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Textasy Archiv #07 (Oktober 2000)

txtc #06 / txtc #08

 

Begegnungen in der Unterwelt erster Teil.

Wir machen unser eigenes BigBrother...

Auf meine Frage, ob Ihr U-Bahnen gefallen sagte sie: "Nicht schlecht, wenn es nur nicht so dunkel wäre..., so permanent dunkel". Und da war sie die Idee. Abgeschnitten von der Oberwelt zwei Wochen lang nur unter der Erde zu leben. Schlafen, beleuchtet vom gleichgültigem Neonlicht, essen, monotone Motorengeräusche, unterwegs im 10 Minutentakt, unabhängig vom Wetter, immer trocken, immer 23 Grad, vorbeirauschende Dunkelheit und splitterhafte Ansichten von farblos bunten Kachelwänden. Oberflächliches beobachten und beobachtet werden, fahren, versuchen zu verstehen, verstehen zu versuchen, kommunizieren reduzieren, observiert von Bahnsteigkameras, gelenkt durch DIE große Schaltzentrale, täglich eine Tagesaufgabe, 1.50 DM Taschengeld und nur eine Fahrkarte für eine 4 Stationen Kurzstreckenfahrt ohne umzusteigen. Der Rest ist Dein Geschick...

Welcome in the amazing reality, nach der Werbung gehts weiter...

Begegnungen in der Unterwelt zweiter Teil.

- Hey, mensch wie gehts lange nicht gesehen
- Wie siehst Du denn aus.
- Und was macht die Kunst?
- Na ich studiere und bin für ein Semester hier, und Du?
- Na ich bin noch in der Lehre, aber in 1 1/2 Jahren bin ich fertig.
- Aha...
- Und dann werde ich studieren an der Berufsakademie, drei Jahre.
- Oh...
- Und danach meinen Wirtschaftprüfer machen, nochmal fünf Jahre.
- Nicht schlecht...
- Zwischendurch will ich mir dann endlich mein Traumhaus bauen und ein neues Auto kaufen. Ich verdiene ja nicht schlecht im Moment.
- Verrückt...
- Habe im Moment nur wenig Zeit für meinen ganzen anderen Kram.
- Und Deine Musik?
- Hab ich aufgegeben. Bringt doch eh nichts!
- Wie, hast Deine E-Gitarre verkauft?
- Ja und davon dann meine ersten Aktien. Aber natürlich rechtzeitig wieder verkauft bei 150, bevor alles in den Keller gerauscht ist. Und dann, ach ich muß hier raus.
- Ja, mensch schön das wir uns mal wieder gesehen haben... (Die Frage, ob er schon geheiratet hat und mindestens zwei Kinder schon in Arbeit sind, habe ich mir dann doch verkniffen...)

Begegnungen in der Unterwelt dritter Teil.

Ein Mann kommt in die Hölle. Er ist überrascht wie angenehm es ist. Alles weiß, *****-mäßig, überall entspannte und glückliche Menschen. Er schaut sich um. Er sieht einen Gehörnten und schaut Ihn fragend an. "Ist ja alles so, so anders als... , und so nett." Er schaut weiter und entdeckt in einer Wand ein Loch. Auf der anderen Seite alles rot, Höllenfeuer und gemarterte Seelen. Er zuckt zusammen: "und da drüben? was ist das?" "Ach, das ist für die Katholiken die wollen das so."

Ein herzliches Willkommen an unsere neuen Erstsemester. We will love youuu....



MARiO ,Hauptstadt.de , Mon Oct 2 15:46:21 2000



Paul, das Schaf, lebte nun schon seit einiger Zeit bei Blika Andersson in dessen Zimmer.
Wenn Blika Andersson nicht da war, las Paul manchmal in den Büchern, die vor Blika Anderssons Bett lagen oder malte mit den Filzstiften vom Schreibtisch. Oder er schrieb lange Briefe.
Blika Andersson fand diese Briefe manchmal, wenn er unter das Bett kriechen mußte, weil eine seiner Murmeln darunter gerollt war.
Die beiden sprachen nie über diese Briefe, aber Blika Andersson faltete sie ordentlich und legte sie unter das Kopfkissen, auf dem Paul manchmal schlief.
Blika Andersson wußte nicht, an wen Paul da schrieb - denn Paul schrieb in einer Sprache, die Blika weder lesen noch verstehen konnte. Und wenn er es gekonnt hätte, wäre er wohl ein wenig erstaunt gewesen.
Denn Paul schrieb seine langen Briefe an Esmeralda. Dieser Name würde Blika Andersson nichts sagen, aber Paul empfand da anders. Manchmal, wenn er alleine war, flüsterte er diesen Namen vor sich hin, ganz leise nur....und lächelte - naja, so, wie halt Schafe lächeln.
Esmeralda war eine Ente. Sicher mag man nun denken, daß Schafe und Enten doch gar nicht miteinander befreundet sein können. Aber Paul wußte es besser. Esmeralda war ja auch keine gewöhnliche Ente. In seinen Augen war sie nicht von dieser Welt, genauso wie er selber.
Wie sich die beiden kennengelernt hatten? Das war ein Geheimnis, über das die beiden nie sprachen.
Du willst wissen, was die beiden sich so geschrieben haben? Nun - sie schrieben über das Leben, über Dinge, die sie erlebt hatten - und auch wenn sie ein Schaf und eine Ente waren, gab es erstaunlich viel, was ihnen gemeinsam war. Beide mochten Wolken und Kastanien, beide konnten zu jeder Tages- oder Nachtzeit schlafen (Blika Andersson schüttelte oft den Kopf, wenn er nachmittags nach Hause kam und Paul schlafend in seinem Bett lag), beide mochten lange Geschichten, und beide wußten, wie wertvoll und wichtig Freundschaft ist.
Und wenn man über so vieles so ähnlich denkt und empfindet, dann ist es ganz egal, ob die Leute vielleicht sagen, daß das doch nicht geht, ein Schaf und eine Ente.... ganz egal.



alannis - nochmal ,Leipzig , Tue Oct 3 15:24:21 2000



Ein denkwürdiger Abend

Am 23. November des Jahres 1892 hatte der junge englische Dichter Lord William S. Trinkle in der Royal Geoffrey Hall in London seine erste große öffentliche Lesung. Kaum hatte Lord William S. Trinkle die ersten Sonette aus seinem kurz zuvor erschienenen Zyklus "The Boy an the Cow" vorgetragen, wurde er auch schon mit faulem Obst und Gemüse beworfen. Der junge Dichter bückte sich nach einem nur wenig angefaulten Apfel, biß herzhaft zu, kaute, schluckte und rief: "I love you! I love you!..." -
Ja, es war ein denkwürdiger Abend, jener Abend des 23. September des Jahres 1893 in der Royal Geoffrey Hall in London, an dem der junge englische Dichter Lord William S. Tinkle seine erste große öffentliche Lesung hatte.



MARiO ,liest Christian Futscher , Wed Oct 4 12:20:00 2000



apokalypse

die in den bus
drängenden
drängten
die aus dem bus
drängenden
ins innere des busses
zurück



MARiO ,list noch immer Christian Futscher , Wed Oct 4 12:21:36 2000



MARiO - kommt ihr nun am Samstag?



alannis, ungeduldig ,Leipzig , Thu Oct 5 00:33:44 2000



Und mit der Rückkunft alter Träume
Umfängt ihn heimlich eine Nacht.
Tief, kalt und tröstend, tränenreich -
Der Dunkelheit geheime Macht.



.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.:.: ,noctivagus , Fri Oct 6 12:32:30 2000



Planung ist ja schön und gut...es ist sooooo schön, etwas zu planen und sich dann noch mehr ganz doll drauf zu freuen, aber wenn das Geplante dann auf einmal doch nicht klappt und man wegen des doofen langen Samstags und (noch schlimmer) wegen seines in eigener Trotteligkeit verletzten Fußes nicht nach Leipzig fahren kann , obwohl man sich sooooo gefreut hat... dann ist planen gar nicht mehr lustig.



Teffi ,leider nicht in Leipzig , Sat Oct 7 17:42:38 2000



Wenn der junge DDR-Bürger im Alter von sechs oder sieben Jahren seine Zuckertüte bekam, hatte er oft schon vier Jahre Kollektiverfahrung hinter sich. Da die meisten Mütter berufstätig waren, ließen sie ihre Kinder tagsüber kostenlos betreuen: zunächst in der Kinderkrippe, vom vierten Lebens jahr an im Kindergarten. Die umfassende Fürsorge in solchen staatliche Institutionen hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits setzte die ideologische Indoktrination der Jugend bereits im Vorschulalter ein: Aus der Zeitschrift "Bummi". der Arbeitsgrundlage vormittäglicher "Beschäftigungen", erfuhren schon die Jüngsten, daß sich das Sowjetvolk ganz wesentlich aus Weltraumfahrern und Partisanen zusammensetzt und westliche Arbeiter ihre Mahlzeiten in der Regel aus Mülltonnen sammeln. Andererseits war das Recht auf Kinderkrippen- und Kindergartenplätze Ausdruck eines unverwechselbaren Systems sozialer Leistungen. Die DDR-Führung hatte in beiderlei Hinsicht allen Grund, stolz auf die Ergebnisse zu sein.

Ja so war das damals ;)

***
@alannis : ob ich komme? in zwei Stunden wirst Du es sehen....



MARiO ,Lipsia , Sat Oct 7 17:48:08 2000



Geburtstag, Geburtstag... Alannis alles Gute zu Deinem... oder sagt sollte ich das ab einem bestimmten Alter nicht mehr sagen? Na gut dann also alles Gute zu Deinem *************************** Geburtstag ;)



MARiO ,Moschelesstraße , Sun Oct 8 15:02:58 2000



Ein Bild von dir
Ich male
Deine Augen:

Ein
Flügel-
schlag;
Dahinter das Meer.



abgott@unicum.de ,Kiel , Sun Oct 8 21:56:53 2000



27...eine ungerade Zahl...hat das irgendeine Bedeutung? Soviel aber ist klar...es war ein wunderschöner Geburtstag, so viele von meinen Lieben haben an mich gedacht, mich reich beschenkt, oder waren sogar da...also hier an dieser Stelle noch mals ein FETTES DANKE an: Mamarianne und Popsi, Dorle und Butzel-Brüderchen, T. Irma und Elkesine, Lieblingsmitbewohnerin Mellie, Basti (WOK)-Schenker Marcus, Teffi Liebeskrümel, Attebo, Stefan, Dr. MARiO, Sandra-Cremeschnitte, Trapper Jen, Uta, Cornelia, Sanne, Helti,...und an Blika Andersson. Leute...ihr macht mir immer wieder deutlich, wie schön es ist, auf dieser Welt zu sein.



alannis, gerührt ,Leipzig , Mon Oct 9 13:10:38 2000



Mit der U5 auf dem Weg nach Hause. Er tanzte göttlich. Sein schmaler Körper bewegte sich ungestört im Takt der Bässe seines Walkmans. Er war perfekt. Enge Polyester-Jacke, Schlaghose. Klobige Lederschuhe, als hätte er mit der Schwerkraft Probleme. Sauerstoffblonde Haare zu Stacheln hochgestylt. HarryPotterBrille. Sein Gesichtsausdruck wechselte zwischen Anstrengung und Freude. Seine Arme und Hände bewegten sich geschickt an seinem Luftturntable. Es gab keinen der die Platten präziser, unsichtbar in die richtige Geschwindigkeit brachte. Ab und zu abgehackte DancefloorMC. Die Blicke die auf Ihm ruhten, störten Ihn nicht. Er ließ sich von einigen unerschrockenen Touris fotografieren und hatte seinen Spaß daran.
Was hätte ich gegeben um seine Musik in dem Augenblick so zu LEBEN.



MARiO ,geht jetzt schlafen in Berlin... , Tue Oct 10 01:18:36 2000



[...]
Eine andere Geschichte, die vor meiner Zeit spielte, war der Mauerbau. Damals war die Druckerei des Ministeriums für Nationale Verteidigung hermetisch abgeriegelt. Die Setzer, Drucker, Buchbinder und Putzfrauen kamen also eines morgens im August des Jahres 1961 in die Druckerei, und durften über Tage nicht mehr heraus. Sie durften auch nicht telefonieren, nichts. Sie waren, abgesehen von der Führung, die einzigen, die von dem geplanten Mauerbau wußten, denn sie mussten die ganzen Befehle, Anweisungen und Schießbefehle drucken.
[...]



gelesen, ,"alles nur geklaut", maro-vlg , Tue Oct 10 13:21:26 2000



DAS TIEFERE BLAU DER SEE

Im hochgeheizten Sommer
Fand ich die Erde
Unter den Flügeln
Der brütenden Glucke Sonne

Ich wohnte zwischen abgelegten Kleidern
Und Uniformen, die hingen vergessen an Haken
Staub blies ich ab vom Lampenschirm
Mein Blick stieg durchs Spinnennetz
Hinaus in den läutenden Hafer
Ins tiefere Blau der See

Nachts spuckte ich
Den Kirschkern zwischen Sterne
Fiel die Schnuppe ins Auge mir
Blendete der Leuchtturm den Mond -
Auf der Holztreppe schlurften Schritte zum Stall

Am Spinnrad hingen Geschichten
Verfilzt war die rohe Wolle
Verloren der Faden -
Die Bäuerin lachte verschmitzt
Im Winter lehrt sie mich das Spinnen

Birgitt. Lieberwirth.1975.



herbst. ,kerstin.an der elbe. , Tue Oct 10 16:34:34 2000



...träumend an der Schreibmaschin' saß die kleine Josephin', die Sehnsucht des Herzens, die führte die Hand. Der Chef kam und las es und staunte, da stand:
Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehn', sofern die Winde wehn, das wär' doch wunderschön! Am Sonntag will mein Süßer mal ein Seemann sein mit mir im Sonnenschein, so ganz allein! Und dann beim Abendrot mach' ich das Abendbrot auf unserm Segelboot für meinen Süßen und für mich! Am Sonntag will mein Süßer mit mir segeln gehn, sofern die Winde wehn, das wär' doch schön! ...

...weil grad' die sonne scheint, der wind weht, und dahintreiben auf dem wasser jetzt endlose freiheit bedeuten würde ... ohne plan und karte!!!



kerstin. glücklich. ,an der tastatur. , Wed Oct 11 14:51:52 2000



ich möchte mich in den Wind stellen und alle schlechten Gedanken der letzten Monate wegtreiben lassen mit der garantie, dass sie nicht wiederkommen, am besten geht das wohl am meer, da hat man zusätzlich noch das rauschen der wellen
hier gibt es nur berge, die im nebel verschwinden und die einem nicht das gefühl von sorglosigkeit und freiheit geben, sondern einen erdrücken, die miese stimmung noch steigern
und die traurigkeit vergrössern, irgendwann kann man nicht mehr in worte fassen, welche gedanken man denkt, man ist grundlos wütend und böse zu anderen das tut mir leid
ich will schnee und wind, schnee verzaubert die welt und wind macht mich frei
liebe grüsse an MARiO und alannis



billie ,münchen , Wed Oct 11 14:52:26 2000



Vor unserem Fenster steht schon wieder ein Gruppe von Touris, die sich die neue Mitte von einem tapferen Sozialwissenschaftsstudenten im 12. Semester erklären lassen. Draussen sind 6 Grad und wir wärmen unsere Hände an einer Tasse "Lemon Scented Tea". In der Gruppe zwei ziemlich trendige mitvierziger aus dem Pott. Beide haben ein Kickboard und auffällige Trekking-Rucksäcke. Die Hände sind blaß vor Kälte. Ihr Blick fällt permanent auf die junge Frau mit grüner Schürze und weißer Kochmütze, die seit drei Wochen jeden Tag acht Stunden lang, Flyer für die gutbürgerliche Küche des Hauslokals verteilt. Alle hören interessiert unserem Studenten zu und verstecken Ihre Hände in die weiten Herbst- und Winterjacken. Unsere Kickboarder haben Hunger...



MARiO, rührt mit dem Löffel ,beißt in seinen Apfel und wünschte es wäre Sonntag. , Wed Oct 11 15:00:13 2000



an alannis:
Es grüßt Deine Kommilitonin aus dem wunderschönen Ruhrgebiet und wünscht Dir nachträglich alles Gute zum Geburtstag!!

an Mario:
habe ich da in Sachen Pott einen gehässigen Unterton gehört?

Ganz liebe Grüße nach L.!



Steffi ,Yuppie-Front , Wed Oct 11 16:14:34 2000



schöne ungemütliche grüsse aus dem künstlerdorf schöppingen. gerade kräht ein hahn (er kann es nicht lassen) und ich bemühe mich,meine gedanken zusammenzukriegen, um mich an meine arbeit zu setzen. schreiben bis die tastatur kracht - das wärs. den schnupfen, der wie beton in meiner nase sitzt, will ich dabei vergessen ...
miss the city!



anja ,schöppingen, kreis borken , Sun Oct 15 13:49:15 2000



MARiO - Lieblingskommilitone...Danke. Danke für einen wunderschönen Abend mit Benjamin, den ich so schnell nicht wieder vergessen werde...



alannis ,Leipzig , Mon Oct 16 01:49:34 2000



Mich bringt so viel aus der Ruhe...obwohl ich als Waage doch immer ausgeglichen sein sollte. Angeblich. Pah. Mich bringt Ungerechtigkeit aus der Ruhe, aber auch schon Dinge, die in meinen Tagesablauf eingreifen. Mich bringen schöne Gespräche aus der Ruhe, die noch lange in mir nachhallen....



alannis, hellwach da Vollmond ,Leipzig , Mon Oct 16 01:55:06 2000



...was eine Frage! Es ist Montag Morgen... ein glücklicher Zufall gibt mir die ultimative Möglichkeit den "Schlaf der Gerechten" in höchster Perfektion zu halten. und dann: schhhbrrrrgrrrschhhtssszzzztttt (...)?! Hier schlürft kein Alien diverse Zuckersuppe in sich hinein, nee nee. Das ist DER Staubsauger. Und ich kann es nicht fassen, und ich kann es nicht verstehen, und es will mir nicht in den Kopf ...ein Rasenmäher- Staubsauger- Wochenende liegt hinter mir, und heute,nun ,am Montag Morgen soll dieses Ritual der stets freundlichen Nachbarschaft fortgesetzt werden? Womit habe ich das verdient. Zum Fenster gewatschelt und mit müden Augen hinausgeschaut ließ es sich nicht länger verleugnen: mein liebster Nachbar wurde auch heute Nacht in seinen Träumen vom Putz- Reinlichkeits- Engel besucht! Genau wie Freitag Nachmittag, Samstag 9.30 - 15.30 Uhr, Sonntag von 10.30 bis 14.00 Uhr, so sollte mich auch heute das Sauger- Geräusch wachhalten. Der Herr putzt sein(e) Autos!!! Und das in ebensolcher Perfektion wie ich schlafen will. Das fängt bei der Hochglanz- Politur des Lackes an, und endet mit der 1-a ausgeklopften Fußmatte - juhu! Es lebe das Auto, mein Freund und Helfer, mein Adoptivkind. Meine zweite Liebe.
...so nervt dies und jenes... die Nachbarschaft eben. Dem Staubsauger entflohen eine dreiviertel Stunde später der direkte Rasenmäher- Angriff auf einer größeren Grünfläche ... 7 meter entfernt von meinem Frischluft- versprechenden geöffneten Fenster! Oh welche Freude! Nach Vollzug der absoluten Abschirmung dann endlich die Dämpfung des Lärms, so daß Schlaf möglich wurde (wenn es auch Dunkel war wie im Bärenarsch, und die Erstickungsgefahr von Minute zu Minute stieg)! Süße Träume von sauren Gurken :-). So glückte der Versuch und gegen 12.30 war wohl nix mehr zu wollen. Der Tag wartete voller Freude und Sonnenschein, lärmend, pfeiffend, quitschend, brüllend, ... und direkt vor dem Küchenfenster ein kleiner Fink der sich genüßlich an den Früchten des Lebensbaumes labte. Keine Spur von Beschallung. Schön. Alles vergessen. Was ein Bild!

...so, nun bringt mich so was aus der Ruhe, ebnso wie ewiges Warten am Computer, Endlos- Diskussionen, ... aber manchmal, manchmal ist es hier viel zu ruhig, muß man über Quatsch bis auf's Messer diskutieren, muß man reizbar sein und sich allem einfach hingeben ...mitgehen im Strom, und am Fels anstoßen. Ja, ich würde sagen, manchmal brauch' ich das. Manchmal ist das sehr lustig. Aber eigentlich bin ich doch ein sehr gelassener Mensch ;-) ....oder?



kerstin.ausgeschlafen. ,old-riesa-town , Mon Oct 16 19:57:42 2000



Schnipsel. Vorhin.
Ein älteres Paar verrät mir im Supermarkt das Geheimniss ihrer Ehe. Er sagt zu Ihr: "You go, where you want, and I go, where I want."



Markus ,London , Fri Oct 20 14:15:30 2000



briefe von imke brigen mich immer noch aus der ruhe (obwohl ich es inzwischen besser wissen sollte), meine wiederkehrenden bauchschmerzen auch...hoffentlich bleiben sie heut abend im kiino weg und auch die übelkeit...telefonklingeln mitten in der nacht um 1 uhr, wenn ich gerade eingeschlafen bin, und dann ist es nur mein bruder der sagt, daß er nicht nach hause kommt, sondern bei einer freundin pennt...böse worte bringen mich aus der ruhe und böse blicke..ebenso aber auch liebe worte und blicke :-)...am verkaufsoffenen sonntag schon wieder arbeiten zu müssen...daß mir all meine schwarzen hosen nicht mehr passen...das bringt mich aus der ruhe...aber alannis kommt ja bald und bringt mir eine neue echte mrs.hippieschwarzecordschlaghoseausleipzig mit...das könnte mich auch schon wieder aus der ruhe bringen, weil ich mich so freue (auf die hose und auf alannis!)...



teffi ,unruhig , Sat Oct 21 17:45:30 2000



Abendbrot, englisch.
"Möchte jemand sein Brot lieber ungetoastet?"



Markus, hungrig ,London , Tue Oct 24 13:30:48 2000



In der "Times" vom letzten Freitag gefunden, Seite 6, Randspalte, 6x4 cm. Ohne Kommentar.

Disabled man not allowed on plane.
Bert Massie, 50, chairman of the Disability Rights Commission, was stopped from boarding a plane in a wheelchair. He was not allowed on the flight from London City Airport to Edingburgh where he was due to address a conference on barriers facing the disabled.



Markus ,Engelland , Tue Oct 24 19:33:49 2000



kanaken pulp: kopfschuß? warum denn nicht.

immer wieder sonntags wird im alemannenland der tote hund begraben, das hat tradition, nur so glaubt der alemanne sich von seiner kruppstahlharten malocherwoche erholen zu können, in der er tag für tag das machen muß, was ihm am schwersten fällt, nämlich unter menschen gehen und sich mit anderen mundfaulen figuren seiner gattung im palaver abzumühen. am sonntag aber, da ist des deutschen friedhofstag, da kann der alemanne die schnauze halten und die tür verriegeln und sich auch sonst hinter den heckenzaun verpissen und braucht mit keiner menschenseele auch nur kümmerlichen blickkontakt zu haben, denn dann herrscht staatlich verordnete quatschruhe im alemannenland. es quält einen das bimmelbammel der christentürme vom morgengrauen bis es tag wird und obwohl zur zeit der sommer leuchtet, sind den ganzen lieben sonntag lang kaum menschenlaute in den straßen zu hören, und das liegt daran, daß an jedem sonntag sich der brave alemanne in seinen wohnknast schließt. also wehe dem, der dabei auch noch kanake oder gar nigger ist, denn der muß sich sogar am sonntag, dem mundfaulsten tag der alemannen, dumme fragen gefallen lassen:
eine freundin, eine 29jährige afrolady nigerianischer abstammung, überfällt neulich an einem sommerlichen junitag der leichtsinn. sie wagt sich an diesem heißen sonntag auf den balkon ihrer wohnung in einer schweigsamen, kopfsteingepflasterten straße, in der unter anderem studenten, malocher, sozialdemokraten, aber auch einige großbürger wohnen. sie trinkt tee und wippt mit der hüfte, während aus dem zimmer hinter ihr musik erklingt.
das mit der musik hätte die schwester mal lieber lassen sollen, denn der nachbar von der anderen straßenfront hatte mehreren bewohnern der meile schon des öfteren bewiesen, ein arschloch der allerersten kategorie zu sein, der sich ständig um recht und ordnung in dem kümmerst, was er für sein terretorium hält, nämlich die gesamte straße. der mittvierziger überquert die straße wie ein sheriff, dann baut er sich auf vor dem haus mit den händen in den hüften und schaut zu der schwester hinauf in den ersten stock. es ist ein uhr mittags.
er fragt: "guten morgen, sprechen sie deutsch?"
sie fragt: "ja. kann ich ihnen helfen?"
er sagt: "sie können nicht nur mir helfen, sondern auch sich selbst: wenn sie nämlich nicht gleich die musik leiser drehen, muß ich die polizei rufen. sie stören die sonntagsruhe."
sie kontert: "mittagsruhe, abendruhe, sonntagsruhe: wissen sie, ihre ruhe, die gibt´s auf dem friedhof, nämlich dann, wenn die ewigkeit ruft."
er, gewitzt: "na, schau an, dschungelmusik und eine freche klappe dazu."
sie, gewitzt: "genau, so ist´s, herr oberkellner."
er verliert seinen humor: "haben sie eine aufenthaltserlaubnis?"
sie verliert ihren humor: "ja, und einen waffenschein habe ich auch."
er lacht. sie nicht. er lächelt. sie nicht.
er sagt: "dann würde ich jetzt gerne ihre aufenthaltserlaubnis sehen und ihren waffenschein dazu."
sie sagt: "hören sie zu: sie können sich zum teufel scheren, nämlich - hopphopp - in ihren wohnknast zurück, denn wenn sie nicht gleich ihren alemannenarsch hier wegbewegen, dann gnade ihnen nur der liebe gott, denn dann wird ihnen selbst das bürgerliche gesetzbuch nicht weiterhelfen."
er hat sie so weit, wie er es wollte: "sie drohen mir? ok, sie schwarze hure: ich rufe die polizei und melde ihnen eine agressive ausländerin, die das öffentliche ärgernis erregt!"
die staatsgewalt rückte an, mit zwei streifenwagen. Sie überprüfte die papiere der beteiligten. die schwester zeigte ihren paß mit dem alemannenadler, der nachbar auch. einen waffenschein besaß sie natürlich nicht und auch keine kanone. Sie wurde verwarnt, der zu lauten musik wegen, er bekam eine anzeige wegen beamtenbeleidigung.
jetzt könnte der autor die wahre geschichte so weiter erzählen, wie sie in wirklichkeit zu ende gegangen ist, aber ich schlage zu abwechselung einmal folgenden version vor:
ein warmer wind weht durch die straße. der himmel schreit blau. sie schaut gelassen vom balkon hinunter auf den kaputten wichtigtuer. dann schwebt die schwester in das zimmer, nur kurz, und kehrt zurück auf den balkon. der nachbar hat sich währenddessen entschieden, in sein haus zu marschieren, um die polizei zu rufen. er dreht sich noch einmal um. sein blick trifft auf den lauf einer sigsauer p 266.
hätte der alemanne lieber das getan, was er am besten kann und sonntags am liebsten tut, im alemannenland, wenn die glocken läuten und das leben schweigt.



MARiO ,liest geschichten aus 1ooo und einer nacht... , Wed Oct 25 15:00:12 2000



mario: auf der buchmesse dich nicht gesehen, schade. war aber auch nur kurz da...
bei einem verlag (war es rowohlt?) roch es verdächtig nach einem joint, aber alle taten unschuldig. neben mir klagte jemand: will auch was abhaben.

gibts delius' flatterzunge noch ?



anja ,schöppingen , Sat Oct 28 18:15:35 2000



....endlich wieder zuhause...in Leipzig. In diesem Fall spielen zumindest Ost und West eine Rolle...eine immer wichtigere irgendwie. Das Ruhrgebiet im Westen...so weit weg, und seit letzter Woche irgendwie noch mehr...und hier Leipzig, im Osten...puh.
Teffi: war schön...sehr schön, Dich mal wieder zu sehen und drücken zu können...unvergessliche Schnappschüsse der letzten Woche: Uta im Taucheranzug....Stefan grimassenschneidend im Eiscafé...Sanne lächelnd mir gegenüber im CentrO...jede Menge sms....Regen ohne Ende...endlich wieder mal Auto fahren...meine Mom mit ihrer Krücke und Schmerzen...Museumsbesuch in Duisburg...lange Spaziergänge durch den Nieselregen...nachts am Flughafen Düsseldorf einen lieben alten Freund abholen...mein Popsi beim Auswechseln der Lampe im Flur...Paul schlafen auf meinem Bett....mein Bruder und seine Frau engumschlungen...Airwaves-Kaugummi...grüne Augen...Trapper-Jen mit Lachkrampf....König und seine PC-Probs....lange Zugfahrt....



alannis, heimwehkrank? ,Leipzig , Sat Oct 28 23:09:54 2000



"Brodelnde Gerüchteküche" - Sparmaßnahmen, Autorenabgänge und einflussreiche Namen: Die Spekulationen um den Rowohlt-Verlag nehmen kein Ende.

Es gibt Gerüchte, deren Bedeutung weniger in ihrem Wahrheitsgehalt liegt als in der Tatsache, daß sie existieren. Und um nichts kursierten auf der Buchmesse mehr Gerüchte als um den Rowohlt-Verlag, die Sparpolitik des Holtzbrinck-Konzerns, zu dem er gehört, und um Peter Wilfert, der den Verlag im Auftrag des Konzerns leitet. Es hieß, der Rowohlt-Empfang werde ausfallen, und es hieß, Wilfert werde abgelöst.
Wenn man auf der Buchmesse Mitarbeiter des Rowohlt-Verlages fragt, wie die Stimmung sei, dann bekommt man auf jede Frage Antworten, die eine stereotype Struktur haben: "(a) bewegte Zeiten liegen hinter uns, (b) jetzt wird alles besser, (c) wirtschaftliche Konsolidierung wird uns neue Spielräume eröffnen, (d) darauf freuen wir uns, (e) man sollte nicht so viel über Personen reden." Es riecht nach Sprachregelung.
Für Sorglosigkeit besteht auch wenig Anlass: Das Wilfert-Dekret, es werde nichts mehr unter einer Auflage von 7000 Stück gedruckt, es werde weiterhin auch keine Quersubventionierung geben, Lyrik schon gar nicht, steht, natürlich sorgfältig dementiert, noch immer im Raum. Daß Rowohlt in jedem Fall Schaden genommen hat, erkennen Kritiker nicht nur an den Maßnahmen, sondern auch an den Abgängen aus dem Haus: Delf Schmidt, jahrzehntelang richtungweisender Lektor, ging und nahm unter anderem Elfriede Jelinek mit, Imre Kertész ging ebenfalls, weitere Lektoren folgten.
Die Autoren, die blieben, wie Hans-Joachim Schädlich und Peter Rühmkorf, blieben wohl weniger aus Loyalität als aus Angst um die Zukunft ihrer noch unveröffentlichten Schriften. Wie ein Veteran der Literaturszene es ausdrückt: "Rowohlt ist fertig." Soll man nun alle Hoffnungen fahren lassen? Derweil vergab auf der Messe die Heinrich-Maria-Ledig-Rowohlt-Stiftung die alljährlichen drei Übersetzerpreise. Das Diner, das aus diesem Anlass im "Hessischen Hof" ausgerichtet wird, ist regelmäßig ein Gipfeltreffen der renommiertesten Verleger, der hoffnungsvollsten Autoren und der erweiterten Familie Rowohlt. Dazu zählen neben Nachfahren und Verwandten des Stifters Ledig-Rowohlt auch ehemalige Verlagsleiter wie Nico Hansen und Michael Naumann, der aus dem Verlag als Kulturstaatsminister ins Kanzleramt ging und der Stiftung vorsteht.

Eines der Gerüchte im Vorfeld des Banketts besagte, Peter Wilfert habe keine Einladung erhalten, mit der Begründung, daß die Stiftung vom Verlag unabhängig ist. Das Gerücht deutet nicht nur auf den Stand des neuen Chefs hin, sondern auch darauf, daß sich die Stiftung vom House of Lords des Verlages in ein Oppositionsbündnis gewandelt hat. Indes: Wilfert erschien mit Einladung. Was er über sich ergehen lassen musste, hatte viel von einer stilvollen Protestkundgebung.
Sie begann mit Naumanns Eröffnungsrede, in der er Ledigs ironische Äußerung über die "Finanzmanager, die so gerne von Michelangelo reden" zitierte. Den schärfsten Angriff lieferte Preisträger Hinrich Schmidt-Henkel, Übersetzer von Michel Houellebecq, indem er "die Herren von Mc K." anprangerte, also der Unternehmensberatung McKinsey, die die Blaupause für die Verlags-"Reform" geliefert hatte. Zum Schluss ehrte der Übersetzer drei Lektoren, die für den alten Verlag stehen, von denen einer, Delf Schmidt, ihm nicht mehr angehört. Derweil saß der neue Finanzchef des Verlages dem sichtlich genervten Cheflektor Thomas Überhoff gegenüber und erkundigte sich bei jeder Dankesrede, ob der Mensch "denn auch was bei uns gemacht hat". Am selben Tisch bekundete Holtzbrinck-Aufsichtsrat Salat fröhlich sein Desinteresse an Literatur. Die Provokationen gegen die bayerischstämmige Holtzbrinck-Familie zogen sich bis ins Menü. Zumindest wurde allgemein darüber gegrinst. Über die adeligen Konzernherren war zu erfahren, es triebe sie mehr die Gier als die Gesetze des Medienmarktes. Ledigs Halbbruder Harry Rowohlt erklärt seit Jahren, mit Literaturverlagen würde man einfach nicht reich, und daß die Holtzbrincks das versuchen wollten, glaubte auch hier niemand. "Ausschlachten" träfe wohl eher die dortige Einschätzung. Was Rowohlt-Clan und Freunde ausrichten können ist unklar, denn bei allem Einfluss haben sie keinen direkten Zugriff auf den Verlag mehr. Aber Namen bedeuten etwas in diesem Gewerbe, und die Kampfeslust ist offensichtlich. Und daß die Debatte der Einflussreichen den Konzern beeindruckt, erkennt man daran, daß angeblich wieder Geld für Rowohlt da ist. Derweil hat Delf Schmidt bei seinem neuen Arbeitgeber, dem Berlin Verlag, ein glanzvolles Programm erarbeitet.

DD (Spiegel 43/2k)

***

Cher DD

Nach Lektüre Deines jüngsten Streichs würde ich sagen: not that amusing, bei aller Geschliffenheit und trotz der sanften Warnrufe - immer noch dankbarer Stoff, also, dabei trägt das Rowohlt- Bashing doch schon einen Bart, länger al der jeden Weihnachtsmanns (und Harry Rowohlts sowieso.)
Was ist mit dem Benefit of doubt? Dies hätte zumindest für den Hauch einer in den Medien noch unerhörten Perspektive gesorgt - jedem neuen Programmmacher oder Verleger sollten zwei Jahre eingeräumt werden, alles andere ist spekulativ; ich kann nur auf die Bücher verweisen, die in diesem Zeitraum erscheinen sollen, auf interessante neue Stimmen etc. Bei allem Respekt für Delf Schmidt, einen der ersten Lyrikbände, die im nächsten Jahr bei Berlin erscheinen, hat Matthias Gatza zu verantworten; Berlin gehört zu Bertelsmann, und man wird sehen müssen, wie lange die närrischen Freiheiten währen; kann sein, daß RowohltFischer in dieser Hinsicht zur Speerspitze gehören (übrigens war Jelink alles andere als erfreut, als ihr neuer Verlag eilends mit dem klangvollen Namen Reklame machte; die Tinte tropfte gerade vom Vertrag, und schon brüstete man sich mit dem guten Fang, dem literarischen Superschnäppchen - wieso werden andere nicht an den puristischen Kriterien gemessen, die für Rowohlt gerade streng genug zu sein schein?).
Viel Desinformation, immer noch wohlfeile Kassandrarufe mancher Sieben- oder Fünfzehnminuten- Kulturhüter, und das schmerzt jeden Lektor, der sich - egsal unter welchen Konditionen - bemüht, das was wir alle lieben, nämlich gute Bücher und Autoren, zu finden, zu verteidigen und zu vermitteln; das was bei Rowohlt immer möglich - und wird es auch bleiben (sonst blieben wir nicht).
Meinen Autoren und Lizenzpartnern danke ich für Vertrauen und Loyalität - oder sollte ich sagen, Blindheit, nicht zu übertreffende Blödheit, verdammenswerte Bereitschaft, einen mephistophelischen Pakt für Arme einzugehen???
Ein der Jüngeren meinen lakonisch "dieser Dampfer kann gar nicht untergehen, egal, welche Klippen".
Dem schließe ich mich an, soll die Zukunft doch für das altehrwürdige Haus sprechen, sofern die Grabredner, auch jene Engel mit Vitrolfedern, hin und wieder zum Lesen kommen.

Bonne soriee wünscht
P., verschnupft, ja, aber ditte ist rein biologisch- organisch bedingt.



praktikant.dilletant.abgebrannt ,hauptstadt der ex-ddr , Tue Oct 31 00:49:48 2000



Nach dem Tod des Vaters zerschneidet die Mutter seinen Bademantel und näht Handtücher daraus. Zu seinem soundsovielten Todestag schickt sie mir zwei mit den Worten: Für die Küche sind die ja noch gut. Jetzt hängt der Vater in der Küche und schüttelt mir morgens die Hand.
Ich bin gespannt, was aus mir mal wird.



Eckard K. ,Schöpping , Tue Oct 31 11:27:02 2000



Ich hatte mir vorgenommen bei der Nationalen Volksarmee Nichtraucher zu werden und mindestens ein feindliches Flugzeug abzuschießen. Da das eine Vorhaben nun gescheitert war würden jetzt also mindestens zwei feindliche Flugzeuge dran glauben müssen und ich begriff ganz nebenbei, wie Krieg entsteht.



Ulrich P., mit Gruss nach Schöpping ,Potsdam , Tue Oct 31 13:26:17 2000



Happy Halloween!

Da mich Mario-San eingeladen hat, mich an Textasy zu beteiligen, mir zum Thema aber nichts eingefallen ist,
hab ich was zur Feier des Tages von mir rausgekramt. Vor einem Jahr hatte ich mit meiner Freundin eine Diskussion über "Dinge zwischen Himmel und Erde, die sich jeglicher Erklärung entziehen". Ich hab ihr dann eine kleine Geschichte zu Thema geschickt. Schauplatz: Eine Berliner Studenten WG in Lichtenberg....

.....Es war wohl gerade Mitternacht. In manchen Nächten leuchtet die Sewanstraße gespenstisch blau.
Ich schaute aus dem Küchenfenster, rätselte woran mich die Schatten erinnerten, hing uralten Gedanken nach, versuchte mich auf Volkswirtschaftslehre zu konzentrieren. Er war zu schwül. Ich beschloß mich schlafen zu legen, hatte in den vergangenen Nächten keinen Schlaf gefunden. Leise ging ich ins Bad, schaltete das Licht an, und machte mir Zahncreme auf die Zahnbürste. Verdammt hell, es blendete meine müden Augen, ich war wiedermal völlig überreizt. Ich putzte eine Weile, dann verfing sich mein Blick in den Augen meines Spiegelbilds.
Ich stellte fest, daß in meinem Kopf kein Bild von mir existiert, und atmete tief durch die Nase ein. Jeden Abend stelle ich das fest. Mein Ausatmen durchbrach die Stille. Ich starrte mir weiter in die Augen.
Mein Atemgeräusch machte mir die Stille bewußt. Ich schloß die Augen, wollte die Geräusche hören, die ein Haus nachts von sich gibt, wollte hören wie es atmet.
Der Geschmack von zuviel Zahncreme im Mund riß jedoch meine Sinne an sich. Ich putzte meine Backenzähne und lehnte mich an den Heizkörper hinter mir. Einen Moment lang glaubte ich zu fallen, es lag wohl an der Müdigkeit. Ich schlug die Augen auf, und wieder traf sich mein Blick im Spiegel.
Ich dachte an unsere Gespräche. Du sagtest, das es Dinge zwischen Himmel und Erde gebe, die man nicht zu erklären vermag. Im Grunde meines Wesens bin ich ein Zweifler. Ich verspürte dennoch Angst. Ich spuckte aus, wandte den Blick kurz ab. Zahnfleischbluten. Mit beiden Händen auf den Waschbeckenrand gestützt flüsterte ich zu allem entschlossen: "candyman"
Ich lauschte in die Stille. Nur mein Herz, das mir bis zum Hals schlug war zu vernehmen.
"candyman" Ich hörte etwas. Wie eine knirschende Türklinke oder eine Glasscheibe die im Wind vibriert.
"candyman" Schritte, langsam und fast unvernehmlich. Näher kommend.
Ich schloß die Augen, dachte: "Oh Gott..."
"Candyman", flüsterte ich zum vierten mal, als das Licht mit einem Klicken aus dem Sicherungskasten ausging. Meine Augen öffneten sich, aber hatten sich noch nicht an das Dunkel gewöhnt. Ich blickte in die leere Dunkelheit.
Als ich zum fünften Mal "candyman" flüsterte ging die Tür auf. Schritte kamen auf mich zu. Ich mußte mich festhalten, um nicht vor zittern in die Knie zu gehen. Was immer es war, es atmete schwer. Ich konnte es in meinem Nacken spüren. Meine Härchen stellten am ganzen Körper auf, eine seltsame Kälte ergriff Besitz von mir.
Buff.
Christoph hatte auf dem Schonbezug der Toilette Platz genommen und fragte mich mit schlaftrunkener Stimme, ob er das Bad benutzen könne, wenn ich fertig sei.
Ich schaute noch einmal in meine Augen, zwinkerte schmunzelnd und machte mich auf den Weg, nachdem ich meine Zahnbürste und das Waschbecken sauber gemacht hatte.
Ein friedliches, entferntes Plätschern begleitete mich in den Schlaf.
Ich träumte von Neonrosa leuchtenden Hoppelhasen, die über die saftig grünen Weiden der FU hüpperten, keck, mit verstohlenem Blick an Erdbeeren nagten und ab und zu eine gewaltige Flatulenz in die Natur entließen.

Inmitten dieses gewaltigen Chorals aus pupsenden Rosaerdbeernaschhäschen kamst Du angerannt, und schobst wie in Zeitlupe eine erstaunlich normale Schubkarre voller bunt umhäkelter Drenageflansche vor dir her, heiter rufend:"Carsten! Carsten!" Daraufhin drehe ich mich um, greife in den schnellen Brüter, den ich mit in der Mittagspause gebastelt hatte, zerstampfe die 30Kilo kritische Masse Uran Zweihundertirgendwas zu Konfetti
und lasse sie im Wind Fliegen - woraufhin es Pizza regnet.
Du greifst Dir eine gehst in dein Zimmer, schreibst mit Mayonnaise aus einer Luftpumpe "Für Mutti" drauf und wirfst sie zusammen mit einem Fisch für den Postpinguin in den nächstbesten Postkasten....

Schweißgebadet erwache ich, als irgendein Wackeln in meinem Hochbett mich aus meinem Schlaf rüttelt.
Christoph hatte sich jedoch schon an meine Schokoseite gekuschelt, faselte irgendetwas von: "Miriam...blaaa...
du süße Maus...bla...laß doch Hoppel...." und streichelte mit sanfter Hand irgendwo herum, wo es eigentlich hätte Backpfeifen regnen müssen, hätte es der Herrgottimhohenhimmel so gewollt.
Aber es nieselte nicht mal, stattdessen hörte ich wie er seine Zunge zum Erstschlag gegen mein Ohrläppchen anzufeuchten versuchte. Doch noch während des Schnalzens der selbigen wurde ich mir der Situation bewußt und konnte die übelriechende Attacke im letzten Moment durch ein, für diese Uhrzeit erstaunlich gezieltes Ergreifen seiner Hand, gleichzeitigem Formen eines Hohlraumes in der gleichen abwenden.
Puuhhhh. Zufrieden schmatzte unser kleiner Held aller Hoppelhasen im Inneren seiner Hand umher, so daß ich weiter Maßnahmen einleiten konnte, um ein weiteres progressives Voranschreiten seinerseits zu verhindern.
Ich erinnerte mich kurz zurück, was hatte ich neulich in der Bibliothek im statistischen Jahrbuch 1998 lesen können?

"Der männliche Sozialarbeitssudent, homo softicus erecticus sapiens, benötigt für den Koppulationsvorgang ca. 12 Minuten. Einleitend beginnt er mit dem massieren der Sekundärgenitalen Zonen des Koppulationspartners und versucht dann mit seinem Oralbereich den meist wenig eregierten Partner zu paralysieren, indem er kreisende Bewegungen im Ohrinnenraum vollzieht. Das so, sei es nun durch Brechreiz oder geschlechtliche Erregung, gelähmte Subjekt seiner Begierde leistet schon nach 3, 5min keinen Widerstand mehr. Nun kommt es zur..."

Na jedenfalls, wie gesagt wollte ich eine "Einleitung" seinerseits verhindern, und mir rannte die Zeit davon.
Und außerdem sabberte er mein Bett voll.
Ich schaute zur Decke, zählte von fünf an rückwärts und bei eins, sammelte mich, hechtete ich mich wie Spiderman aus dem Bett, landete leicht und behende auf meinen Füßen, sicher wie eine Maine Coon Katze;
ebenso sicher verlor ich mein Gleichgewicht, fuchtelte noch kurz wild mit meinen Armen und fiel nach hinten.
Wo mich eine schwarz ummantelte Gestalt auffing. Diese hatte wohl nicht mit meinem akrobatischen Erscheinen gerechnet, warf alles von sich und versuchte reflexartig mich aufzufangen, was ihr auch gelang.
Mit dem Handicap, daß das schwere Stahlmesser, welches eben noch locker in seiner Hand lag, zu Boden fiel.
Ein dumpfes >Bümbe
Von oben her kann ein leises, sehr sehr zärtliches..."Ich brauche dich so..."
Das konnte nur eins bedeuten:

"...flehentlichen Beteuerung der Zuneigung des homo softicus erecticus sapiens gegenüber dem Opfer, welche meist begleitet wird vom Verlagern der Position oberhalb des Geschlechtspartners oder bei nicht gänzlich paralysierten Rezeptoren seiner Zuneigung zum unkontrollierten Umherwälzen..."

Über uns wurde es unruhig.
Unser kleiner Liebesengel schlug also in den Orbit um Miriam ein. Ein gutes Zeichen einerseits, da meine Zudecke, seine Pseudo-Ische, sich noch erwehrte, ein schlechtes andererseits, da sie sich überhaupt erst erwehrte.
Aber was solls. So ein Wink mit dem Zaunpfahl, mal meine Bettwäsche zu wechseln ist doch auch ganz gut.
Jetzt wars sowieso notwendig.
Ich beendete meinen Gedanken als von hinten eine kränkelnde Stimme mit irgendwie dem Berliner Umland entsprungenem Dialekt sich räusperte. "öhhhhm....ähäp...tschuldijung...ähhh" Ich betastete die schwarzen Sackleinen. Fassungslos. "...Tschau...Heppp..." knarzte die popelige Gestalt von hinter mir, wohl einiges überfordert von meinem Gewicht. Also versuchte ich erst mal auf eigenen Füßen zu stehen. "'s allet in Ordnung? ...hepp?!" drang es irgendwie unterdrückt aus dem augenlosen Dunkel seines Antlitzes. "Ick stand da wohl eben ,n bischn blöd. höhh...tschau..." Christoph erhöhte seine Rotationsgeschwindigkeit, ich verstand kaum ein Wort.
Ich rätselte einerseits noch, wer der Knilch sein mochte, andrerseits machte ich mir Sorgen um meine Betwäsche.

"...und schlußendlich zum Koppulationsversuch..."

Klopp. Zoing. ein kurzes Knacken durchbrach die Nacht. Stille. Er schien sich verheddert zu haben.

"...bei dem sich der homo softicus erecticus sapiens meist an den Körperlichen Gegenbenheiten des Geschlechtspartners verheddert...."

Es blieb still.

"...und das Liebesgeplänkel am nun gegebenen Widerstand und den damit verbundenen Schmerzen im Pijamabereich[...] erstirbt. Das Weibchen verspeist nun das erschöpfte Männchen...."

Es blieb still.

"... um den beim Geschlechtsakt erlittenen Nährstoffverlust auszugleichen...."

Meine Bettdecke schien sich nicht hinreißen zu lassen. Aber was stand zu erwarten? Wahrscheinlich ein roter Fleck an Hals oder Oberarm... (zwinker...)
Die Aktivitäten waren wie prognostiziert vollends erstorben und es stand zu erwarten aus, daß der junge Mann bemerken würde, daß das hier wohl nicht sein Bett ist, und auch nicht sein Koppulativ und überhaupt.
Um uns allen die peinliche Situation zu Ersparen schnappte ich mir das Messer und den Man in Black und zog mich in die Küche zurück, begleitet vom unwilligen meckern des unsanft vom mir her Geschobenen.
"Tschau! Hepp!.plopp.zisch..perl...zeng...peng" moserte er leise nervend durch die Nacht.
"Wenn Du nicht gleich die Schnauze hältst," blinzelte ich ihn leise giftig drohend an, und rieb ihm sein Arbeitsgerät unter die Nase. Welche prompt abzufallen drohte. Ein Plauzen der Zimmertür und das Knarren eines beischlafungeeignten, und im Fall der Fälle, -unwilligen Bettes verkündeten, daß Christoph sein Schlafwandeln eingestellt hatte. Er ging nun mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in eine Tiefschlafphase längerer Dauer über.

"...hat das Männchen die Koppulation bis hierher überlebt, so zieht es sich in seine Wohnhöhle zurück um sich zu regenerieren, in etwa vergleichbar mit einem Mann der Gattung Homo sapiens.."

Jetzt hatte ich Zeit mich um diesen Kerl zu kümmern, der sich leise fluchend seine blutende Nase hielt. Ich schaltete das Küchenlicht an. Die jämmerlich flennende Gestalt hatte Platz genommen, faselte irgendetwas von scheiss Nebenjob und Nachtarbeit und sowieso Riskozulage und jaaa, nicht mal ordentliche Kunden hat man hier und dies und das. Mir dämmerte.
"Bin ich hier überhaupt richtich? Zweehundert neun 13. Irgendwer hatte vorhin den candyman bestellt. Und weil ick noch heme zu tun hatte, und mich erst umziehen mußte is dit ,n bißchen später jeworden. Tschau...heppp"
flennte er. "Tschuldijung." hielt er sich seine Nase. Er sah so mitleiderregend aus, ich mußte ihm erstmal eine scheuern. Was ihm nicht gefiel. Noch irgendwas von Aua und Menno flüsternd machte er sich aus dem Staub.
Sein Messer hatte er vergessen, der kleine Idiot. Ich warf es ihm hinterher als er zur Tür rauslief.
Mein nächster Gedanke: Bett.
Ich betrachtete meine Bettdecke sorgfältigst, untersuchte sie nach fremder organischer Materie, fand jedoch nichts, was nicht hätte von mir sein können.(Dieser Satz hat mich Überwindung gekostet) Müde deckte ich mich zu, und mein Decke schmiegte sich zufrieden, mit leisen Gurrlauten, um mich.
"Gute Nacht, Decke" ---"gurrrr"
Ich überlegt noch ganz kurz, was es wohl war, was sich zwischen Himmel und Erde jeglicher Erklärung entzog.
Inkompetenz.
Ich drehte mich auf den Rücken, verschränkte die Arme hinter meinem Kopf, knuddelte ein rosa Erdbeernaschhäschen und schnurrend entschliefen meine Decke und ich in einen neuen Tag......


[Alle Ähnlichkeiten mit lebendigen Personen und tatsächlichen Gegebenheiten sind rein zufällig und nicht beabsichtigt!!!]

Euch allen ein frohes Helloween.



ProSmile ,Via del Sechuán, Berlin , Tue Oct 31 20:00:57 2000



@ alannis: das waren keine grimassen, so schaut Sternchenstefan doch immer :-)!!!
...und zu wem gehören die grünen Augen?! Tapirmädchen sind neugierige Tiere...



teffi, ,fierend vorm PC , Wed Nov 1 11:07:59 2000



@Liebeskrümel: die gehören zu Oli....und ich könnte den ganzen Tag nur heulen deswegen...also spielen Ost und West doch eine so große Rolle, daß alles daran zerbrechen kann?
Grimassen - Du weißt, was ich meine...er ist so süß...halt ihn gut fest, ja?



alannis, mit feuchten Augen ,Lipsia , Wed Nov 1 13:33:04 2000



@alannis: so wichtig darf Ost und West gar nicht sein!!! vielleicht...wenn du dran glaubst, daß es nicht so wichtig ist, wird es auch unwichtiger...ich hoffe es für dich...
festhalten...tu ich doch...weißt du doch...und er mich auch...ob das bei größerer entfernung anders wär...? mag ich nicht drüber nachdenken, nicht heute jedenfalls.

P.s. du kannst stolz sein auf dein krümeli: hab heute beim Zahnarzt 5 spritzen gekriegt ohne umzufallen...trotzdem tat es an einer seite noch weh..aber in zwei wochen kann ich wieder kraftvoll zubeißen ;-)!



teffi ,blutig , Thu Nov 2 16:36:05 2000