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pool #7 17.07.-24.07.1999
pool #6 / pool #8
Draußen wienert mein Lieblingsberliner sein Auto. Es ist aubergine und
hat einen Ferrari-Sticker. Der Mann wienert und putzt. Er selbst ist unendlich häßlich.
Grauer Fuselbart, Dauerwellen-Sturmhaube, fleckig-buntgemusterte Schlabbershorts und
graude Strümpfe in den Sandalen.
Ein echter Höhlenmensch, der sich in sein sexy Auto zurückzieht wie man als Kind sich
unter der Bettdecke versteckte.
Kennt ihr die Mauerberliner? Die schon so lange da sind, Hängeschultern, verwaschene,
schwarze T-Shirts, immer auf Schnäppchenjagd und Subvention?
Today, I am proud to say I am not a Mauerberliner.
Jetzt schnell Tour de France gucken. Da liegen Seelen nackt aufm Asphalt. Vor 25 Jahren
hab ich schnell noch vorm Schulweg die Ergebnisliste in der SZ geguckt.
Ich wünsche mir mehr ehrliche Worte, wie die von Freund Moritz, und evtl mal n paar neue
Teilnehmer-Seiten.
Lorenz Schröter Berlin, - 17.07.99 at 15:35:18
Ursula Döbereiner Berlin, - 17.07.99 at 17:18:00
so. jetzt endlich. zurück! sintflut in ffb. (oder sinnflut? im ernst, ich
weiß es nicht. macht aber sinn.)
an dem vormittag, an dem ich schwänzen mußte, weil ich dem armen louis, den seine
schüler mit knoblauch vergiftet hatten, wadenwickel machen mußte und anschließend in
den helmut lang ausverkauf rein, der dann aber doch ausgefallen ist, weil
höchstwahrscheinlich schon vorbei und außerdem habe ich lieber meine freundin katharina
klemm, ebenwelche, deren telefonnummer der lottmann haben wollte und die ich ihm nicht
gegeben habe, im stadtmuseum auf ein kännchen tee getroffen. sie: earl grey, ich:
darjeeling.- apropos lottmann: dieser name fiel des öfteren, ausgelöst von einem
artikel, den herr spiegel zitierte, als ein negativbeispiel der literaturkritik,
erschienen in der ZEIT. "diese wunderbaren locken" war in etwa die überschrift
und im weiteren text altherren schmierereien über den gepiercten bauchnabel von alexa h.
von l. "das ist vom lottmann", wußte einer gleich, ich glaube das war john von
düffel, und sofort wußte jeder seine eigene, besondere lottmanngeschichte zu erzählen.
karen duve erzählte: auch sie hätte er angerufen, um sie zu befragen, zu eben jener
geschichte, die nie erschien, und schon nach wenigen minuten wurde er persönlich und
beklagte sich darüber, daß er des öfteren von frauen vergewaltigt werde. also an jenem
vormittag, kam frau isolde ohlbaum in die villa der kester häussler stiftung in ffb und
hat alle jungen (im sinne von: noch nicht alt) schriftsteller fotografiert. außer mich
(oder mir?). ich wurde am abend zuvor vom martin fengel in seinem atelier in der
entenbachstraße fotografiert. aber das konnte frau ohlbaum nicht wissen. aber georg
oswald, den ich im bus am marienplatz getroffen habe, (nach ungefähr zwölf jahren, wie
wir kurz überschlagen hatten) und das war sehr fein. zusammen sind wir zum martin
gefahren und der georg hat eine flasche weißburgunder geholt (den grünen vetliner hatten
sie nicht kalt), in der weinhandlung nickel, um unseren ruf als weißweintrinker zu
begießen, die wir natürlich nicht sind, sondern handfeste bier- und schnapstrinker und
dann hat uns der martin mit unseren schnapsnasen fotografiert. anschließend ging es zum
karingrafempfang nach schwabing und danach bin ich zum louis in die hans-sachs-str. der da
lag und dampfte und stöhnte, weil ihn seine schüler vergiftet hatten.
elke naters berlin, d. - 17.07.99 at 20:45:10
1. Das geschlossene System
2. Mink de Ville
3. Der Arzt
4. Leuchten
5. Lea Rosch
6. Sachsen
7. Das Tal der Schatten
8. Burschikos
9. Axel Pflugbeil
10. Ricky Martin
11. Ultra Vivid Scene
12. Singapur
13. Der Boxeraufstand
14. Samt
15. Januar
16. Waschen
17. Der Bart
18. Rem Koolhaas
19. Das Nordlicht
20. Die Rotunde
21. Chaim Soutine
22. Zuerich
23. Palais Schaumburg
24. Die Rechnung
25. Die Dunkelheit
Christian Kracht Vientiane, Laos - 18.07.99 at 05:24:43
Manchmal hat die Wettervorhersage in den Spaetnachrichten einen Effekt,
den sonst nur die Vorspannfilme von Aktenzeichen XY ausloesen koennen. Dann, an diesen
wunderbar unheilschwangeren Sommerabenden, ist von einer Gewitterfront die Rede, die
"heftige Gewitter bereits am Vormittag" ausloesen wird, "begleitet von
Sturmboeen". Dann ist der fruehe Morgen wie der Beginn eines unheimlichen
Kriminalromans oder eine Folge der besten Serie ueberhaupt, Twin Peaks. Schon die Luft
riecht, nach diesem wirklich trockenen Hochsommertag gestern, nach Regen und See. Jede
Wolke wird zum Boten der Finsternis, ein Regenbogen verheisst nur scheinbar Gutes.
Ueberall sucht man die dunkle Front, die den Untergang bringen wird, jedes Rollen eines
Lasters ist der erste Donner. Danach wird nichts mehr so sein wie es war. Blitze,
blecherne Einschlaege, Gewalt, Verwuestung, das Ende meiner Zeit hier hinter der Grenze.
Dr. Eckhart Nickel Strasbourg, Frankreich/Elsaß - 19.07.99 at 08:31:21
neue seiten von eva munz und kino
andere seiten von:www.heinerlink.de/girgl.htm
sven l. - 20.07.99 at 02:20:15
Ich kann nur immer wieder darauf hinweisen: www.heiermann.de. Bitte seht
selbst.
Eckhart Nickel Strasbourg, Frankreich - 20.07.99 at 08:31:10
Kann mir jemand sagen, warum Nickels Wetternachrichten im Moment so diffus
sind? Ich wünsche mir Erklärungsversuche.
Christian Kracht Bangkok, Thailand - 20.07.99 at 09:34:59
Sonntag an der Thames in der Sonne gelegen. Engländer kamen nur paarweise
vor. Alle waren sonnenverrückt, ich nur müde. Ein Schild an der Brücke suchte nach
Zeugen, die zwei Tage vorher um 18.40 Uhr eine junge Frau ins Wasser hätten springen
sehen. "Attempted murder" war die Überschrift. Ich glaube nicht, daß sich
jemand gemeldet hat.
Maike W. München, - 20.07.99 at 15:43:36
montagabend im kumpelnest. die abendsonne spiegelt sich schräg gegenüber
- auf der anderen seite der potsdamer straße - in der glasfassade und leuchtet uns golden
ins gesicht. nebenan in der Asia Snack Bar weint ein chinese mit gelben hemd und langem
zopf in eine papierserviette. Ein dicker deutscher klopft ihm auf die schulter und eine
kleine chinesin mit Kind ißt ungerührt, als würde sie das ganze nichts angehen. das
kind schüttet wasser in den aschenbecher und läßt darauf kleine schiffchen fahren.
später sitzt der deutsche mit einem anderen deutschen am tisch, der weinende chinese ist
weg und der dicke haut der kleinen chinesin immer auf den mund, wenn sie etwas sagen will.
elke naters berlin, d - 20.07.99 at 16:33:39
ja, es ist eine sehr lustige seite www.heiermann.de, ganz besonders hat es
mir sein derzeitiger mitbewohner angetan. so ein schönes barock, wo gibts das noch? das
kann ich gebrauchen, weil etwas sehr tristes passiert in meinem leben. nein, nicht so sehr
in meinem, vor allem in dem meines stiefvaters. gerade noch saß er am winterfeldtplatz
mit einer büchse bier in der hand und schaute den letzten rollerbladern zu. die sonne kam
gerade heraus, als ich vorbeifuhr und das frisch heruntergeregnete wasser fing schon
wieder an zu verdampfen. er saß im schatten und sein gesicht sah sehr weiß aus, und
grün. wahrscheinlich hat er eins draufbekommen. 'ich fahr mal nach polen oder so' meinte
er noch am samstag zu mir und ich sagte nichts, weil er meistens von alleine weiterredet.
jetzt ist er wieder da. meiner schwester hat er erzählt in stettin auf dem bahnhof
hätten sie ihn aufgegriffen und ihm das geld weggenommen. die polizei. irgendwas mit
einer quittung, die er nicht bekommen hat dafür. es ist sehr traurig, weil ich ihn nicht
leiden kann. er hat mich gequält deswegen konnte ich ihn noch nie leiden. er möchte es
wieder gutmachen und schickt den kindern einen cassettenrecorder und buntstifte, die er
aus dem büro hat, wo er arbeitet. er ruft an, alle zwei jahre. ich sage nichts, er redet,
ich lege wieder auf, das ist mir lieber so, denn er wohnt allein in einer anderen stadt.
ich fahre nocheinmal vorbei und er sitzt noch immer da. ich wußte daß er zurückkommt.
er kommt zurück und macht terror. er kommt nach berlin und macht geschenke, großes hallo
und ist ganz besonders herzlich, wie gehts denn so, als wäre nie etwas gewesen und dann
fällt er plötzlich um. die rollerblader sind weg, junge paare schlendern durch das
letzte licht auf dem platz und ein stück klaren himmels bewegt sich über die häuser. er
hält die bierdose noch in der hand und er starrt auf die stadt, voller selbstmitleid,
weil ihn keiner liebt.
s.l. berlin, - 20.07.99 at 23:13:57
www.heiermann.de
Lieber Herr Dr. Nickel, sie mögen das ja lustig finden, aber ich bin latent
suizidgefährded und wenn ich sowas sehe, bricht alles wieder auf! Dieser Crossover aus
Fantasy-Hardrock, kirchlicher Jugendgruppe, technischer Versiertheit und blonder
Struwelmatte mit Akne lässt mich weinen, weinen, weinen. Verstehen Sie? Ich habe mir doch
diese Welt nicht ausgesucht. Und www.heiermann.de beweist: sie macht, was sie will!
Georg M. Oswald München, Deutschland - 21.07.99 at 01:01:59
Ein Schattenmann spielt mit, der nicht ich ist, aber ich zu sein behauptet
oder besser: schreibt. Nie sah ich oder empfahl ich Heiermann. Das klingt ja furchtbar.
Das Medium ist in das Stadium der Kontamination uebergegangen, heute schreibe ich dieses,
morgen bin ich jener, und uebermorgen stehle ich der Koenigin ihr Kleid. Oder war es der
Kaiserin ihr Kind? Tuffig, Tuffich ausgespochen, mein Wort des Tages. Es beschreibt die
Struktur der niedrig dahinziehenden Atlantik-Wolken, die hier in das fruehe Morgenlicht
nach Osten treiben. Weich und grau, ohne allzu festen Zusammenhalt, als koennten sie
jederzeit ihre Gestalt nach unten verlieren. Unentschlossene Sommerwolken, die zu kleinen
Schauern, aber auch zu friedlichen Schoenwettergebirgen werden koennen. Auf den Passagen
der Strasbourger Altstadt: Bouquinisten am frühen Morgen schon. Tintin-Bände zu
saturierten Preisen. At home he feels like a tourist.(Gang of Four)
Dr. Robert Strasbourg, France - 21.07.99 at 09:44:30
Gestern mit Hansi Betz im Pacific gewesen, wir saßen an der Ecke Baader-
Buttermelcherstraße schräg gegenüber vom "Wahnsinn". Die um Stil besorgten
Ober des Pacific verdrehten jedesmal die Augen, wenn beim "Wahnsinn" drüben
wieder die Tür aufging und irgendwelche Tresenhits herauswummerten, natürlich begleitet
vom fidelen Gegröhle der Gäste. Richtig spannend wurde es, als ein muskelbepakter,
sonnenverbrannter, oberarmtätowierter Riese in seinem Wrangler Jeep in die schmale
Buttermelcherstraße einbog, dabei ein Fahrrad über den Haufen fuhr und schließlich
direkt vor dem "Wahnsinn" in zweiter Reihe parkte. Der Riese stieg aus, er trug
eine Kutte mit der Aufschrift "Gremium" - die sind doch als kriminelle
Vereinigung verboten, sagte ich zu Hansi - und ging in das "Wahnsinn" hinein.
Schutzgelder abgreifen? Keine Anhnung. Draussen jedenfalls zwängten sich Kleinwagen an
dem Wrangler vorbei, bis ein Landrover, gelenkt von einem etwa Fünfzigjährigen, Typ
Landadeliger, dahinter stehen blieb, weil er nicht vorbeikam. Er hupte lang und
ungehalten. Einmal, zweimal. Dann kam der "Gremium" heraus, mit hochgezogenen
Augenbrauen und der Landadelige fuhr bei diesem Anblick hinter seinem Volant zusammen,
schüttelte aber dennoch - wahrscheinlich, nachdem er die Zentralverriegelung betätigt
hatte - tapfer den Kopf. Der "Gremium" lachte laut und gröhlend, hinter ihm
lugten einige der lichtscheuen Lurche aus dem "Wahnsinn" ins Freie und grinsten.
Er nahm Anlauf und wuchtete sich auf seinen Wrangler, nachdem er ein paar lustige
Beleidigungen in Richtung Landadeliger abgelassen hatte, und fuhr davon. Der Landadelige
redete sich hinterher vermutlich ein, überhaupt kein bisschen eingeschissen zu haben.
www.gremium.de
Georg M. Oswald Gremium, München - 21.07.99 at 13:06:14
Herr Kracht, Nr. 23, Palais Schaumburg - das Gebäude oder die
"Musikgruppe"?
Oswald Mü, - 21.07.99 at 20:19:32
Passt jetzt nicht, aber trotzdem: In Cottbus, mit dem Fernsehen: Der
schwarze Fußballspieler Moudachirou Amadou aus Benin, ein Begnadeter, ohne den Energie
Cottbus den Klassenerhalt kaum geschafft hätte, wird den Verein verlassen und in den
Westen ziehen. Gründe: das schwere Leben eines schwarzen Mannes im Osten und ein gutes
finanzielles Angebot des Karlsruher SC. Wir besuchen zuerst Amadous weiße Freundin im vom
Verein gestellten Reihenhaus. Sie erzählt wie ihr vor ein paar Tagen Kinder im Supermarkt
hinterherriefen "Deutsche Schande!" als sie das dunkelhäutige Baby im
Kinderwagen sahen und wie Amadou vor ein paar Wochen die Nacht nicht einschlafen konnte,
nachdem er in eine Disko nicht reingekommen ist. Dann kommt Amadou zurück von den letzten
Besprechungen bei seinem alten Verein. Der neue Vertrag ist unterschrieben und nach
Karlsruhe gefaxt. Wir machen das Interview, die beiden sitzen auf der Couch, die Wände
sind kahl, weil das Haus dem Verein gehört und der nicht erlaubt, daß Nägel in die
Wände gehauen werden. Amadou erzählt von seiner Angst, daß ihm sowas passieren würde,
wie dem Algerier in Guben vor ein paar Wochen. Der sprang, um sich vor Faschos zu retten,
durch eine Glasscheibe. Passanten ließen ihn verbluten, weil sie Angst hatten sich mit
Aids zu infizieren.
Dann, wie er in die Disko nicht reingelassen wurde. An einem Black-Music-Abend! Wir wollen
den Versuch mit laufender Kamera machen und fahren zur Disko Arena in einem Gewerbegebiet
im Norden der Stadt. Es ist alles genauso wie erwartet: Mittwochabend, Black-Music-Night,
fast nichts los, Amadou wird nicht reingelassen: Kein Zutritt für Neger. Wir werden
rausgeschmissen, weil wir keine Genehmigung haben. Die entscheidenden Szenen sind aber
heimlich gedreht. Draußen noch eine Debatte mit dem Personal, nicht mal besonders
aggressiv, es ist halt so wie es ist: Sind keine Rassisten, haben nichts gegen Neger. Gab
ein paar mal Ärger mit Drogenverkauf, dann sind an ein paar Abenden Neger von den Faschos
verprügelt worden. Das ist der Grund: Die Neger vor den Faschos schützen. Neger, Neger,
Neger. Man kann sie nicht unterscheiden, sehen ja alle gleich aus. Amadou wird trotzdem
als der Fußballstar erkannt, jemand fragt nach einem Autogramm. Dann fahren wir ins
Hotel.
Am nächsten Morgen das Interview mit dem Diskobesitzer in einer verlassenen Bowlingbahn:
Der Mann ist aufgeregt, aber nicht sauer, eher betroffen: sieht aus als hätte diesmal er
die Nacht nicht geschlafen: Die Sache hat schon die Runde gemacht: die Bildzeitung hat
angerufen, die Stadtverwaltung, die Gewerbeaufsicht.
Ausgerechnet ihm wirft man Rassismus vor, ihm, der als einziger in Cottbus schwarze
Musiknächte macht, schwarze DJs für viel Geld bucht. Ob wir uns denn vorstellen können,
wie schwer das ist, an so einem Ort. Kein Gast mit Springerstiefeln und Stahlkappen kommt
in seine Disko, wer rassistische Tattoos hat, muss die bedecken usw. Er selbst hat an der
Kasse gestanden als Amadou vor ein paar Wochen kam und weil der Laden voll war und er
Angst hatte, daß dem Fußballstar was passieren würde, habe er gesagt: Komm doch lieber
ein andermal wieder! Amadou sei gleich an die Decke gegangen, hätte getobt und ihn als
Rassisten beschimpft, wieder und wieder. Ausgerechnet ihn. Da habe er halt ein Hausverbot
ausgesprochen, was soll er machen? Wer sich so danebenbenimmt!
Wir glauben ihm fast alles, finden ihn einen tragischen Helden, Amadou auch, den
Bürgermeister auch, die Stadt und das ganze Land auch. Wir fahren nach Berlin zurück,
abends ist die Geschichte im Heute-Journal, am nächsten Tag in der Bildzeitung: Wegen
Ausländerhass: Fußballstar verläßt Cottbus:DISCO-RAUSSCHMISS IM TV.
Die nächste Woche gibt es Demos und antirassistische Spaziergänge.
Das ist jetzt zwei Wochen her, aber es geht mir aber immer noch im Kopf rum. Es gibt keine
Pointe in der Geschichte: nicht in die Disko kommen ist ja wirklich läppisch, ist jedem
schon mal passiert. Schwarze nicht reinlassen, damit sie nicht verprügelt werden ist
natürlich absurd, fällt einem gleich der Begriff "Schutzhaft" dazu ein. Der
Reflex ist aber auch falsch, das ist nicht wieder das 3. Reich. Farocki, dem ich die
Geschichte heute morgen erzählte, fand den Begriff: Kinderrassismus, Angst vorm schwarzen
Mann, das kommt der Sache schon näher. Mich deprimiert das alles, dieser gesamte deutsche
Osten. Wenn ich nur daran denke wird mir übel. Finde jemand ein gutes Wort.
ludger blanke, berlin, deutschland - 22.07.99 at 03:48:44
Guten Morgen, Herr Oswald: Ich kann die ein gutes Jahr in der Zeitschrift
"Tempo", immer auf der letzten Seite erschiene Liste - und besonders Ihre Frage
nach Palais Schaumburg - nicht erklaeren. Diese Liste sprudelt einmal die Woche aus mir
heraus. Sie ist nicht steuerbar. Allerdings muss auch ich mit einigem Entsetzen
feststellen, dass ich bestimmte Texte, die unter meinem Namen im Pool erscheinen, gar
nicht selbst verfasst habe. Die Auswirkung dieser allerneuesten Erscheinungen ueberlasse
ich lieber Webmaster Lager, oder jemand, der mir ueberzeugend den Lacanschen Spiegel nicht
nur erklaeren sondern diese Erklaerung fuer mich auch auf den Pool anwenden kann. Any
guesses, ladies?
Christian Kracht Bangkok, Thailand - 22.07.99 at 10:10:58
Das fatale in Deutschland ist ja diese ganze Hysterie, diese Angst vor
Rassismus, die den prinzipiell scheinbar nichtrassistischen Disko-Besitzer aus Angst vor
Rassisten zu Maßnahmen fuehrt, die eindeutig rassistischen Charakter haben. Auch wenn er
den Neger ja nur zum "eigenen Schutz" nicht reinlaesst, weil er Angst vor den
Skinheads hat. Eine perfide Akkumulationsstrategie der Rassisten, die durch ihre drohende
Gewalt solches Verhalten provozieren. Entschuldigt den Disko-Besitzer aber nicht, macht
nur deutlich, wie gross die Angst ist und die Feigheit und das raecht sich halt mit einem
Fernsehbeitrag und dann kommt auch noch die Bildzeitung und ploetzlich ist ein
Disko-Besitzer im Brennpunkt antifaschistischer Gewalt und die Spirale dreht sich weiter.
Uebrig bleibt ein Kicker in Baden-Wuerttemberg, die Wohnung wird nicht wirklich anders
sein, mehr Geld jedoch und Diskos, die "Tangente" heissen und
"Funkadelic". Da gibt es dann Black Music jeden Tag und flunkernde
Kassiererinnen im Supermarkt. Mauertraeume.
EN SB, FR - 22.07.99 at 10:20:37
Ehrliche Worte gibt's nicht mal im Beichtstuhl und der ist uns
Protestanten eh' versagt.
Die Krankenkasse hat meinem Bruder die vierte Psychotherapie genehmigt. Er liebt seinen
Therapeuten. Einmal wöchentlich sitzen sie sich gegenüber auf geblümten Sofas mit einer
karierten Packung Männer-Kleenex auf dem Eichenbeistelltisch. Draußen Rasenmäher. Mein
Bruder redet meistens über mich. Weil man über mich so leicht lügen kann.
Wenn mich mein Bruder besucht, umarme ich ihn so, daß er meinen Oberkörper nur erahnt.
Wir sollten wieder Brotsuppe essen und unter dem Küchentisch spielen. Statt dessen sagt
mein Bruder, daß seine Steuererklärung sein Kreuz ist, daß ich gut rieche. Ich habe
Angst, daß er stirbt. Wenn er mir das antut, weiß ich nicht, was ich mache. Ich liebe
meinen Bruder.
Maike W. Filmhochschule München - 22.07.99 at 12:06:13
die familie schläft bereits. die gästebetten sind bezogen. es gibt
nichts mehr zun, deshalb übe ich ansagen auf dem anrufbeantworter. pool sommerpause -
nicht für uns. morgen kommt die putzfrau und leert die letzten alkoholvorräte. ob es
einen grund dafür gab, daß die kühlleitung geplatzt ist, bevor wir das auto nach
schweden bestiegen haben? wäre UNS sonst das auto um die ohren geflogen? oder eben gerade
nicht, und morgen...
ich denke an kristin, die heulend am küchentisch ihr testament schrieb, an dem abend
bevor sie mit thomas nach frankfurt flog, für das große s.fest, und die kinder in n.y.
zurückließ, mit dem tibetanischen kindermädchen dawa und dem münchner friseur
hintermaier. aber wir nehmen die kinder mit. wir fahren gemeinsam hinein ins verderben.
dafür gibt es auch einen schönen namen, für die katastrophenangst vor einer reise.
harald schmidt hat sie einmal alle vorgelesen.
so long. good bye.
elke naters berlin, d. - 22.07.99 at 22:33:51
ja wo sind sie denn? die betten stehen noch da mit ihren
zurückgeschlagenen decken, so habe ich mir das immer gewünscht, fremdenbetten. dann muß
natürlich auch noch ein betthupferl unter das kopfkissen. ach, ich liebe fremdenzimmer!
das hat sich jetzt umgekehrt bei uns. oder standen die unten vor der tür mit ihren
piepsenden handys und kamen nicht rein? so höfliche menschen, dabei ist unsere klingel so
laut, daß selbst kennedy jr. wieder aufgewacht wäre. jetzt haben sie ihn tatsächlich
gefunden, angeschnallt in seinem kinderflugzeug, auf dem meeresgrund. sehr fremd diese
kennedyerregtheit. so ein traum vom guten weißen amerikaner, und alle sehen sie aus wie
vom gard haar studio. die nutzlosesten amerikaner, was wieder für sie spricht, politisch,
überhaupt sehr nutzlos zu sein, ein sehr buddhistisches element in der öffentlichkeit.
sehr sehr vergänglich.
heute fahren wir mit einer dieser fähren. in den gängen stehen einarmige banditen und
die restaurants haben fernfahrerstammtische, und manchmal sinken sie. vielleicht fahren
wir über die estonia, die sie komplett als grab auf dem meeresgrund einzementieren
wollen, aber oben auf dem deck werden möwen sein und flache kompakte wolken, die am
großen schornstein vorbeiziehen, salzige luft, kalt und feucht lieber eckhart nickel, das
meer, das mir immer wieder fehlt, immer und immerwieder im stillen binnenland.
sven l. mitte, - 23.07.99 at 07:47:32
Schlafkonto immer weiter ueberzogen. REM Dispo geplatzt, wie Nika sagen
wuerde. Aber das weiss ich alles selber. Muss ich mir eigentlich nicht dauernd sagen
lassen. "OH, Ihvah you look so TIRED!" Habe ich heute von fuenf verschiedenen
Menschen gehoert. Und es ist gerade mal ein Uhr.
Das sagen die Leute hier immer ganz ernst und leise und beunruhigt und danach lachen sie
aber ganz laut und herzlich und strahlen einen mit ihren ausgeschlafenen Gesichtern an.
Weil sie meistens so laut lachen, drehen sich alle anderen auch zu einem um und
bestaetigen dann das Ganze mit noch mehr Gelaechter. Schlimm. Dabei wollen sie nur, dass
ich das Gesicht nicht verliere. Das mit dem muede aussehen ist naemlich nur so eine
Tatsachenfeststellung. Nichts worueber man eigentlich beleidigt sein muesste. Das muessen
sie sagen, das gehoert sozusagen zum Job. Das man solche Sachen wahrnimmt. Wenn sie
allerdings danach nicht lachen wuerden, dann wuerde ich und derjenige, der das gesagt hat
das Gesicht verlieren. Wahnsinnig kompliziert.
Leider verliere ich trotzdem immer das Gesicht, weil ich naemlich nicht mitlache. Schaff
ich nicht. Ich kenne das Spiel zwar jetzt schon in und auswendig, aber es kommt immer
wieder als brutaler Schock: "Ivah, you look VERY tired!" Das mit dem Schock
sieht man mir dann genauso an, wie das mit der Muedigkeit und dann ohne Lachen. Oh, Oh,
Oh. Schnell versuchen diese netten Leute dann mein Gesicht zu retten. Das wenige, was noch
uebrig geblieben ist und sehen ganz schnell weg von dem meinem elenden, verlorenen Gesicht
und reden vom Essen. Das ist so, wie wenn wir vom Wetter reden. Schnell Thema wechseln.
Dann spaeter Ortswechsel. "You look sooo tired!". Ich: "That's because I AM
tired." Ganz falsch. Face loss. Alle lachen schnell um mich zu retten."You like
lunch, now, rice or noodles or coffee, madame, black, no sugar?" Hahahaha.
eva munz bangkok, thailand - 23.07.99 at 08:21:31
Das Eindrucksvollste an der Medizin ist ihre Sprache.
"Altersflatulenz" etwa, um ein Beispiel aus dem Gästebuch zu nehmen - die ganze
Widerwärtigkeit des damit bezeichneten Krankheitsbildes findet sich in diesem Wort. Dabei
ist es durchaus von wissenschaftlicher Kühle, ohne allerdings auf Anschaulichkeit zu
verzichten. Ich sehe den Herrn Professor mit zugehaltener Nase vor dem Patienten stehen
und seinen auf Visite mitgekommenen Assisstenzärzten erklären: "Die Diagnose ist
eindeutig, meine Damen und Herren Kollegen: Altersflatulenz!" BRAAB!
Georg M. Oswald München, - 23.07.99 at 10:24:14
Elend im Nahverkehr. Wer morgens zu spaet aufsteht und im Zug die
Morgentoilette nachholen will, ist verloren. Im gesamten Regionalexpress kein fliessendes
Wasser. Eingezwaengt in die Mini-Kabine bemerke ich das aber zu spaet, die Haende verklebt
mit Linique Haargel druecke ich auf die Wassertaste, um meine Haare zu legen, aber es
kommt nichts. Auch der Abfluss der Toilette hat kein Wasser; ich stehe in einer
vollautomatischen Kabine, die ich zwar auch waehrend des Aufenthalts auf Bahnhoefen
benutzen kann, allein das Lebenselixier fehlt. Und das, nachdem ich mir, weil ich mpeinen
Kamm verloren und mein Deo vergessen habe, in der Bahnhofsdrogerie furchtbare
Trashprodukte gekauft hatte, Bac Deo sensitiv und Grobkamm Meteor, die natuerlich
wunderbar in dieser Trashwelt im poppigen Doppelstocknahverkehr aufgehen.
Zurueck am Platz sitzt mir in einigen Metern Entfernung eine "neue Mutter"
gegenueber, im schwarzen viel zu grossen Handstrick Pulli mit dieser unsaeglichen Frisur,
die sie auch ihrer Tochter geschnitten hat: alle Haare kurz, aber hinten mit einer
widerlichen viel zu langen Straehne in den Nacken. Sie spult ihrer bloeden Tochter bei
jeder Haltestelle, und der Zug haelt oft, die gleiche Leier runter: "Alle einsteigen,
alle aussteigen", Jule, die Tochter plappert onomatopoetisch den Unsinn nach,
"Tuern zu und weiter gehtsch". Dann ahmt die Mutti hilflos das Geraeusch einer
Dampflokomotive nach. "Der Papa muss abbeide, und die Jule faehrt mit der Mama zum
Opi und zur Omimi". Und dieser ganze Salbader bei jeder Haltestelle. Das arme Kind.
Ich meine, wie furchtbar ist es, dass Kinder ihren Eltern mit allem, was dazugehoert, so
ausgeliefert sind. Jule kann ja ueberhaupt nichts dafuer. Schrecklich. Arme Jule.
Fatal: Keine Zeit fuer ein gebuegeltes Hemd.
I love a man in uniform. (Gang of Four)
Eckhart Nickel Strasbourg, pool - 23.07.99 at 11:17:29
Die Liveschaltung aus dem Hotel des Lebens ermöglicht heute deutsche
Schreibweise, deutsche Gedanken nebst deutschen Sitten: in der Fremde, aber
daheim. Zunächst die Geschichte des gestrigen Abends: Auf der Fahrt nach
Heidelberg mußte ich ab Offenburg den ICE nehmen. nach einem Arbeitstag ohne
Mittagspause und Essen nahm ich eine Tomatensuppe, italienische Woche, zu mir.
Das Radeberger noch nicht ausgetrunken, mußte ich das Manuskript meiner
Erzählungen weiter Korrektur lesen. Die zweite Klasse kam hierfür naturgemäß
dank der Überfüllung des ICE Johanna Spyri aus Zürich nicht in Frage. Daher
wählte ich trotz meiner Interregio 2.Klasse Fahrkarte den Weg nach vorne, an
meinen Stammplatz rückwarts in der ersten Klasse, Raucher Großraum. Die
Schaffnerin Mitte dreißig, die den Bereich betreute, erkannte überschminkt den
neuen Fahrgast instinktiv trotz des Biers am Platz, das ich mitgenommen hatte.
Also:
Fahrschein, bitte.
Oh, ich weiß gar nicht, wo ich ihn habe.
Na gut, komme gleich wieder.
Zurück am Platz:
Oh, ich glaube, meine Monatskarte ist im Büro liegengeblieben, was machen wir
denn da?
Ich komme gleich wieder.
Wieder da:
Also, wie weit fahren Sie denn?
Mannheim.
Fahren Sie noch weiter?
Ja, bis Heidelberg.
Nun, wenn Sie nur bis Mannheim fahren würden, wär das in Ordnung.
Oh, dann schaue ich mal, ob mein Chauffeur mich abholt.
Nun folgte ein fingierter Handy-Anruf.
Ja, hallo, koennen Sie mich abholen? Wär supernett, ja? danke.
Sie sehen, ich werde abgeholt.
Dann ist das in Ordnung.
Vielen Dank, sehr freundlich.
So geht das im Leben eines Gammellords.
Herr Nerger hatte heute ein Erlebnis mit einem superschwulen Lufthansa-Steward.
Aber lesen sie selbst:
Es geschah auf dem Flug LH 4921 von Frankfurt nach Straßburg. Wie immer hatte
ich Platz 1D reserviert, dank der Senator-Card ja kein Problem, leider übt
dieser Platz in der veralteten Propellermaschine mit 6 Fluggästen nicht den
Eindruck auf die Mitreisenden aus, den ich vom vollbesetzten Jumbo gewöhnt bin,
aber seis drum, 1D ist nunmal 1D und daran ändert auch die Größe der Maschine
nichts. Als Flugbegelieter gab sich ein etwa 165 Zentimeter Großer , leicht
schielender und nach Kenzo riechender Eurasier zu erkennen, der seinen
sicherlich ersten Flug mehr als Ernst genommen hat. Während wir mit brummenden
Propellern zur Startbahn krochen schritt Andrea (so stand es auf seinem
Namensschild) zur Verteilung der Bordlektüre. Vom Purser hatte er den genauen
Wortlaut mit auf den allzu kurzen Weg bekommen, der da sinngemäß lautet: "Eine
Zeitschrift gefällig, der Herr?" Bei mir angekommen, also beim ersten und
wichtigsten Gast überhaupt an Bord, richtete er folgende Frage an mich: "Eine
Zeitung gefälligst?" Die Frage traf mich natürlich mitten ins Gesicht und
geistesgegenwärtig, als schüchterner Mensch antwortete ich spontan: "Natürlich,
ich nehme die Bunte!" Froh war ich, daß ich die Bunte nicht ins Gesicht geknallt
bekam und blätterte hastig zwischen der Kennedy-Tragödie und den sechs Kindern
Dieter Wedels hin und her. Und während wir so flogen und flogen dachte ich,
Mensch die Lufthansa, da kriegt man Bescheid.
Zurück zu Eckhart.
Ja, dem ist nicht
Dottores Nickel&Nerger Strasbourg, Hotel Regent , inconnu - 23.07.99 at 20:35:02
Das Format kippt, wenn die Leute hier so schnell reagieren. Ich meine, was
soll
das denn. Gästebuch und hier? Kid Loca und so
Christian Kracht Bangkok, Thailand - 23.07.99 at 22:24:06