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pool #2 12.06.-18.06.1999

pool #1 / pool #3

 

was jetzt hier fehlt, findet ihr im archiv. alles schläft. ich finde das verdammte bier nicht, wo kann ich denn jetzt eins bestellen? bei django? heute, samstag wieder in den kunstwerken, auguststr. ab drei uhr.

sven lager berlin, - 12.06.99 at 03:00:20

Noch zu Dr. Nickels innerer Logik des Rausches: Auch der zweite Tag danach unterliegt von ferne seinem Einfluß, da den Trinker nach reichlich Schlaf das Bewußtsein des Wiedererstarktseins in eine milde Euphorie versetzt, die ihn nicht selten dazu verleitet, sich einen Frühschoppen zu genehmigen. Der Frühschoppen ist eine leider völlig ungebräuchlich gewordene Form der Geselligkeit. Den älteren unter uns ist sicher noch der "Internationale Frühschoppen" ein Begriff, bei dem unter Leitung von Werner Höfer munter gezecht und geraucht wurde, vor laufenden Kameras. Die Schamhaftigkeit im öffentlichen Umgang mit Alkohol und Zigaretten ist nicht europäisch sondern amerikanisch. Der diesbezügliche überseeische Puritanismus wird von den Europäern nur nachgeahmt, sie bilden sich ein, dadurch wettbewerbsfähig zu bleiben. Man sehe sich deutsche Filmproduktionen aus den frühen Siebzigern an. Auch in den biedersten Tatorten wird da geschnapst und geraucht, daß es eine Art hat. Oder man rufe sich die Gesichtszüge Werner Höfers in Erinnerung - er war, das muß wirklich gesagt werden, eine Gallionsfigur des Frühschoppens.

Georg M. Oswald München, - 12.06.99 at 11:24:01

keine sorge. der archivfehler wird so schnell wie möglich behoben. das archiv läuft dann selbstverständlich auch im richtigen textfenster. sven ist unterweg und kauft noch viele ram, weil die kiste in einer tour abstürzt. no fun das alles. pool natürlich schon! auf deine frage lieber oswald, warum jetzt uslar drin ist und melian, meinecke raus, die antwort: weil sich melian und meinecke auf unsere einladung nie gemeldet haben und uslar sich gemeldet hat, weil er mitmachen will. genausowenig haben sich vanderbeke und hermann gemeldet, die werden jetzt alle nochmal angeschrieben auch m & m, wobei ja meinecke bei null schon schwer zu tun hat. ansonsten bleibt die teilnehmerliste offen und wird sich auch noch ändern. jetzt veregnet es uns schon wieder den samstagsausflug. ist das wetter in münchen besser?

naters berlin, - 12.06.99 at 13:47:38

Das ist hier echt was zum schlaumeiern, gell? Und existenzialistisch übers Krawattentragen reden? Mit Eins A Alkohol-Verherrlichung? Klasse. Meine Hände sind gerade rutschig, ich habe sie mit `hand relief´von aveda eingecremt, da rutscht jetzt meine Bierflasche dauernd ab. Hand relief! Ha!

lorenz schröter fuerte san lorenzo, panama - 12.06.99 at 15:40:46

Das ist hier was echt zum schlaumeiern, oder? Zum existenzialistisch über Krawatten reden? Mit Eins A-Alkoholverherrlichung. Klasse. Auch ich habe super Abenteuer erlebt, z.B. habe ich mir gerade die Finger mit `Hand relief´von Aveda eingecremt. Da flutscht die Bierflasche aus der Hand. `Hand relief´hahaha, wer hat sich das wohl ausgedacht und nichts böses gedacht. Bei den Chips, bei denen einmal gepoppt und nie mehr gestoppt wurde und meinetwegen auch bei der längsten Praline der Welt kann ja Absicht dahinterstecken, aber bei einer Aveda Creme?

lorenz schröter Fuerto San Lorenzo, Panama - 12.06.99 at 15:47:42

Schönes Wetter hier in München, Kaiserwetter sozusagen, und noch zwanzig Minuten bis zum Anpfiff in Berlin, wo Bayern gegen Bremen die gegen Manchester erlittene Schmach von Barcelona tilgen wird. Danke Elke, für die Info. Ich würde gerne Herrn Heiner Link dabei haben, den aus dem "Gasthaus zur Post" in Eichenau. Geht das? Und wenn ja, wie? Und Lorenz ist also in Panama. Lorenz, laß uns wissen, was du da tust. Nicht etwa radfahren, oder?

georg.oswald München, - 12.06.99 at 18:46:07

grosser tag fuer los angeles: gestern wurde die u-bahn-linie von downtown nach hollywood eroeffnet. entdecke heute an der station vermont/wilshire bereits den ersten wandspruch: "haben sie je gesehen, wie eine frau verzweifelt, weil sie sich nicht ueberwinden kann zu morden?" (anmerkung der polizei: sprayern drohen in dieser stadt vier jahren haft) dazu gibts bestimmt eine theorie, daran muss ich gerade denken. fahre also weiter bis zur endstation "hollywood & vine". lackiere meine abgebrochenen fingernaegel. benutze naturlack von lauder. soll um 6.30 pm in der bar "room" einen smarten poser namens giovanni ribisi interviewen. gesunde fingernaegel gehoeren zum erfolgreichen auftritt. so stehts in einem 12-steps-ratgeber für den erfolgreichen auftritt von john travolta - solide schuhe, gesunde naegel, gesunde zähne. das wird auch ck bestaetigen. egal was du sonst traegst. doch warum verzweifelt eine frau in hollywood, weil sie sich nicht zum mord ueberwinden kann? schwierig. was ist der unterschied zwischen frau und mann wenn s ums morden geht? sie werden bestimmt beide irgendwann feststellen, dass sie dazu fähig sind, behauptete johnny carson in seiner drittletzten show. mein ratschlag: wer lust aufs morden verspuert, sollte unbedingt die urformen der kunst von karl blossfeldt studieren. besonders kürbisstengel in 1,5facher vergrösserung. andere stimmen: die entdeckung, dass deine aengste vor dem morden unbegruendet sind, gleicht dem gefuehl eines jungen mannes, der zweifel hatte, ob er bei seiner ersten intimen begegnung mit einer frau funktionieren würde - und dann vielleicht nichts grossartiges leistete, die sache aber doch schaffte. man fühlt sich stärker. das behauptete jedenfalls der junge truman capote. okay, fahre also die neue u-bahn-linie von koreatown nach hollywood. soll diesen sehr vielversprechenden ribisi interviewen. und da muss ich doch gleich an moritz denken. ribisi, ritzi, oritz. darum also hallo moritz, lass bitte alle promo-cds fallen - missy, brandy, foxy, sz, egal was. in meiner interviewtasche sitzt dieses 5er cd-set "tropicalismo", brandnew from polygram. brazilian psychedelic party sound from 1967, inclusive OS MUTANTES the presidents of the byrdsy, beatlesy pop, along with sly stone funk, wacky arthur brown crazy world incarnations. das verschafft dir ein nettes stuendchen, falls bayern in berlin verliert. das hauptproblem mit den mutanten, damals, according to rolling stone magazin (1970): their relentless jokiness - sometimes they are just a little too hip and ironic for their own good. na also. elke, ich gebe dir recht, es fehlen die stimmen der frauen. darum will ich abschliessend an ein girl weitergeben, die einen wirklich netten adidas-trainer mit dem offiziellen abzeichen der olympischen spiele in muechen 1972 traegt. sie sitzt beim eingang zur u-bahn-station hollywood & vine, summt ein liedlein von vincente fernandez und verkauft nuesse: "hi, a todos, my name is silvia. i love german girls." solider gossip folgt später.

tom kummer koreatown, usa - 12.06.99 at 22:07:29

Kann mir jemand erklären, warum meine Mannschaft jedes Finale verliert?

Franz Beckenbauer Bayern, München - 12.06.99 at 22:41:30

Weil Ihr eben einen lausigen Torwart habt, der aus Angst einen Fehler zu machen, seinen Kasten nicht verläßt (Manchester) und beim Elfmeterhalten in die falsche Ecke springt (Berlin).

Jens Lehmann Dortmund, Ruhrgebiet - 13.06.99 at 00:08:38

Das ist die mentale Schwäche der Führungsfiguren. Denen fehlt der letzte Zug zum Tor, der Killerinstinkt. Die versagen am Elfmeterpunkt. Also für den Fußballfreund war das ne echte Delikatesse. Riesen Möglichkeiten, ein Blick auf die Bank zeigt: hier hat nicht eine Verlegenheitself gespielt. Da klebt der Scheiß am Schua.

Ursula Döbereiner Berlin, Deutschland - 13.06.99 at 09:25:55

Ich liege im Bett und lese und dabei bemerke ich ein leises Geräusch, ein feines Schleifen oder Rasseln. Ich wundere mich woher das Geräusch kommt. Ich halte den Atem an, um dem Geräusch zu lauschen, aber es bleibt still. Es ist weg. Dann kommt es wieder, beim Einatmen höre ich es wieder, leise schleifend; und wieder. Da merke ich, es kommt tief innen aus mir heraus, beim Einatmen aus meinen Bronchien. Oh Graus!

elke naters berlin, - 13.06.99 at 11:39:59

Ich besitze ein T-Shirt auf dem steht in gelber Schrift auf olivgrünem Stoff "Contraguerrillero". Darüber ist, ebenfalls in gelb, das Symbol des kolumbianischen Anti-Terrorismus-Bataillons zu sehen. Der General hat mir das T-Shirt geschenkt, damals, nach der Präsentation für die neugewählten Bürgermeister in seinem Abschnitt. Ein Offizier projiezierte an diesem Nachmittag eine vierfarbige Computerkarte an die Wand, mit der der General die Stellungen der Guerrilla-Fronten und die jüngsten Einsätze seines Bataillons erläuterte. Vor dem Fenster lehnten zwei junge Burschen in silbergrauen Overalls. Die Burschen waren an der Akademie die Besten ihres Jahrgangs gewesen, deswegen durften sie den kleinen Kampfhubschrauber fliegen, ein schwarzlackiertes Geschenk des amerikanischen Verteidigungsministeriums mit weißen Schriftzügen und runden Trommeln für die Luft-Boden-Raketen an der Seite. Sie hatten mir vor der Präsentation von ihrem letzten Flug an diesem Nachmittag erzählt. Zwanzig Minuten hätte es gedauert, danach habe die Stellung der Guerrillas ausgesehen wie ein frisch gepflügtes Feld. Der General erläuterte den Bürgermeistern seine erfolgreiche Taktik, wie er die Parameter erweitert und der Subversion ein Ende bereitet habe. Die Bürgermeister seines Abschnitts verstanden, schwiegen, und schwiegen auch, als mitten im Satz der Strom ausfiel. Der General entschuldigte sich jovial, selbstsicher wie immer, denn er konnte damals noch nicht ahnen, daß der nächste Präsident ihn ein Jahr später feuern würde, wegen der Zusammenarbeit des Bataillons mit den irregulären Milizen. Die Festplatte des Computers gab ein Surren von sich und für zwei Minuten warf der Projektor den Bildschirmschoner an die Wand, eine Collage aus Spielkarten mit hübschen, nackten Frauen. Die Bürgermeister starrten still auf die erigierten Brustwarzen und frisierten Schamhaarbüschel. Sie hatten Angst. Später im Offizierskasino schlug mir der General bei Kaffee und Cognac vor, für den Rest der Woche in der Suite für Gäste der Armee zu wohnen. Geräumige Appartments seien da am Rande der Kaserne, mit einem Swimming Pool und Klimaanlagen in jedem Zimmer, gegen die schwüle Hitze und die Mücken. Sein Oberst bestand auf eine Führung, auf Austausch von Souvenirs und Adressen. Vielleicht würde man sich ja wiedersehen. Dann ging ich zurück ins Hotel. Nach einer Nacht war das T-Shirt verschwitzt. Das Zimmermädchen legte es am nächsten Abend sachtsam zusammengefaltet ganz oben auf meinen Wäschestapel. Auf dem stand so in gelber Schrift auf olivgrünem Stoff "Contraguerrillero".

Andrian Kreye München, - 13.06.99 at 19:25:44

Lieber Andrian, wenn ich recht sehe, gibst Du dem Zimmermädchen die Heldenrolle in deiner Geschichte. Sie legt das T-Shirt Contraguerillero ganz obenauf und sagt Dir damit, daß sie dich für einen hält. (Oder hab ich's nicht verstanden?) Ich habe Fragen: Erstens, hast Du Dir überlegt, ob Du das T-Shirt im Hotel zum Waschen geben sollst, und wenn ja, warum hast Du Dich dafür entschieden? Und weiter: Hast Du das Angebot der Militärs, in der Suite zu wohnen, angenommen? Soll kein Verhör sein, mich interessiert's einfach.

Georg M. Oswald München, - 13.06.99 at 20:21:35

fashionvictims?

Antje Dorn Berlin, - 13.06.99 at 23:10:32

Gell, das ist ein hübsches Klischee mit dem wackeren Zimmermädchen? Jaja, die Wirklichkeit. Schert sich nicht um Stil und Dezenz. Und selbstverständlich macht man sich immer wieder Gedanken über die Verwendung inhaltsbeladener Textilien, sollte man die Botschaft von Kleidung doch nie unterschätzen, selbst wenn man sich von deutlichen Aussagen auf T-Shirts normalerweise fernhält. In diesem Fall war es eher die Arroganz meinerseits, zu glauben, in einem lateinamerikanischen Städtchen in dem der Friedhofsaufseher ein Kleidersammlungs-T-Shirt mit der Aufschrift "Fight violence against gays. Dial 1-800...." trägt, spiele das alles keine Rolle und genieße die Wäsche des Hotelgastes Immunität. Und nein, in der Suite für Gäste der Armee habe ich nicht gewohnt.

Andrian München, - 13.06.99 at 23:12:00

dann lieber andrian, hab ich auch noch eine frage. hast du das t-shirt später auch getragen und wenn, zu welchen gelegenheiten.

naters berlin, schöneberg - 13.06.99 at 23:27:18

T-Shirts, Fliegen, Alkohol. Wir haben uns auch heute den ganzen Tag darüber unterhalten T-Shirts mit pool vornedrauf und gloria hintendrauf zu machen. Dabei sind wir noch an einem Visitenkartenautomaten von Fix Foto vorbeigekommen, aber es ließ sich keine Tilde drucken, dieses lästige Zeichen zwischen snafu und gloria. So richtige Merchandisingvictims eben. Aber der Dämpfer war, daß es sogar den schönen Namen www.gloria.de schon gibt. Wir suchen ja einen kürzeren Namen für die pool Adresse. Gloria ist ist ein großer Feuerlöscherhersteller. Also T-Shirtproduktion erstmal zurückgestellt. Wir redeten darüber sogar noch in einem Film, weil er so gnadenlos langweilig war. So ein zwei Stunden Filmstudenten-Überrealismus, wo man dann fünf Minuten einem zugezogenen Duschvorhang zusehen darf oder Leuten, die schlafen, noch länger. Der Film war so extendet, daß uns die sonst so langsam und träge erscheinende Wirklichkeit plötzlich wie ein Clint Eastwood Film vorkam. Auch ein schöner Effekt. Da muß ich eine Geschichte von Thomas Kapielski klauen, der mal für eine Filmfirma Kopien von Pornofilmen auf Fehler untersucht hat. Das heißt, er saß in einem dunklen Kabuff und schaute sich Pornofilme mit dreifacher Geschwindigkeit an. Nach ein paar Stunden war Pause und eine Sekretärin musste ihm durch die plötzlich unendlich langsame Welt zum Kaffeeautomaten helfen.

sven lager berlin, - 13.06.99 at 23:51:37

Ja! Reklameprodukte! Her damit! Bitte auch Socken mit www. gloria/~.... drauf, gestickt natürlich, oder eventuell Aspirintabletten mit eingeprägter webadresse. "pool" gibt es schon öfters, übrigens. 2 o´s sind beliebt. Aber alles gibt es ja schon öfters. Apropos Kapielski: bin schwer dafür, daß der hier mitmacht: Wer Sorgen hat, hat auch Lacan.

Antje Dorn armes Berlin, - 14.06.99 at 13:38:08

Guten Abend hier aus dem schoenen Elsass. Es ist schwuel, Nordwind, ein Airbus der Air Inter schleift muede in den aufklarenden Abendhimmel. Mehr kann man dazu hier nicht sagen, denn die Tastatur ist franzoesisch und man vertippt sich zu leicht. Bonne soirée.

Eckhart Nickel Strasbourg, Frankreich - 14.06.99 at 18:36:31

Na sicher, hie und da trage ich das T-Shirt noch als Unterhemd, da es wie alle militärischen Textilien äußerst robust und praktisch ist. Und jetzt gerade würde ich es ganz gerne anziehen und runter auf den Marienplatz gehen, wo unter meinem Fenster die PDS gegen den Krieg ankeift, diese tumbe Mischung aus ideologischen Vollidioten und ehemaligen Parteischranzen. Wo sind die klugen Köpfe der Friedensbewegung geblieben? Und von wem stammt das Zitat, es sei schon verwunderliche, daß sich augerechnet die Partei mit dem höchsten Anteil ehemaliger Offiziere als Kriegsgegner aufspielt? Vergessen. In Wahrheit habe ich äußerst schlechte Laune. Gestern haben sie unseren Freund Gabriel im Kosovo erschossen, und der hat beim Stern sicher mehr gegen den Krieg getan, als der Haufen da unten...

andrian münchen mitte, - 14.06.99 at 18:45:55

Verbringe gerade viel Zeit damit, einen Text über die Kulturgeschichte des Wellenreitens zu verfassen. Im Englischen Garten gab es früher die Eisbachsurfer, die mit einem Brett über die Stromschnellen geritten sind, das sie mit einem Strick an einem Baum vertäut hatten. Heute haben die Eisbachsurfer richtige Fiberglasbretter und O'Neill-Naßbiber und machen das ohne Seil. Sie balancieren in korrekter Surfhaltung auf den Stromschnellen, ohne sich von der Stelle zu rühren. Sehr beeindruckend. Womit wieder einmal der Beweis erbracht wäre, daß München wie Los Angeles ist. Dann wäre natürlich Frankfurt New York, Berlin Chicago, Hamburg Boston und Köln/Bonn Washington D.C.. Das ist natürlich unhaltbarer 80er-Jahre-Vergleichslistenschwachsinn, aber ich mag Simplifizierungen dieser Art.

Andrian München, - 15.06.99 at 11:16:44

Das ist toll! Denn neulich stand ich an einem schönem Sommertag mit Eva, nach einem Besuch im Schleusenkrug, einem für Berliner Verhältnisse lauschigen Biergarten, auf der Schleusenbrücke im Tiergarten und wir sahen auf das Wasser, das dort ähnliche Wellen wirft wie der Eisbach vor dem Haus der Kunst im englichen Garten. Und Eva wunderte sich, daß dort niemand auf einem angebundenen Brett stand und Wellen surfte, wie sie es am Eisbach taten. Stimmt, dachte ich, Stimmt. Daran habe ich nie gedacht. Dabei wußten wir beide nicht, daß die in München jetzt auf Fiberglasbrettern stehen, ohne Seil und nicht mehr auf einem angebundenen Holzbrett, wie sie es früher taten, als wir beide noch in München wohnten; aber das ist lange her. Damals kannten wir uns noch nicht, nur die Wellensurfer vor dem P1 kannten wir, die gehörten zum Münchner Sommer wie der Biergarten. Und das P1 gab es damals auch noch, das richtige, von den Grantls geführte.

elke naters berlin, - 15.06.99 at 13:44:12

Ich würde gerne etwas dazu fragen: Verhält sich denn das neue surfen auf diesem Eisbach in München auf Fiberglasbrettern zum alten, strickgeführten Holzbrettstehen wie das seit einigen Jahren sehr beliebte Snowboarden zum herkömmlichen Skifahren?

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 15.06.99 at 14:02:50

Mit Sicherheit verlangt das Fiberglasbrettsurfen auf dem Eisbach nicht nur mehr Geschicklichkeit, sondern auch die Kenntnis moderner Sportartikelhersteller, die solche Bretter - oft amerikanischen Ursprungs - verkaufen, im Gegensatz zum doch eher ländlichen Ansatz, sich aus der Scheune Brett und Strick zu besorgen. Damit verhält sich das neue Eisbachsurfen zum alten aber eher wie der Schneeschuh zu allem was danach kam, weil das Skifahren an sich ja spätestens seit der Verbreitung der Automatikbindung eine Freizeitbeschäftigung der industrialisierten und somit konsum- und nicht nur spaßbewußten Welt war.

Andrian Kreye München, - 15.06.99 at 14:52:56

da schreibt uns eine leserin, daß sie gerne mal wüßte wie wir aussehen. ja wie sehen wir denn aus? das gästebuch gibt es auch bald, in das alle reinschreiben können, kommentare, leserbriefe. gibt es schon fans? ich glaube schon. roger, over.

sven zuhause, aber sonne scheint - 15.06.99 at 17:23:37

Die wunderbare Sportgeraetefrage erinnert mich unwillkuerlich an mein erstes selbstgebasteltes Skateboard. Hierzu zerlegte ich mein Paar weibische Rollschuhe, um die jeweils zweirolligen Vorder- und Hinterrollen mit Naegeln von unten auf ein Holzbrett zu nageln. Mit Plaka-Farben malte ich dann in Blau, Gelb und Rot die fingierten Unterschriften, die Vornamen der Bandmitglieder der Popgruppe "Smokie" darauf. Die Stuerze mit dem unlenkbaren Geschoss sind mir unvergessen.

eckhart strasbourg, france - 15.06.99 at 17:24:25

Der Eisbach ist ein Grünbach zur Zeit, keine Surfer weit und breit, die Isar stinkt fast so schön wie's Meer, Hochwasser sei's gedankt, ich find's klasse.

Maike Wetzel München, - 15.06.99 at 18:08:07

Wer moechte Leben ohne den Trost der Fluesse?

eckhart strasbourg, france - 15.06.99 at 18:21:21

Und, noch uebler, zu leben ohne das Versprechen des Fruehschoppens, dessen detaillierte Physiognomik ja neulich hier Herrn Oswald gelang. Unvergessen ist ja auch die Kopfform von Werner Hoefer, eine ueberdimensionierte Verjuengung zur Mitte hin, die den Rest des Gesichtes jedoch wie ein Falz zusammenpresste. Eine Gesichtsentgleisung, die wohlmoeglich auf den konsequent eingehaltenen Fruehschoppen zurueckzufuehren ist. Trotzdem zaehlt die Sendung zu den Hoehepunkten meiner Fernsehkindheit, mein Vater sah sie stets. Mit sieben Korrespondenten aus fuenf Laendern.

e s, f - 15.06.99 at 18:35:32

Der Hawaiianische Historiker Kepelino Keauokalani beschreibt seine Landsleute: "Erfahrene Surfer die die Hügel hinaufsteigen, um die Felder zu bestellen, werden von dort beobachten, wie die Wellen an den Strand schlagen, sie werden ihre Arbeit verlassen und nach Hause eilen, um ihr Brett zu holen. Seine Frau mag hungern, seine Kinder, die ganze Familie, aber den Familienvorstand kümmert es nicht. Der Sport ist seine Nahrung."

Andrian Kreye München, - 15.06.99 at 19:30:04

Es gibt ja, wie man weiß, nichts dümmeres als den Gesichtsausdruck des Surfers. Die Augen halb geschlossen, den Blick trotzdem auf den Swell dort draußen gerichtet, die siebte Welle abwartend, steht der Surfer da, seine Haare und Augenbrauen, sogar seine Augenwimpern vom Salz und und von der Sonne gebleicht, und starrt eben auf diesen leeren Punkt am Horizont. Und trotzdem, so meint man, und deswegen liest Andrian vielleicht gerade über die Kulturgeschichte des Surfens nach, trotzdem sind Surfer von einer inneren Schönheit beseelt. Ihre Haut leuchtet, ihre Augen leuchten. Ich verweise hier nur auf Björn Dunkerbeck, der, wer er nicht Windsurfer geblieben, sondern Wellenreiter geworden wäre, sicher zu den Allerschönsten zählen würde. Gleichen Gedankens möchte ich noch auf folgende, ausgezeichnete Website verweisen, die zu schauen nur vergleichbar ist mit dem Hören von Bruce Springsteens New-Jersey-Granate "I´m on Fire": www.zegnaermenegildo.com

Christian Kracht Berlin , Deutschland - 15.06.99 at 20:18:39

Ninas Freundin heisst Suzette. Sie ist Surferin, wohnt in San Clemente, 120 Kilometer südlich von Los Angeles, in einem weissen Apartmenthaus mit Ziegeldach in mexikanisch-kalifornischen Stil, idyllisch von Bäumen umstanden, wie aus dem Reisekatalog. Suzette arbeitet für den Surfboardhersteller STEWARD, den grössten Long-Board-Hersteller der Welt. Sie formt jede Woche zwanzig Bretter aus Polyurethan und verkauft nebenbei Monatspackungen des Muskelaufbaupräparats Createc GH-3. Warum sie das tut, wissen wir auch nicht. Bestimmt wegen des Geldes. Wenn Suzette nicht arbeitet, trägt sie meistens einen schwarzen Body Glove und verbringt Stunden im Wasser. Dabei stärkt sie ihre Oberarme und ihre Geduld: Hinauspaddeln, warten, surfen, hinauspaddeln, warten. Surfen ist Zen und Suzette weiss um diese Gleichung. Sie sagt, sie kenne das Geheimnis der schönen, guten Welt. Mehr sagt sie nicht. Aber warum? In Südcalifornien sind die Wellen selten höher als fünf Fuss. Das Wasser ist vergiftet. Und Surfer verstricken sich immer öfters in Streitereien um Strandrechte. Vielleicht hat sie Signale im Wasserschaum entdeckt. Wie schwarze Vögel sitzen Suzette und ihre Freundinnen täglich auf ihren Brettern draussen im Pazific, wippen auf und ab über gleichmässig heranrollende Wasserberge. Das ist alles. Ich verbrachte meine schönsten Momente als Surfer im Wasserparadies "Blub" in Neukölln und an der Aare in Bern. Manchmal treffen wir Andrian am Strand von Venice Beach.

tom san clemente, usa - 15.06.99 at 20:24:35

Krachts Beobachtungen betreffend Gesichtsausdruck von Surfern kann vielleicht noch ergänzt werden. Kalifornische Surfer und Surferinnen schrieben in den 90er Jahren folgende Bestseller: "How to Suvive Without a Salary" by Charly Long. "How to Retire at 30" by Paul Terhorst. "Enough is Enough: Exploding the Myth of Having It All" by Carol Saltzman.

t.k. san clemente, - 15.06.99 at 21:08:58

Stets bin ich in Berlin oder an Orten, an denen sich keine Surfer zeigen, weil das Surfen dort geradzu lächerlich wäre. Oder unsinnig. Wie auf der Insel Koh Samui, die im Süden Thailands liegt und nur an der Südseite akzeptable Wellen aufweisen kann und zwar an einer Stelle, die wegen einer obszönen Felsenformation Großvater und Großmutter genannt wird. Dort spülen große Brecher ihren Schaum über die Felsen und am nächstliegenden Strand sind sie so hoch und gewaltig, daß ich erstaunt war keinen Surfer weit und breit zu sehen. Mangels Erfahrung und eines Surfbretts schwamm ich mit einem Freund hinaus, der meinte Bodysurfen wäre geil. Es war geil. Ich wundere mich noch heute, daß wir nicht Rollstuhl gelandet sind. Der Grund unter den Wellen war übersät mit großen spitzen Steinen, auf die man, wenn man die Welle nicht erwischte, geworfen wurde. Ich kenne trotzdem immer noch nicht das Geheimniss der schönen guten Welt. Es muß etwas sein, das mit dem Adrenalinpegel und der zunehmenden Taubheit der Wellensurfer einhergeht. Einerseits macht das Übermaß an Adrenalin doof, andererseits die Taubheit glücklich. Daran ist nichts schlechtes, doof zu sein. Nur taub, das geht nicht, wie ich der Rubrik Vermischtes meiner Tageszeitung unlängst entnommen habe. Da wurde berichtet von einem kalifornischen Professor, der darunter litt, daß ihm vom Surfen die Gehörgänge verknorpeln und daß es den meisten Surfern so ergeht. Die Ohren verschließen sich, der Surfer verwandelt sich zurück in einen Fisch. Nun bin ich in Berlin und deshalb halte ich es gerne mit Dr. Nickel. Ich möchte ihn nicht missen, den Trost der Flüsse. Geht an die Stelle auf der Museumsinsel, an der sich der breite Strom der Spree teilt, dann wird, wenn auch nur für kurz, wieder Friede in euren aufgekratzten Herzen sein.

Sven Lager Berlin, - 15.06.99 at 22:59:10

Eine schnarrende Stimme am Telefon:"Guten Tag hier ist Lang. Sie sind es doch, der diese Sätze schreibt, zu der Fotogeschichte in der SZ." "Ja? Und?" "Es gibt da ein paar Dinge, die zu klären sind." "Wer sind Sie denn?" "Haha, Lang heiße ich. Wie ich gesagt habe." "Und was wollen Sie?" "Na, na. Wenn man solche Sachen schreibt, in der Zeitung, wissen Sie, dann muß man schon akzeptieren, daß man sich ein paar Fragen gefallen läßt." "Was für Sachen?" "Na, diese Geschichten." "Was ist damit?" "Sie nennen sich auf ihrem Anrufbeantworter Rechtsanwalt. Ich habe hier eine Liste von Rechtsanwälten, auf der sie nicht verzeichnet sind. Können Sie mir das erklären?" "Nein, kann ich nicht. Mich würde interessieren, was dieser Anruf soll?" "Sind Sie Rechtsanwalt?" "Ja, bin ich." "Aha, und schreiben solche Geschichten in der Zeitung." "Ja." "Das notiere ich, das können Sie mir glauben." "Ja und was soll jetzt dieser Anruf? Was wollen Sie denn von mir?" "Wissen Sie, Herr Oswald, da gibt es ein Zauberwort. Und dieses Zauberwort heißt KOHÄRENZ, wissen Sie?" "Verstehe. Und Sie beziehen das jetzt auf die Geschichte. Das ist ja gar nicht so falsch, die hat wirklich etwas damit zu tun, ich -." "Weiß ich, weiß ich, Herr Oswald. Ich wiederhole mich nicht gerne: KOHÄRENZ! Ich kann Ihnen nur sagen, ich werde die Sache weiter verfolgen, da können Sie sich drauf verlassen." "Können Sie ja gerne, aber ich verstehe immer noch nicht den Sinn Ihres Anrufs. Ich finde das bedrohlich!" "Ach nein, nicht doch! Sehen Sie, ein paar Fragen konnte ich jetzt immerhin schon klären, partiell wenigstens. Habe ich mir gleich gedacht. Ich sage Ihnen noch einmal, KOHÄRENZ ist das Zauberwort. Sie werden sich noch an mich erinnern, das schwör ich Ihnen." Aufgelegt.

Georg Oswald München, Deutschland - 15.06.99 at 23:43:47

sorry, das banale, kleingeschrieben: die startseite hat jetzt keine links mehr. die leute denken sonst immer nur wir wären eine homepageversammlung und finden den pool nicht. heimseiten jetzt unter teilnehmer. das textfeld jetzt ohne doofe rollbalken unten. lieber georg, das wir lustig, wenn die besucher uns schreiben im baldigen gästebuch. dann brauchen sie dich nicht mehr anrufen. grüße

sven lager nacht, - 16.06.99 at 01:04:05

Die Eisenbahn, die deutsche Bahn besser gesagt, denn die franzoesische ist angenehm und prosaisch, die Deutsche Bahn also wirbt in ihren Zuegen mit dem fragwuerdigen Slogan "Die Bahn hat ihren Preis, aber jeder kann ihn druecken, mit der Bahn Card". Zu sehen ist folgende Szene: Guido Westerwelle streckt in einem erster Klasse Interregio Grossraumwagen seine Bahncard Classic ohne Kundenfoto einer grienenden Schaffnerin entgegen. Soweit die Szene, die den arglosen Reisenden in eine voellig falsche Welt entfuehrt. Denn jeder Bahncardanwaerter wird am Schalter in den naechsten Sofortbildautomat gezwungen, das Preisdruecken verliert beim Kauf im Zug mit dem Aufschlag jegliche Freude und die abgebildete Bahncard befugt den Bahn Card Besitzer nicht zum Aufenthalt in der ersten Klasse. Ganz abgesehen davon, dass FDP-Politiker, glaube ich, am liebsten Auto fahren, weil es den Buerger seine Liberalitaet spueren laesst. Was wir hiermit lernen? 1. Wer, wie ich heute morgen, zu frueh aufsteht, nimmt einst uebersehene Szenerien der Umgebung intensiver wahr. 2. Nie Interregio fahren, und immer erster Klasse, Abteilwagen. Oder, 3. Einen beigen BMW 525i BJ86, 2j.TUEV etat excellent fuer 2800 DM kaufen. Frage an die anderen Pool-Suechtigen: soll ich es tun?

Eckhart Nickel Strasbourg, France - 16.06.99 at 08:59:37

Klar, sofort zuschlagen. BMW, wertfrei und nur auf bayerischen Straßen vom Image des Hochgeschwindigkeits-Proleten belastet, jedoch das Lieblingsfahrzeug burmesischer Militärdikatoren, die fabrikneue 5er und 7er-Modelle trotz Wirtschaftsembargos beziehen können, deutliches Zeichen bayerischer Liberalität; von amerikanischen Drogenhändlern auch liebevoll "Beamer" genannt. Und das zum Preis eines Vollpreis-Flugscheines nach Amerika? Es gibt übrigens auch eine Bahncard für die erste Klasse.

Andrian Kreye München, - 16.06.99 at 11:11:32

Die Bahncard First, mehr als doppelt so teuer wie die Amex Gold, ein fuenftel des BMWs, in London, wie ich hoerte die Abkuerzung fuer "Black Mans Wheels". Nun ja, der Wagen ist es vielleicht. Danke fuer den Zuspruch, Herr Kreye. Mir ist gerade von Peach Ice Tea etwas schlecht.

Eckhqrt Nickel Strasbourg, France - 16.06.99 at 12:17:02

Ja, wer moechte leben ohne den Trost der Fluesse. Aus irgend einem längst vergessenen Grund lernte ich einmal einen Mann kennen, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, alle seine Reisen durch Deutschland per Schiff zu unternehmen. Von München nach Hamburg in nur vierzehn Tagen! Man nannte ihm den Namen zweier beliebiger deutscher Städte und er zählte einem aus dem Stegreif die Gewässer auf, über die man von einer zur anderen gelangen konnte. Nein, ich rate dringend ab, Herr Dr. Nickel. Ein BMW "etat excelent" für 2800 - das kann unmöglich gut gehen. Ich sehe ein, die beige Farbe, usw. Aber sie sollten es nicht tun.

Georg M. Oswald München, BMW - 16.06.99 at 21:14:03

Mein letzter Wagen war ebenfalls beige, am Dach und den Unterkanten dunkelbraun abgesetzt. Ein 78er Ford Thunderbird mit Moonroof und 8-Track-Player. 800 Dollar habe ich dafür bezahlt. Er hat mir auch zwei Jahre lang viel Spaß bereitet. 40 Liter auf hundert Kilometer hat er verbraucht, dafür klagen die acht Zylinder wie die Motorboote aus "Miami Vice" und wenn man das Gaspedal durchdrückte, senkte sich das Heck für einen Moment unter dem Druck der PS. Vier Wochen lang mußte ich das Kunststück fertigbringen, ohne Rückwärtsgang in New Yorker Parklücken zu manövrieren und nach dem dritten Besuch meinte mein chinesischer Automechaniker, ich sollte den Wagen doch bitte verschrotten. Aber zu groß war der Spaß und die Abgasprüfungsplakette bekam ich dann vom Nachbarn für nur dreißig Dollar und zwei Bier. Ich kann also nur zuraten, wenn es um unvernünftige Autokäufe geht. Ansonsten empfehle ich einen Golf Diesel.

Andrian Kreye München, - 17.06.99 at 00:19:34

nochmal neu. alles neu. ihr sehts ja. pool startet mit dem pooltext, um den geht es ja. mein favorit ist immernoch der ford granada, robust und man kann darin schlafen. aber am wichtigsten, er schaukelt, federt, wie ein straßenkreuzer schaukeln und federn muß.

sven lager berlin, - 17.06.99 at 01:43:54

Also, nichts ist aelter als mein Text von gestern, so koennte ich heute schreiben, und ich habe es sogar schon getan. Gestern abend lugte ich noch einmal bei dem BMW vorbei, und siehe da, er ist silbern. Hmmm. Noch besser. Andererseits, und nichts gegen amerikanische Strassenkreuzer oder Golf Turbo Diesels, fahre ich nun seit Montag jeden Tag um sechs Uhr morgens mit einer Netzkarte von Heidelberg nach Strasbourg und abends um acht Uhr zurueck und es wird jeden Tag unerfreulicher.Im RE, der mich nach Mannheim bringt, kam es heute zu einem Fraternisierungsversuch seitens des Schaffners, der mir zur Entschuldigung fuer die taegliche Verspaetung eine Marlboro Lights aus einer 25er Packung anbot und sich zu mir ins Abteil setzte. "Isch setz misch mal zu Ihne". Er gibt mir mit einem Harley-Zippo Feuer. "Wisse Sie was fehlt heutzutage ist Kameradschaft." O.K., der Mann war vielleicht 28, trug einen Schnurrbart und riet mir im Laufe des Gespraechs, doch in Zukunft mit dem Auto zu fahren. Wenn der das schon sagt? Zum Intercity nach Karlsruhe musste ich rennen, weil der RE des freundlichen Schaffners zu spaet war, und im Interregio nach Strasbourg hatten sie passenderweise heute die erste Klasse ganz ausgespart, sie war sozusagen in Stuttgart gelassen worden. Entschaedigung: Der Moment, da man den sonnenueberfluteten weiten morgendlichen Bahnhofsplatz in Strasbourg betritt. Da es kurz vor acht Uhr ist, stroemen aus allen Ausgangen Menschen ueber den majestaetischen halbrunden Vorplatz. Das gibt Schwung fuer den Tag wie der Gang an den Kanaelen entlang hier zur Redaktion. "Rue deserte" steht auf einer Strasse und weil wir im Elsass sind, drunter in deutsch "Seelenlosgass". Unglaublich; nebenan ein Plakat als Aufruf fuer die legion etranger. Fruehstueck: Pain au choco und duenner Bohnenkaffee. Mit dem BMW indes komme ich nicht weiter.

Monsieur Nickel Strasbourg, France - 17.06.99 at 08:38:52

das seltsame ist, daß ich jedesmal, wenn ich im elsaß war, das gleiche erlebte. spricht man einen elsäßer aus reiner höflichkeit und natürlich auch bewegt von der sehnsucht nach einer lässigen fremdsprache auf französisch an, antwortet er auf deutsch. ich war auf einem internat, keinem in dem die kinder der besseren gesellschaft untergebracht waren. es wurde mit vitamintabletten und raider gehandelt und die jungs rochen nicht nach einer teuren duschlotion, sondern nach dem muff, der den billigen teppichen von neuwagen eigen ist. nach straßburg war es nicht weit. man konnte sich zwar in einer nahegelegenen kaserne der französischen armee subventionierte zigaretten erschleichen, indem man mit einem hübschen mädchen in den laden kam, aber nach straßburg zu fahren war bedeutend besser, denn dort konnte man bedenkenlos den ganzen tag in den cafés herumlümmeln und hervorragendes bier trinken. etwas, das von den möglichkeiten, die unser eiscafé zuhause bot, weit entfernt war. es war auch deswegen aufregend, weil man sein dürftiges französisch anbringen konnte, das man sonst immer eher mit der zickigen und kleinwüchsigen französischlehrerin in verbindung brachte. erst später habe ich begriffen, daß ihr langes glattes haar zusammen mit der runden, vernickelten brille sexy wirken sollte. französisch sexy. tatsächlich war ich, als ich das erste mal zusammen mit freunden in der stadt war, der einzige, der den mut hatte französich zu sprechen. nur daß mir die zuvorkommenden aber eben auch sehr bauernschlauen einwohner stets auf deutsch antworteten. meinen freunden aber, die keinen reiz darin entdecken konnten den zauber der französischen sprache zu erlernen, antworteten sie freundlich aber bestimmt auf französisch. als sei nichts natürlicher auf der welt für einen elsäßer als die französische sprache zu sprechen. was mich aber am meisten anrührte dr. nickel, war dein erwähnen des morgendlichen bahnhofvorplatzes. ich weiß nicht mehr zu welcher gelegenheit, wahrscheinlich weil die türen des internats um elf verschlossen wurden, aber ich war nicht nur einmal an einem sehr frühen sommermorgen in straßburg. und es ist ein bis heute in meinem tiefsten herzen aufbewahrtes glück, denke ich an das goldene licht, das die menschen in dieser stadt am morgen zu ihrer Arbeit begleitet.

sven lager berlin, - 17.06.99 at 22:11:11

Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn. Doppelkinn.

Christian Kracht Hamburg, Deutschland - 17.06.99 at 22:37:45

Wieder eine Karte an Florence Wetzel in meinem Briefkasten. Ihre Anwaltspost erhalte ich auch. Ich kenne diese Person nicht, aber ich stecke die Post immer brav in den Schlitz der WG im Keller, wo ich sie vermute. Zu Recht, denn die Briefe verschwinden brav auf Nimmerwiedersehen. Ich bin mir sicher, daß ich ihr noch nicht begegnet bin. Auf der Karte heute stand: "Liebe Florence, ich war eben mit Tobias im "Chagall", wir plauderten und er erzählte, daß Du in einer der letzten Wochen in Berlin gewesen bist. Ich bemerkte, daß ich da gerade - relativ plötzlich - an Dich hatte denken müssen, genau in jenen Tagen, und nicht mehr - aber auch nicht weniger - ist der Grund für diesen Gruß an Dich. Melde Dich doch mal, falls Du überhaupt willst und erzähle, wie's Dir geht. Würde mich freuen. Jon." Und ganz klein gekritzelt - wie auch der Rest des Geschriebenen, das sich ganz beiläufig in die Ecken zu drücken suchte - stand noch die Adresse des Absenders. Ich habe sie mir notiert. Auf der Vorderseite der Karte waren Jean-Paul Belmondo & Jean Seberg in einem Standbild des Films "A Bout de Souffle" von Jean-Luc Godard abgebildet. Das Paar geht an einem Pariser Boulevard entlang - offensichtlich durften Autos damals noch auf dem Trottoir parken - Jean-Luc hat so einen Cowboy-ich-mag-mich-Ausdruck mit schiefgerücktem Hut und, ich glaube, einer Zigarette (es ist schwer zu erkennen) im Mundwinkel, was ihm ein zahnloses, aber cooles Aussehen gibt. Er blickt ins Nichts neben Jean. Der Photograph hat genau in dem Augenblick abgedrückt, als Belmondos Schritt zehn Zentimeter über dem Trottoir schwebt, auch Jean Seberg ist mitten im Schreiten, aber ihr Gang ist ein Trippeln auf der Bordsteinkante, wie ein 50er Jahre-Mannequin, geht sie vorschriftsmäßig mit leicht nach außen verdrehten Füßen. Sie trägt ihr "New York Herald Tribune" T-Shirt mit den hoch angesetzten Armen, das ihre Zartheit noch unterstreicht. Sie ist eineinhalb Köpfe (was für eine Maßeinheit! "Mach mich mal einen Kopf kürzer!") kleiner als Belmondo und scheint bewundernd zu ihm aufzusehen. Sie lächelt. Das Lächeln des Spatzen an die Katze? In einer Hand schwingt sie einen lächerlichen Handtaschen-Minibeutel, mit dem anderen Arm preßt sie die Herald Tribune an sich (vermutlich, um ihren weiblichen Kugelbauch zu kaschieren). Ich würde nie so flache Schuhe anziehen. Der Kameramann des Films hat mal gesagt, daß Jean unreine Haut hatte und nur vor der Kamera jenes schöne Strahlen verliehen bekam, mit dem sie in die Filmgeschichte einging. Über Belmondos Haut hat sich noch keiner Gedanken gemacht. Jean Seberg starb unter mysteriösen Umständen in einem Auto in Paris, soweit ich mich erinnere. Der amerikanische Geheimdienst bespitzelte sie, Verwicklungen mit dem CIA wurden in Zusammenhang mit ihrem Tod vermutet. Es gab nie Beweise. Ob Florence aussieht wie Jean Seberg? Auch so kurze Haare hat? Und der Schreiber dieser Postkarte sich als Belmondo sieht? Der Schrift nach zu urteilen gehört er einer altmodischen Generation an, ich habe solche verbissenen Zeilen aber auch schon bei nur zwei Jahre Älteren gesehen. Er will also, daß Florence sich meldet, versucht aber den Anlaß seines Lebenszeichen (warum sonst gibt er ihr die Adresse?) möglichst beiläufig erscheinen zu lassen, sich keinerlei Blöße zu geben. Jedes Wort soll Harmlosigkeit atmen. Der Schreiber und jener Tobias "plauderten" - das klingt nach zwei Kammerzofen unter weißen Schirmen im neunzehnten Jahrhundert - sie waren im "Chagall", das soll wohl Kultur bedeuten, also andeuten, daß er und Tobias sich mit "höheren" Dingen befassen und darum ein Gedanke wie jener an Florence nur "relativ plötzlich" im tiefen Gedankenrund des Denkers auftaucht "und nicht mehr" - da merkt er, daß er's übertreibt, seine Beläufigkeit kontraproduktiv werden könnte - "aber auch nicht weniger - ist der Grund für diesen Gruß an Dich." Gut gebrüllt, Löwe: ein Gruß, ein Hitler-Gruß, ein Heil zusammen.

Maike Wetzel M, - 17.06.99 at 23:01:40

lieber doktor nickei, ich würd den bmw nicht kaufen, dichter sollen keine autos fahren, bessr sich mit herumkutschieren zu lassen, auch mit interregio und wenn du den schnauzbart mit deinem unsichtbaren auto auf der autobahn triffst, ist vieleicht auch nicht so nett wie im abteil. götz soll lieber auch keinen führerschein haben, nur kracht macht es richtig. ich auch, aber nicht heute abend

blanke berlin, mitte - 18.06.99 at 01:38:32

  lazy day. wen ich auch anrufe, alle haben sie diese verlangsamte stimme, als wäre es noch früh, gerade aus versehen geweckt vom radiowecker. mal ehrlich, benutzt hier jemand einen radiowecker? dörty dörte heißt hier in berlin eine frühsendung, oder arnos frühstückstcrew oder so ähnlich. man ist sehr sehr verwirrt, wenn man davon geweckt wird, verstört, hallo, hier sind die nachrichten aus der größten stadt deutschlands, powernews, raser aufgepasst, die weißen mäuse stehen heute wieder an der skalitzer straße in kreuzberg. marius müller westernhagen lese ich, 'die freuden des alterns' steht am kiosk, er macht jetzt seine letzte tournee. deshalb hört man bei drospa, im meldeamt und bei meinem zahnarzt pausenlos m.m.w., was irritierend ist, weil da jemand ständig schwachsinnsdeutsch mit einem brabbelt, während man alleine vor dem rasiererregal steht. gilette lubrastrip, contuor plus lady, wilkinson protect contour, 3 mach lubrastrip, bond, ohne alles, gilette protect, jetzt mit schwingkopf. das macht es nicht leichter. ich kann mich an den pausenlosen text, den m.m.w. singt gar nicht erinnern, ich denke dabei nur ständig diesen grauenhaften, freudlosen und blutleeren satz 'die freuden des alterns'. dabei habe ich keinen einzigen schluck gestern getrunken. darf man das noch denken, daß daran morphogenetische felder schuld sind, daß ich, umgeben von verkaterten, gar nicht anders kann als verkatert zu sein?

sven lager berlin, - 18.06.99 at 16:44:03