und das Blut in der
Schüssel aufgefangen und mit Rum gemischt. Wenn der Wurm das Zeug trinkt, ist jeder
Zweifel beseitigt, dass der Wurm die Seele des Verstorbenen ist. "Laßt uns nach
hause gehen" sagen die Leute dann und breiten ein sauberes Tuch aus und der Wurm
kriecht darauf und unter grossen Freudengesängen wird er in die Stadt getragen. Dann wird
der Wurm zurück zum Grab getragen, wo er groß und stattlich wird und als Wächter des
Dorfes dient."
Diese erstaunliche Geschichte stammt von Reverend. J. Richardson, der sie unter dem Titel
'Remarkable Buriel Customs among the Betsileo' in :The Antananarivo Annual and Magagascar
Magazine No 1, 1875 als wahr veröffentlichte. Gefunden habe ich diese Geschichte in dem
Buch von J.G. Frazer: 'Native races of Africa and Magagascar.'
Frazer diente Sigmund Freud als Hauptquelle für sein 'Totem und Tabu' , dem grundlegenden
Werk der Kulturforschung. Das muß man sich mal vorstellen: Acht hysterische Weiber aus
Wien und ein Wurm aus Madagaskar sind die ideologischen Säulen des 20. Jahrhunderts.
Lorenz Schröter, Berlin, - 03.08.99 at 20:28:23
Jetzt gehts los. Aus Reisen. London. Hallo Christian, hallo Elke, hallo
Moritz. Hallo ALLE. Alles in Berlin noch immer dasselbe. Die HITZE. Die Penner vom
Görlitzer Bahnhof. Die Alkoholiker beim Reichelt. Ich weiß nicht woher, das Gefühl
auszutrocknen, im KOPF, das Hirn eine Dattel, London is Burning. Das innere London.
Grüße an alle. Schön dabei zu sein.
Rainald Goetz Berlin, Deutschland - 03.08.99 at 23:00:28
Herr Oswald,
ich nehme das Du nicht an. Dafür respektiere ich Sie als Schriftsteller zu sehr. Auch
Adorno hätte ich nicht geduzt.
Zum Pool, zum Schriftsteller, zur Physik: Daß Sie oder jemand größeres, den sie wohl
zitieren, oder sie beide im Kollektiv das Betrachterproblem in der Physik gelöst zu haben
meinen, find ich auch ok, die vermeindliche Lösung aber leider nicht, also ist
rückwirkend ihr ganzes Unternehmen eine Scheiße. Der Betrachter versucht ja immer, von
erhobener, möglichst objektiver Warte drunten sein Bild von der Wirklichkeit zu
entwerfen, leiderleider aber ist auch er Teil der Wirklichkeit, die er, soll seine Theorie
allgemeine Gesetze formulieren, umfassend in den Blick rücken muß. Der Betrachter ist
also selbst Objekt seiner Betrachtung, es gibt keinen aseptischen Ort. Die Aufsplitterung
in "Bilder", das heißt, wohl Ebenen und Metaebenen geht ad infinitum, da über
jeder Ebene eine neue aufzuspannen wäre, der Betrachter immer "größere
Bilder" um sich herum konstruieren muß. Somit muß der Betrachter schön im Bilde
nicht nur sein, sondern auch bleiben.
Und außerdem: "Die Welt kennt keine Pause."
Super das Rainald dabei ist. Das innere London, keine schöne Vorstellung. Dann doch
besser Auf-Reißen? Keep on rockin´ in a free world.
Moritz von Uslar München, - 03.08.99 at 23:02:53
Lieber Moritz von Uslar,
ich verstehe Ihren letzen Beitrag nicht. Ich habe nie etwas über Physik oder das
Betrachterproblem in der Physik - ich habe nicht die leiseste Ahnung, was das sein soll -
geschrieben. Oder meinen Sie gar nicht mich? Könnten Sie das - einfach, damit ich's
kapiere - nochmal etwas näher erläutern?
Georg M. Oswald München, - 04.08.99 at 00:24:50
Nochmal gelesen, was Sie da geschrieben haben. Klar - gibt keinen
Betrachter außerhalb der Wirklichkeit. Aber wer behauptet sowas denn?
Oswald München, - 04.08.99 at 00:27:49
Ein kleiner Gruß aus dem ICE "Seppl Herberger", kurz vorm
Abflug nach Sansibar:
Weil kein Bild ladebar ist, folgendes, liebe Freunde: Wir sitzen hier zum Türkenschnubbel
aus einem Negernacken. Wir schnubbeln hier von Antonio Tabucchis Indischem Nachtstück,
der Elefant schiebt seinen Rüssel himmelwärts und sagt, O.K. Rainald, here we go. Was
sonst noch sagebar ist: Das Interview mit Schwester S. im Hyatt eine Sause ("soupen
is wie dissen, nur softer"), das Alsterwasser im Funk-Eck real, das Essen im
"Plat du Jour", na ja, Kalbsnieren außen hart innen blutig, meine Schuld, sagt
Eckhart, der Wein ganz meine Schuld (Pouilly Fumé, herbsauer, zu jung, unreif, überhaupt
nichts, sagt Joachim), der Gang zu den Schwestern ergebnislos, eine Demut.
Irene: "Dope ham hier manche auffe Straße, ich weiß gar nicht was Du meinst. Ich
hatte sowas noch nie. Ich weiß wirklich nicht, was Du meinst."
Also sechs Fernet Mentha umsonst getrunken.
Dann die Türken: Lyoner Wurst in der Neontheke, "Ich check das aus, bei mir gibt's
sonst nur Grass", mit seinem Pitbull-Verschnitt namens Leo kam er uns nach einer
Stunde Wartezeit auf der Glashüttenstraße entgegen, führte uns zu Erdal, einem 60 Jahre
alten Mann im Türkischen Arbeiter- und Kulturverein, der uns mit Handschlag begrüßte
und dafür sein Damespiel unterbrach. Der bestellte Raki wurde uns nicht serviert, das
Gespräch verebbte von BMW zu ERIKSSON, das Fernsehen zeigte eine Zeitlupenaufnahme von
der Verhaftung Öcalans, die Zeit verstrich, der Schnubbel schmolz im Hosentasch von
Achmed.
Soweit, so gut. Im Pudelklub dann WC-Ernüchterung.
Die Tocotronic Chart-Entry-Party ein Reinfall, der vermeintliche Schnubbel eine Farce, in
der Amphore das Lächeln des gleichmütigen Barkeepers, und eine Spende von 15 Pfennig aus
der Hand von Werner Geyer.
Demut. Demut. Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut.
Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut.
Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut.
Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut. Demut.Demut.
Demut.Demut. Demut.ff.
Nichtsdestotrotz ein großer Abend aus der Sicht und mit den Worten von Rainer Vogts,
oder, nein Vogt ö ohne S?
Bis Denne
E+J
eckhart nickel und joachim bessing sansibar town, sansibar - 04.08.99 at 03:47:48
Sehr geehrter lieber Herr Oswald,
ich höre gerade Mouse on Mars, "Twift", auf Empfehlung von Herrn Christian
Kracht. So müsste sich unser Gespräch eigentlich anhören dürfen, denke ich.
Beatwechsel, Leichtigkeit, Zirpen, kein dröges Künstlertum. Entschuldigung, ich komme
gerade - woher? - natürlich aus dem P1!, und bin ein wenig besäuselt. Das mit der Physik
ist eh blutwurscht leberwurscht. Ich habe nur aus Ihren sauschlauen biedermeierschen
Brandstifterkommentaren so eine verdammte Möchtegern-Souveränität herausgehört, daß
es mich schier ins P1 getrieben hat, wo ich einige Weißbiere gierig in den Schlund
hineintrinken mußte. Weil mich die Dichter-Souveränität, so "Ich habe alles unter
Kontrolle", "Ich dichte eben nur locker daher, wies kommt", "Ich
möchte mit den Spasten-Spasts nix zu tun haben", weil mich das alles angekotzt hat.
Ich vermute, wir haben eben doch von denselben Sachen geschrieben, der brüderliche
Schulterschluß ist noch vor der Zeit. Sie, lieber Herr Oswald, hadern doch auch mit jedem
Satz! Sitzen davor und denken: Wie weiter, ist es richtig so, kommt jetzt was Kurzes, was
Langes, was kommt. DAS meinte ich mit Schrift = spastisch. Unluxus. Einfach gelähmt. Und
das ist doch gerade der Thrill daran! Dazu muß man stehen. Auch wenn Sie mir wieder
irgendeine Genieästhetik a la Kant oder so (ich kenne mich da nicht aus) in die Schuhe
schieben und mich als veraltet und retro-süchtig abstempeln wollen - es geht genau darum.
Um nichts anderes. Jemand setzt sich hin und schreibt über Monate ein Buch hin auf das
unschuldige Papier - warum? Größenwahnsinnig muß der eh sein. Verstehen Sie, was ich
meine? Und das ist eben die Wahrheit, daß es kein Außerhalb gibt, obwohl soviele so tun.
Aber es gibt kein Außerhalb. Man ist drinnen. Ob nun im Leben, in der Literatur oder im
Pool. Hier kommt das Physik-Beispiel wieder ins Spiel, obwohl ich es nicht
überstrapazieren will. Man ist im Text, in seiner Sage, Spreche, Rede, und jede ironische
Distanz dazu ist eigentlich bitter verfehlt. Als großer Bewunderer Ihrer Bücher muß ich
Ihnen das trotzdem ankreiden: die Ironie. Denn nur Leute, die Angst haben, auf die Fresse
zu fliegen, sind ironisch. Nix für ungut. Ehrlichkeit her. Das mit dem Du war vielleicht
doch keine schlechte Idee. Herr Oswald, ich heiße Moritz. Let there be Rock.
Moritz von Uslar München, P1 Pool - 04.08.99 at 04:21:31
Silberblick. Silberblick. Silberblick. Silberblick.
Judith Hermann Berlin, Sommerhaus später - 04.08.99 at 05:11:33
Kennt ihr überhaupt das gemütliche Rascheln
von dem Ascheln in jedem siebtem Hinterzimmer der Bar?
Kennt ihr es? Ich mein': Na klar, ist doch wunderbar
und gehe soweit, daß ich sage: ich bin breit. Soweit. Die Zeit. Entscheid'.
und dann: Last Exit Rödelheim.
Alles was Du willst und was Du tust ist -
alles was Du bist, wenn ich es will.
Alles was Du halluzinierst und was Du dann gebierst, wenn Du ins Dunkle stierst - ist:
alles was ich will.
Ich will - alles was Du willst.
Ich will wirklich alles - alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Yeah, yeah, yeah:
O. K. isch sag danke Joachim, du bist so damned tachim, isch mein Du sachst wie es ist,
wenn man pisst und Dich dann deswege disst, das is scheiße, das ist nun mal die
Lebensreise, und isch sags Dir daruum und auch auf meine Weise:
Isch mein Scheisse, is es, wenn der Fuffi sich rollt und meine Muffi trollt, isch mein,
isch hab es so gewollt, der
Colt, der ist das Leben, wir werns uns saftisch geben, isch mein Leben heißt geben, und
nehmen, isch nehm es dir nischt ab, isch bring disch gleisch ins Grab, und hau ab, isch
steh da, vor Dir, und isch nehme mir das Rescht, und das auch noch in Escht, das Bier, das
gehört nun mal mir und ich trinke und sinke, bevor ich weiter hinke in diese Nacht, von
der Du immer noch erzählst, sie hätt uns z'samme gebracht.
Aber alles, was isch seh, is Deine Nase,
Alles was Du willst und was Du tust ist -
alles was Du bist, wenn ich es will.
Alles was Du halluzinierst und was Du dann gebierst, wenn Du ins Dunkle stierst - ist:
alles was ich will.
Ich will - alles was Du willst.
Ich will wirklich alles - alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Yeah, yeah, yeah:
Ja, ja meine Nase brennt und rennt in flüssigen Strömen wie die Brent Spar, ich bin eben
Dein Zar und bin auch liederlich, einfach widerlich, wie Wolf Niedecken rappt, ein Rest
des Vorrats erstreckt sich kaum, in diesem, Raum, Eckhart Nickel, Doktor, Du weißt Dein
Schniefen macht mich triefend - ich hatte immer gehofft, wir sähen uns oft, aber jetzt:
Du, Du, Du, mit dem Schnubbel in der Tasch - ich kann's einfach nicht fassen es ist Koks
und gar nicht Hasch.
Koks und gar kein Hasch: wir können es nicht lassen. Und langsam fang' ich an, Dich jetzt
richtig zu hassen!
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Alles was Du willst und was Du tust ist -
alles was Du bist, wenn ich es will.
Alles was Du halluzinierst und was Du dann gebierst, wenn Du ins Dunkle stierst - ist:
alles was ich will.
Ich will - alles was Du willst.
Ich will wirklich alles - alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Yeah, yeah, yeah:
Du fragst misch jo, was isch denn tu so? Mit dem Hasch in der Tasch aber das Koks verbogs.
Isch mein: die Spur wars nur von Frau Setlur, zur Uhr, denn diese Nacht is spät, wer
weiß wie langs noch geht? Und weißt Du's denn Jo?
"Nee."
Des sag isch Dir jetzt doch, das Loch im Hirn ist stark wie Zwirn, gewoben, und gehoben,
zwei Gramm, ist nicht gelogen, doch dieses matte Gewischt sag nischts über den Inhalt
aus, der Rock von innen, leer wie Sendung mit der Maus, ein Haus, für uns alle gemeinsam
zu bauen, mit uns'ren Scheinen wegzuhauen, wegzuschlürfen die Scheiße, die weiße, die
uns zu Krüppeln macht, jetzt, das ist in der Nacht, wer hat die Macht? Sischer nischt die
Leser, die es nicht zur Schnecke macht, verlacht, geh um die Ecke, um die Ecke zu schecke,
isch mein des echt real, und kein Gelecke.
"O.K."
Was geht jetzt ab, isch mein, seid ihr noch mit mir, geht ihr im Trab ins Grab voran und
dann und wann, ein break, wie ein Fake, und jetzt alle:
E.N.T.S.P A N.N. :
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Alles was Du willst und was Du tust ist -
alles was Du bist, wenn ich es will.
Alles was Du halluzinierst und was Du dann gebierst, wenn Du ins Dunkle stierst - ist:
alles was ich will.
Ich will - alles was Du willst.
Ich will wirklich alles - alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Yeah, yeah, yeah:
Gut, gut, gut, Eckhart, Du bist hart, eigentlich zart -
Aber der pool macht Dich fedich, der Pool macht Dich weich -
so wie den Deich,
alle fünfzig Jahre, wenn die Flut kommt,
wenn das Blut kommt, wenn es heißt -
Frauen und Kinder zuerst -
kein Scherz, sondern Schmerz, Trauer, Tränen -
Verluste, nach demem sich Hamburger sehnen.
Alles was Du willst ist: - Kitsch.
Alles was Du willst ist: - Trauer.
Alles was Du willst ist:
Das kleine Stück Glückseeligkeit, ein kleines Stückchen meiner Zeit -
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Was willst Du mit dem Koks anstatt dem Haschich in der Tasch'?
Alles was Du willst und was Du tust ist -
alles was Du bist, wenn ich es will.
Alles was Du halluzinierst und was Du dann gebierst, wenn Du ins Dunkle stierst - ist:
alles was ich will.
Ich will - alles was Du willst.
Ich will wirklich alles - alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Du, Du, Du, - Du, alles was Du willst.
Yeah, yeah, yeah:
O. K. Jo, Du hast misch schnell erkannt und die Gefahr gebannt, die mich betrifft und auch
kifft, mich versifft, und auch schändet, und diese Story endet und zwar genau an dem
Punkt, wo sie begann, im Irgendwann:, vor dem jeder fortrennt, woil es jeden verbrennt, so
daß man fortrennt, bevor man die Chance verpennt, sich zu trennen, und dann nicht gleich
zu flennen, isch mein, wie viele wern des kennen, diese Schande, wenn Du im Ernst dann
Deine Kugel spielst auf Bande, isch mein: am Rande der Schlucht, die disch in Ewigkeit
verflucht, und disch sucht, und Dich sicher auch findet, und sich dann an Dich bindet wie
beinharter Kleister, Du Meister und das auch noch aus Deutschland, der Tod, der ist rot
und nicht weiß, und wie ich heiß, das geht dich an nen Scheiß, den isch sauf jetzt nur
noch Milch, die ist wie schwarz in der Frühe, ein Gedicht von Volker Rühe, die Kühe,
die keine Milch mehr geben wollen, wie der Stollen - an Weihnachten, wenn wir zwei
übernachten und über die ganze Scheiße lachten, und diese Zeilen machten: Himmel und
Meer, Soldaten, das Heer, Suppe, die Zutaten, ich will Dich rocken, ich will Dich nur noch
unter meinem Hut haben:
Und wer bist du? Laß' Jay und Ey in Ruh!
Und wer bist Du, zu bestimmen, was ich tu!
Und wer bist Du, zu bestimmen, was ich tu!
Und wer bist Du, zu bestimmen, was ich tu!
Und wer bist Du, zu bestimmen, was ich tu!
Und wer bist Du, zu bestimmen, was ich tu!
Und wer bist Du? Zu bestimmen, was ich tu!
Joachim Bessing: Boom, tschack, boom-boom-tschack. Boom-boom-tschack, Da Boom-Boom-Tschack
(Wiederholen bis zum Ende)
Eckhart Nickel und Joachim Bessing Hamburg, D - 04.08.99 at 05:25:59
Ok, lieber Moritz, Whole lotta Rosie. Vielen Dank erstmal für Dein
Kompliment. Hat mich ehrlich gefreut. Ironie im Sinne von "alles nicht wirklich so
gemeint" ist das Letzte und sie kommt in meinen Büchern nicht vor. Da steht alles
ganz genau so drin, wie ich es meine. Witz hingegen ist wichtig. Ich bilde mir nicht ein,
neben, über oder sonstwie außerhalb meiner Schreiberei, der Wirklichkeit oder
wasauchimmer zu stehen. Habe ich im übrigen auch nie behauptet. Ich bin auch der Letzte,
der einfach irgendwas locker hinschreiben würde um zu sehen, was passiert. Natürlich
bedeutet für mich Schreiben auch: herumquälen, und natürlich auch nicht nur auf der
handwerklichen Ebene sondern - tja, wie soll man das nennen? - so eben ganz als Mensch.
Siehst Du? Es fällt mir einfach schwer, bei diesem Thema ernst zu bleiben, weil ich das,
ich wiederhole mich, so selbstverständlich finde, daß ich mir blöd dabei vorkomme, es
ausdrücklich zu sagen. Das liegt - ich schwör's - nicht daran, daß ich etwa Angst davor
hätte, sondern daran, daß ich nicht glaube, daß es irgendeinen Menschen geben kann, der
Schriftsteller werden will oder geworden ist OHNE das für seine einzig mögliche
Existenzform zu halten. Ich bin da so sehr drin, daß ich auch den Größenwahn, von dem
Du sprichst, nicht entdecken kann. Vielleicht ist das ja das typische am Größenwahn,
daß man ihn an sich selbst nicht erkennt. Schriftsteller ist man, oder man ist es nicht,
und wenn man es ist, hat man es zu sein und sich nicht darüber zu beklagen. Ich habe mich
jahrelang für verrückt gehalten, weil ich immer an der fixen Idee festgehalten habe, ein
Schriftsteller zu sein, ohne auch nur irgendetwas geschrieben zu haben, was diese fixe
Idee gerechtfertigt hätte. Aber ich habe immer weiter gemacht, um nichts in der Welt
hätte ich aufgehört. War mir zu wichtig. Das einzig wirklich wichtige überhaupt. Als
ich das erste Buch machen konnte, kam ich mir etwas weniger verrückt vor. Immerhin,
andere waren auch der Meinung, ich sei Schriftsteller. Als ich dann gesehen habe, daß so
ein Buch - anders als ich immer angenommen hatte - der Welt scheißegal ist, wenn man mal
von ein paar Rezensenten und ein paar Tausend Lesern absieht, fand ich mich wieder sehr
verrückt. Usw. Voll normal, oder?
Georg M. Oswald München, Deutschland - 04.08.99 at 11:18:59
Danke, Lorenz, für Deinen letzten Eintrag ins Gästebuch. Anlässlich
solcher Wortmeldungen wie der von Herrn Fucker sollte man sich überlegen, ob man es nicht
überhaupt ganz weglässt.
Georg M. Oswald München, - 04.08.99 at 11:25:17
ACHTUNG.
Herr Oswald,
liebe Elke,
lieber Sven.
To whom it may concern:
Hier spricht Moritz von Uslar, the one and only, derzeit am Computer im SZ-Magazin.
Frage der Urheberschaft: anscheinend ja wirklich eine spannende Frage.
ICH HABE MICH SEIT DEM 30.07.99, 12 Uhr 44, NICHT MEHR IM POOL GEÄUSSERT.
Die letzten 2 EINTRÄGE unter meinem Namen STAMMEN NICHT VON MIR.
So: langweilt es.
So: stoppt's.
So: ist das SYSTEM Pool am Ende.
Technische Probleme.
Ruf nach dem Gesetzgeber.
Liebe Elke, lieber Sven:
Wir brauchen einen neuen Zugangscode.
Bitte: greift ein.
Okay.
Wie stelle ich sicher, daß der Depp nicht weiter unter meinem Namen schreibt?
Ja. ganz einfach.
Indem ich ihn einfach weiter schreiben lasse - unter meinem Namen.
Schreiben Sie, Depp! (Ich finde, Sie machen das eh nicht schlecht, bloß fände ich es
noch toller, wenn Sie selber einen Namen hätten! Depp!)
Internet: DAS Schweinemedium. Ist das schön.
Von Moritz von Uslar lesen Sie hier: nichts mehr.
Ich melde mich wieder, wenn der Depp draußen ist (heißt: der Zugangscode geändert ist).
Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Moritz von Uslar München, - 04.08.99 at 12:05:31
P.S.: Bitte um kurze Rückmeldung von Dir, Georg Oswald, von Euch, Elke
und Sven, dass Ihr das gelesen habt. Das war die definitiv letzte Meldung - vor der
Verfassungsreform: Uslar.
Moritz von Uslar München, - 04.08.99 at 12:16:26
Hiermit ziehe ich meine Aussagen als
Rainald Goetz Berlin, Deutschland - 03.08.99 at 23:00:28
Christian Kracht Da Nang, Vietnam - 03.08.99 at 23:01:57
Moritz von Uslar München, - 03.08.99 at 23:02:53
Christian Kracht Da Nang, Vietnam - 03.08.99 at 23:03:31
Moritz von Uslar München, P1 Pool - 04.08.99 at 04:21:31
Judith Hermann Berlin, Sommerhaus später - 04.08.99 at 05:11:33
zurück. Die Verführung war zu groß, die Kettenreaktion nicht beabsichtigt. Dies ist die
letzte Meldung des Deppen. Ich seid alle nette Menschen. Macht weiter. (Passwortschutz
wäre wohl wirklich nicht schlecht)
Depp Berlin, Deutschland - 04.08.99 at 13:08:29
DATENSICHERUNG
Hier spricht Staatsanwalt Oswald: Nach Herrn von Uslars letzter Meldung - deren
Wahrheitsgehalt sich der Unterzeichete von ihm selbst soeben telefonisch hat bestätigen
lassen - besteht Grund zu der Annahme, daß nicht nur seine Beiträge, sondern auch die
von Rainald Goetz, Judith Herrmann, Christian Kracht, Dr. Eckhart Nickel und Joachim
Bessing nicht von den jeweiligen Namensträgern stammen.
Um die weiteren Ermittlungen zu erleichtern, sind sämtliche Poolteilnehmer aufgerufen, ab
sofort jede weitere Eintragung zu unterlassen. Alles, was Sie, liebe Leserinnen und Leser,
von jetzt an hier lesen, stammt nicht von uns, sondern vom Depp, Depp, Depp! Nach
vorliegen des neuen Passworts oder was auch immer, gehts weiter.
gez. StA Oswald
Georg M. Oswald München, Deutschland - 04.08.99 at 13:12:28
Mein Entsetzen ist groß, ich kann den Worten von Ihnen, lieber Herr
Oswald, nichts hinzufügen. Wie gehen wir denn jetzt vor? Ist das jetzt vorerst das Ende?
Dr. Eckhart Nickel - 04.08.99 at 14:30:00
So, liebe Freunde, lieber Eckhart, lieber Moritz, liebe Eva, lieber Sven,
liebe Elke, liebe Ursula, lieber Lorenz, lieber Georg, lieber Rainald, und ihr alle. Auch
ich melde mich nicht mehr, da die letzten vier bis fuenf Eintraege nicht von mir sind. Auf
Wiedersehen. Es war ja ganz lustig.
Christian Kracht Nicht mehr im Pool, - 04.08.99 at 16:04:42
Hiiieelfe! Der pool überholt uns. Heute aufgeregter Anruf von Matthias Landwehr: Da
schreibt einer unter Uslars Namen..... Wir mußten blitzschnell handeln.
So alles repariert. Bei den falschen Einträgen wurden in kursiv gesetzt. Fehlt noch was,
laßt es uns wissen. Mail an alle Teilnehmer ist unterwegs.
Und das war gestern:
3.8. am Abend
FOLTER: Wir sitzen vor dem abgeschlossenen Telefonanschluß und kommen nicht ran.
Es ist eine Farce. Heute haben wir den Imac in Decken gepackt, ins Auto geschleppt- fünf
Kilometer zur Tante gefahren - ausgepackt, über die Steine geschleppt und angeschlossen.
Danach schwimmen gewesen und Bulle gegessen, Saft getrunken - schön; aber auf Dauer kein
Zustand. Lächerlich ist das, jeden Tag so eine Unternehmung.
Zum Dank die Tante auch noch zum Hecht eingeladen.
Liebe Eva, das stelle ich mir oberfein vor, wie du in rosa durch Saigon läufst.
Mit rosa hatte ich dieses Jahr in Bangkok eine besondere Begegnung: Auf der Soi 62 war es
sogar, während wir beim Essen saßen, an der wunderbaren Nudelsuppe, lief ein stolzer
alter Mann vorbei und in der Dämmerung leuchtete sein rosa Hemd so fein und oberkorrekt,
daß ich dachte: Wow das ist es. Die einzige und absolute, korrekte Oberhemdenfarbe: ROSA
Ich trage: immer noch ROT, am besten zu olivgrün und weiß.
Lieber Harald Staun, vielen Dank für ihren Eintrag. Ich war direkt erstaunt -hihi - was
für ein symphatischer Mensch sie sind und daß sie doch auch eine ganz klare Haltung
haben, das hätte ich SO gerne in der SZ gelesen. Kommt aber auch im Gästebuch sehr gut.
Und Respekt vor den Absätzen.
Liebe Britta, hast du auch einen Nachnamen (oder verbirgt sich am Ende unser Nickel hinter
diesem Pseudonym)? Nichts desto Trotz interessiert sich unser Agent für dich. Ihm ist das
zu peinlich, das ins Gästebuch zu schreiben, deshalb mache ich für ihn die Drecksarbeit,
weil er auch für mich die Drecksarbeit macht und außerdem ein feiner Mensch ist. (Und
vielleicht treffen wir uns einmal auf Ko Tao) mail an pool.
Und zuletzt lieber Georg, würdest selbst Du den "selbstgebrannten" Whiky nicht
herunterbringen. Das hört sich nämlich besser an, als es ist. Tatsächlich wird eine im
Supermarkt erhältliche Essenz mit dem Namen TURBO mit Hefe Zucker und Wasser in ein
Gefäß gegeben, darin sie gärt und zuletzt mit einer Flüssigkeit der Geschmacksrichtung
Whisky (oder Gin, oder Wodka u.s.w) verfeinert.
Aber das macht Svens Großmutter natürlich nicht, weil es nicht schmeckt und man dafür
ins Gefängnis kommt. Das habe ich nur erfunden.
Und dann gibt es glaube ich niemanden, der sich durch ein besonderes Quälen am Text
hervortun will und das eine schließt das andere nicht aus, im Gegenteil steht es in
keinerlei Konkurrenz, das Quälen und die Textqualität, ein kompletter Unsinn, so etwas
zu behaupten und da gebe ich auch dem Harry ganz recht, daß es gelegentlich interessanter
zu lesen ist, was hinter dem Text steckt, als der Käs, der dabei herauskommt und den man
sowieso zu lesen bekommt.
Nicht um das Leiden, geht es hier, das nach außen getragen wird, sondern eine
Auseinandersetzung mit dem Schreiben: Können - Müssen. Mit dem Schriftstellerberuf im
Besonderen, und da liegt das Mißverständnis.
Heute gesehen: 3 Rebhüner, 2 Rehe, 1 Fasan, 1 Fuchs, 1 Elch und viele viele Mücken. Und:
- ahhhhh - eine Sternschnuppe.
God Natt
Elke Naters Tjurkö,, S - 04.08.99 at 18:30:26
F wie Fake. Wieso dachte ich der wäre böse? Hat sich sogar
verabschiedet. Good Bye. Komischerweise will im Netz ja jeder ein Hacker sein, Anarchie
und so. War auch einfach reinzukommen. Aber wer würde sich schon unter falschem Namen als
Schriftsteller ausgeben, um eine Lesung zu machen?
Also: Neuer Zugang, neues Glück, check your e-mail.
sven lager bei tantes kuchentafel, - 04.08.99 at 18:38:18
Großer Sieg für pool. Wo sonst auf der Welt gelingt es einem, binnen
eines Nachmittags alle Deppen rückstandsfrei in den Orbit - i.e. zurück ins Gästebuch -
zu schießen? Den Bekennerbrief im Gästebuch halte ich trotz seiner treudoofen
Zerknirschtheit nicht für echt, weil er mit Matthias Horz unterschrieben ist.
"Kommando Matthias Horx" hätte mich mehr überzeugt. An unseren Frisuren sollt
ihr uns erkennen. Danke poolmaster Sven für die schnelle Hilfe.
Georg M. Oswald München, Deutschland - 04.08.99 at 20:37:56
Chineville - eine Stadt in der vergangenen Zukunft. Am Strassenrand war
der schwarze Wolga 1969
geparkt. Das war der Code. Die Internet-Apotheke war erwartungsgemaess in Minzgruen
gestrichen.
Der Apotheker rauchte Crystal Meth und blies dreieckige Rauchschwaden in die Luft.
Zitternd tippte
er das Passwort ein.
Der Apotheker: Frueher haben die Menschen die Vietnam Post auf dem Klo gelesen.
Das Hologramm: Da gab es noch keine Demokratie.
Der Apotheker: Aber die Dinge, das Wissen, das muss doch irgendwo existieren.
Das Hologramm: Nein, das einzig Wichtige ist, die Wege dorthin zu finden.
Der Apotheker: Aber, wo denn? Das Wissen muss doch alles irgendwo existent sein.
Das Hologramm laechelte muede und wandte sich wieder dem Bildschirm zu.
Eva Munz Hoi An, Vietnam - 05.08.99 at 14:00:46
Erstmal muß mich wundern. Ist hier ein Bundeswehrgelöbnis am
Bendlerblock? Mich erstaunt die Ernsthaftigkeit. Mir ist Georg Oswald auch zu streng,
keine Gefahr im Verzug. Entschuldige Georg, tatsächlich habe ich zu den Fakern gehalten,
auch wenn von den einen, die dir ständig antworten, nicht der Nickel/Bessingrap ist, den
wir uns laut vorgelesen haben. Pool war so gebaut, daß man hineinkommen kann, wird auch
immer so bleiben, da finde ich die falschen Einträge eine gute Abwechslung.
Gentlemeneinbrecher, you are family wollte ich schon schreiben, aber der ganze Zauber ist
mir wieder zuvorgekommen. Beleidigtsein ist doof, 'wir wissen wo Ihr Auto steht', so ein
Blödsinn. Und worum ging das ganze? Wird schon von Codeknacken geredet. Und dann seid ihr
wieder im Pool, was dann? Ganz toll stören. In den Achzigern in Berlin ging ich oft ins
Sputnik Wedding, weil sie ein ausgezeichnetes Kinoprogramm hatten. In irgendeiner Reihe
zeigten sie Pornos aus den Dreissigern, absurdes Stripzeug und schon wurden ihnen die
Scheiben eingeworfen. Die ganze Stadt war voll von Pornoschuppen und reaktionären
Kinohitcentern, aber hier flogen die Steine. Also: sucht euch die besseren Ziele.
PS: Ficki ficki ist auch langweilig auf Dauer. Im Netz gibt es so ein verwandeltes
Spannertum, das sich als Bürgerschreck verkleidet, deshalb stört mich auch nur am Faken
dieses Anonymbleiben. Über uns weiß man bald alles, weil wir darüber im Pool schreiben.
Versteht ihr die Idee dahinter? Habt ihr ein Leben? Nicht so einen Virtuellkram, das was
ihr lebt. Hat jemand Angst, daß wir sagen: 'Wir wissen wo euer Auto steht'?
Und um dem leidigen 2. und 1. Klasse-Problem mal abzuhelfen: Es gibt den Pool und es gibt
das Gästebuch, daß ich genauso schön gebaut habe, oder? Liebevoll habe ich mir die
Farbe ausgesucht und finde sie fast schöner als das Poolgrün. Was also ist schlechter am
Gästebuch?
sven lager insel, - 06.08.99 at 14:44:19
Am Montagabend, nach dem ganzen hin und her, ging ich nochmal mit Anton
angeln. 'Schnell, schnell,' sage ich zu ihm und er rennt neben mir her in seinen
Gummistifeln und der etwas zu großen Schwimmweste. Die Sonne ist schon hinter den ersten
Bäumen, das Meer ist still. Wir rudern raus durch einen Teppich von geflügelten Ameisen,
die auf der Oberfläche kleben. Wir sind leise und dann beginnen die Fische zu springen.
Plopp, plopp. Sie warten eine Weile bis das letzte Geräusch der Ruder verschwunden ist.
Barsche beißen an, sogar ein kleiner Hecht. Die Barsche haben rote Federn und sehen mich
vorwurfsvoll an, wenn ich den Haken wieder aus ihrem Maul heraushole. Der Hecht ist nur
grimmig. Anton hat nichts dagegen, daß ich die Fische mit einem Schlag töte. Die Barsche
zittern dann immer noch ein wenig, elektrisiert. Der Hecht jagd mir den Haken in die Hand.
An manchen Stellen brodelt es, als koche jemand Wasser. Früher hatte man hier Angst vor
russischen U-Booten. Wir schmeißen die Eingeweide aus den Fischen hinein in die
Luftblasen und statt zu schwimmen verschwinden sie sofort in der Tiefe.
s.l. pool as pool, - 06.08.99 at 14:47:29
STOPP
Es muß daran liegen, daß wir nicht jeden Tag reinschauen können. Ihr habt zwar euren Realpool, aber es juckt euch mächtig hier reinzuschreiben, oder? Also ist jetzt Ende, weil wir es von hier aus nicht so schnell schaffen ein tolles Passwortsystem zu bauen. Danke! und das ist nicht nett gemeint. Jetzt habt ihr euren Realpool und der reicht euch nicht, es müssen auch noch alle Einträge von euch ins Gästebuch. Wollte euch schon anbieten ein link zu euch zu führen vom Gästebuch, aber jetzt habt ihr es wirklich versaut mit diesem dämlichen Gelalle, das nur die Seiten füllt, unsere Seiten.
Sven Lager 9.8.99
Pool ist zu. Kann ein paar Tage dauern.
pool 9.8.99
Wir haben uns jetzt kurzgeschlossen, Thomas Melle und ich. Seine mail an uns zu dem Ganzen ist im Gästebuch. Passwortsystem wird jetzt gebaut, dann geht es weiter. Die Pooleinträge von ihm und Matthias Horz in den letzten Tagen sind jetzt im Gästebuch.
Sven Lager Schweden - 9.8.99 at 18:14:44