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Textasy Archiv #09 (Dezember 2000)

txtc #08 / txtc #10

 



Wellensittich und Spatzen

REFRAIN:
Als mein gelber Wellensittich aus dem Fenster flog, hackte eine Schar von Spatzen auf ihn ein.
Denn er sang wohl etwas anders, und war nicht so grau wie sie, und das paßt in Spatzenhirne nicht hinein.

1)
Auf dem Weihnachtsmarkt läuft einer nach dem sich die Leute umdrehn, etwas grünes hat er sich iins Haar geschmiert. Er trägt eine Glitzerhose und am linken Ohr Geschmeide, etwas Wangenrouge, der Hals ist tätowiert. Träge Menschen werden munter, stille Bürger sind entrüstet, Dreckparolen wirft man wo er geht und steht. Jemand sagt das ist der Abschaum, so was müßte man erschießen, wenn das mein Sohn wär', ich wüßte was ich tät! Jemand sagt der ist entlaufen, jemand sagt : "Hau ab, zieh' Leine!". Irgendwo ruft jemand halblaut "Schwules Schwein". Jemand spuckt ihm vor die Füße, jemand wirft nach ihm ein Brötchen, ein Besoffner packt ihn und schlägt auf ihn ein.

... Refrain ...

2)
Fünf Soldaten auf der Bude, vier sind sofort dicke Freunde, nur der fünfte ist 'ne Pfeife, das steht fest. Alle war' n schon blau nur er nicht, hat von Fußball keine Ahnung, abends liegt er mit 'nem Buch in seinem Nest. Täglich schreibt die Pfeife Briefe und kriegt Post aus andern Ländern, alle prahln' mit ihren Weibern nur er schweigt. Er versaut die ganze Stimmung, wenn sie Witze sich erzählen, es wird Zeit das man ihm mal die Meinung geigt. Sonntag nacht, die Pfeife schläft schon, unsre vier sind stockbesoffen in der Dunkelheit zerrn' sie ihn aus dem Bett. Eine Flasche braunen Fusel flößen sie ihm ein und lachen, und sein Buch wird eingeschmiert mit Stiefelfett.

...Refrain ...
3)
Im Lokal ist Kinderfasching an der Tür gibt es Getuschel, eine Mutter bringt ihr Sternentalerkind. Das ist geistig schwer behindert, kann nicht reden nur so brummeln, doch es strahlt weil hier so viele Kinder sind. Und die Mutter setzt sich mit ihm an die lange Kaffeetafel, ihr kleiner Sternentaler klatscht zu der Musik. Keiner schenkt ihnen Kakao ein, niemand setzt sich in die Nähe, ab und zu nur trifft sie ein verstohl' ner Blick. Als die Kinder tanzen schwingt sie auch ihr Kind herum im Kreise, manche tanzen weiter, andre bleiben stehn. Jemand sagt das ist geschmacklos, man wir sind doch keine Anstalt, unsre Kinder sollen so etwas nicht sehn!

Text & Musik:
Gerhardt Schöne

kerstin. mit franzi und herbi. - 03.01.01 at 19:46:23



High Textasy-Leser und Schreiber.

2000 ist Vergangenheit. Ein guter Zeitpunkt um einmal ein 'Dankeschön' zu placen. Wem der Dank gilt? Nun ... ich denke, wer damit gemeint ist, weiß das auch.
Danke für alle netten Worte und
danke an Leipzig.
Ist 'ne coole, kleine Stadt, wenn auch gelegentlich etwas ... gewöhnungsbedürftig und säxisch für einen WahlKölner.
Danke für eine Sylvester-Party im Werk II,
danke für Spaziergänge im Clara-Zetkin-Park,
danke für braune Augen, weiche Lippen.
Danke für ein paar geniale Minuten (oder waren es Tage?) in Deinen Armen.
Danke für Deinen Stern, den ich jede nun jede Nacht sehen kann, wenn ich an Dich denke.

Danke an Textasy.

TaleTeller Köln - 03.01.01 at 00:19:03



Brennanleitung
Haare und Phosphor auf einem kleinen Holztisch, Weihnachten ist vorbei. Die Tasten 1-9 und danach ein ?. Angenehm ist es hier nicht gerade. Fremde Umgebung. Dreh die Lautsprecher auf. Monotones Kopfnicken zum Beat. Wirr-Irr-Schirrer Blick. Blut lecken-hmmm, darauf würde sich meine Zunge jetzt freuen. Es riecht ekelhaft fettig. Die Welt brennen sehen. Geil. Feuerzeug-Haare-Phosphor.Tod. FROHES NEUES JAHR

Maurizio Erfurt - 01.01.01 at 20:58:32



mehr schreiben
weniger essen
weniger geld ausgeben
gesünder leben
nach hamburg fahren
leipzig besuchen
keinen streß machen
oder machen lassen
in die pötte kommen
manchmal mehr nachdenken
manchmal weniger nachdenken
mir nicht selber im weg stehen
und anderen auch nicht
meiner ma helfen
und fleißig sein
nicht so viel smsn
englisch aufbessern
und noch mal niederländisch lernen
meinen schatz behalten
und meine freunde
gesund bleiben
mich nicht so viel ärgern
und keinen anderen absichtlich
blumen plücken
dem reeser meer die honigblume zeigen
und umgekehrt
wieder mehr radfahren
ganz viel harry mulisch lesen
geliehene bücher nach dem lesen
sofort zurückgeben
nicht übers wetter schimpfen
aus allem das beste machen
köln besuchen
vielleicht doch endlich nach england
eine silvesterparty planen

teffis vorsätze, die hoffentlich eingelöst werden (können) - 31.12.00 at 11:29:49



Eisigkalte Silvesterwünsche aus Leipzig besonders an den Niederrhein....
@Liebeskrümel: hab ich nicht..ähem. Und...ich kann nachvollziehen, wie es dir geht, war bei mir früher nicht anders, obwohl ich persönlich Silvester wichtig finde - von wegen Jahresabschluß etc. Das wird schon wieder...

Honeyflower Leipzig - 30.12.00 at 11:09:37



Silvester
Ist das wirklich das wichtigste Fest des Jahres?
Schon im September fragen mich die ersten Leute "Was machst du Silvester?" "wir feiern doch Silvester zusammen, ja?" und "Hab ihr schon was für Silvester geplant?"
Nein, haben wir nicht. Nicht im September und auch heute nicht. Zwei Tage vorm Jahreswechsel, und wir haben nicht den blassesten Schimmer, wo und wie umd mit wem wir Silvester verbringen werden. Ich habe bis Weihnachten nicht einen Gedanken an Silvester verschwendet. Aus Zeitmangel (wann bitte soll ich zwischen Büchern, Kunden, Weihnachtspapier und quengelnder Chefin noch Silvester planen?) und weiles für mich halt wirklich nicht mehr wichtig ist. Früher habe ich mich tagelang darauf gefreut; als Kind wegen des Feuerwerks und wegen des Sekts, den ich um Mitternacht trinken durfte (der mir dann aber meistens doch nicht geschmeckt hat), später dann, weil ich mich mit Alkohol abschießen und dann tun konnte, was ich wollte, denn "Silvester ist alles erlaubt". Heute ist das nicht mehr so, ich kann nicht mal erklären warum. Aus der Partylöwin ist ein langweiliger Haustiger geworden. Und meine beste Freundin ist böse, traurig und enttäuscht, weil ich nicht mitkomme zu der Riesenparty, die letztes Jahr schon so toll war und dieses Jahr bestimmt noch besser wird, denn für sie ist "Silvster das wichtigste Fest des Jahres, das man mit den besten Freunden zusammen feiern muß". Für mich nicht, und darum geht sie davon aus, daß sie nicht zu meinen wichtigsten Menschen gehört - was absoluter Schwachsinn ist... ich hab sie so lieb.
Jetzt sitze ich hier mit schlechtem Gewissen, weiß aber gar nicht genau, wofür ich mich schämen soll.
Am liebsten würde ich mich Silvester in meinem Bett unter der Decke verkriechen - ganz allein - und darauf warten, daß das neue Jahr endlich kommt und mich dann in Ruhe läßt.

Ich mag Silvester nicht. Und ich glaube, Silvester mag mich auch nicht.

@ honeyflower: Ich hoffe, Du hast rote Unterwäsche, die soll an Silvester getragen nämlich Glück bringen!
Ich wünsch Dir und Deinem Oli und natürlich Melli viel Spaß bei Eurer Silvesterparty; am liebsten wäre ich bei Euch, dann bliebe mir das alles hier erspart...

@ MariO: Komm gut rein... und meld Dich.

Teffi - 29.12.00 at 20:21:00



es ist ein schnee gefallen,
und ist es doch nicht zeit.

man wirft mich mit den ballen,
der weg ist mir verschneit.

mein haus hat keinen giebel,
es ist mir worden alt;
zerbrochen sind die riegel,
mein stüblein ist mir kalt.

ach lieb, laß dichs erbarmen,
daß ich so elend bin,
und schleuß mich in dein arme
so fährt der winter hin.
*********************************

Ich habe festgestellt: Wenn man Jemanden hat, der einem ganz ganz warm hält, ist Winter doch nicht so schlimm...


Teffi kalte Hände, kalte Füße - 29.12.00 at 08:02:52



"... und die Mutter antwortete: "Hör auf deine Mutter zu nerven, du hast doch jetzt Internet.""

klasse das hier, sowas hab ich noch nie gesehen

florian frankfurt - 28.12.00 at 21:29:46



Aber man kann auch nachweihnachtliche Grüße versenden, oder? Also, hier meine Weihnachtsgrüße an Euch da draußen: an Teffi Liebeskrümel, an Dr. MARiO und Kerstin, an den Punk aus Hangovertown und an TaleTeller, der das jetzt gar nicht lesen kann, weil er auf meinem Sofa rumlungert...find ich aber auch ganz okey so. ;-)

Genießt die ruhigen Tage zwischen den Jahren...

alannis Leipzig - 27.12.00 at 14:47:04



es läuft wieder- läuft es wirklich wieder???? spannung nach dem klick... und....

kerstin. wolke 7 - 27.12.00 at 13:51:19



Keine Weihnachstsgrüße bei textasy. Schnief. Nee geht auch nicht, da unsere lieben Netzadministratoren der HTWK, den CGI-Server über die Feiertage abgeschaltet haben. Doof. Aber im Moment nicht zu ändern.
Trotz alledem allen schöne Weihnachten. In den Gedanken bei Euch. MARiO. Yours.

MARiO@textasy.de - 24.12.00 at 14:00:00



Mein letzter Arbeitstag, vor dem Jahresende. Es ist vollbracht. Allen ein schönes Mitwinterfest. Ich denke an Euch... Kerstin in Riesa, Allanis in L.E., Teffi im Pott, Phillip von der Nordkante, TaleTeller aus Kölle, dem Soljanka-Schreiber, die lieben Loopster, die sich ab und zu hierher verirren, die ÖJD-Posse, und alle die anderen textasy-schreiber und -leser...

love x

MARiO Beisitzer im APK :) - 22.12.00 at 16:34:41



the story of lillifee - Fortsetzung und Ende

Garchibal Ott ging in seinem Zimmer auf und ab. Der falsche weiße Bart hing mit einem Zipfel an seiner rechten Wange. Der rote Mantel saß unordentlich über seinen Schultern und der Gürtel hing lose um seinen Bauch. Ein riesiger Büschel von Brusthaaren schaute hervor. Er grübelte. Er grübelte immer um die gleiche Zeit wie in jedem der letzten 17 Jahre, seitdem Lillifee weg ist.

Dabei wollte Herr Ott doch Lilifee vor gut 70 Jahren nur wenigstens einmal die Show zu Mittwinter stehlen...
Damals schritt er auch durch sein Zimmer und grübelte er zum x-ten Mal nach, wie er die Herrlichkeit der Geburtstagsfeiern von Susej verblassen lassen könnte mit einem einmaligen noch nie dagewesenen berauschenden Fest.
Und wie es der Zufall will, streunte um sein Haus ein Vertreter der Gesellschaft für Ideen zu jeder Lage und Krisen-Situation. Er trug einen merkwürdigen Jägerhut, der rechts und links etwas ausbeulte und er verbreitete gleich einen leicht verbrannten Geruch im Zimmer, wie es sonst nur die faulen, den ganzen Tag quarzenden Wichtel vermochten. Die beiden kamen schnell ins Gespräch. Und G.Ott´s Stimme wurde immer redseeliger, je mehr von diesem brauen Prickelwasser trank, das der liebe Herr Theodorus Eufel mitgebracht hatte. Ein roter Mantel, ein weißer Bart und für jedes Menschenkind ein Geschenk. Herr Ott lachte laut, als er hörte, daß das schon genüge um Lillifee eins auszuwischen. Aber Herr Eufel war ein wahres Prachtstück seiner Zunft. Nicht nur die drei Utensilien sondern auch gleich noch ein fliegenden Untersatz samt 8 RS (Rentierstärken), sowie ein vorformuliertes Arbeitsvertragswerk zur Zwangsanstellung sämtlicher fauler Wichtel, konnte er Herrn Ott schmackhaft machen. Garchibal zögerte noch etwas und Theodorus warf seinen letzten Trumpf in die Wagschale. Das Engelskostüm für Lillifee.
Die beiden besiegelten Ihren Vertrag mit einem Spuck in die Hand und anschließendem Schütteln und triumphierenden Schulterklopfen. Die Überraschung ist Herrn Ott gelungen. Lillifee und die ganze Wichtelbrut staunten nicht schlecht. Sie waren aber über das anstehende Spektakel ziemlich angetan.
Dann ging sie los, die große Hatz. Alle Wichtel werkelten was das Zeug hielt an den geschenken der kleinen Erdenmenschen. Herr Ott und Lillifee sausten mit Überschallgeschwindigkeit zu den Kindern, brachten da etwas und dort etwas. Und dann wieder zurück nach Haus Geschenke auffüllen. Allen Kinder der Welt brachte Herr Ott und Lillifee in dieser Nacht ein Geschenk. Wie das möglich war? Keine Ahnung. Aber Zeit spielte eh keine große Rolle für G.Ott. Und so sanken am Ende der Nacht alle Wichtel, Lillifee und Herr Ott völlig fix und fertig zu Boden. Schon im einschlafen säuselte Lillifee: "Ok, 1:1 für Dich....".
Die Freude auf der Erde war riesig groß. Ja Geschenke, das war was feines. Alle mal besser als die Geburtstagsfeiern der letzten Jahrhunderte...
Aber unsere Freunde hatten die Rechnung mit Herrn Eufel gemacht und hätten lieber das Kleingedruckte lesen sollen. Denn hier stand nichts von einmalig, hier stand etwas von: "ab sofort und jedes Jahr" und noch kleingedruckter stand etwas von "größer, teurer, ausgefallener", was sich auf die Art der Geschenke bezog.
Und so stand nun jedes Jahr wie aus Zauberhand der fliegende Untersatz und die acht Rentiere vor der Tür. Sowie fein säuberlich die Kostüme für Herrn Ott und Lillifee.
Und mit jedem Jahr wurde es verrückter und gewaltiger, was die beiden einmal umd die Welt verteilen mußten. Lillifee war richtig sauer, auf die blinde Tollpatschigkeit von Garchibald. Und Ihre Drohungen irgendwann genervt zu gehen wurden immer lauter...
Garchibald wußte auch keine Lösung, aber er schaffte es dennoch immer, seine Mannschaft hochzubekommen und den ganzen faulen Zauber durchzuziehen...
Und vor genau 17 Jahren war es dann soweit. Lillifees Hutschnur platzte. Sie ging. Ging einfach so. Schlüpfte in den Körper eines kleinen Menschenwesen und verschwand.

Alles hatte er durchsucht, das ganze Zimmer auf den Kopf gestellt. Herr Ott suchte nahc etwas, er suchte nach einem Zeichen, eine Nachricht, oder irgendwas, wo stand, wohin Lillifee gegangen ist. Aber nichts fand er. Rein gar nichts. Wohl oder Übel mußte er auch in diesem Jahr sich der Tortur des roten Mantels unterwerfen.
Beim Rausgehen schlug er die Tür mit solcher Wucht zu, daß das ganze Haus nur so rüttelte. Da sprang die Briefkastentür mit lautem Quitschen auf und heraus purzelte ein kleiner Brief. Nein, nicht möglich, aber ja klar, das war Lillifees Handschrift, ganz zittrig betrachtete er den Umschlag. Außer seiner Anschrift war nichts zu sehen. Nichts, kein Absender, kein Garnichts. Vorsichtig öffnete er den Brief und las...

Lieber Garchibald,

ich bin auf der Erde und mir geht es gut. Ich habe einen blonden Jüngling gefunden und bin seit langem wieder richtig glücklich. Ich werde die nächsten 70, 80 vielleicht 100 Jahre hier bleiben. Sei nicht traurig. Du wirst diese Zeit überleben. Ich freue mich sogar darauf, wenn Du irgendwann vor mir erscheinst, und mich zurück zu Dir nimmst.
Bis dahin, mit Gruß an Dich und die Wichtel.

Lillifee

PS: Ich habe eine Idee, wie Du aus dieser Nummer mit Herrn Eufel herauskommst. Das wird bestimmt funktionieren. Aber das erzähl ich Dir alles später...


Ihr hättet Herrn Otts Gesicht sehen sollen. Ein breites strahlendes Lächeln ging über seine Gesicht. Er dachte nur: "Du Verrückte, 2:1 für Dich". Wie froh war er doch, das es Ihr gut ging. Mit einem tiefem zufriedenen Luftholen saugte er sich seine ganze Kraft zusammen und machte sich an die Arbeit für Mitwinter...


the story of lillifee... ENDE - 22.12.00 at 15:40:50



MARiO vom Prenzelsberg:
ich sage erstmal nichts,
doch Du kennst mich,
wenn auch nicht
von Angesicht.

Du kenns' mi jo,
doch kanns' Du platt?
Bold weest Du sicher,
wer ik bin.
Nä, ud'e Stadt kôm ik nich!
Kenn ober Bräm' ganz good
un Göttingen.
Uk in Berlin bin ik al wän
und in Hamburg,
dör ganz Europa sö wi föhrt:
dat wör so no're Schoole
1970 (1977 häb ik al studeert
in B.)
Un ik bin also genau
dublt so olt wie Du
(falt mi jüss ub!)

GPhilipp Plattdeuschland - 22.12.00 at 00:10:21



the story of lillifee - Fortsetzung

Auf eine Sache war G.Ott besonder stolz. Er hatte als einziger im AstroPlanetenKonsortium (APK) seine ErdPlaneten und den ganzen Milchstraßenkrimskrams so konstruiert, das es innerhalb eines Jahres auf der Erde die Tage mal länger, die Nächte kürzer und dann wieder die Tage kürzer und die Nächte mal länger wurden. "Das bringt Abwechselung und Spaß, und hält das Leben frisch", war immer sein Satz gewesen, wenn ihm seine Kollegen vom APK fragten, warum er seinen Erdgeschöpfen diese Strapazen der wechselnden Jahreszeiten antat. Es wäre doch viel besser, es gäbe immer einen Sommer und
überhaupt, alle hätten zu essen, denn in so einem Sommerjahr könnte vier Mal geerntet werden... Aber Herr Ott war ein Starkopf und wollte es so wie es ist und nicht anders. Lillifee war, was das betrifft einer Meinung mit Garchibald, denn auch sie fand gefallen an den kalten dunklen Jahreszeiten, mochte sie doch ganz besonders, die Erde mit diesem weißem Zeug zu bestreuen, was alle Erdgeschöpfe und besonders die kleinen Menschen so mochten. Dazu hatte sie sich so einen richtig großes MegaSieb gebaut und rührte und drückte dann fleißig eine von diesen riesen Wattewolken, von denen es bei ihr und G. Ott so viele gab, einfach hindurch.
Alles war so nett und schön und hatte seinen Platz und Richtigkeit, bis vor 2000 Jahren Lillifee mal wieder auf die Idee kam, alles bisher Dagewesene zu übertrumpfen und dadurch für ein heiloses Durcheinander auf der Erde sorgte. Sie schickte einen Jungen auf die Erde und gab ihm zusätzlich zu seinem Licht ein wenig von diesem Saft mit, der nur für Ihresgleichen bestimmt war. Und damit das Chaos perfekt war, verbreitete sie das Gerücht auf der Erde, das in einer der längsten Nächte des Jahres ein ganz besonderes Wesen geboren wurde.
Es passierte was kommen mußte. Der kleine Susej war ansich etwas unterbemittelt und eher ein Träumer, aber dieser Saft ließ ihn in seinem Leben so einige wundersame Taten vollbringen, die auch von Garchibald Ott nicht unbemerkt geblieben sind. Susej´s Erscheinen veränderte das Leben auf der Erde nachhaltig. Ein wahrer Personenkult setzte ein und ein Heldenepos nach dem anderen wurde geschrieben.
Lillifee hatte es geschafft. Die halbe Welt feierte für die kommenden Jahre so um die Mittwinternacht Susej´s Geburtstag und G.Ott war stinkesauer, daß er nicht auf diese tolle Idee gekommen ist. Aber die Jahre strichen ins Land und Herr Ott überlegte und überlegte, wie er Lillifees Geniestreich übertrumpfen konnte. Und so lebten die beiden so vor sich hin, stritten sich, lachten, staunten und bastelten und jedes Jahr um die selbe Zeit kam Garchibald ins grübeln...
Bis zu jenem Tag als....

the story of lillifee... Fortsetzung folgt... - 21.12.00 at 14:27:44



@Liebeskrümel: kannst Du Dir vorstellen, wie sehr ich genau das vermisse?? Hier gibt es nur doofen Weihnachtsstreß...ich fürchte, ich werde erst mal wieder an Heiligabend zur Ruhe kommen und mir klar machen, wobei es bei diesem Fest überhaupt geht...daher auch Bescherung erst am 25. - ich will mich auf das Wesentliche konzentrieren können...wünsche Dir und dem Rest des "Herta-Teams" noch einige schöne Tage - feiert schön und trinkt nicht zu viel Sekt..;-)

alannis sehnsüchtig - 20.12.00 at 22:03:06



weihnachtsidylle

schreiende, plärrende kinder, genervte mütter, männer, die ihre verlorenen ehefrauen verzweifelt suchen (ich frage mich, wie man in diesem kleinen laden jemanden verlieren kann), kolleginnen, die ständig die treppe rauf-und runterhasten und im vorbeigehen irgendwas unverständliches murmeln; gerade aufgeräumt und schon wieder liegen überall bücher rum...frau trott...oh nein, schnell weg! ein stapel fortsetzungen wartet auf mich, barsortiment ist auch noch nicht fertig... und mitten im gewühl steht herta mit dem großen loriotbuch, liest "advent" vor und lacht sich halb tot...
ich hasse diese zeit und ich liebe diese zeit!

teffi weihnachtsgestreßt - 20.12.00 at 21:02:08



Mit großem Krachen gab der Stuhl nach und zerbrach unter der Wucht seines Aufpralls. Das ganze Zimmer war verwüstet. Überall lagen Sachen rum, der Staub türmte sich sich.
Garchibald Ott war sauer. So sauer, das er seinen liebsten Stuhl, durch das Zimmer schleuderte und nur noch rasender wurde.
Lillifee ist weg, seine liebe Lillifee ist weg, hat sich vor 17 Jahren einfach so verdrückt, hat gesagt, kann nicht mehr, will nicht mehr. Die beiden hatten sich gestritten. Es war nicht das erste Mal, das die beiden sich stritten, aber diesmal machte Lillifee Ihre Drohung war und ging raus und los. "Ihn" suchen.
17 Jahre sind es nun schon... Dabei verstanden sich die beiden in den letzten 4000 Jahren - und wer weiß noch wie lange schon davor - ziemlich gut. Sie waren ein eingespieltes Team. G. Ott beobachtete die Welt und seine Bewohner, tat dort etwas Gutes und ließ es dort einmal Krachen, während Lillifee sich um den ganzen Rechnungskram vom APK (AstroPlanetenKonsortium) kümmerte und so alles in Schuß hielt.
Die beiden hatten viel Spaß miteinander. Besonders wenn sie rund um die Welt flogen und kleinen Geschöpfen ihr Lebenslicht einhauchten und die runtergebrannten Lebenslichter wieder einsammelten. Dabei stritten sie sich wie Freunde sich nun mal streiten und rechneten sich immer vor, was nun besser gewesen war, ein Mädchen oder ein Junge. Dabei spielte weder das Alter noch die Stärke oder Schönheit der Lebewesen eine Rolle. Einzig die Anzahl der guten Taten zählte. Herr Ott schickte immer lieber die Mädchen auf die Reise, während Lillifee Jungs bevorzugte. Wenn Sie sich besonders stritten, dann sagte sie immer, "wenn Du so weiter machst, blase ich mich einmal selbst auf die Welt und werde mir endlich einen von meinen Erdenjungs schnappen und mit Ihm glücklich werden...". Er brummelte dann immer "zeige mir nur diesen einen, der es schafft, Dich noch glücklicher zu machen als ich...". Und so vergingen die Jahrmillionen... Jahrtausende... Jahrhunderte... Jahrzehnte... und Jahre...

the story of lillifee... Fortsetzung folgt... - 20.12.00 at 15:34:56



Lillifee

WANTED
Gesucht wird Lillifee!
Wer kann Angaben zu diesem Wesen machen?
Bitte meldet Euch.

Wichtelkommander auf der Suche - 19.12.00 at 13:08:24



einsam ist heilsam... und das, obwohl das glas leer ist, der letzte tropfen wein an der lippe meines gegenübers... und ich schrei in die nacht: s!!!!!!

angela ??? - 19.12.00 at 04:18:03



Dauerwelle. Du siehst Dauerwelle und weisst alles. Die Frau, die mir gegenüber sitzt, schaut aus dem Fenster. Ja, schön wegschauen - so ist´s richtig. So haben wir es gelernt, deswegen tragen wir Dauerwelle. Nur ich nicht. Wie ein scheues Reh versucht sie mir zu entkommen. aber ich lasse sie nicht fort. Ha, dahinter. Dauerwelle Zwei - peinlich berührt schaut auch sie aus dem Fenster, bleibt mit dem Blick an einem Rollstuhlfahrer kleben - es scheint, er weicht ihr aus.

Aber mir nicht. Ihr müsst noch lange nicht raus, der Weg ist weit. Ich zwinge beide, aus dem Fenster zu schauen. Sollen sie doch herschauen. Aber das ziemt sich nicht für Dauerwellen.

Meine Partnerin hatte auch versucht, meinen Blick zu senken. Pah! Heulend lief sie davon.

Mein Blick wandert nach links.

Wow. Diese ebene, frische Haut. Eine Nase, deren Flügel sich energisch heben und senken. Ein sündvolles Grübchen - vom lächeln ... ? ...!

Den eigenen Blick gesenkt, den Rollstuhlfahrer im Blickwinkel. Meine Augen heben sich ein letztes Mal für den Bruchteil einer Sekunde.

Diese Schönheit. Meine Schwäche.

www.soljanka.de.vu 16 "Lößnig" - Bitte aussteigen! - 17.12.00 at 22:24:07



Auch Paul, das Schaf, und Esmeralda, die Ente, machen sich Weihnachtsgedanken. Es ist zwar nicht so wie bei den Menschen üblich, sich große Geschenke zu machen...aber auch ohne Geld kann man dem anderen etwas schenken.

Sicherlich könnte Paul, das Schaf, Blika Andersson, in dessen Zimmer er wohnt, um Geld bitten und damit neue Schleifen für Esmeraldas Ballettschuhe kaufen und ihr diese dann zu Weihnachten schenken.
Genauso gut könnte Esmeralda auch etwas für Paul kaufen...
eine Glocke für sein Halsband vielleicht, oder ein neues Kissen, auf dem er schlafen kann. Aber auf diese Idee, Geld für ein Weihnachtsgeschenk auszugeben, kommen beide nicht.

Paul und Esmeralda haben im vergangen Jahr viel voneinander gelernt. Esmeralda hat von Paul gelernt, daß man niemanden besitzen kann.
Daß es manchmal richtig ist, jemanden loszulassen, ihm Freiraum zu geben, damit er bleibt.
Und Paul hat von Esmeralda gelernt, daß es manchmal gar nicht einfach ist, seine Gefühle auszuleben. Daß das manchmal traurig machen kann. Und daß man diese Traurigkeit dann mit einem Freund teilen kann - auch wenn das die Traurigkeit nicht vertreibt, sie aber leichter macht,
sie besser zu ertragen ist vielleicht.

Das, was Paul und Esmeralda sich gegenseitig zu Weihnachten schenken, ist....Freundschaft.

Denn Freundschaft ist immer das Schönste und Wichtigste, was man verschenken kann. Freundschaft ist mit keinem Geld der Welt zu bezahlen. Sie ist nicht immer einfach, tut oft auch mal weh...aber sie kostbar, unendlich kostbar sogar.
Einen wahren Freund kann nichts ersetzen....

Paul, das Schaf, und Esmeralda, die Ente, wünschen allen da draußen ein ebenso ruhiges und friedliches Fest, wie sie es sich selber wünschen....und denkt daran: das schönste Geschenk muß manchmal gar nichts kosten....

alannis Leipzig - 17.12.00 at 13:41:36



@Liebeskrümel...ist es nicht gerade Liebe, wenn er hinter dem Tiger eine Maus entdeckt, hm? ;-)

alannis auch müde und... - 14.12.00 at 23:16:57




Bevor es eine neue Frage der Woche gibt, noch ein paar Gedanken...

Wenn ich mich damals beim lieben Gott anders entschieden hätte, wäre ich nicht so faul gewesen, wäre nicht erst 1977 geboren, sondern zu der Zeit, wo der miese Racker sich auf den Weg gemacht hat, aus dem Geburtstag unseres aller liebsten holy spirit, diese Kommerzkiste zu basteln. Den Hintern versohlt hätte ich ihm, jawohl. Was soll das ganze, würde ich ihn fragen, denk doch wenigstens einmal nach, bevor du die Sache hier durchziehen willst... Aber nein, MARiO hat sich Zeit gelassen und das hat er nun davon. Eine der größten Freihandelszonen und Naturaltauschbörsen der Welt. Der 24. Dezember. Hm.

Wenn ich mich vor einer Woche anders entschieden hätte, würde ich das Buch "Triumphgemüse" wieder in den Schrank stellen. Es macht mir Angst. In keinem Buch habe ich soviele meiner eigenen Gedanken und Situationen wiedergefunden, wie in diesen 300 Seiten. Hinzu kommt das der liebe Jochen Schmidt auch noch ein waschechtes blondes Prenzlauer-Berg-Kind ist wie ich... Vielleicht sollte ich doch noch mal etwas in meiner Familiengeschichte rumkramen, zumal meine Großmutter eine geborene Schmidt ist. Seltsam, seltsam...

Wenn ich mich vorhin so gegen 21.00 Uhr anders entschieden hätte, wäre ich vielleicht am Telefon nicht so entäuscht worden... Bestimmt war das vorhin nur der falsche Zeitpunkt und ich versuche es gleich noch mal.

MARiO morgen im Wald :) - 14.12.00 at 22:36:09



ich will ins bett und schlafen, da liegt der alte papprücken vom briefblock auf dem boden. ich hebe ihn auf, um ihn wegzuwerfen, schließlich ist hier gerad mal wieder aufgeräumt; da seh ich, was hinten drauf geschrieben steht: ich liebe dich, maus. ich muß lächeln und lege den gammeligen papprücken in den schuhkarton, wo schon so einige zettel und quittungen liegen, auf die er die gleichen worte gekritzelt hat. aber warum nennt er mich schon wieder maus? ich bin doch ein tiger!
mittlerweile sollte er das wissen...
mittlerweile sollte er das wissen.

müder krümel doll verliebt - 14.12.00 at 21:56:35



Klappentext-Poetry

Schönheit
Poesie und Elektrizität
kommen von einem anderen Planeten man empfängt sie
oder eben nicht
und wer es tut
tut es mit Sicherheit auf eine Weise
für die es keine Erklärungen gibt
keine Bilder
und keine Worte.

Klappentext: Katharina Franck ,"Hunger"

Fortsetzung folgt....

MARiO Räucherstube... - 14.12.00 at 15:56:58



unruhe zur stillen zeit,
ist kein privileg sondern pflichtgefühl.
weine zeit, oh weine zeit,
sie haben dich erhängt in der stadt.
alle feiern,
was nur du geben kannst,
und das schliesslich zählt.



lehna off., im regen - 14.12.00 at 02:02:36



Ricks Café - und das wirkliche Ende

Piep.

Beim ersten Piepen zuckten nur seine Gesichtsmuskeln. Beim nächsten Piepen verspürte er Haß. Beim dritten Piepen tastete er bereits verschlafen, die Augen noch immer geschlossen, nach dem lästigen Wecker. Vor dem nächsten ,Piep' knallte seine rechte Hand einmal liebevoll auf das ächzende Kunststoffgehäuse. Sie murmelte nur verschlafen etwas Unverständliches und zog sich die Decke über den Kopf.

Sie war manchmal so kindlich, so jung und verspielt. Fast so sehr wie er selbst. Er blickte aus verschlafenen Augen lächelnd in ihre Richtung. Auf die Bettdecke die scheinbar leise und unverständlich fluchte und meckerte. Vorsichtig glitt er zu ihr ins Dunkel des Bettenreichs.

Er kuschelte sich dicht an sie, umarmte sie fest und streichelte durch ihr wunderschönes Haar. Es leuchtete dunkelrot, sogar hier im Dunkeln. Während seine Finger noch durch ihr Haar glitten, küßte sie ihn richtig wach. Er streifte die Bettdecke von ihren Köpfen, sah sie an, war mal wieder kurz davor, sich in ihren gnadenlos braunen Augen zu verlieren, als er sagte, sie sagte: "Ich habe von Dir geträumt."

Beide lachten, fielen aufeinander, ineinander, umarmten und küßten sich. Aber ... wie war das mit dem Traum? Hatte er wirklich von ihr geträumt? All das, war das wirklich nur ein Traum? Oder hatte er wirklich in Ricks Café gesessen? Sie dort getroffen und verloren, war mit ihr geflogen, gelandet und das alles? Und wenn das alles vielleicht wirklich Realität gewesen war, träumte er dann jetzt? Träumte er, daß er mit ihr in einem Bett lag, mit ihr rumalberte und rumknutschte wie ein durchgedrehter Teenie?

Er legte sich auf den Rücken neben sie, ihre Hand auf seinem Bauch, ihren Atem an seinem Hals und ihr Haar ... einfach überall.

Traum. Realität. Das kann doch niemand genau sagen. Niemand wissen. Und er lachte immer über die Idioten, die das herauszufinden versuchen, weil es überhaupt keinen Unterschied macht.

Träum' Dich durchs Leben, und lebe Deine Träume. Ein ziemlich abgedroschener Spruch. Und ... Ricks Café? Es ist um die Ecke bei Dir, eine der Filialen, die nicht wie Ricks Café heißen, aber genauso sind. Ich meine das Leben.
Das ist immer da, immer aufregend, immer ein Stück von Ricks Café, immer etwas von ihr, von ihm. So war es immer, wird es immer bleiben.

EOF.

TaleTeller Köln - 13.12.00 at 17:59:06



Man saß am hölzernen Schreibtisch und dachte über Sinn und Zweck nach, während man das Trommelfell durch die Klänge der Musik in Vibration brachte. Manchmal fühlte man sich, wie ein Musiklautsprecher...willenloses Werkzeug verbalen Gruppenzwangs und geknechteter Sklave der eigenen, unartikulierten Expressionen. Man war wieder in dieser Stimmung, diesem Zustand mentaler Schwerelosigkeit. Man schwebte im zeitlosen Raum und sah unter sich die eigene Seele, von Gedanken niedergedrückt, als würden sich alle Probleme in zentnerschweren Gewichten manifestieren und dann mit wilden Schlachtrufen auf das körperlose Ich stürzen. Man fragte sich, ob das, was wir uns sagen hören, auch das ist, was wir tatsächlich gesagt haben? Möglicherweise wirkt eine Kraft, die uns dazu bringt nicht das zu hören, was wir sagen, sondern auf Irrlichter zu vertrauen, die uns das scheinbar Gesagte vorgaukeln...möglicherweise sind wir erst dann wirklich frei, wenn wir dazu in der Lage sind das zu hören, was wir sagen wollten. Könnte es nicht sein, daß man sich etwas sagen hört, es aber eigentlich ganz anders oder gar nicht gesagt hat?
Man sinkt wieder in die Gegenwart zurück, vorbei an der Zukunft und Vergangenheit...es wird nach einem gerufen...man hört sich "Moment, ich komme gleich." entgegnen, aber hat man das tatsächlich gesagt?

Vielleicht liegt im Tod die einzige Möglichkeit das Gesagte zu verstehen.

Der stumme Barde - 13.12.00 at 14:04:35



lieber Liebeskrümel....das ist auch meine Lieblings-Weihnachtsgeschichte, wußtest Du das? Herta hat mir mal das wunderschöne Bilderbuch dazu geschenkt...

...die Hose liegt hier und wartet darauf, von Dir getragen zu werden....so wie ich auf meinen Schatz warte...;-)

alannis Leipzig - 08.12.00 at 17:58:34



Das Geschenk der Weisen

Ein Dollar und siebenundachtzig Cent.Das war alles. Und sechzig Cent davon bestanden aus Pennystücken. Pennies, die man zu jeweils ein oder zwei Stück dem Krämer, dem Gemüsehändler oder Metzger abgehandelt hatte, bis man mit schamroten Wangen den unausgesprochenen Vorwurf der Knauserigkeit spürte, den solches Feilschen mit sich brachte. Ein Dollar und siebenundachtzig Cent. Und morgen war Weihnachten.
Da blieb allerdings nichts anderes übrig, als sich auf die schäbige kleine Couch zu werfeb und zu heulen. Das tat Della dann auch. Was zu der philosophischen Betrachtung anreizt, daß das Leben aus Schluchzen, Seufzen und Lächeln beszeht, wobei das Seufzen überwiedt.
Während die Verzweiflung der Hausfrau allmählich in das zweite Stadium abklingt, wollen wir uns das Heim betrachten. Eine möblierte Wohnung für acht Dollar die Woche. Nicht daß sie in ihrer Armseligkeit jeder Beschreibung spottete, aber weit davon entfernt war sie nicht.
An der Eingangstüre vorne befanden sich ein Briefkasten, in den niemals Briefe geworfen wurden, und ein elektrischer Klingelknopf, dem kein Sterblicher je einen Ton entlocken konnte. Dazu gehörte noch eine Karte mit dem Namen "Mr. James Dilligham Young".
Das ausgeschriebene "Dillingham" hatte während einer früheren Periode des Wohlstandes vornehm wirken sollen, als der Besitzer des Namens noch dreißig Dollar in der Woche bekam. Doch jetzt, da das Einkommen auf zwanzig Dollar zusammengeschrumpft war, schienen die buchstaben des Namens "Dillingham" so verschwommen, als gedächten sie ernsthaft, zu deinem bescheidenen und anspruchslosen "D" zusammenzuschrumpfen. Jedesmal aber, wenn Mr. James Dillingham Young nach Hause kam und seine Wohnung betrat, wurde er von Frau James Dillingham Young, uns schon als Della bekannt, "Jim" gerufen und stürmisch umarmt.

Della hörte auf zu weinen und machte sich mit der Puderquaste über ihre Wangen her. Sie stand am Fenster und sah bedrückt einer grauen Katze zu, die im grauen Hinterhof einen grauen Zaun entlangschlich.
Morgen war Weihnachten, und sie hatte nur einen Dollar und siebenundachtzig Vent, um Jim ein Geschenk zu kaufen. Seit Monaten hatte sie jeden Penny gespart, und das war der Erfolg. Mit zwanzig Dollar in der Woche kam man nicht weit. Die Ausgaben waren grüßer gewesen, als sie gerechnet hatte. Sie sind es ja immer. Nur ein Dollar siebenundachtzig, um ein Geschenk für Jim zu kaufen. Für ihren Jim. Manch glückliche Stunde hatte sie dan´mit verbracht, sich etwas hübsches für ihn auszudenken. Etwas Schönes, Seltenes, Gediegenes - etwas, daß es beinahe der Ehre würdig gewesen wäre, Jim zum Besitzer zu haben.
Zwischen den Fenstern des Zimmers befand sich ein Pfeilerspiegel. ur eine sehr schlanke und bewegliche Person kann, wenbn sie ihr Spiegelbild in einer raschen Folge von Längsstreifen zu betrachten versteht, einen einigermaßen zuverlässigen Eindruck ihres Aussehens bekommen. Da Della schlank war, verstand sie sich darauf. Plötzlich wandte sie sich vom Fenster ab und schute in den Spiegel. Ihre Augen glänzten hell, aber ihr Gesicht hatte innnerhalb von zwanzig Sekunden jede Farbe verloren. Schnell löste sie ihr Haar und ließ es in seiner ganzen Länge herabfallen.

Nun gab es zwei Dinge im Besitz der Familie James Dillingham Young, auf die beide mächtig stolz waren. Eines davon war Jims goldene Uhr, die schon seinem Vater und Großvater gehört hatte. Das andere war Dellas Haar. (...)
Da fiel also Dellas Haar wie ein brauner Wasserfall glänzend und sich kräuselnd an ihr herab. Es reichte ihr bis unter die Knie und umhüllte sie fast wie ein Kleid. Mit nervöser Hats steckte sie es wieder auf. Einen Augenblick noch zögerte sie, während eine oder zwei Tränen auf den abgetretenen roten teppich fielen.
Dann schlüpfte sie in ihre alte braune Jacke und setzte ihren alten brauenen Hut auf. Mit wehendem Rock und dem noch immer gläzenden Leuchten inn ihren Augen huschte sie zur Tür hinaus, die Treppe hinunter, auf die Straße.
Sie blieb erst vor einem Schild stehen, auf dem zu lesen war: "Mme Sofronie, Haare aller Art". Della rannte die Treppe hoch und sammelte sich, nach Luft ringend. Madame, massig, zu weiß gepudert, sehr kühl, sah kaum aus als könne sie Sofronie heißen.
"Wollen sie mein Haar kaufen?" fragte Della.
"Ich kaufe Haar," sagte Madame,"nehmen sie ihren Hut ab und zeigen sie, wie es aussieht."
Herunter rieselte der braune Wasserfall.
"Zanzig Dollar", sagte Madame und wog die Haarflut mit geübter Hand.
"Schnell, geben sie mir das Geld", sagte Della.
(...)
Sie durchstöberte die Läden nach einem Geschenk für Jim. Endlich fand sie es. Sicher war es für Jim und für keinen anderen gemacht. Es war eine Uhrkette aus Platin, schlicht und edel in der Ausführung; ihr Wert war nur am Material und nicht an protzigem Beiwerk zu erkennen - was ja bei allen echten Dingen der fall sein soll. Diese Kette war es sogar wert, die Uhr aller Uhren zu tragen. Sie war wie er.
Einundzwanzig Dollar nahm man ihr dafür ab, und mit den siebenundachtzig Cent eilte sie nach Hause. (...)
Als Della nach Hause kam, wich ihr Freudenrausch einwenig der besinnung und der vernunft. Sie holte ihre Brennschere hervor und machte sich daran, die Verwüstungen wiedergutzumachen, die Freude am Schenken und Liebe angerichtet hatten.
Nach vierzig Minuten war ihr Kopf mit winzigen, eng anliegenden Löckchen bedeckt, die ihr das Aussehen eines Schule schwänzenden Lausbuben verliehen. Sie besah sich lange und sorgfältig im Spiegel. "Wenn Jim mich nicht umbringt, "sagte sie zu sich selbst," bevor ich mich eines zweiten Blickes würdigt, " wird er sagen, ich sehe aus wie ein Tanzgirl von Coney Island. Aber was konnte ich tun - oh, was konnte ich tun mit einem Dollar und siebenundachtzog Cent?"

Um sieben Uhr war der Kaffee fertig, und die heiße Bratpfanne stand hinten auf dem Ofen.
Jim kam nie zu spät. Della nahm die Uhrkette zusammengelegt in die Hand und setzte sich auf die Tischecke bei der Tür, durch die er immer hereinkam. Bald vernahm sie seinen Schritt weit unten auf den ersten Stufen, und für einen Augenblick wurd esie ganz weiß. Sie hatte die Gewohnheit, im stillen kleine Gebete für die einfachsten Alltagsdinge zu sprechen, und so flüsterte sie jetzt "Lieber Gott, mach, daß er mich immer noch hübsch findet!"
Die Tür ging auf, Jim trat ein. Er sah schmal und ernst aus.
Jim blieb in der Türe stehen, bewegungslos. Seine Augen waren auf Della gerichtet und hatten einen Ausdruck, den sie nicht deuten konnte und der sie erschreckte. Es war weder Zorn noch Überracshung, weder Mißbilligung noch Entsetzen, überhaupt keines der Gefühle, auf die sie gefaßt war.
Della rutschte vom Tisch herunter und ging auf ihn zu. "Jim, Liebster", rief sie, "schau mich nicht so an. Ich ließ mir mein haar abschneiden und verkaufte es, weil ich Weihnachten nicht überstanden hätte, ohne dir etwas zu schenken. Es wird wieder nachwachsen, Jim. Du bist doch nicht böse, nicht wahr? Ich mußte es einfach tun. Und mein Haar wächst ja auch unheimlich schnell. Sag Fröhliche Weihnachten! Jim, und laß uns glücklich sein. Du weißt gar nicht, was für ein wunderschönes Geschenk ich für dich habe!"
"Dein haar hast du abgeschnitten?" fragte Jim mühsam, als hätte er trotz der härtesten geistigen Anstrengung diese offensichtliche Tatsacxhe noch nicht erfaßt.
"Abgeschnitten und verkauft!" sagte Della. "Magst du mich trotzdem noch gern? Ich bin doch auch ohne Haar immer noch diesselbe, nicht wahr?" (...)
Jim zog ein Päckchen aus seiner Tasche und warf es auf den Tisch. "Täusche dich nicht in mir, Dell." sagte er. "Ich glaube, kein Haarschneiden, Scheren oder waschen könnte mich dazu bringen, mein Mädchen weniger zu lieben. Aber wenn du dieses Päckchen aufmachst, wirst du sehen, warum ich erst ein wenig aus der fassung geraten war."
Weiße Finger zogen behende an der Schnur und dem Papier. Ein entzückter Freuden schrei - und dann, oh weh, ein schneller Umschmung zu jähen Tränen und Klgen. Denn da lagen sie, die Kämme - die ganze Garnitur von Kämmen, seitlich und hinten einzustecken, die Della schon so lange bewundert hatte. Herrlcihe Kämme, genau von der Farbe, wie sie zu dellas Haar gepaßt hätten. Es waren teure Kämme, das wußte sie, und nicht im ebtferntesten hätte sie je zu hoffen gewagt, daß sie ienmal ihr gehören würden.
Sie drückte sie ans Herz und sagte "Aber meine Haare wachsen ja so schnell, Jim".

Und dannspramg Della wie eine kleine Katze in dei Höhe und rief "Oh!Oh!"
Jim hatte ja sein schönes Geschenk noch nicht gesehen. Sie hielt es ihm eifrig auf offener Hand hin. "Ist sie nicht ein Prachtstück, Jim? Ich habe die ganze Stadt abgejagt, bis ich sie gefunden habe! Gib mir deine Uhr, ich möchte sehen, wie sie daran ausieht!"
Doch anstatt Folge zu leisten, ließ Jim sich auf die Couch fallen, faltete die Hände hinter dem Kopf und lächelte.
"Dell", sagte er, "wollen wir unsre Weihnachtsgeschenke wegpacken und eine QWeile aufheben. Sie sind zu schön, als daß wir sie jetzt gleich benützen können. Ich habe die Uhr verkauft, um das Geld für die kämme zu bekommen. Und jetzt, glaube ich, wäre es Zeit, die Koteletts auf den Herd zu stellen."





Teffi hat ihre Lieblings-Weihnachtsgeschichte wiedergefunden - 08.12.00 at 09:30:03



...
"Piep, piep!" sagte eine kleine Maus und huschte hervor; und dann kam noch eine kleine. Sie beschnüffelten den Tannenbaum und dann schlüpften sie zwischen dessen Zweige.
"Es ist eine gräuliche Kälte," sagten die kleinen Mäuse, "sonst ist hier gut sein; nicht wahr, du alter Tannenbaum?"
"Ich bin gar nicht alt!" sagte der Tannenbaum, "es gibt viele, die weit älter sind denn ich!"
"Woher kommst du," fragten die Mäuse, "und was weißt du?" Sie waren gewaltig neugierig. "Erzähle uns doch von den schönsten Orten der Erde! Bist du dort gewesen? Bist du in der Speisekammer gewesen, wo Käse auf den Brettern liegen und Schinken unter der Decke hängen, wo man auf tanzt, mager hineingeht und fett herauskommt?"
"Das kenne ich nicht," sagte der Baum; "aber den Wald kenne ich, wo die Sonnen scheint und die Vögel singen!" Und dann erzählte er alles aus seiner Jugend. Die kleinen Mäuse hatten früher nie dergleichen gehört, und sie horchten auf und sagten: "Wieviel du gesehen hast? Wie glücklich du gewesen bist!"
"Ich?" sagte der Tannenbaum, und dachte über das, was er selbst erzählte , nach. "Ja, es waren im Grunde ganz fröhliche Zeiten!" Aber dann erzählte er vom Weihnachtsabend, wo er mit Kuchen und Lichtern geschmückt war.
"O," sagten die kleinen Mäuse, "wie glücklich du gewesen bist, du alter Tannenbaum!"
"Ich bin gar nicht alt!" sagte der Baum, "erst in diesem Winter bin ich vom Walde gekommen! Ich bin in meinem allerbesten Alter, ich bin nur so aufgeschossen!"
"wie schön du erzählst!" sagten die kleinen Mäuse, und in der nächsten Nacht kamen sie mit vier anderen kleinen Mäusen, die den Baum erzählen hören sollten, und je mehr er erzählte, desto deutlicher erinnerte er sich selbst an alles und dachte: Es waren doch ganz fröhliche Zeiten! Aber sie können wiederkommen! Klumpe- Dumpe fiel die Treppe hinunter und erhielt doch die Prinzessin; vielleicht kann ich auch eine Prinzessin bekommen. Und dann dachte der Tannenbaum an eine kleine niedliche Birke, die draußen im Walde wuchs, das war für den Tannenbaum eine wirklich schöne Prinzessin.
"Wer ist Klumpe- Dumpe?" fragten die kleinen Mäuse. Da erzählte der Tannenbaum das ganze Märchen, er konnte sich jedes einzelnen Wortes erinnern. Die kleinen Mäuse waren aus lauter Freude bereit, bis an die Spitze des Baumes zu springen. In der folgenden Nacht kamen weit mehr Mäuse, und am Sonntage sogar zwei Ratten, aber die meinten, die Geschichte sei nicht hübsch, und das betrübte die kleinen Mäuse, denn nun hielten sie auch weniger davon.
"Wissen Sie nur die eine Geschichte?" fragten die Ratten.
"Nur die eine", antwortete der Baum; "die hörte ich an meinem glücklichen Abend, aber damals dachte ich nicht daran, wie glücklich ich war."
"Das ist eine höchst jämmerliche Geschichte! Kennen Sie keine von Speck und Talglicht? Keine Speisekammergeschichte?"
"Nein!" sagte der Baum.
"Ja, dann danken wir dafür!" erwiderten die Ratten und gingen zu den Ihrigen zurück.
Die kleine Mäuse blieben zuletzt auch weg, und da seufzte der Baum: "Es war doch ganz hübsch, als sie um mich herum saßen, die beweglichen kleinen Mäuse, und zuhörten, wie ich erzählte! Nun ist auch das vorbei! Aber ich werde daran denken, mich zu freuen, wenn ich wieder hervorgenommen werde."
Aber wann geschah das? Ja, das war eines Morgens, da kamen Leute und wirtschafteten auf dem Boden; die Kasten wurden weggesetzt, der Baum wurde hervorgezogen; sie warfen ihn freilich ziemlich hart gegen den Fußboden, aber ein Diener schleppte ihn gleich nach der Treppe hin, wo der Tag leuchtet.
Nun beginnt das Leben wieder! Dachte der Baum; er fühlte die frische Luft, die ersten Sonnenstrahlen, und nun war er draußen im Hofe. Alles ging ganz geschwind, der Baum vergaß völlig sich selbst zu beachten, da war so vieles ringsumher zu sehen. Der Hof stieß an einen Garten, und alles blühte darin; die Rosen hingen frisch und duftend über das kleine Gitter hinaus, die Lindenbäume blühten, und die Schwalben flogen umher und sagten: "Qirrewirrevit, mein Mann ist kommen!" Aber es war nicht der Tannenbaum, den sie meinten.
"Nun werde ich leben!" jubelte dieser und breitet seine Zweige weit aus; aber ach, die waren alle vertrocknet und gelb; und er lag da zwischen Unkraut und Nesseln. Der Stern von Goldpapier saß noch oben an der Spitze und glänzte im hellen Sonnenschein.
Im Hofe selbst spielten ein paar von den Kindern, die zur Weihnachtszeit den Baum umtanzt hatten und so froh über ihn gewesen waren. Eins der kleinen lief hin und riß den Goldstern ab.
"Sieh, was da noch an dem häßlichen, alten Tannenbaum sitzt!" sagte es, und trat auf die Zweige, so daß sie unter seinen Stiefeln knackten.
Der Baum sah auf all die Blumenpracht und Frische im Garten, er betrachtete sich selbst und wünschte, daß er in seinem dunklen Winkel auf dem Boden geblieben wäre; er gedachte seines Lebens im Walde, des lustigen Weihnachtsabend und der kleinen Mäuse, die so munter die Geschichte von Klupe- Dumpe angehört hatten.
"Vorbei, vorbei!" sagte der Baum. "Hätte ich mich doch gefreut, als ich es noch konnte! Vorbei, vorbei!"
Der Diener kam und hieb den Baum in kleine Stücke, ein ganzes Bund lag da; hell flackerte es auf unter dem großen Braukessel. Der Baum seufzte tief, und jeder Seufzer war einem kleinen Schusse gleich; deshalb liefen die Kinder, die da spielten, herbei und setzten sich vor das Feuer, blickten hinein und riefen: "Piff, paff!" Aber bei jedem Knalle, der ein tiefer Seufzer war, dachte der Baum an einen Sommerabend im Walde oder an eine Winternacht da draußen, wenn die Sterne funkelten; er dachte an den Weihnachtsabend und an klumpe- Dumpe, das einzige Märchen, welches er gehört hatte und zu erzählen wußte - und dann war der Baum verbrannt.
Die Jungen spielten im Garten, und der kleinste hatte den Goldstern auf der Brust, den der Baum an seinem glücklichen Abend getragen hatte; nun war der vorbei, und mit dem Baum war es auch zu Ende und mit der Geschichte auch, und so geht es mit allen Geschichten!

kerstin. ginko in riesa. - 07.12.00 at 16:59:50



...
Die Diener und die Mädchen schmückten ihn. An einen Zweig hängten sie kleine Netze, aus farbigem Papier ausgeschnitten. Jedes Netz war mit Zuckerwerk gefüllt; vergoldete Äpfel und Wallnüsse hingen herab, als wären sie festgewachsen, und über hundert rote, blaue und weiße kleine Lichter wurden in den Zweigen festgesteckt. Puppen, die wie Menschen aussahen - der Baum hatte früher nie solche gesehen - schwebten im Grünen, und hoch oben in der Spitze wurde ein Stern befestigt. Das war prächtig, ganz außerordentlich prächtig!
"Heute abend", sagten alle, "heute abend wird er strahlen!"
O, dachte der Baum, wäre es doch Abend! Würden nur die Lichter bald angezündet! Und was dann wohl geschieht? Ob da auch Bäume aus dem Walde kommen, mich zu sehen, und die Sperlinge gegen die Fensterscheiben fliegen? Ob ich hier festwachse und Winter und Sommer geschmückt stehen werde?
Ja, er wußte gut Bescheid, aber er hatte ordentlich Borkenschmerzen vor lauter Sehnsucht, und Borkenschmerzen sind für einen Baum ebenso schlimm wie Kopfschmerzen für uns andere.
Nun wurden die Lichter angezündet. Welcher Glanz, welche Pracht! Der Baum bebte in allen Zweigen dabei, so daß eins der Lichter das Grüne anbrannte; es sengte ordentlich.
Nun durfte der Baum nicht einmal beben. O, das war ein Grauen! Ihm war bange, etwas von seinem Staat zu verlieren; er war ganz betäubt von all dem Glanze. Da gingen beide Flügeltüren auf, und eine Menge Kinder stürzten herein, als wollten sie den ganzen Baum umwerfen, die älteren Leute kamen bedächtig nach; die Kleinen standen ganz stumm, aber nur einen Augenblick, dann jubelten sie wieder, daß es laut schallte, sie tanzten um den Baum herum, und ein Geschenk nach dem anderen wurde abgepflückt.
Was machen sie? Dachte der Baum. Was soll geschehen? Die Lichter brannten gerade bis auf die Zweige herunter, und wo sie niederbrannten, wurden sie ausgelöscht, und dann erhielten die Kinder die Erlaubnis, den Baum zu plündern. O, sie stürzten auf denselben ein, daß es in allen Zweigen knackte; wäre er nicht mit der Spitze an der Decke festgemacht gewesen, so wäre er umgestürzt.
Die Kinder tanzten mit ihrem prächtigen Spielzeug herum, niemand sah nach dem Baume, ausgenommen das alte Kindermädchen, welches kam und zwischen die Zweige blickte, aber es geschah nur, um zu sehen, ob nicht noch eine Feige oder ein Apfel vergessen sei.
"Eine Geschichte, eine Geschichte!" riefen die Kinder und zogen einen kleinen, dicken Mann gegen den Baum hin, und er setzte sich gerade unter denselben, "denn so sind wir im Grünen", sagte er, "und der Baum kann besonders Nutzen davon haben zuzuhören! Aber ich erzähle nur eine Geschichte. Wollt ihr die von Ivede- Avede oder die von Klumpe- Dumpe hören, der die Treppen hinunterfiel und dann doch noch die Prinzessin erhielt?"
"Ivede- Avede!" schrieen einige. "Klumpe- Dumpe!" schrieen andere. Das war ein Rufen und Schreien! Nur der Tannenbaum schwieg ganz still und dachte: Komme ich gar nicht mit, werde ich nichts dabei zu tun haben? Er war ja mit gewesen, hatte ja geleistet, was er sollte.
Der Mann erzählte von Klumpe- Dumpe, welcher die Treppen hinunterfiel und doch die Prinzessin erhielt. Die Kinder klatschten in die Hände und riefen: "Erzähle, erzähle!" Sie wollte auch die Geschichte von Ivede- Avede hören, aber sie bekamen nur die von Klumpe. Dumpe. Der Tannenbaum stand ganz stumm und gedankenvoll, nie hatten die Vögel im Walde dergleichen erzählt. Klumpe- Dumpe fiel die Treppen hinunter und bekam doch die Prinzessin! Jaja, so geht es in der Welt zu! dachte der Tannenbaum und glaubte, daß es wahr sei, weil es ein so netter Mann war, der es erzählte. Jaja! Vielleicht falle ich auch die Treppe hinunter und bekomme eine Prinzessin! Und er freute sich, den nächsten Tag wieder mit Lichtern und Spielzeug, Gold und Früchten aufgeputzt zu werden.
Morgen werde ich nicht zittern! Dachte er. Ich will mich recht aller meiner Herrlichkeit freuen. Morgen werde ich wieder die Geschichte von Klumpe- Dumpe und vielleicht auch die von Ivede- Avede hören. Und der Baum stand die ganze Nacht still und gedankenvoll.
Am Morgen kamen die Diener und das Mädchen herein.
Nun beginnt der Staat auf' s neue! Dachte der Baum; aber sie schleppten ihn zum Zimmer hinaus, die Treppe hinauf auf den Boden, und stellten ihn in einen dunklen Winkel, wohin kein Tageslicht schien. Was soll das bedeuten, dachte der Baum. Was soll ich hier machen? Was mag ich hier wohl hören? Er lehnte sich gegen die Mauer und dachte und dachte. Er hatte Zeit genug, denn es vergingen Tage und Nächte; niemand kam herauf, und als endlich jemand kam, so geschah es, um einige große Kasten in den Winkel zu stellen; der Baum stand ganz versteckt, man mußte glauben, daß er ganz vergessen war.
Es ist Winter draußen! Dachte der Baum. Die Erde ist hart und mit Schnee bedeckt, die Menschen können nicht pflanzen, deswegen soll ich wohl bis zum Frühjahr hier im Schutz stehen! Wäre es hier nur nicht so dunkel und schrecklich einsam! Nicht einmal ein kleiner Hase! Das war doch schön da draußen im Walde, wenn Schnee lag und der Hase vorbeisprang. Ja selbst als er über mich hinwegsprang; aber damals mochte ich es nicht leiden. Hier oben ist es doch so schrecklich einsam!
...


kerstin. . riesa. - 06.12.00 at 20:25:52



Der Tannenbaum
Hans Christian Andersen
Aus: Das Weihnachtsland
Zusammenstellung von Suse Wintgen und Klaus Zenner
Verlag Ernst Wunderlich, Leipzig 1951

Draußen im Walde stand ein niedlicher, kleiner Tannenbaum; er hatte einen guten Platz, die Sonne beschien ihn mit warmen Strahlen, und ringsumher wuchsen viele größere Kameraden, Tannen und Fichten. Aber dem kleinen Tannenbaum schien nichts so wichtig wie das Wachsen; er achtete nicht der warmen Sonne und der frischen Luft, er kümmerte sich nicht um die Bauernkinder, die herausgekommen waren, um Erdbeeren und Himbeeren zu sammeln. Oft kamen sie mit einem ganzen Topf voll oder hatten Erdbeeren auf einen Strohhalm gezogen, dann setzten sie sich neben den kleinen Tannenbaum und sagten: "Wie niedlich klein der ist!" Das mochte der Baum gar nicht hören.
Im folgenden Jahr war er ein langes Glied größer, uns das Jahr darauf um noch eins, denn bei den Tannenbäumchen kann man immer an den Gliedern, die sie haben, sehen, wie viele Jahre sie gewachsen sind.
"O, wäre ich doch ein so großer Baum wie die anderen!" seufzte das kleine Bäumchen, "dann könnte ich meine Zweige so weit umher ausbreiten und mit der Krone in die weite Welt hinausblicken! Die Vögel würden dann Nester zwischen meinen Zweigen bauen, und wenn der Wind weht, könnte ich so vornehm nicken, gerade wie die andern dort!"
Er hatte gar keine Freude am Sonnenschein, an den Vögeln und den Wolken, die über ihn hinsegelten.
War es nun Winter und der Schnee lag ringsumher funkelnd weiß, so kam häufig ein Hase angesprungen und setzte gerade über den kleinen Baum weg. Oh, das war ärgerlich! Aber zwei Winter vergingen, und im dritten war das Bäumchen so groß, daß der Hase um dasselbe herumlaufen mußte. "O, wachsen, wachsen, groß und alt werden, das ist doch das einzige Schöne in dieser Welt!" dachte der Baum.
Jeden Herbst kamen Holzhauer und fällten einige der größten Bäume, und dem jungen Tannenbaum, der nun ganz gut gewachsen war, schauderte dabei; denn die großen, prächtigen Bäume fielen mit Knacken und Krachen zur Erde. Die Zweige wurden abgehauen, die Bäume sahen ganz nackt, lang und schmal aus; sie waren fast nicht mehr zu erkennen. Aber dann wurden sie auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie davon, aus dem Walde hinaus.
Wohin sollten sie? Was stand ihnen bevor?
Im Frühjahr, als die Schwalben und Störche kamen, fragte sie der Baum: "Wißt ihr nicht, wohin sie geführt wurden? Seid ihr ihnen begegnet?"
Die Schwalben wußten nichts, aber der Storch sah nachdenklich aus, nickte mit dem Kopfe und sagte: "Ja, ich glaube wohl; mir begegneten viele neue Schiffe, als ich aus Ägypten über das Mittelmeer flog. Auf den Schiffen waren prächtige Mastbäume, ich darf annehmen, daß sie es waren; sie hatten Tannengeruch. Ich kann vielmals grüßen, sie prangen, sie prangen!"
"O, wäre ich doch auch groß genug, um über das Meer hinfahren zu können! Was ist das eigentlich, diese Meer, und wie sieht es aus?"
"Ja, das ist weitläufig zu erklären!" sagte der Storch, und damit ging er.
"Freue dich deiner Jugend!" sagten die Sonnenstrahlen; "freue dich deines frischen Wachstums, des jungen Lebens, das in dir ist!"
Und der Wind küßte den Baum, und der Tau weinte Tränen über ihn, aber das verstand der Tannenbaum nicht.
Wenn es auf Weihnachten zuging, wurden ganz junge Bäume gefällt, Bäume, die oft nicht einmal so groß oder gleichen Alters mit unserem Tannenbaum waren, der weder Rast noch Ruhe hatte, sondern immer davon wollte; diese jungen Bäume, und es waren gerade die allerschönsten, behielten immer alle ihre Zweige; sie wurden auf Wagen gelegt, und Pferde zogen sie von dannen zum Walde hinaus.
"wohin sollen diese?" fragte der Tannenbaum. "Sie sind nicht größer als ich, einer ist sogar viel kleiner; weswegen behalten sie alle ihre Zweige? Wohin fahren sie?"
"Das wissen wir! Das wissen wie!" zwitscherten die Sperlinge. "Unten in der Stadt haben wir in die Fenster geschaut! Wir wissen, wohin sie fahren! Oh, sie gelangen zur größten Pracht und Herrlichkeit, die man sich denken kann. Wir haben in die Fenster gesehen und erblickt, daß sie mitten in der warmen Stube angepflanzt und mit den schönsten Sachen, vergoldeten Äpfeln, Honigkuchen, Spielzeug und vielen hundert Lichtern geschmückt werden."
"Und dann? Was geschieht dann?"
"Ja, mehr haben wir nicht gesehen! Das war unvergleichlich schön!"
"Ob ich wohl bestimmt bin, diesen strahlenden Weg zu betreten?" jubelte der Tannenbaum. "Das ist noch besser. als über das Meer zu ziehen! Wäre doch erst Weihnachten! Nun bin ich hoch und entfaltet wie die andern. Die im vorigen Jahre davongeführt wurden! O, wäre ich erst auf dem Wagen, wäre ich doch in der warmen Stuben mit all der Pracht und Herrlichkeit! Und dann? Ja, dann kommt noch etwas Besseres, noch Schöneres, warum würden sie mich sonst schmücken? Es muß noch etwas Größeres, Herrliches kommen! Aber was?"
"Freue dich unser!" sagten die Luft und das Sonnenlicht; freue dich deines Lebens im Freien!"
Aber er freute sich durchaus nicht; er wuchs und wuchs, Winter uns Sommer stand er grün. Die Leute, die ihn sahen sagten: "Das ist ein schöner Baum!" Und zur Weihnachtszeit wurde er von allen zuerst gefällt. Die Axt hieb tief durch das Mark; der Baum fiel mit einem Seufzer zu Boden, er fühlte einen Schmerz, eine Ohnmacht, er konnte gar kein Glück empfinden, er war betrübt, von der Heimat scheiden zu müssen, von dem Flecke, auf dem er emporgeschossen war; er wußte ja, daß er die lieben, alten Kameraden, die kleinen Büsche und Blumen ringsumher nie mehr sehen würde, ja vielleicht nicht einmal die Vögel. Die Abreise hatte durchaus nichts Behagliches.
Der Baum kam erst wieder zu sich selbst, als er im Hofe, mit anderen Bäumen abgeladen, einen Mann sagen hörte: "Dieser hier ist prächtig! Wir brauchen nur diesen!"
Nun kamen zwei Diener in vollem Staat und trugen den Tannenbaum in einen großen, schönen Saal. Ringsumher an den Wänden hingen Bilder, und bei dem großen Kachelofen standen große, chinesische Vasen mit Löwen auf den Deckeln; da waren seidene Sessel; große Tische voll von Bilderbüchern und Spielzeug für hundert mal hundert Taler, wenigstens sagten das die Kinder. Der Tannenbaum wurde in ein großes, mit Sand gefülltes Faß gestellt, aber niemand konnte sehen, daß es ein Faß war, denn es wurde rund herum mit grünem Zeug behängt und stand auf einem großen, bunten Teppich. Oh, wie der Baum bebte! Was wird da doch vorgehen?
....

kerstin. zunehmender mond am dezemberhimmel. - 05.12.00 at 21:12:56



Einige Veranstaltungshinweise...

literaturWERKstatt berlin * Majakowskiring 46/48 * 13156 Berlin

- 6.12.2000 20:00 Sehnsucht nach der Provinz?
In Lesung und Gespräch:
Tobias Hülswitt (Open Mike-Preisträger 1998, Leipzig) und
Jochen Schmidt (Open Mike-Preisträger 1999, Berlin)
Moderation: Angelika Ludwig, freie Journalistin und
Projektleiterin des Open Mike
- 13.12.2000 "West-Östliche Diven"
In Lesung und Gespräch:
Ulrike Draesner, Tanja Dückers, Alexa Hennig von Lange
und Bianca Döring
Moderation: Ulrike Ostermeyer und Sophie Zeitz,
Herausgeberinnen und Lektorinnen
Musik: Antye Greie-Fuchs (LAUB KITTY YO)

Ilses Erika * Bernhard-Göring-Str. 152 * 04277 Leipzig
- 17.12.2000 22:00 Moderne Literatur in Grundbegriffen
Lesung aus Hamburg. Mit Tina Uebel, Lars Dahms,
Dierk Hagedorn und Klaus Kühner...
Hamburg ist Slamburg ist Leipzig ist...

MARiO lieber woanders als hier... - 04.12.00 at 17:37:59



weihnachtspaket ist ok, im moment ist eh egal, was ich anhab, durch die haare sieht alles total scheiße aus. danke!

krümel - 03.12.00 at 14:30:43



@Liebeskrümel: hey...das wird auch wieder...Haare wachsen zum Glück, Du weißt....wäre es okey, wenn die Hose erst im Weihnachtspaket ist??

Honigblume Honigblumenland - 01.12.00 at 20:01:59



wenn ich mich gestern anders entschieden hätte, hätte ich jetzt noch zottelige beatleshaare und würde mich wahrscheinlich viel viel besser fühlen.
schön, daß es mir so gut geht, daß ich wegen abgeschnittener haare einen ganzen nachmittag verheule.

tigerkrümel traurig - 01.12.00 at 07:53:11




Liebe Schreiber,

wie gewohnt findet Ihr den alten Monat im Archiv. Textasy hat auch etwas neues zu bieten, so in der Adventszeit... Alle neuen Einträge kommen an Spitze...

Euer

MARiO @textasy.de - 30.11.00 at 23:04:28