loop Archiv #23 (8.12.-14.12.1999)
anders als im pool sind hier die neuesten einträge oben
loop Archiv #22,loop Archiv #24
loop
Wenn man in Ottensen aufwacht und das Fenster ist offen, weiß man, daß man in Hamburg
ist, und nur dort. Manchmal ist es ja
so, daß man aufwacht und -noch im Halbschlaf- gar nicht weiß, wo man ist, weil es nicht
das eigene Bett ist. Dort nicht.
Blohm und Voss. Kräne, merkwürdiges Heulen, Sirenen vielleicht. Metallgeräusche, die
vor Ort vermutlich sehr laut sind, und vom
Verladen der Container stammen. Manchmal ein Schiff. Beruhigend kontinuierlich, je nach
Windverhältnissen. Dafür liebte ich
dieses Schlafzimmer. W. liebte ich nicht. Der lag neben mir und schlief. Ich saß im Bett,
wach, so lange, bis meine Schultern
kalt wurden. Manchmal für Stunden, W. hatte ein ausgesprochen großes Schlafbedürfnis.
Passenderweise schnarchte er
meistens auch noch. Dann fand ich ihn ziemlich unattraktiv und fett, abends fiel mir das
nicht so auf, die meisten Menschen in
meinem Bekanntenkreis fanden ihn sogar ausgesprochen hübsch. (Wenn er sich mal wieder
für Marlon Brando hielt, mußte ich
an den Paten denken. Er meinte vermutlich was anderes.) Nachdem ich mich dann für einige
Zeit gefragt hatte, was mach ich
hier eigentlich, und mir außer den Hamburg-Geräuschen nichts einfiel, stand ich auf und
zog mich an. Zog mich so umständlich
an, daß er aufwachte, und ich kam zurück ins Bett. Er schmatzte wohlig und hatte noch
nicht mal ne Morgenlatte. Ich gabs auf
und ging ins Bad und duschte ausgiebig. Hauptsächlich, um wieder warm zu werden, aber
auch, weil ich es lieber noch ein wenig
aufschob, in die Küche zu gehen. Dort: Kühlschrank: bis auf etliche
Eiwürfelbehältnisse leer. Im Spülbecken: Osmose.
Aschenbecher samt aufgeweichten Kippen, wabbelige Limonenschnitze. Zurück ins Bad,
Lippenrot, dem jungen Morgen so ein
wenig Farbe verliehen. Später würden sich dann die Müllmänner vorm Haus nach mir
umdrehen sich untereinander Dinge sagen,
die nicht für Frauenohren bestimmt sind, wenn ich in meinem Glitzerfummel der letzten
Nacht über das nieselglitschige
Kopfsteinpflaster stöckelte. Als ob das bewußte keine-Sachen-zum-Wechseln-mitnehmen
irgendwas daran geändert hätte, daß
ich trotz aller Vorsätze nicht mitgekommen wäre zu W. Vielleicht hätte ich lieber meine
Zahnbürste wegschmeißen sollen. Ich
legte den Kopf in den Nacken, um auch was vom Regen abzukriegen. Und am Himmel, sehr zu
meiner Freude: drei Möven.
belledejour hamburg, deutschland - 14.12.99 at 23:57:49
Letztens habe ich mich mal wieder für die Dauer von ca. 90 Minuten neu verliebt. Das
passiert jedesmal, wenn ich mir einen Film auf Video ausleihe, oder es passiert
wochentäglich, wenn ich meine Daily Soaps ansehe. Drei Stück, drei Folgen aus dem Leben
des Drehbuchs schaue ich mir an, und jedesmal werde ich eifersüchtig, wenn sich meine
Liebe in den Armen anderer verliert. Auch sehr getroffen hat mich die Szene aus
"Faculty", als meine Liebe den Footballer küßt. Wie kann sie nur? Naja, okay,
steht ja so im Drehbuch. Trotzdem. Die Welt ist schlecht. Es klingelt. Es ist Yvonne, sie
sagt durch die Sprechanlage, daß sie mich liebt. Ich werde rot, drücke den Türöffner
und sage: "Schön".
David Dortmund, D. - 14.12.99 at 21:44:32
Ja, lieber Christian K., was für eine Freude, einen treuen Leser wiedergewonnen zu haben.
So fern in der Fremde. Und ihm noch etwas schenken zu dürfen in dieser besinnlichen Zeit
!
P.S. Wo bleibt die neue Hitliste ? Wir warten alle schon so sehnsüchtig, ich besonders !
Hippi, Stuttgart, D - 14.12.99 at 15:01:44
da soll es leute geben, die ohne frauen keine ideen haben. da soll es solche geben, die
sich nicht trauen, den mantel an der straßenecke zu lüften. stattdessen streuen sie ihre
wörter unters volk wie pfennige bei der hochzeit. dabei ist ihr rutschiges wortgerammle
nichts anderes als der umgekehrte gedanke von H. aus frankreich. wie man sich doch irren
kann. drei effs machen noch keinen dichter. das kann, lieber h p r, jedes lebenwesen. wie
man sich doch irren kann. empfehle die lektüre von "brave new world". dort
braucht man keinen rasierschaum mehr.
heinrich battling rotenburg, niedersachsen - 14.12.99 at 14:39:31
Die eine hat sich glaube ich kein einziges Mal angezogen, seit sie sich ausgezogen hat.
Sie hat viel geschlafen, immer nackt und dauernd Durst. Dann hat sie gesagt: "Ich
fischel, duschen wir?" Wir stehen also zusammen im Badezimmer, nackt und sehen uns im
Spiegel an. Sie reckt sich vor dem Spiegel: "Meine Titten tun weh." und streicht
sich mit den Händen drüber. Dann läuft das warme Wasser über uns, ganz eng
aneinandergepresst. Ich streiche mir übers Kinn: "Ich muß mich mal wieder
rasieren." Sie nimmt meine Hand und führt sie an ihre Pussy:"Mich auch."
Da liegt sie vor mir auf dem Rücken, den Arsch bis zum Rand der Couch vorgeschoben, die
Beine weit gespreizt, die Arme im Nacken verschränkt. Ich lasse ihre Pussy unter
Rasierschaum verschwinden und setze die Klinge an. Sie hat die Augen geschlossen und gar
keine Angst, daß ich sie verletzen könnte. Glatte, weiße Haut. Ich ziehe ihre
Schamlippen leicht auseinander und unter dem Schaum kommt ihre violette Möse zutage. Ich
wische sie mit einem feuchten Tuch ab und stecke meine Zunge rein. Danach ficke ich sie
von hinten.
Sie ist auch ziemlich klug. Als wir nämlich danach John Zorn hören und ich frage, wie
sie das findet, sagt sie nur:"Brilliant, ich weiß." Aber sowas von gelangweilt.
Ich warte."Naja, ich muß ja nicht alles mögen, was gut ist." Cooles Babe.
Hannes.P.R. - 14.12.99 at 13:14:47
Perfekt World 2.8
Bevor Eiseisbaby antworten konnte, lief das Mädchen zurück, über den sandigen Platz zum
Haus. Die Bänder der Schürze flatterten lustig hinter ihr her. Wieder auf der Strasse
glaubte er, die beiden im Hauseingang stehen zu sehen, aber er war sich nicht sicher.
Trotzdem hob er die Hand: zum Gruß.
*
eiseisbaby münchen, bayern - 14.12.99 at 09:19:22
draußen alles Expo drinnen
frischgewaschen wie ein Kind
elsbeth a. fl., de - 14.12.99 at 08:50:23
see you tommorow prepare yourself
*Wenn ich genug Döner verkauft habe, fahre ich zu meiner Familie in die Türkei.
Istanbul. Dann feiere ich mit meinen fünf Brüdern.
*Ich werde Taxi fahren. Da kann man in der Nacht richtig viel Geld machen. Obwohl -
vielleicht mache ich auch um zehn Uhr Schluß. Viielleicht.
*Besorg uns doch bitte Karten fürs Theater. Such uns was Schönes aus. Nicht so was
Modernes. Ruhig was Nacktes, ruft dein Vater. Ignorier den. Und reservier uns Plätze in
einem Restaurant. Es soll gemütlich sein, ich fänd so eine Alt-Berliner Gaststube gut.
Sowas gibt's doch bei dir in der Nähe. Nein? Also, dein Vater hätte gern
italienisch. Fänd ich auch gut. Aber gemütlich, nicht so was Kaltes, in das dein Bruder
uns mal geschleppt hat, kein High Tech. Ich sag dir noch mal genauer Bescheid. Der Bernd
will sich auch noch im Internet umgucken, der macht ja immer rum mit diesem Zeug.
*Erst wollten wir ans Meer, aber dann haben wir so eine Lust auf Schnee bekommen.
*Meine Freundin spricht seitdem nicht mehr mit mir.
*Wenn die den Lichtdom machen, bleibe ich natürlich in Berlin! Och komm, dann mußt du
auch bleiben!
*Jetzt fahren wir nach Prag. Wir kommen erst am 31. an und machen durch.
*In der Hohen Tatra gibt es riesige Berge! Fünftausend, sechstausend Meter hoch.
*London.
*Karibik.
*Heiligenkreuz. Wo sollen wir mit dem zweiten Hund hin?
*Jetzt auf einmal wollen alle dahin. Als ob sie vorher nicht woanders hingewollt haben.
Plötzlich gibt es nur die eine Möglichkeit.
*Sei doch du zumindest friedlich.
*Lass uns morgen weiter darüber sprechen. Ich hab jetzt keine Lust auf Telefonieren. Bis
morgen.
Stephanie Berlin Stadt, Berlin Land - 14.12.99 at 02:06:53
Liebe Freizeitficker.
@@@@@@
Am letzten Tag des Jahres 1985 saß ich auf einem Sofa in einem Keller, der nach
vorangegangenem Jahrzehnt roch.
Neben mir saß ein Junge, der just zuvor sich noch mit einem anderen Jungen geprügelt
hatte. Der, der jetzt neben mir saß, hatte mit einem Böller, den er dem anderen
buchstäblich an den Kopf geworfen hatte, viele kleine Löcher in dessen sieben Tage alte
Daunenjacke gebrannt. Wenn man nun zum Scherz oder zur Begrüßung mit der Hand auf den
Oberkörper des Jungen in der Daunenjacke schlug, schossen aus all den kleinen Löchern
winzige Federn, Daunen, die sich schnell verlangsamten, um dann sanft zu Boden zu sinken
oder auch irgendwohin zu schweben, wenn der Junge am offenen Fenster oder vor dem Haus
stand.
Da am letzten Tag des Jahres 1985 in der Gegend, wo das Haus stand, in dessen Keller ich
kurz vor Mitternacht auf dem Sofa saß, kein Schnee lag, schlugen in dieser Nacht
unentwegt angetrunkene und manchmal auch nüchterne Partygäste auf den Jungen mit der
Daunenjacke, damit es wenigstens Federn schneie. Niemand jedoch tat dies an diesem Abend
so häufig wie der Junge mit dem Böller. Der Junge mit der Jacke war ein ernster Junge,
zudem war die Jacke sehr teuer gewesen, Markenbekleidung, so dass er dem Jungen mit dem
Böller in bitterer Wut ins Gesicht schlug, dann aber unterlag und am Ende neben einer
blutenden Braue sogar noch einen größeren Riss im linken Ärmel seiner Jacke davontrug,
aus dem dann ein kurzer, aber heftiger Schneesturm stob. So geschunden verließ er bald
die Feier, und ich wollte nichts anderes mehr, als den Jungen mit dem Böller küssen.
Ich hatte den Jungen mit der Jacke schon immer gehasst, den mit dem Böller hingegen immer
schon körperlich anziehend gefunden. Dieses Verlangen war durch meine Genugtuung über
die schneiende Jacke noch gesteigert worden. So setzte ich mich neben den Jungen mit dem
Böller, der gerade dabei war, einen weiteren Sprengsatz in einer leeren Bierflasche, die
vor uns auf dem Tisch stand, detonieren zu lassen. Die Flasche flog in viele kleine
Scherben, von denen eine ins Gesicht eines Mädchens schlug, nicht mehr als einen
Schrecken verursachend. Jetzt - schon ein wenig angetrunken - fing ich an, den Jungen zu
streicheln, zunächst am Kopf und nur kurze Zeit später - es war jetzt fast Mitternacht -
zwischen den Beinen. Ich hörte kurz damit auf, um mit ihm anzustoßen.
Gleich 1986 küssten wir uns. Zuerst, um das Jahr zu begrüßen, dann richtig. Vorher, als
die Senfgläser mit dem billigen Sekt aneinanderschlugen, hatte ich noch überlegt, in
welches Zimmer des Hauses wir gehen könnten, um zu ficken. Als er seine Zunge in meinem
Mund steckte, schmeckte ich, dass er sich kurz davor übergeben haben musste, und glaubte
sogar, Reste seines Mageninhaltes in seinem, bald ein meinem Mund zu erspüren. Wir
küssten uns etwa fünf Minuten. Dann ging ich auf die Toilette, übergab mich auch und
fuhr, ohne mich von irgendwem, auch von dem Jungen mit dem Böller nicht, verabschiedet zu
haben, nachhause. Dort erbrach ich mich noch einmal, gurgelte mit Odol und schlief
anschließend problemlos ein.
Suse - Menschenkot in der Übezelle, Neuschwanstein - 14.12.99 at 00:08:19
weiss zwar nichts.
weiss zwar nicht, was ich schreiben soll,
moechte aber trotzdem, dass heute
kurz vor morgen ein paar zeilen hier sind.
von mir.
diese.
schwaeche!
aber mit dem fehler fuehle ich mich hier wohl.
wohl unter gleichen.
felipe roth-city, geberland hessen - 13.12.99 at 23:57:31
Kurz nach vorhin habe ich das Haus verlassen, nur runter zur Tanke, Zigaretten holen und
als ich zurückkomme ist sie schon wach. Die eine. Liegt auf dem Rücken und sagt als
erstes: "Ich hab Durst." Zur Verdeutlichung schmatzt sie. Ich komme zurück mit
Wasser und einer Zigarette, die sie mir aus dem Mund reißt. Der Rauch quillt aus ihrer
Nase und sie grinst. "Laß mich noch mal ankucken." Mehr Rauch, mehr
grins:"Bitte." Ich zieh mein T-Shirt aus und werf mich aufs Bett. Kleine
entzückte Schreie. Sie begutachtet meine Tattoos. Sie leckt an meinen Tattoos. Sie leckt
an meiner Brust. Sie ist immer noch nackt. Ich sehe ihren Arsch und krieg einen Ständer.
Sie reibt ihre Hüfte dran. Und grinst und leckt und raucht nebenbei. Sie befreit meinen
Schwanz aus der Hose und nimmt ihn den Mund. Kein elektrischer Schlag aber ich weiß nicht
wieviel Volt.
Dann wischt sie sich den Mund mit dem Handrücken ab. Wir liegen nebeneinander auf dem
Rücken, was soll man schon sagen und meine Finger glitschen zwischen ihren Beinen rum.
Pussyjuicerockin'!
hpr - 13.12.99 at 21:49:15
eiseisbaby: ich schlag' ein! (KLATSCH!)
belle de jour: klasse name und klasse film (!!!),
aber für Deinen eintrag bin ich zu doof
ephraim (bingen): ich verneige mich und ziehe meinen (weißen) hut!
Ihr Sherman McCoy
---
fette männer mit sack
den allerersten nikolaus sah ich um 8.13 an einer unserer Hauptstraßen.
Er stand auf der Ladefläche eines hellblauen Kipplasters (so nannten wir
die im Sandkasten), er trug ein riesiges braunes paket mit der aufschrift
wülfrath kohäsionsmörtel. Er trug eine rote mütze mit bimmel, was mich
sehr erstaunte. Ich wollte anhalten, um zu fragen, ob er der nikolaus sei,
doch dann besann ich mich eines besseren (mörtel find ich nämlich doof,
und sowas fragt man den nikolaus auch nicht). Ich war enttäuscht.
Der zweite nikolaus begegnete mir in gestalt einer quengelnden kinderstimme
aus dem defekten radio meines vw golf. Er hatte die geschenke aufgegessen,
nicht aber seine rentiere, deswegen sollte man ganz schnell neue bestellen
(geschenke, mein ich), bei AMAZON.(was um alles in der welt das rentier
in der deutschen adventszeit zu suchen hat, erklärt Ihnen gern unsere abteilung
für kulturwissenschaften. Die werden gerade abgewickelt,da keine leistungsträger
(Kultur sei kein menschliches grundbedürfnis, meint die dunkelblau kostümierte
amerika-korrespondentin vom HANDELSBLATT --- "zwischen Rotary-Club und FDP",
dankeschön, SEHR GEIL, seehr freundlich) und haben sowie so nix zu tun.
Dort erfahren Sie auch näheres über neueste phänome interkultureller und
rollendivergenter hybridität wie etwa die nikola (nicht von MILKA, aber ein renner,
grinst mein tankwart) oder santa claudia, die nette weihnachts-domina in rotem lack
auf den litfasssssäulen. Test the WEST. Falls Sie ihn immer noch nicht kennen.
Also, liebe Leser und Schreiber, machts wie die Wombles, vergesst Kevin zu Haus,
steigt in den "Flieger" (social marker, prestige-idiom, FDP-jargon) lasst Euch
irgendwo
Y2Kalt erwischen, nehmt Euch ne Flasche Stolichnaya (alles andere ist für
schattenparker), wolldecken und kondome mit, hört polka, oder zum 2000sten mal
"I am what I am", (wenn's hilft) und dann feiert eben sylvester, meinetwegen.
You and me baby ain't nothing but mammal, und daran wird sich auch ab 01. 01. nix ändern.
Was? Ach ja, mein Traum. Ich habe einen Traum. Ich träume von Jeanne d'Arc,
der Bar Du Palais in Rouen und von glücklichen Kühen.
Es grüßt und herzt Euch alle ganz doll
Euer melini
---
PS: neulich in der TV Spielfilm, sehr gelungen:
ZDF, 23.15 Lost Highway
Videos beweisen, dass Fred
bestialisch seine Frau
ermordet hat. In der Todeszelle
verwandelt er sich in Pete.
Noch Fragen?
melini da, dort - 13.12.99 at 19:03:35
Hippi, mein Freund. Du bist wieder da.
Christian Kracht Bangkok, Thailand - 13.12.99 at 18:12:56
Höhen und Tiefen
Meine Freundin die Amsel ist
etwas oberflächlich klar
aber singen kann sie
geh aus mein Herz und suche
ja genau Freud
suche Freud
Sigmund der Maulwurf geht da
tiefer zugegeben
das hat einfach Substanz
aber wer mag schon seinen
Bassbariton oder gar
sein Falsett
Hippi, Stuttgart, in den Wolken - 13.12.99 at 17:03:59
Ich neulich. (Party)
Während ich mich dem Wein nähere, fragt eine Stimme, wies geht. Mein Glas bleibt leer.
Schwups umgedreht in Richtung Stimme. Wie das geht, ist keine Frage: mit Schwung und
Lächeln. Hallo. In der Umdrehung war nicht ganz klar, wer zu erwarten war. Jetzt steht
sie da: Bettina. Fast hätte ichs vergessen: ich darf Tina sagen. (Damals im Mai). Du
hier? Keine Frage. Und selbst? Muss ja. Lachen mit Tina, fast hätte ichs vergessen. Wie
lange ist das her? Schon fängt sie an zu reden. Es hört dann kaum mehr auf. In ihrer
Erinnerung ist es Jahre her und seitdem hat sich einiges getan. Das muss sie mir alles
erzählen. So genau wollt ichs gar nicht wissen. Zu spät. Ich schau derweil den redenden
Körper an: knapp eingepackt in Minirock und Stiefel. Ein Auschnitt als V: ich bin so
vrei. Ich kann mich gar nicht satt sehen. Tina kämpft sich immer noch durchs Jahr. Und
eines ist jetzt schon klar: sie ist nicht mehr, was sie vorher war. Sondern: anders. Zum
Beispiel SAT1-Redakteurin statt naiv. Sagt sie so. Dann geht es um Fahndungsakten. Aha.
Und wie redet man da so? Man sagt zum Beispiel: "eine Mauer des Schweigens".
Tatsache. Wenn niemand mit SAT1 Redakteurinnen im Minirock reden will, dann sagt man in
diesen Kreisen, auch zu alten Bekannten: "eine Mauer des Schweigens". Dabei ist
die doch vor einigen Jahren abgerissen worden. Stattdessen sagt man doch seit neustem: der
Sack des Schweigens. Wahlweise: die Plastiktüte (Jute, sagt man nicht). Bei
SAT1-Redakteurinnen aber mit naiver Vergangenheit gibt es noch Mauern des Schweigens im
Kopf. Zusätzlich: Gänsefüßchen. Nach der Formulierung "muß man leider so
sagen" und vor der Formulierung "asoziales Milieu" schnellen Tinas Finger
in die Höh, um ein Zitat anzukündigen. Ich sag doch lieber Bettina. Das Zitat hört gar
nicht mehr auf. Die Gänsefüßchen in der Luft sind nur für einen Anfang gesetzt worden.
Jetzt redet sie weiter in fremden Worten. Was wird da zitiert? Live vor meinen Augen:
Bettina- Auf Gänsefüßchen durch die Welt. In Bettinas Oberstübchen ist die
Lektorenstelle frei. Und ich? Kann nicht aufhören, auf diesen Körper zu starren und mir
vorzustellen, wie sich die Beine spreizen statt der ewig plappernden Lippen. Nach einr
Flasche Wein wird das Starren zur Meditation. Und was machst du so? Was man so macht.
Bolle - 13.12.99 at 15:24:27
liebe andrea,
es geht natürlich nicht um die form.
mich hat der inhalt sehr angesprochen.
möglich
daß das was schnell passiert
passiert ist:
die eigene interpretation
nimmt die lehrstellen
und gräbt sich
tief
obwohl
der vom verfasser vorgesehene raum
viel kleiner ist.
zu meiner stimmung:
der moment wird in die tastatur entlassen
und dieser ist bekannterweise:
mal so mal so.
die grundstimmung:
mir geht es sehr sehr gut
und trotz des
desillusioniertwirkens
bin ich voll
hoffnung
und
lebensfreude
ehrlich.
ich lebe in einer hellen dachwohnung
und nicht im keller.
nur,
ich darf nicht zu lange im loop verweilen
und zuviel lesen,
denn beinahe jeder kontakt ist wie
sonnenblumenöl.
wie gesagt, liebe andrea, beinahe jeder.
freue mich auf deine antwort.
dimitri, hd,, d - 13.12.99 at 13:53:41
Hey Eiseisbaby,
woher aus München kommst, schreibst, philosophierst Du?
Anonymität ist manchmal o.k. Manchmal stehe ich aber auch auf mehr Information...
vielleicht Du auch... wenn ja, dann...
K.-Der blaue Hummer München, - 13.12.99 at 12:40:58
www.tatendrang.de
Eine Seite im www, die lesens- und "realisierungs"wert ist, nicht nur zur
Weihnachtszeit, in der sowieso alle vor Solidarität, Spendenfreudigkeit und
Nächstenliebe strotzen.
Tatendrang.
Nicht nur in Verbindung mit Bäumen pflanzen, Kind zeugen, Urlaub buchen und Karriere
planen.
Tatendrang.
Eher in Verbindung mit Helfen aus Überzeugung.
Tatendrang.
In Verbindung mit Helfen ohne Gegenleistung, da diese nicht vorhanden sein kann...
In diesem Sinne
Frohe Weihnacht und ein gutes 2000!
K.-Der blaue Hummer München, - 13.12.99 at 12:33:24
Zwangsgespräche sind furchtbar, meistens kann man ihnen entrinnen - manchmal nicht.
Entrinnen kann man Zwangsgesprächen auf Partys, durch abruptes Weitergehen zum Beispiel.
Entgehen kann man ihnen auch im Taxi, wenn der Taxifahrer gerade ein typisches
Wir-da-unten-die-da-oben-Gespräch beginnen möchte oder mir erklären will, warum der
Bonner SC nun schon zum vierten Mal in Folge verloren hat. Ein verächtlicher Blick in den
Innenspiegel, genau in dem Moment, indem der Chauffeur einen beifallsheischend durch
diesen anglotzt, tut hier Abhilfe.
Nicht entgehen kann man einem Zwangsgespräch jedoch beim Friseur. Denn da ist man
ausgeliefert. Mich interessiert es nicht, wie die Frisiertussi den Wetterbericht für die
nächsten zwei Wochen interpretiert, genausowenig interessiert mich ihr letzter
Mallorcaaufenthalt. Und noch weniger möchte ich von mir erzählen, warum auch. Aber kaum
habe ich sämtliche Informationen über angeblich modische Kurzhaarfrisuren
zurückgewiesen und sitze im Frisierstuhl, beginnt die Friseuse scheinbar zwanglos ihr
Zwangsgespräch. Und dann beginnt die Zwangslage, soll man einen
Halt-doch-den-Mund-Du-blöde-Kuh-Blick schleudern oder sich das Zwangsgespräch aufzwingen
lassen?
Ein Blick in den Spiegel klärt die gefährliche Situation: In der linken Hand hält die
Friseuse eine meiner langen Haarsträhnen, in der Rechten jedoch eine lange, bedrohlich
aussehende Schere. Nur die Spitzen, bitte! habe ich zu ihr vorher eindringlich gesagt.
Aber was wird sie machen, wenn ich ihr jetzt einen Todesblick zuwerfe? Vor meinem Inneren
Auge sehe ich plötzlich die Bilder der französischen Frauen, die 1945 nach der Befreiung
Frankreichs der Kollaboration verdächtigt und geschoren durch die Straße getrieben
wurden. Ich hingegen muß kollaborieren, um nicht geschoren zu werden. Schaudernd stecke
ich meinen Todesblick zurück ins Blickarsenal und spiele das Zwangsgesprächspiel mit. An
einigen Stellen der Zwangsunterhaltung sag ich Ja! und hoffe jedesmal, daß es nicht
eigentlich eine Nein!-Sag-Stelle war. Mir fällt auf, daß die Friseuse, auch wenn sie
nicht schneidet, immer weiter ihre Schere klappern läßt. Wahrscheinlich um ihr
Machtstellung und mein Ausgeliefertsein zu unterstreichen.
Nein, wirklich nur die Spitzen, bitte! Danke! Zwangsgespräche. Furchtbar.
Aspera, Bonn, Spitzenland - 13.12.99 at 11:39:06
Die andere hat sich nicht mehr gemeldet und die eine liegt in meinem Bett und schläft.
Sie liegt auf dem Bauch und hat das rechte Bein neben ihrem Körper hochgezogen. So kann
ich von hinten sehen, wie es aus ihrer Pussy heraussickert, aus ihrer rasierten Pussy.
Gestern Nachmittag stand sie vor der Tür und als ich aufmache sagt sie:"Glück
gehabt." Ob sie damit sich oder mich meint, weiß ich nicht. Jetzt denke ich: Glück
für mich.
Hannes.Peer.Reiss - 13.12.99 at 11:10:37
Dissidenten Olè!
Tristesse Royal: Provokation auf hohem Niveau. Dummdreiste Reaktionen wie im SPIEGEL adeln
den Versuch. Eiseisbaby versteht diese Haltung. Only for Snobs als Kritik am System,
Kritik an den Umständen. Teure Anzüge, hellblaue Hemden: Zitat & Realität TM. Wir
sind jung, schlau, gutaussehend, gelangweilt. Allerdings: setzt Dissidenz nicht ein
eigenes Konzept, einen eigenen Lebensentwurf voraus? Auf Dauer ermüdet die Freude an der
eigenen Erkenntnis, auf Dauer: verschmelzen Nichtigkeitskult und provokabler Snobismus zu
einer öden, gelangweilten Masse. Irgendwie riecht das dann nach Rotary Club meets FDP.
Letztendlich, zwischen den Zeilen: die Sehnsucht nach Gruppe, Nestwärme, Verständnis.
Projekte wie Pool sind der Preis für unsere Individualität und Einsamkeit. Gruppe 2000 -
ein Mausklick und 1000 KM entfernt. Die Fanta4 reimten einmal: "Geld verdienen und
wieder ausgeben, das musst Du machen Mann, damit musst Du leben". Da steckt viel
Wahrheit drinnen und noch mehr Resignation. Resignation mit tödlicher, trauriger
Konsequenz. Daran sollte auch Moritz von Uslar denken.
Dankeschön. Sehr freundlich.
eiseisbaby münchen, bayern - 13.12.99 at 10:22:35
http://www.ajc.org/pre/germanylist.htm
elmodem muc, de - 12.12.99 at 18:09:30
Mein Vater nennt seinen Vorratskeller "Klein-Aldi". Wenn ich ihn manchmal mit
Freunden besuche, mache ich Führungen. Links neben der Tür hängt ein kleines Holzbrett
mit einem Heiligen Christophorus aus Plastik, den hat er in Marienbad in einer Pfütze
gefunden. Dem lege ich für jede Führung 20 Pfennig zu Füssen. Ich öffne die Tür. Die
Sparbirnen brauchen lange, dann sagt Zipp "Wow". Gleich neben der Tür hängt
der Bazooka-Joe Eimer, mit dem ich früher im Sand gespielt habe. Daneben an einer
silbernen Kette ein Flaschenöffner. 3/4 des Eimers sind voll mit Verschlüssen. Keine
Ahnung, wie mein Vater den Pegel hält. Dafür weiss ich, wie er mich ansieht, wenn ich
mit einer ungeöffneten Bierflasche nach oben komme.
"Zu Ihrer Linken, meine Damen und Herren, sehen Sie die Nudeln. Nach
Komplementärfarben und Verfallsdaten geordnet. Daneben Fischkonserven. Wie Sie bemerken,
stehen diese auf der Seite, sind nach Grössen angeordnet und wenden ihre Anschriften in
einem 45° Winkel dem Betrachter zu." Oben geht die Tür auf. Kann nur er sein. Ich
öffne eine Tür, mein Vater öffnet seine Tür. Kontrollfreak. Als Kinder hatten wir nie
Angst, wenn er nach Streiterein einfach aus der Wohnung lief. Spätestens nach drei
Minuten war er zurück, um uns zu sagen, dass wir das Haus abschliessen sollen, falls wir
weggehen wollten. "Tochter? Kerl oder Single?" "Nimm Single", rufe ich
durch das Treppenhaus. Alex, fassungslos: "Du kommst nach Monaten hier vorbei und
dein Vater brüllt die Kellertreppe runter, um was über dein Liebesleben zu
erfahren?" Von oben kommt: "Erotische Begegnung am Wochenende. Jemand, mit dem
Sie nicht rechnen, beobachtet Sie." Seit wir sein Geld nicht mehr brauchen, liest
mein Vater uns aus Fürsorge unsere Horoskope vor. Ich nehme immer 'Single', das ist
kürzer. "Was ist das denn?" "Zeitschaltuhren." "Schon, aber
wofür?" "16.15 Uhr Öffnen des Garagentors, 17.30 Uhr Weihnachtsbeleuchtung im
Garten, 19.00 Uhr Jalousien runter." "Echt?" "Und wie. Die
Weihnachtsbeleuchtung kriegst du gleich mit. Die Lichterkette hängt im Magnolienbaum. In
Form eines gleichschenkligen Dreiecks." Zipp steht vor der Wand mit den Kalendern.
Der erste ist von 1973, der letzte liegt schon im Regal. Bis 1985 sind nackte Weiber
drauf, später dann Gebirgsseen mit Tulpenfeldern davor. Mein liebster ist der von 1987,
mit den Tankstellenmotiven. "Ich hätte die angezündet. Das hätte ich schon als
Kind gerafft, dass an dem Nagel in der zweiten Reihe von unten mein 18. Geburtstag
hängt." "Keine Zeit. Ich war meine ganze Kindheit lang damit beschäftigt,
Sachen 'an Ort und Stelle' zu bringen. Siehst du die Haken da unter dem Brett? Da hingen
die Scheren. 17 Stück. Wenn eine fehlte, haben meine Geschwister und ich Suchtrupps
gebildet." Alex klopft an das Glas, in dem die bunten Chips für die Einkaufswagen
liegen, Zipp steht schon in der Tür. Klein-Aldi im Herzen, nehme ich den teuersten Whisky
vom Regal und mache das Licht aus. Da wird sich mein Vater freuen.
kathrin glosch - 12.12.99 at 15:34:12
Merci beaucoup für diese Bielefelder Perle am Strand. Ein Toast auf Dich, Barnes. Dieser
Text macht glücklich. Darf ich Dir bei Gelegenheit etwas dafür spendieren?
Die 1976 bis 1977 zählten zu den glücklichsten meines Grundschülerdaseins. Ein
Kinderzimmer mit Balkon (Nein! Nicht zum Frühstücken!) und pünktlich um zehn vor sechs
wendeten sich die Kälber und Stärken, wenn sie älter wurden, auf der Nachbarkoppel im
Gänsemarsch dem Stall wieder zu. Ohne Signal. Vermutlich waren sie an feste
Fütterungszeiten gewöhnt. Was bleibt, ist ein Erinnerungsfoto. Meine Mutter hatte die
Idee.
Kurzer Adventskalender. Ausstellungseröffnung auf dem Hof. Bea studiert Malerei und hat
uns in den Wohnungen fotografiert. Abends werfen Projektoren auf Gerüsten die Dias auf
die Berliner Brandmauern. In Prenzlauer Berg reiben sich viele Bewohner noch immer an
Werbeplakaten an den Mauern. Aber die Aggression, mit denen sie der Reklame einst
begegneten, hat sich gelegt. Tatjana hat kackende Hunde gemalt. Mit schnellem, sicheren
Strich und großartiger Gestik. Acryl. Schnell und hart. Dramatische, elegante
Perspektiven, sichere Farben und ein Tryptichon für weniger als gedacht. Sie war in China
und hat dort an Wänden Ölbilder statt Druckplakate gesehen. Eine Vorstellung: ihre
Bilder an den Berliner Außenwänden. Die Lehrerin von Bea, Sieverdingsbeck, hatte schon
mal Plakate in der Öffentlichkeit hängen, doch eben keine Malerei. Spendieren aber
hieße zerstören, denn düpierte Hundehalter würden zu Farbbeuteln greifen.
off. - Berlin, - 12.12.99 at 12:36:29
Nachtrag:
Blubb,<< underdogs >>,blubb,
wer hat den Champagner ausgetrunken??
Too early for sleeping.
alinia santa cruz, europe - 12.12.99 at 12:14:28
Weisse Leinwand, inspiriert, per se, ist alles absente dem Sichtbarem zum Ausgleich
zugeordnet.
Suchen ist der wesentliche Teil des Schaffens, finden kann sogleich eine Sucht enstehen
lassen, die sich nur als sucht beschreiben lässt, und das stets im Ungeschaffenen, sehnen
heisst nichtsein.
Wer an der Oberfläche kratzt und sich bildhaft fragend in Zusammenhänge bohrt, kann von
anderen Kunstschaffender genannt werden, verstanden werden muss er nicht.
Oft werden wirre aufgerissene Weltzustände erst Jahre später für Betrachter spürbar
und sind daher zu Enstehungszeiten als Seichtheit bezeichnet worden.
Zitat aus "Weiss"von Prof.Dr.Ortner , Bauhaus
Tristesse royale ist wirklich traurig, machmal , aber es geschieht nur ein trauriger
Rundumblick in einer stumpfen MANIE, stellenweise lächerlich bis amüsant, vielleicht ein
Portrait unserer Jeunesse, und dadurch nochmal viel trauriger wie es nur die echten<
Das Land - Traum und Wirklichkeit - ich steh auf das bodenständige Leben. Ist
es nicht so, dass verwurzelte Menschen, die ihre Identität nicht ständig hinterfragen
und nicht das Bedürfnis haben etwas aussen zu suchen, was sie instinktiv auch von innen
erleben können, auf solche eine Faszination ausüben, die auf Grund ihrer Beschaffenheit
heimatlos oder ortlos sind, manchmal sogar die Identität anderer stärken indem sie
einfach immer diesselben sind, was letzendlich doch ein Urrudiment der Familienbindung
ist. Meine Wurzeln wurden umgepflügt, aber Reste davon werden für immer im ländlichen
sein.
Tip der Woche: wer nur schweigen kann und will, sollte lesen.
Hitliste: Versklavung im Norden des Sudan
Freiwillige Helfer gesucht für Aidshilfe in Indien
Flutkatastrophe in Südindien - Menschen ohne Zukunft
Erkrankungsbilder der Zinkminenarbeiter in Lateinamerika
Übrigens : jetzt ist es soweit. Mein Geburtstag fängt an, hipp hippi hurra,derselbe Tag
wie Edward , der grosse exzentrische Expressionist, das erhebt, wenn schon die Anzahl es
nicht mehr tut.
Sauld amigos! (am Strand von Las Galletas) Prost !( in den grossen deutschen Städten und
natürlich aufm lLand-Auenland) Cheers!( in der grossen Ferne,Saigon, Bangkok, London, N.Y
und Glasgow)
Have a drink on me.....
alinia,sekttrunken, rauschend,am strand santa cruz, europe - 12.12.99 at 00:51:45
melini,
don't stop crying for truth, don't stop barking like a dog. melini from hamburg - you
master of the literary universe - the world expects more messages. don't forget.
literature is important and criticism rare. cry, bark, sing your melody from far behind
the curtain.
ephraim bingen, europa - 12.12.99 at 00:42:37
EIN GEDICHT
Bilderrätsel: Alles aus Kartoffeln
Kartoffelbrei
10 Punkte für Rolf
Er kennt sich eben nicht
nur in der Dramatik aus.
(Rolf Hochhuth als Kandidat bei Tele Bingo. Echt wahr)
polizei - 11.12.99 at 20:37:27
hallo frauke,
viele fotos sind zu erwarten. viele wörter sind zu schreiben. es lebe die kunst. wo
bleiben die antworten. im regen? die sonne kommt bald. scheint auf die spitze des turmes.
von dort: unendlicher weitblick in die großstädte, wo der irrgarten liegt.
heinrich battling strawberryfields, nowhereland - 11.12.99 at 18:22:30
Nachtrag, wenn auch etwas verspätet
Wir können wegkürzen, bleibt:
Mein Haus.
Mein Auto.
Meine Yacht.
Nicht?
belledejour hamburg, deutschland - 11.12.99 at 14:14:58
hallo elsbeth aus flensburg,
die leinwand, sie muß in den regen gelegt werden. gestern war ich im guggenheim.
wahnsinnig. die maler, sie lügen, sie irren, sie suchen und manchmal finden sie. im
letzten jahr hatte im berliner guggenheim einer vogelfangeinrichtungen ausgestellt. echt
geile nummer. doch ich suchte die kunst - und fand ich sie? bin noch auf der wanderung in
cyber cafés und auf den hackeschen höfen. traf dort avignon, den schnellmaler. klärte
mich auf über kunst und kapital. bin jetzt irritiert. was soll ich tun? lese: den
houellebecq, den stuckrad-barre und viele andere. alle haben irgendwie recht. auch in
flensburg weht der wind auf die leinwand und wartet auf inspiration?! wie wäre es mit den
farben rot oder blau. aus den sümpfen betrachtet - da wirken sie immer ganz begehrlich.
in der großstadt schreien sie dich an.
beste grüße an den kapitän.
heinrich battling berlin, zentralland - 11.12.99 at 10:54:33
I play dead
it stops the hurting
it´s sometimes just like sleeping
björk
Seit vier Tagen habe ich kein Wort mehr gesprochen. Zu niemandem. Und jetzt sperre ich
mich auch noch in meiner Kammer ein, obwohl ich das nicht will, und trotzdem mache ich es.
Auf dem Bett liegend zähle ich die Fliegen, die Zick-Zack um die Zimmermitte fliegen, wo
sie das Fenster in die Freiheit nie finden und irgendwann auf dem Rücken enden, kurz
bevor ich sie mit spitzen Fingern an den Beinen packe und runterspüle.
Ich sollte sprechen, ja, aber es ist mir nicht möglich. Alle Menschen sind so fern.
Niemand hört mich. Natürlich hört mich niemand, ich sage schließlich auch nichts. Aber
wo ist der Mensch, der mein geistiges Gekreische hört und mich aus meinem Turm befreit?
Ständig kreisen meine Gedanken; ich brauche Kontakt, Streicheleinheiten für meine
Hirngespinste und eine starke Hand, die sie nach dem Streicheln umbringt. Einen
"Normalen" aus mir macht.
Liebe, wo bist Du?
korbinian, kurz vor Mordor - 10.12.99 at 22:16:09
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Pennälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Für
mehrere der "faselnden Fünf" scheint das Gymnasium das wesentliche soziale
Referenzsystem geblieben zu sein. Ihre Düpierunglust setzt als literarische Attitüde
fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und Clique Effekt zu machen.
Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische Urteilsfreude ("Alle
[Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo paukerhafter und bloß
angemaßter Autorität. Auch der intellektuelle Horizont hat sich seit dem Abi nicht
nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung der Mengenlehre
als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer Ersatzmathematik"
( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich dabei für wer weiß
wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung der Zeitschrift
,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu Kolonialsprachen (samt
Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin') gelten dem Eigenlob als
"interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). - Broders Einschätzung
("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur
entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist wenig welthaltig und
zuvörderst Kultivierung von Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als
Minimalform textueller Kohärenz schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt.
Hier transportiert sie, ganz ins Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der
Bildungshuberei (name dropping, Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens
Wäschelisten Wahnwitz und irre Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter
gewordene Fortsetzung der Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft und lustvoll Charts
und Fußballtabellen notieren. - Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei
Verben im Sinnbezirk der Anschauung, die Ellis sehr differenziert handhabt. In
"American Psycho" wird, wie erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau
gehalten, was, da alle gleich aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht
da meist transitiv "to spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken",
mal mit "erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu
schauen', aber ,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles,
anstrengungslos, als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht ,anschauen',
sondern ,schauen' pur, was der Wahrnehmung eine diffuser Weihe verleiht:
"Es war [...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je schaute" (S. 94),
"Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna Karan,[...] habe ich
nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die [Demonstrationen der achziger
Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95), "viele meiner Freunde
schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball" (S. 114), "Nein, ich
kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den Vogel schießt v.
Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am Wolfgangsee, im
Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es vergleicht
mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand" (S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 22:08:53
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Pennälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Für
mehrere der "faselnden Fünf" scheint das Gymnasium das wesentliche soziale
Referenzsystem geblieben zu sein. Ihre Düpierunglust setzt als literarische Attitüde
fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und Clique Effekt zu machen.
Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische Urteilsfreude ("Alle
[Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo paukerhafter und bloß
angemaßter Autorität. Auch der intellektuelle Horizont hat sich seit dem Abi nicht
nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung der Mengenlehre
als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer Ersatzmathematik"
( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich dabei für wer weiß
wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung der Zeitschrift
,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu Kolonialsprachen (samt
Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin') gelten dem Eigenlob als
"interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). - Broders Einschätzung
("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur
entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist wenig welthaltig und
zuvörderst Kultivierung von Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als
Minimalform textueller Kohärenz schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt.
Hier transportiert sie, ganz ins Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der
Bildungshuberei (name dropping, Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens
Wäschelisten Wahnwitz und irre Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter
gewordene Fortsetzung der Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft und lustvoll Charts
und Fußballtabellen notieren. - Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei
Verben im Sinnbezirk der Anschauung, die Ellis sehr differenziert handhabt. In
"American Psycho" wird, wie erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau
gehalten, was, da alle gleich aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht
da meist transitiv "to spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken",
mal mit "erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu
schauen', aber ,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles,
gleichsam anstrengungslos, als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht
,anschauen', sondern ,schauen' pur, was der Wahrnehmung eine diffuser
Weihe verleiht: "Es war [...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je
schaute" (S. 94), "Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna
Karan,[...] habe ich nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die
[Demonstrationen der achziger Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95),
"viele meiner Freunde schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball"
(S. 114), "Nein, ich kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den
Vogel schießt v. Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am
Wolfgangsee, im Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es
vergleicht mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand"
(S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 22:05:38
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Pennälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Für
mehrere der "faselnden Fünf" scheint das Gymnasium das wesentliche soziale
Referenzsystem geblieben zu sein. Ihre Düpierunglust setzt als literarische Attitüde
fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und Clique Effekt zu machen.
Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische Urteilsfreude ("Alle
[Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo paukerhafter und bloß
angemaßter Autorität. Auch das intellektuelle Repertoire hat sich seit dem Abi nicht
nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung der Mengenlehre
als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer Ersatzmathematik"
( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich dabei für wer weiß
wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung der Zeitschrift
,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu Kolonialsprachen (samt
Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin') gelten dem Eigenlob als
"interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). - Broders Einschätzung
("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur
entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist wenig welthaltig und
zuvörderst Kultivierung von Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als
Minimalform textueller Kohärenz schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt.
Hier transportiert sie, ganz ins Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der
Bildungshuberei (name dropping, Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens
Wäschelisten Wahnwitz und irre Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter
gewordene Fortsetzung der Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft und lustvoll Charts
und Fußballtabellen notieren. - Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei
Verben im Sinnbezirk der Anschauung, die Ellis sehr differenziert handhabt. In
"American Psycho" wird, wie erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau
gehalten, was, da alle gleich aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht
da meist transitiv "to spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken",
mal mit "erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu
schauen', aber ,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles,
gleichsam anstrengungslos, als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht
,anschauen', sondern ,schauen' pur, was der Wahrnehmung eine diffuser
Weihe verleiht: "Es war [...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je
schaute" (S. 94), "Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna
Karan,[...] habe ich nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die
[Demonstrationen der achziger Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95),
"viele meiner Freunde schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball"
(S. 114), "Nein, ich kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den
Vogel schießt v. Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am
Wolfgangsee, im Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es
vergleicht mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand"
(S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 22:03:42
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Pennälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Für
mehrere der "faselnden Fünf" scheint das Gymnasium das wesentliche soziale
Referenzsystem geblieben zu sein. Ihre Düpierunglust setzt als literarische Attitüde
fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und Clique Effekt zu machen.
Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische Urteilsfreude ("Alle
[Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo paukerhafter und bloß
angemaßter Autorität. Auch das intellektuelle Repertoire hat sich seit dem Abi nicht
nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung der Mengenlehre
als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer Ersatzmathematik"
( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich dabei für wer weiß
wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung der Zeitschrift
,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu Kolonialsprachen (samt
Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin') gelten dem Eigenlob als
"interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). - Broders Einschätzung
("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur
entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist wenig welthaltig und
zuvörderst Kultivierung von Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als
Minimalform textueller Kohärenz schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt.
Hier transportiert sie, ganz ins Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der
Bildungshuberei (name dropping, Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens
Wäschelisten Wahnwitz und irre Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter
gewordene Fortsetzung der Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft und lustvoll Charts
und Fußballtabellen notieren. - Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei
Verben im Sinnbezirk der Anschauung, die Ellis sehr differenziert handhabt. In
"American Psycho" wird, wie erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau
gehalten, was, da alle gleich aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht
da meist transitiv "to spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken",
mal mit "erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu
schauen', aber ,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles,
gleichsam anstrengungslos, als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht
,anschauen', sondern ,schauen' pur, was die Wahrnehmung eine diffuser
Weihe verleiht: "Es war [...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je
schaute" (S. 94), "Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna
Karan,[...] habe ich nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die
[Demonstrationen der achziger Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95),
"viele meiner Freunde schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball"
(S. 114), "Nein, ich kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den
Vogel schießt v. Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am
Wolfgangsee, im Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es
vergleicht mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand"
(S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 21:59:59
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Pennälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Für
mehrere der "faselnden Fünf" scheint das Gymnasium das wesentliche soziale
Referenzsystem geblieben zu sein. Ihre Düpierunglust setzt als literarische Attitüde
fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und Clique Effekt zu machen.
Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische Urteilsfreude ("Alle
[Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo paukerhafter und bloß
angemaßter Autorität. Auch das intellektuelle Repertoire hat sich seit dem Abi nicht
nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung der Mengenlehre
als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer Ersatzmathematik"
( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich dabei für wer weiß
wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung der Zeitschrift
,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu Kolonialsprachen (samt
Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin') gelten dem Eigenlob als
"interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). - Broders Einschätzung
("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so etwas wie Literatur
entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist zuvörderst Kultivierung von
Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als Minimalform textueller Kohärenz
schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt. Hier transportiert sie, ganz ins
Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der Bildungshuberei (name dropping,
Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens Wäschelisten Wahnwitz und irre
Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter gewordene Fortsetzung der
Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft Charts und Fußballtabellen notieren. -
Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei Verben im Sinnbezirk der Anschauung,
die Ellis sehr differenziert handhabt. In "American Psycho" wird, wie
erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau gehalten, was, da alle gleich
aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht da meist transitiv "to
spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken", mal mit
"erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu schauen', aber
,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles, gleichsam anstrengungslos,
als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht ,anschauen', sondern
,schauen' pur, was die Wahrnehmung eine diffuser Weihe verleiht: "Es war
[...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je schaute" (S. 94),
"Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna Karan,[...] habe ich
nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die [Demonstrationen der achziger
Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95), "viele meiner Freunde
schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball" (S. 114), "Nein, ich
kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den Vogel schießt v.
Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am Wolfgangsee, im
Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es vergleicht
mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand" (S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 21:55:07
Zu "Tristesse Royale". Ich finde, dass Broder/Mohr im SPIEGEL gar nicht so
schief liegen: "H&M-Variante des Stefan-George-Kreises" trifft das
Unternehmen gut. Penälerhaftes Strampeln nach Distinktionsgewinn um jeden Preis. Es
fällt auf, dass für mehrere der "faselnden Fünf" das Gymnasium das
wesentliche soziale Referenzsystem geblieben ist. Ihre Düpierunglust setzt als
literarische Attitüde fort, was sie eingeübt haben, um in Deutsch-Leistungskurs und
Clique Effekt zu machen. Frech, dünkelhaft und immer vorneweg. Die apodiktische
Urteilsfreude ("Alle [Theater] schließen!" (S. 77)) ist dabei schlicht Echo
paukerhafter und bloß angemaßter Autorität. Auch das intellektuelle Repertoire hat sich
seit dem Abi nicht nennenswert erweitert. Das erklärt z.B. die groteske Charakterisierung
der Mengenlehre als "völlig frei erfundene Wissenschaft, eine Art grafischer
Ersatzmathematik" ( S.122). Man hat von Tuten und Blasen keine Ahnung und hält sich
dabei für wer weiß wie smart. Der Slogan "Anything Goes" wird als Erfindung
der Zeitschrift ,Tempo' ausgegeben (S.96), und ungereimte Darlegungen zu
Kolonialsprachen (samt Verwechslung von ,lingua franca' und ,pidgin')
gelten dem Eigenlob als "interessanter und lehrreicher Vortrag" (S.121). -
Broders Einschätzung ("Aus all dem Unglück könnte am Ende freilich immer noch so
etwas wie Literatur entstehen") ist sehr optimistisch. Dies Schreiben ist zuvörderst
Kultivierung von Marotten. Die Aufzählung (von Markennamen) macht als Minimalform
textueller Kohärenz schon bei Ellis einen eher fraglichen satirischen Effekt. Hier
transportiert sie, ganz ins Affirmative gewendet, bloß noch den Kampfgestus der
Bildungshuberei (name dropping, Zitat- und Verweisanhäufung). Was bei Woody Allens
Wäschelisten Wahnwitz und irre Methode hat, ist bei Kracht (& friends) die schütter
gewordene Fortsetzung der Buchführung pubertärer Fans, die zwanghaft Charts und
Fußballtabellen notieren. - Eine weitere Stilmarotte der Gruppe findet sich bei
Verben im Sinnbezirk der Anschauung, die Ellis sehr differenziert handhabt. In
"American Psycho" wird, wie erinnerlich, dauernd nach wichtigen Leuten Ausschau
gehalten, was, da alle gleich aussehen, intensiven Hinguckens bedarf. Im Erfolgsfall steht
da meist transitiv "to spot", was die Übersetzer mal mit "entdecken",
mal mit "erspähen" wiedergeben. Das Popquintett liebt es ,zu
schauen', aber ,etwas', also mit Akkusativobjekt, und wahllos alles,
gleichsam anstrengungslos, als Fernsehprogramm oder Film. Wohlbemerkt: nicht
,anschauen', sondern ,schauen' pur, was die Wahrnehmung eine diffuser
Weihe verleiht: "Es war [...] die unmotivierteste Demonstration, die ich je
schaute" (S. 94), "Demonstrantinnen mit den Spaghettiträger-Kleidern von Donna
Karan,[...] habe ich nicht schauen dürfen" (S. 95), "Wir schauten die
[Demonstrationen der achziger Jahre] meistens vom Café Kranzler [...] aus" (S.95),
"viele meiner Freunde schauten [in den neunziger Jahren] plötzlich Fußball"
(S. 114), "Nein, ich kann jetzt nicht, ich muß das Spiel schauen" (S. 114). Den
Vogel schießt v. Schönburg ab: "Einmal durfte ich Helmut Kohl schauen, am
Wolfgangsee, im Abendlicht" (S.103). Das hat was - vor allem, wenn man es
vergleicht mit"Man sah [sic!] ihn [Gerhard Schröder] in Marbella am Strand"
(S.110).
l.barnes bielefeld, - 10.12.99 at 21:49:26
Bis zum Ende der 60er Jahre wurden Hirnoperationen nur unter Lokalanästhesie
durchgeführt, der Patient war dabei bei vollem Bewusstsein. Man fürchtete, dass eine
Vollnarkose unter Umständen auch die lebenswichtigen kreislaufsteuernden Zentren außer
Betrieb setzen könne.
Das zieh Dir mal rein.
Du kriegst genau mit, wie Dir wer im Hirn rumschneidet, spürst nur keinen Schmerz. Jemand
legt Dir eine Elektrode in Deinen offenen Schädel, dreht Strom auf und fragt Dich dann,
wo Du was spürst. Du sagst seelenruhig: es bizzelt in der linken Großzehe.
Triticea, in der Stadt, die keine ist - 10.12.99 at 21:43:29
Ein paar Worte zum Ländlichen...
In der Straße in der ich lebe, gab es vor gar nicht all zu langer Zeit noch einen
Schuster. So richtig echt, mit ner Werkstatt im Keller. Er trug immer eine derbe
Lederschürze und wenn man in seine Schusterwerkstatt kam roch es nach Leder und Kleber.
Er hat noch alles von Hand gemacht. Vor allem wenn ich meine Boots dort früher
hingebracht habe - ihr wisst schon diese mega-überteuerten Cowboyboots, die man, bevor
man sie überhaupt anziehen durfte, erstmal neu besohlen lassen musste (was fürn
Schwachsinn) - hat der die so bearbeitet, dass sie unkaputtbar wurden. Die hab ich heute
noch... Gleich hinter unserem Haus ist eine Kuhwiese mit echten Kühen drauf - muh! Und um
die Osterzeit wird immer gedüngt, dass es zum Himmel stinkt - atme tief, die Luft ist
selten. Ein paar Häuser weiter war früher ein Getränkeverkauf. Auch im Keller. Kein
richtiges Geschäft. Die hatten einfach nur Getränkekisten im Keller - ein Rentnerehepaar
- und da hat sich die ganze Straße mit Getränken fürs Abendessen eingedeckt. Ich kann
mich noch gut erinnern, wie ich früher mit einem Sechserträger rüber musste. Drei
Flaschen Bier, eine Falsche Sprudel und eine Flasche Malzier für mich. Schade, dass es so
etwas heute nicht mehr gibt.
Samstags kehren die Leute den Bürgersteig noch selbst, und im Sommer hört man bei
offenem Fenster die Frösche quaken (<- damit meine ich natürlich dass sie die
froschtypischen Laute von sich geben und nicht etwa, dass sie sich gegenseitig wie in dem
Computerspiel umballern, obwohl das auch was hätte). Wenn ein Polizeiwagen durch unsere
Straße fährt ist das, das highlight des Jahres und abends stehen die Nachbarn an den
Gartenzäunen und rätschen (saarländisch für "tratschen"). Abends geht man
auf ein Bier ins Fischerhäuschen und im Herbst werden im nahegelegenen Wald Pilze
gesucht. Das größte Ereignis der letzten hundert Jahre war der Amokläufer Ewen in der
Dillinger Disco Xanadu (die hat inzwischen übrigens wieder geöffnet, mit neuem Besitzer,
der alte ist ja - verhindert). Der Laden muss übrigens an dem historischen Abend
gerammelt voll gewesen sein. Man glaubt gar nicht wie viele Leute ,,verdammt viel Glück
gehabt, ich war nämlich kurz vorher noch drin". Plötzlich kannte jeder im Land
Dillingen. Und die Typen, die sie bei RTL und PRO7 interviewt haben, da hat sich ganz
Dillingen kaputt gelacht. Hier kennt ja jeder jeden. Gleichzeitig spürte man, dass die
Welt draußen (Im Saarland sagen wir zum Rest der Welt "Reich", hat wohl was
damit zu tun, dass wir mal französisch und mal Deutsch waren) ein Stück mehr ins
Auenland eingedrungen ist. Wenn ich mir das alles so überlege, hat das auch etwas mit
Sehnsucht zu tun...
Bericht aus dem Auenland, lx
lx Dillingen/Diefflen a.d. SAAR, Auenland - 10.12.99 at 17:45:34
Perfekt World 2.7
Er ging nach draussen, zurück zum Wagen. Als er schon wieder im Auto saß, sah er das
kleine Mädchen über den Hof laufen. Irgendetwas hielt es mit beiden Händen fest in die
Schürze ihres Kleidchens gepresst. Bei ihm angekommen, reichte sie ein Paket aus Alufolie
durchs Fenster.
'Dein Kuchen.', sagte sie und war ein bisschen ausser Atem. 'Aber nicht
gleich essen, er ist heiss.'
*
eiseisbaby münchen, bayern - 10.12.99 at 17:00:51
oh ja also Heinrich da bin
ich doch gleich ins Atelier gelaufen
habe den Boden gefegt die Lein
wand ausgerollt mir ein großes Stück
abgeschnitten und aufgespannt
habe dann eine schöne weißgraue
Fläche gemalt trocknen lassen und
mit feinem Pinsel www.cyber-cafe.com
draufgeschrieben jetzt warte ich
dass etwas geschieht
elsbeth a. fl. times square, dea - 10.12.99 at 12:41:50
Huch, ALINIA, da hast du ja eine Lawine losgetreten mit deiner Frage nach Deutsch-Land.
Aber ich glaube, wir werfen da zwei Dinge durcheinander : Erstens Land = Horizont, Stille,
Naturgewalten. Andererseits Land = Provinz. Straubing und Tölz, Dillingen an der Saar
oder Dillingen im Donaumoos : Das ist städtisches Denken und Fühle, keine Bauern und
Fischer. Kleinstädtisches von mir aus, aber mehr Anwesenheit des allzu Menschlichen als
in der Wüste der Großstadt. Neuhausen an der Prignitz ist vielleicht wirklich anders, da
muss ich unbedingt mal hin. Kühe im Morgengrauen ... Andererseits : Die ganze Welt ist
Bielefeld, Wuppertal ist überall. Auch in Berlin, Hamburg oder München. - Deine Frage
nach der Sehnsucht : Ja, ich glaube, so steht es um mich.
Neulich, vor dem Gartencenter in Zuffenhausen. Ein Mensch mit einem riesigen Tannenbaum im
Drahtgitterwägelchen steuert direkt auf mich zu, will mich anscheinend über den Haufen
fahren, sieht mich wohl gar nicht. Jetzt nimmt er auch noch eine Hand vom Griff und winkt
mir fröhlich zu. Irgendwoher kenne ich den Mann. Sieht aus wie ein Rechtsanwalt, schießt
es mir durch den Kopf, aber es macht nicht klick. Woher zum Teufel soll mich ausgerechnet
ein Anwalt kennen ?
Er : So so. Der Herr Kulturkritiker versorgt sich mit Vogelfutter.
Klick ! Klar, aus dem Sozialgericht. Er hatte schon mit im Saal gesessen, wohl auf seinen
anschließenden Termin gewartet. Als einsamer Vertreter der Öffentlichkeit, sozusagen.
Tatsächlich : Meisenknödel, für Spatzen, Grünfinken und Eichelhäher Sonnenblumenkerne
und Erdnüsse, Rosinen für Wacholderdrosseln und Amseln. Und ein paar versprengte Stare.
Ich : Ja ja, und der Herr Anwalt möchte mal so richtig schön Weihnachten feiern.
Er (er hat so eine unheimlich vereinnehmende Art, die ich gar nicht mag. Fehlt nur noch,
dass er mir einen Arm auf die Schulter legt !) :
Ich fand das Klasse, mit Ihren Berufsangaben !
Das war eigentlich mehr ein spontaner Einfall gewesen. Der Vorsitzende Richter hatte mich
eben, als ich meine Vertretungsvollmacht überreichte, nach meinem Verhältnis zu der
Klägerin befragt ; ob ich überhaupt sachlich in der Lage wäre, sie zu vertreten. Na ja,
sie ist eine alte Schulfreundin, irgendwie auch in Stuttgart gelandet. Außerdem habe ich
bei ihr einen Nebenerwerbsjob auf 630-Mark-Basis, so Schriftkram halt. Da wollte er (der
Richter) natürlich wissen, was ich denn hauptberuflich mache. Kulturkritiker eben, ist
mir ziemlich übermütig herausgerutscht. Nein, was ich gelernt hätte. Doch, ich habe das
schließlich studiert. Kunstgeschichte, bisschen Philosophie, Theaterwissenschaft.
Brotlose Künste.
Der Richter : Und ? Haben Sie auch irgendeinen Abschluss ?
Ich : Klar. Diplomingenieur, freier Architekt, Mitglied der Architektenkammer. Aber bauen
mag ich nicht mehr. Jeder Neubau mehr ist ein Haus zu viel. In Deutschland wenigstens.
Tja. Da ist er doch, der Kulturkritiker. Da beiße ich mich doch lieber durchs
Sozialgesetzbuch Band V, stöbere im Einheitlichen Bewertungsmaßstab des
Bewertungsausschusses nach § 87 SGB V oder im Honorarverteilungsmaßstab der lokal
zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung, bemängle die Nichtigkeit von
Vorstandsbeschlüssen wegen satzungswidriger Nichteinschaltung der Vertreterversammlung
bei der Bewertung des qualifikationsabhängigen Zusatzbudgets "Psychosomatische
Grundversorgung", und solche Sachen halt. Da tut man doch wenigstens etwas
Sinnvolles.
Er (der Anwalt) gibt mir seine Karte. Ich könnte jederzeit bei ihm anfangen, als freier
Mitarbeiter, 100 Mark die Stunde. Immerhin habe ich meinen Prozess gewonnen, in erster
Instanz. Als Ghostwriter Schriftsätze vorformulieren, ein Traumjob. Ich werde mal drüber
nachdenken.
Hippi, Stuttgart, Schwabenland - 10.12.99 at 11:09:12
lieber dimitri,
wie von Dir empfohlen, hab ich mich durch den loop gescrollt und Deine Gedichte gesucht.
Ganz unten waren welche, und sie kamen mir furchtbar desillusioniert vor, das
unterscheidet uns wohl. (Ging's Dir gerade nicht so knackig? Oder verwechsle ich mal
wieder Autor und Erzähler?)
Auch bist Du der sprachlich einfachere; ich bring es immer nicht fertig, dem Ornament die
Tür vor der Nase zuzuknallen. Inzwischen haben wir uns angefreundet und haben viel Spaß.
Und: Ich habe bisher noch fast keine Gedichte geschrieben, bei 2 Stück wage ich noch
nicht, einen Stil zu formulieren. Wenn Dir Numero due gefällt, so verbuche ich das als
Erfolg, danke. Ich bin einfach noch ziemlich unsicher in dieser Form und wußte bislang
nicht, ob das überhaupt taugt. Insofern freu ich mich über jeden Kritiker, (auch danke
an helmut K. aus M.)
Vielleicht hört man mal wieder was von Dir, dimitri.
Liebe Grüße, Andrea
andrea frankfurt, - 10.12.99 at 09:17:22
Das Land ist still.
Es gibt doch das Bayern-LAND. Das wo Straubing liegt und Tölz.
Wo doch noch ein paar Literaten irgendwo herkommen müssen.
Werner Herzog hab ich immer bewundert, ob seiner ländlichen Herkunft.
Lieber Hippi, weshalb lebst Du in der Stadt, wenn Du die Weite liebst?
Oder gehörst Du nur zu den Menschen, die immer nur Sehnsucht haben nach dem,was sie am
wenigsten ertragen können?
Die Stadt ist zwar ein pool von Möglichkeiten und Zerstreung, aber eigentlich doch
schöpfer-feindlich, ohne Horizont, ohne Unberührtheit, schläft nie, sendet immer, pulst
immer, wie kann da etwas Ursprüngliches aus unserem Inneren kommen?
Ich frage mich, ob nicht die Stille, die Abwesenheit von fast allem Menschlichen -die
Wüste ,Voraussetzung für in die Tiefe gehen ist.
Wo ist die Wüste in der Stadt?
schnitt
ich habe mich im Sand gewälzt, da kommt ein rötlicher Mensch auf mich zu und sagt:
schlecht für den Gips, zum Doktor gehen.
Er lässt sich auf nichts ein, will mich vom Strand wegziehen.
Ich nehme meine Tasche, fülle sie mit Sand und giesse sie über seine fassungslose Frau.
schnitt
Fahre mit dem Behindertenrad (elektrisch) meiner Bekannten Julie durch Las Galletas,das
Dorf am Meer, ich überquere alle Ramblas und als ich rechts abbiege, übersieht mich eine
Frau und weicht gerade noch aus.
Und wo bleibt das Licht? schimpft sie wütend in die Dämmerung hinein.
"Im Herzen, meine Liebe, nur aus dem Herzen kommt es."
Sie steht da und schnappt nach Luft, ich sause zum Meer und sehe noch den Sonnenuntergang.
Zum Heulen, so schön.
schnitt
Es ist Flut, Frauen laufen mit blauen und roten Eimern, sie schöpfen Salzwasser aus dem
Meer,und dann nehmen sie den Scheuerstiel und wischen den Patio, die Treppen und sogar den
Salon.
Mit salzigem Wasser , das die Flut kraftvoll macht, besonders an Vollmond.
Se limpia,eh mas fuerte,verdad, sie kichern, und wischen ihre Hände an ihre Schürzen.
schnitt
Ein indonesischer Musiker durchquert den Strand, er spielt dabei einen fretless Bass,
Kopfhörer,sein Pferdeschwanz wippt im Takt, er springt kurz hoch, als eine Welle ihn fast
erreicht. Er läuft zum Ende des Strandes, der Bus, schnell, springt auf, numero 654 nach
Playa de las Americas.
Der Fahrer hupt , der Hund erhebt sich von der Rambla und trottet vorwurfsvoll zum Paseo.
salud, bebo vino, das Branden des Ozeans , füllt die Nase mit Salz, schwer, blau und
massenflach,
bis der Horizont in der Dunkelheit nicht mehr zu sehen ist.
alinia santa cruz, europe - 10.12.99 at 00:34:53
Choix la banane! Trois kilo douze!
@@@@@@
Hector Guimard macht das Verschwinden im Untergrund erträglich. Paris ist kalt, aber
beherrscht. Lieber wäre ich in Mutters Kissenzelt und äße Spekulatius im feuchtwarmen
Dunkel. Metapher für Schoß. So nur Moules/Frites am Rochechouart. Nichts hilft mehr
gegen den Schmerz. Die Rue Turgot sollte mich heilen. Er sollte es. Vergeblich warte ich
noch starr, dass seine Lippen das erste Mal meine Brust berühren.
Am Wochenende noch Theater in der deutschen Provinz. Ich tanzte ganz eng mit Ernst. Wir
haben uns geküßt. Ein bisschen. Geschaut. Jetzt nur der Wunsch nach Kühen im
Morgengrauen. Nichts hilft mehr. Umsonst gewesen.
@@@@@@
T'es seule? - Bien sur. - Danke. Sehr befremdlich.
Suse - Tour Poubelle, 18e Arrondissement - 09.12.99 at 23:30:07
Ich laufe rum und verdrehe mir ständig den Kopf nach den Frauen. Die Frauen würden
sagen, sie verdrehen mir den Kopf. So einfach ist es nicht, babes.
Gestern überschnitten sich zwei Frauen. Die eine saß bei mir auf dem Sofa. Zum ersten
mal und sie hat sich so ausgebreitet, so über ihren Körper hinaus, daß ich mich kurz
fühlte, als sei ich bei ihr zu Gast. Solche Sachen: Sie steht auf und slidet auf Socken
über das Laminat in die Küche:"Auch noch'n Bier!?". Oder: Das Telefon,
dran ist die andere Frau, seit Wochen und Wochen und Wochen versucht sie sich ähnlich
breit zu machen, aber indem sie mir sagt, daß ich der einzige bin. Bei mir zuhause war
sie nie. Mit jedem Anruf kickt sie sich selbst weiter raus. Ich lege also auf und es
klingelt wieder. Die eine schnappt sich den Hörer, und nach ein paar belanglosen Worten
hör ich schon wie die Stimme der anderen immer schriller wird und dann fängt die eine an
zu lachen, es giggelt so aus ihr raus und dann lacht sie so sehr, daß sie wunderschöne
rote Backen kriegt. Sie schafft es noch zu sagen:"Entschuldigung. Auf
Wiederhören." Dann lacht sie weiter. Irgendwie küssen wir uns später und als
unsere Lippen aufeinander treffen kriege ich eine gewischt, wie es manchmal passiert wenn
man den Handlauf einer Rolltreppe berührt. Ein schöner kleiner Schmerz und seitdem geht
mir nur eins im Kopf rum: Wie wird es sein, wenn sie zum ersten mal ihre Lippen um meinen
Schwanz legt!?
HaPeEr - 09.12.99 at 10:38:07
Pardon für den doppelten Eintrag, aber eine ganze Menge ist aus dem loop geplumst und es
fiel etwas mit korbinian zusammen:
Es gibt keinen Grund, Henryk M. Betrix über die "Tristesse in der
Bar"-Veranstaltung
zu lesen - außer man war nicht dabei. Es gibt ja auch keinen Grund dafür,
Biolek über Kohl zu hören oder Böttinger über Barre. Oder Gottschalk über Melvins.
Warum also Broder?
Wenn Journalisten über die fünf in der Bar schreiben, fehlt bei direkten
Vergleichen mit Bret Easton Ellis etwas, dass über die Nennung hinausgeht.
Stilistisch hat sich Kracht wohl schon bei Tempo damit beschäftigt,
etwa beim Titel über die Liebe. Auch Faserland war für mein Gefühl etwas nahe dran.
Ellis aber legt seinen Hass in die Figuren hinein. Kracht ist auch aggressiv (schöne
Idee mit den Listen), aber nach außen. Ellis ist nicht affirmativ, Kracht schon. Aber
in der Bar mußte ich lachen, als Kracht las "Aber diese drei Tage Gespräch hier
haben
mich zutiefst gestärkt. Ein völlig neuer Lebensweg ist mir von euch jetzt aufgezeigt
worden, nämlich der Rock. Ich werde jetzt auch kiffen."
off. - Berlin, - 09.12.99 at 09:37:27
Adventskalender
Noch geträumt, schon flackerte was: Schreib über uns, und wir geben dir Geld. Schreib
über Schuhe, schreib über Mäntel. Wir zahlen dafür. Wir geben dir Geld.
Schnell aufstehen.
Kein Taxifahrer kannte die Joseph-von-Eichendorff-Gasse. Eine kleine Schneise mitten im
Potsdamer Platz am Marlene-Dietrich-Platz. Probefeiern bei S., die probeweise für ein
paar Tage ein möbliertes zweieinhalbtausend-Mark-Appartment bewohnt. Die Straße nebenan
ist nach Rudolf von Gneist benannt. Als Gasse. K. sagt, Gneist (1816-1895) sei ein
Theoretiker der Selbstverwaltung von Kommunen gewesen. Das stimmt sicher nicht, das sollte
auch einer verstehen. Gasse also. Auf dem Balkon das Treiben der doppelgeschossigen
Nachbarn über den Hof hinweg. Ein Innenhof wie ein Atrium. Wer hier wohnt, soll aus
Gründen nicht vom Potsdamer Platz gestört werden.
Gegenüber eine Weihnachtsfeier und eine Frau im schulterfreien Ballkleid. Sie ist keine
32. Gleichzeitig redet K. über Pop-Trash. M. muß zuhören. Ich lasse K. hängen und
sage, dass die zumindest der Subjektivität eine Schneise schlagen. Wie oft mußte man
Leser an die Hand nehmen? K. sagt, er sei als einziger im Spiegel erwähnt worden. Ich
schenke nach, schließlich nannte A. auch D. mit der Flittchenbar.
Vor elf noch in den Fahrstuhl und abwärts. Knöpfe auch für -1, -2, -3
und -4. Draußen sagt M., es ploppt und wir gehen durch ein "Potsdamer
Platz"-Architekturmodell.
Abrauschen ins Wohnzimmer. Noch voller als sonst, und Sandra ist nicht da. Frida macht
müde wie immer, und selbst Tee kann den Marlene-Dietrich-Platz nicht auslöschen.
Statt des Radioweckers folgt die Nachricht aus dem Netz-Archiv der Morgenpost vom 12. 2. 99, Kathrin Rögglas Lebensgefährte sei Ulrich
Peltzer.
Abrauschen.
off. - Berlin, - 09.12.99 at 08:58:44
oh, elsbeth aus flensburg,
liebe mülltonnenpoetin und flachwasserfahrerin am rande der ostsee. erinnert sie sich an
unsere letzte begegnung bei der bäckertonne? es roch nach marzipanresten und saurer
milch. umherfliegende krümel nahmen uns den langen atem und wir husteten uns etwas, bis
cats kam und uns einlud zum "Dinner for Three". es gab gespaltene wörter und
labskaus. und der liebe nikolaus setzte sich zu uns und erzählte die geschichte vom
"fänger im roggen". endlich waren wir vereint unter dem sonnensegel der
motzersprache, beteten ein ave maria für alle armen seelen und flogen mit korean air nach
pusan, wo wir bei reiswein und dottori mug in der vergangenheit wühlten. aber ehrlich,
schön war's. morgen treffen wir uns übrigens unter www.cyber-cafe.com irgendwo in
amerika. bis dahin aus deutschen landen frisch auf den tisch.
heinrich battling rotenburg, deutschland - 09.12.99 at 08:05:45
Es gibt keinen Grund, Henryk M. Betrix über die "Tristesse in der
Bar"-Veranstaltung zu lesen - außer man war nicht dabei. Es gibt ja auch keinen
Grund dafür, Biolek über Kohl zu hören oder Böttinger über Barre. Oder Gottschalk
über Melvins. Warum mit Broder Zeit verschwenden?
Wenn Journalisten über die fünf in der Bar schreiben, vermisse ich bei den direkten
Vergleichen mit Bret Easton Ellis etwas, dass über die Nennung hinausgeht. Stilistisch
hat sich Kracht ja schon zu Tempo-Zeiten wohl damit beschäftigt, etwa beim Titel über
Liebe, selbst Faserland konnte sich für mein Gefühl nicht ganz davon lösen.
Leider aber wird nicht geschrieben, wo Unterschied zu Ellis liegt. Ellis ist nicht
affirmativ, Kracht ist es. Ellis legt seinen ganzen Haß in die Figuren. Kracht ist auch
aggressiv (schöne Idee mit den Listen), aber nach außen. Mein Lieblingsmoment in der
Bar. Krachts Gesicht bei "Ich werde jetzt anfangen zu kiffen."
off. - Berlin, - 09.12.99 at 07:32:05
He da, ich bin vom Land, und siehe da, der Literat kommt nicht per se aus der Stadt,nein,
er kommt aus dem Auenland, so wie ich...
lx Dillingen, Auenland - 09.12.99 at 02:59:13
He da, kich bin vom Land, und siehe da, der Literat kommt nicht per se aus der Stadt,nein
er kommt aus dem Auenland, so wie ich, ihr Nasen...
lx Dillingen, Auenland - 09.12.99 at 02:58:09
Helmut Krausser, geht's nicht noch arroganter und noch aggressiver? Die sogenannte Basis
ist mir da doch allemal lieber als so eine Elite. Was mich an Büchern fasziniert ist die
Tatsache, dass der Leser ("ein Leut") eine Zeit lang in dem Buch lebt und das,
was um ihn herum geschieht, völlig vergisst. So einfach bin ich halt strukturiert.
Inhalte sollte jeder für sich entscheiden. Ich habe Leute mit echter Begeisterung über
den "Medicus" und genauso irgendwelche Bildungsbürger ganz unbeseelt über
Deine Bücher reden gehört.
elmodem muc, de - 09.12.99 at 00:21:21
Im Eingangsbereich der G D P bot sich mir folgende
Szenerie, als ich ankam: Olli Kock tütet in Kuscheltie-
re verkleidete Wärmflaschen in Umschläge ein, die
junge Mütter als Dank, dass sie an einer Umfrage teil-
genommen haben, bekommen sollten. Ich äußerte
mich anerkennend über diese Aktion.
im vierten Stock dann:
Steffi: Ist euch das jetzt
allen klar geworden
Andreas, du guckst so verträumt
Sonst fragt
Worum gehts?
Ja, nee, wirklich, weil,-
gerade wenns einem
schon so vorkommt,
als wär echt alles
geklärt so,
droht doch an eben dieser Stelle
die GEFAHR zu entstehen, wenn ma´ sich da nicht sagt,
dass gerade dann halt irgendwie so goanix mehr klar ist- -
Hä?
Okay. Alle Klarheiten beseitigt, Gefahr gebannt.
Das gefährliche Gefährt Pferd
Aber haarsträubend, wie die Einen über die Anderen reden,
wenn sie sie nur nicht verstanden hatten (sowohl sie sie,
als auch umgekehrt). Und umgekehrt natürlich auch (die An-
deren über die Einen). Wo das Ereignis als geschehen und
schon vergangen behandelt wird, wo doch das Verstehen
erst mit der Zeit entstanden wäre ("Aber der Prozess...war
noch nicht beendet"). "Es war spätabends, als K. ankam."
So spät abends, dass es schon früher Morgen war. Was ich
heut nicht kann besorgen, sagte er sich, das verschieb' ich
doch auf Morgen. Das aber hatte die Zeit schon selbst be-
sorgt, superprofan, indem sie einfach die Datumsschwelle
überschritten hatte. Und wer sind die Einen und wer die An-
deren? Es gibt zwei Arten von Körpern, in denen wir geboren
werden können.
Abends:Band
Udo
Arne
Georg
Stefan
und Zimbo war auch mal wieder da mit seinem Sax
Sternschanze, Regen
vorbei am Bodega, dann durch den Hinterhof
broken umbrellas like dead birds
Andreas Praller, Hamburg, - 08.12.99 at 22:12:05
hat gleich eins auf die Mütze
gekriegt der Heinrich jawohl
nie würde der Kapitän das wollen
die Weite und das Ende der
Welt dem loop zu Füßen legen
paddelt er doch in der Ostsee
herum oder lungert bei den
Mülltonnen vor meinem Fenster
nach einer Scheibe Wurst
in Champagner gewälzte Worte
die könnten uns gefallen ich hörte
die gang und gäbe es in Berlin
elsbeth a. flensburg, de - 08.12.99 at 22:04:14
Perfekt World 2.7
'Ich suche die Below-Villa.'. sagte er und lächelte.
Die junge Frau trocknete ihre Hände ab und öffnete die Ofenklappe. Dann zog sie ein
Backblech halb heraus und stiess mit einem Holzstäbchen prüfend in den Teig.
'Er ist fertig.' Sie schaltete den Ofen aus, nahm das Blech mit zwei dicken
Topflappen und stellte es auf die Küchenzeile.
'Zur Below-Villa.', wiederholte sie und es klang nicht neugierig. Sie zog einen
schwarzen Haargummi aus der Hosentasche ihrer Jeans und band sich die Haare nach hinten.
'Es muß hier ganz in der Nähe sein.', meinte Eiseisbaby. 'Aber ich habe
leider keine Karte.'
'Das ist nicht schwierig. Fahr von hier aus einfach weiter, Richtung Stadt. Nach
fünfhundert Metern geht eine kleine Strasse rechts ab, die kannst Du nicht verfehlen:
Dann immer geradeaus.'
Er nickte.
'Danke.', sagte er und verkniff sich, die Hand auszustrecken.
'Kein Problem.', antwortete sie.
*
eiseisbaby münchen, bayern - 08.12.99 at 17:57:54
hallo andrea frankfurtciusw...
könntest du nur die schon der vergangenheit angehörenden beiträge von dimitri lesen,
ich bin sicher:
du würdest mich verstehen.
etwa eine ebene in der annäherung
und betrachtung
des virtuellen
buhlens
hatte damit schon abgeschlossen
doch heute -
die freudige erkenntnis
auch andere erheben sich
lösen muster
und sind
verschachtelt
ehrlich
irgendwann vielleicht ein verschwörerischer dialog?
dimitri tindi hd(eigntl. da), d - 08.12.99 at 15:51:18
Lieber Hippi, schon was vor am Wochenende? Ab in die Prignitz. Neuhausen
(www.schloss-neuhausen.de), kein Supermarkt, keine Bar, gar nichts. Land.
Westfalenfreundlichanders. Gummitwist ohne Hinterhöfe. Leere Notizbücher kommen voll
zurück, zumindest im Sommer. Sonntags wird im Anorak die Strasse gefegt.
Weihnachtsschmuck würde mich wundern. Aber vergiss den Taschenrechner. Nimm Stiefel mit.
Internet neben der Theke. Favoriten klick, Pool klick.
kathrin glosch - 08.12.99 at 12:31:29
Gute Frage, HPR. Wo ist Suse ? Hä ?
Hippi, Stuttgart, BW, D - 08.12.99 at 11:56:59
WO IST SUSE?
HPR - 08.12.99 at 11:40:50
Mellini: Gib mir fünf! Alinia: Ich bin ein Landeisbaby, echt wahr. Kathrin: I adore you.
Dankeschön. Sehr freundlich.
eiseisbaby münchen, bayern - 08.12.99 at 11:24:54
Hallo, Herr OSWALD : Sie haben leider recht. Wenn das von S. Kopetzky eine
B.-Lebert-Kritik war, weiß ich auch nicht weiter. War wohl nix. Null.
Hallo, ALINIA : Deine Suche nach der deutschen Landpoesie wird ohne Ergebnis enden.
Deutsch-"Land" gibt es eben einfach nicht. Von Mainz über Koblenz, Bonn, Köln,
Düsseldorf, Essen, Dortmund, Bielefeld usw.: Eine Stadt. Dazwischen Restflächen, aber
kein Land. Anderswo genauso. In Baden-Württemberg z.B., durchschnittlich besiedelt, misst
das größte nicht von Autostraßen zerschnittene Stück Landschaft exakt 21,2
Quadratkilometer. Das heißt, falls ich mich nicht verrechnet habe und falls das Fleckchen
zufällig kreisrund sein sollte, 5200 Meter im Durchmesser. Da also lebt das Landvolk und
mittendrin die Landpoeten: 0,1 Promille von 1,5 % der Gesamtbevölkerung. Deshalb auch
unsere Sehnsucht nach Weite, irgendwo fernab, am Meer, in der Wüste oder in der Tundra.
Auch meine :
Es war einmal ein ziemlich wilder Wolf,
der spielte für sein Leben gerne Golf.
Am liebsten spielte er am Yukon River,
Jack-London-Golfrange (Oh, it makes me shiver !) :
Da sind von 18 Löchern 17 zugefroren,
und auch der Ball geht ziemlich oft verloren,
weil man den Trick beim letzten Loch nicht leicht begreift :
Das ist nur offen, wenn ein Murmeltier draus pfeift,
und Murmeltiere sind recht selten in der Gegend.
Ein wilder Wolf ist schließlich ziemlich furchterregend !
Da pfeift der Wolf halt aus dem letzten Loch
und heult dazu ganz furchtbar. Aber Spaß macht´s doch !
Hippi, Stuttgart, Deutsch-"Land" - 08.12.99 at 11:23:34
Heute hinausgefahren aus der Stadt.
Arbeit abgehackt,Flaschen geleert, alles liegt und steht,
sitze nicht in Berlin, auch nicht in München,
würd gern trotzdem eiseis sehen, das gibts jetzt hier im TV.
Schnee auf dem Teide,die Wüste, einhunderttausend Körner Sand
auf meiner Ray Brille, best of rythm, Björk, Linos Topaz,
endlich steht alles still, hier, in meinem kleinen Dorf.
Wer sagt Land ist leer, es ist ein Tag für die Dame,mit Schnurr.Bar
damit ihr`s wisst: es gibt hier nur Bars,fünf Supermercados, und einen Hafen.
Die Fischer sind stinkig wie der Fisch, kein Pulpo hoy?
Es ist Winter, da sitzen hauptsächlich belgische Tanten und britische
Onkels in der milden Sonne herum, mit roten Nasen und Sonnencremetuben.
Strand, Sand, Brandung, eya, ich wälze mich, ein Hund findet das gut.
Dann habe ich einen Gin Tonic getrunken, einen Pulpo en vinaigretta
gegessen und statt pool einfach den Atlantik genommen.
Meine Frage des Tages lautet:
Warum "sitzen" alle Texterzeuger immer in den STädten?
Oder erkenne ich die echten Landliteraten aus der BRD nur nicht?
Liste für meinen Valor de la Vida:
1.Grobian Gans :die Ducks -Anthologie einer Sippe
2.Kripperlmarkt in Andechs
3.db24.de
4.pokémon
5.papas con mojo (***)
6.Björk
7.
alinia santa cruz, europe - 08.12.99 at 09:48:11
Einstand
Er war also ins Kino gegangen. "Das Gespensterschloss" oder "Das
Gruselschloss", egal - deutsche Verleihtitel! Es war das Remake des
Schwarz-Weiß-Films "The haunting of Hill House". Ein Gruselklassiker, den er
gesehen hatte als er jünger war. Ein Film, der ihm wirklich Angst eingeflößt hatte. Das
Gepoche in den Fluren, die Türen die sich wölbten, als wollte etwas Gewaltiges,
Unsägliches in Eleanores Kammer, die schwankende Wendetreppe und die Hand, die Eleanore
in finsterer Panik gedrückt hatte. Niemand da, als sie das Licht wieder eingeschaltet
hatte. Wessen Hand? Das gruselte, gruselt noch immer. Den Film hatte er nie vergessen. Es
war Donnerstagabend. Er hatte frei. Am Nachmittag war er am Kino vorbeigefahren und hatte
die Plakate gesehen. Die erste Abendvorstellung, der Film lief gerade erst an. Und
irgendwie war über den Tag hinweg der Entschluss gereift, an diesem Abend ins Kino zu
gehen um sich unterhalten zu lassen und davon zu überzeugen, dass trotz THX und
Computeranimationen das Grauen schwarz-weiß bleibt - und unsichtbar. Denn das war das
Geheimnis des Originals gewesen. Man sah nichts, man konnte nur spekulieren, fantasieren
darüber, was sich da auf der anderen Seite gegen die Tür drückt, was da donnernd durch
die Flure rast. Das würde das Remake nicht mehr schaffen. Zu groß ist die Versuchung,
sich der vielen Tausend Gigabyte an Grafikrechnern und Specialeffektprogrammen zu
bedienen. Etwas nicht zeigen, das macht heute fast niemand mehr. Es gibt keine Geheimnisse
mehr. Bunter, schneller, hohler dümpelt Megaseller neben Megaseller. Er war also ins Kino
gegangen. Allein. Wenn er nachdenken musste ging er ins Kino. Dort dachte er zwar nicht
viel nach, aber danach hatte er entweder etwas neues worüber er sich ärgern konnte oder
etwas, das ihn freute, was seltener geschah. Früher war ein Kinofilm noch etwas
besonderes. Die Filmemacher machten sich noch Mühe und ein Besuch im Kino war etwas
besonderes. Die Zeit die verging zwischen zwei neuen Filmen war länger. Doch meist lohnte
sich das Warten. Man hatte eben noch nicht alles schon mal gesehen. Er sitzt also im Kino
und denkt darüber nach, dass jeder sich etwas unter Fahrstuhlmusik vorstellen kann oder
unter Kaufhausmusik. Gibt es so etwas wie Kinomusik? Etwas typisches an der Musik, die vor
Beginn der Vorstellungen die Säle erfüllt? Er überlegt sich, ob sich außer ihm jemals
jemand diese Frage gestellt hat oder stellen wird. Im Augenblick haucht, stöhnt gerade
eine Sängerin eine Neuauflage von "When I need you". Hat was koitöses. Er hat
sich keinen der besten Plätze im noch wenig besetzten Kino ausgesucht. Nicht ganz in der
Mitte, nicht zu weit vorne aber auch nicht zu weit hinten. Irgendwo in der Mitte am Rand.
Es gab einmal eine Zeit, da lag er abends im Bett und dachte sich vor dem Einschlafen
irgend etwas Fantastisches aus. Er zählte zum Beispiel Karpfen, die Taucherbrillen und
Schnorchel trugen. Sie hüpften über brennende Rinnsale von Benzin. Schlieriger,
regenbogiger Film unter wogender Hitze. Und pfiffen, wie man einer Frau hinterherpfeift,
die Beine bis zum Hals hat. Im Hintergrund Palmen und Wüste. Das alles geschah im Teich
einer Oase in der Wüste. Ein Araber - Ölscheich stand am Rand des brennenden Teichs und
ließ aus einem Zapfhahn in seiner Hand Benzin ins Wasser laufen. Eine Zapfsäule von BP.
Ein Kamel. Kauend, eine Zigarette im Mundwinkel. Sonnenbrille. Kokosnüsse an den Palmen,
oder gibt es die nur in der Karibik? Gelber Sand. Leichter Wind. Möglichst viele Details.
Das Erreichen der Einmaligkeit des Gedankens, hieß das Spiel. Und er hatte sich überlegt
ob es eben gerade jetzt auf der Welt irgendwo irgendwen gab, der ganau das selbe tat.
Damals war die Welt noch so unfassbar riesig, dass er es für möglich hielt. Ja, er hielt
es sogar für möglich, dass irgendwo ein kleiner Junge, das selbe Leben lebte wie er.
Eben dann wenn er es tat. Einen Zwilling, der dann an ihn dachte, wenn er an ihn dachte.
So wie jeder Mensch auf der Welt einen Zwilling hatte. Eine Menschheit aus Zwillingen.
Zwei gleiche Menschheiten. Vielleicht auch auf einer Parallelwelt im Spiegelselbst des
Universums. Manchmal hatte er das wirklich für möglich gehalten. Allerdings fand er
immer mehr Unmöglichkeiten in seiner kindlichen Theorie und schließlich verwarf er sie.
Doch nicht ganz. Ein Artefakt dieser Idee ist ihm geblieben. Denn manchmal ertappt er sich
dabei, dass er sich fragt, ob eben jetzt jemand auch gerade an jemanden denkt, den er
nicht kennt. Versucht, sich den unbekannten vorzustellen. Zur gleichen Zeit. Und so
entsteht ein unfassbares Band zwischen beiden. Für einen Augenblick. Dann sind sie wieder
getrennt. Was Gedanken auf eine leere Leinwand passen. Die Kinomusik nicht zu vergessen.
Er hat sich ein Bier mitgenommen und trinkt jetzt einen Schluck. Vom Seitengang her kommt
ein junges Paar in seine Reihe und setzt sich nur einen Klappsitz freilassend neben ihn -
in seine bis dahin freie Bahn zur Toilette. Er hasst es, während einer Vorstellung aufs
Klo zu müssen. Der Klappsitztanz und die Entschuldignungs und Darfichmals. Das selbe auf
dem Rückweg. Und dann. "Hab ich was verpasst?" "Was ist denn
passiert?" Gh! Nur ein Sitz frei zwischen ihm und ihnen. Sie stören seine Kreise.
Doch er beschließt, nicht soziopathisch wirken zu wollen und gibt sich betont gelassen.
Er überlegt, was er wohl nach dem Film von dem Film halten würde. Und denkt, wie hübsch
doch die Blonde ist, die da gerade allein vor der ersten Reihe vorbeigeht und sich in
deren Mitte setzt. Allein - wie er. Sie ist außergewöhnlich hübsch. Nicht so wie Frauen
hübsch sind, die landläufig als hübsch gelten. Sie sieht anders aus. Besonders. Sie hat
etwas eigenes. Er weiß nicht genau, was es war. Blonde Locken, dunkle Augenbrauen und
tiefe Augen, scharf geschnittenes Kinn. Ihr Gesicht hat etwas Hartes, Trauriges. Und sie
geht allein in einen Gruselfilm. Mitten in der Woche. Setzt sich in die Mitte der ersten
Reihe. Welche Geschichte sie wohl hat? Er überlegt sich schon, wie er nach dem Film genau
so aufstehen wird, dass sie sich quasi gemeinsam aus dem Saal zwängen müssen. Er würde
etwas wie "Wow" oder "Na ja" - je nach dem wie der Film war - sagen.
Und hoffen, dass sie etwas entgegnen würde. Der erste Schritt wäre getan. Er würde sie
auf dem Weg vom Saal bis zum Ausgang in ein so interessantes, charmantes und spritziges
Gespräch verwickeln, das unbedingt bei einem Getränk fortgesetzt werden muss. Er sieh
sie Lachen und sich wohl fühlen. Sie würde ihn beobachten, wenn sie glaubte er fühle
sich unbeobachtet. Funken. Am Horizont flimmert die bunte Blumenwiese der perfekten
Partnerschaft über seine Hirnhaut. Mit einer Flasche Bier und einer Tüte Chips kommt ihr
Freund heran und setzt sich neben sie. Erste Reihe. Der Platz neben dem in der Mitte. War
wahrscheinlich Pinkeln vorher. Hat sich bestimmt nicht die Hände gewaschen. Müßte ihr
mal einer stecken. Er merkt, dass er starrt und nimmt einen weiteren Schluck aus seiner
Bierflasche. Er sitzt also im Kino, bei einem Remake von "When I need you", um
sich ein Remake von "The haunting" anzuschauen. Allein. Er genießt es -
irgendwie. Und ärgert sich nur etwas darüber, dass er, entgegen einer Angewohnheit,
nichts zum Schreiben dabei hat, um sich jetzt gerade seine Eindrücke zu notieren. Er
weiß wie schnell er vergisst und hofft, dass er später, wenn er es zu Hause aufschreiben
wollte noch wissen würde welcher Song gelaufen war. Er weiß wie schwierig das ist, ohne
Gedächtnisstütze. Es gibt so viele Eindrücke, und ehe man den ersten fasst, löscht ihn
bereits der nächste. Man muss gut aufpassen. Er versucht, sich Schlagworte zu merken.
Baut Eselsbrücken. Einen Satz um den herum er alles wieder rekonstruieren kann. Später.
Zu Hause. Vor dem leeren Bildschirm. Und dem blinkenden Cursor, der unerbitterlich blinkt
und blinkt. In einem Rhythmus als würde er provozierend, ja hämisch, mit dem Fuß auf
den Boden Tippen. Ungeduldig wartend, auf das, was da jetzt wohl tolles kommen soll. Man
muss einen gesunden Hass auf Cursor entwickeln und Lust alleine schon daran verspüren,
das blinkende Drecksteil so schnell es geht über den Bildschirm zu jagen. Und eine Spur
zu hinterlassen, die ihresgleichen sucht. Wenn man aber nix dabei hat, um sich alle
Eindrücke zu notieren, dann: Tipp, tipp, tipp. Blink, blink, blink. Er versucht sich
alles zu merken. Das Paar neben ihm. Das Mädchen, etwa 17, war gerade aufgestanden und
ihr Freund hatte sie gebeten, ihm ein Bier mitzubringen. Er kramt in seinem Geldbeutel bis
sie plötzlich sagt: "Komm gib ihn mir." Und er stutzt. Offensichtlich sind sie
erst kurze Zeit zusammen und er ist sichtlich überrascht darüber, dass er ihr seinen
Geldbeutel anvertrauen soll. So plötzlich, jetzt, gleich und hier. Er gibt ihn ihr und
rutscht auf seinem Sessel hin und her. Sie gibt ihm einen Kuss. Zum Abschied? Für immer?
Bin nur mal schnell Zigaretten holen! Sie verlässt seitlich gehend die Sitzreihe und
verschwinder. Über der Tür das grüne und weiße Leuchtschild:"Notausgang" und
das Piktogramm eines eilenden, aber nicht panischen Menschen. Der Zurückgelassene fühlt
sich sichtlich unwohl mit seinem Alleinsein. Die Wände ist aus roten, gewellten
Vorhängen und die hohe Decke des Kinosaals ist mit quadratischen Gipsplatten verkleidet,
mit kleinen Löchern darin. Er versucht, sie zu zählen. Nur kurz. Irgendwer würde schon
wissen wie viele es sind. In der Reihe vor ihm sitzt ebenfalls ein Paar. Etwa Mitte
dreißig. Sie wirkt zickig oder spröde. Ihre Körperhaltung zueinander oder besser
voneinander weg wie ein V, verrät einiges. Er hat einmal versucht, seinen Arm um sie zu
legen, und sie hat die Schultern verdreht und sich dem entzogen. Eine Beziehung in der
Krise? Oder hat sie einfach keinen Bock auf den Film, den er unbedingt sehen wollte. Sie
ist eben mitgegangen, um ihm einen Gefallen zu tun. Immer tat sie ihm einen Gefallen, er
ihr nie. Sie hätte mal wagen sollen, ihn darum zu bitten, mit ihr in den
Julia-Roberts-Film zu gehen. Sie hat ihn nicht gebeten und jetzt sitzt sie in einem seiner
Horrorfilme und ärgert sich, dass es zu spät ist, dass sie nichts gesagt hat, und sie
gibt ihm die Schuld daran. Eine Beziehung im Endstadium. Eine Partnerschaft, die von der
ersten Minute an im Endstadium war. Er hält sie einfach nur für zickig."Soll ich
dir was mitbringen". Nach dem gescheiterten Umarmungsversuch braucht er was zu
trinken und vor allem etwas Abstand.
Weiter vorne tummelten sich ein paar Teenies, die offenbar noch immer nach einem optimalen
Platz suchen und nach der richtigen Reihenfolge. Wer sitzt neben wem? Hoffentlich gibt
sich das während des Films. Alles auf, lass mich mal vorbei, nein hier will ich nicht
sitzen, sollen wir die Plätze tauschen, nein ich bleib hier sitzen, dann setz dich doch
da rüber...so bekommt man die Zeit auch rum. Erste Reihe, Mitte. Die blonde Schönheit
lässt sich dauerhaft von ihrem Partner vollblubbern. Sie schaut unbewegt nach vorne.
Vielleicht doch nicht ihr Freund. Der Alleingelassene hat angefangen, in der Nase zu
bohren und zieht nun einen ungeahnt großen und vor allem langen Kameraden aus dem
Nasenloch. Sofort blickt er sich um, verbirgt den Fang in einer Hand und sucht mit der
anderen möglichst unauffällig nach einem Tempo. Dummerweise sind die Taschentücher in
der rechten Hosentasche. In der rechten Hand ist auch der Popel. Er muss sich ganz schön
verrenken, um an die Taschentücher zu kommen. Glücklicherweise hat er überhaupt welche.
Und immer wieder geht sein Blick zur Tür, durch die zwar dann und wann ein paar neue
Kinobesucher kommen, aber nicht seine Freundin mit dem Geldbeutel. Südamerika?
Endlich wird das Licht gedimmt. Die Leinwand erwachte zum Leben. Autz-Werbung. Die
unsägliche Dia-Schau mit Werbung für lokale Betriebe. Ein Malermeisterbetrieb zeigt das
Foto eines ganz normalen Einfamilienhauses. Im Hintergrund läuft Synthimusik aus einer
Kinderorgel und neben dem Foto steht in Arial-Lettern "So könnte auch ihr Haus
aussehen!" Eine Drohung? Nächstes Bild: "Besuchen sie unser Sonnenstudio in der
Hauptstraße. Unser California-Team berät sie gern!" Auf der Leinwand eine Sonne mit
einer Sonnenbrille - sehr originell. "Da geh ich immer hin!", sagt irgend eine
Frauenstimme im Saal. Pizzaria, Autohaus, Bäcker, Blumenladen, Zeitschriftengeschäft
jagen einander. Dazwischen, zur Trennung, Computerbilder mit leuchtenden Gitterlinien.
High End! Ein hämisches "Ui, Reschpäkt!" aus dem Saal. Werbung auf der Höhe
der Psychologie. Versteckte Botschaften ohne Ende. Dann bewegen sich die Bilder.
Zigarettenwerbung im Nichtraucher-Kino, eine Schweinerei. Ist der Marlboro-Mann wirklich
an Krebs gestorben, oder ist das nur eine Zote? Die Spinne in der Yuca-Palme! Und was ist
eigentlich mit dem echten Herrn Kaiser von der Hamburg-Mannheimer passiert. Der hatte doch
bestimmt die beste Lebensversicherung auf der Welt und eine Versicherung gegen
Kündigungen und was noch alles. Und jetzt ist er trotzdem weg! Verdrängt - von einem
Jüngeren."Er ist's. Der Kaiser!" Nein er ist's nicht! Der echte
Kaiser liegt auf dem Friedhof der Kuscheltiere. Gemeinsam mit Frau Sommer, der Klementine,
dem HB-Männchen und der Frau, die die Hände ihrer Bekannten immer in Geschirrspülmittel
badete (Vielleicht ist ja irgendwann eine durchgedreht?). An dem Ort, den zu besuchen sich
Dr. Best bis dato gedrückt hat. Dr. Best, der immer neuere Zahnbürsten entwirft, mit
Schwingkopf und Sensorborsten und keiner Tomate etwas zu Leide tut. Unsterblicher Gott
einer strahlend weiß grinsenden Menschheit. Dr. Best! Vergiss den Rest! Wie der Name
schon sagt. Doch zurück ins Kino, wo inzwischen die Vorfilme angefangen haben und das
Mädchen mit dem Geldbeutel zurück kommt. ,,Haste noch eine geraucht, oder was?" Sie
schüttelt nicht den Kopf und nickt auch nicht. Statt dessen setzte sie sich hin, drückt
ihm seinen Geldbeutel in die Hand. Hätte er jetzt hinein geschaut, dann wäre das wohl
das Ende gewesen. Er widersteht instinktiv dem Drang es doch zu tun."Ich hätt auch
noch gern eine geraucht!" Sie zuckt die Schultern, isst Popkorn, setzt sich aufrecht
hin und blickt zur Leinwand, denn der Film beginnt.
Jörg Laux (lx) Dillingen, Saarland - 08.12.99 at 04:20:12
schumann, alfred brendel, das stottern
das hacken der töne, achkarrer grauburgunder
bin gut im text, berlin bleibt im wort
björn kuhligk berlin, - 08.12.99 at 00:58:20
http://www.dumontverlag.de/null/kopetz/text4.htm
björn kuhligk berlin, - 08.12.99 at 00:05:20