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pool #1 04.06.-11.06.1999

pool #2

 

party till processor meltdown friday @ wmf 24:00

achim werner von scalp berlin, - 04.06.99 at 02:58:27

samstag, es regnet. regnet genau in dem moment, in dem wir zu den kunstwerken in der auguststraße aufbrechen wollen, wo oschi auflegt. jeden samstag. obwohl wir oschi kaum kennen. aber es regnet. dunkle wolken kommen vom ärmelkanal, so stand es gestern in der zeitung, ein tiefdruckgebiet, daß vom ärmelkanal herüberkommt, wobei ärmelkanal noch so ein wort ist, als käme es direkt aus einer joseph conrad geschichte. die dunklen wolken kommen also, mit langsamen tropfen und die straßen sind voll. samstagnachmittagvoll. was auch immer am samstag nachmittag so wichtig ist. alle welt ist unterwegs und staut sich am potsdamer platz, der keinen platz hat, bauzäune, die mitten auf der straße stehen, hinter denen ein paket straßenpflaster steht oder zwei stangen holz. auf einem der gebäude werden segel aufgespannt. was sehr unvorteilhaft ist, kommt man von der philharmonie, ist, daß da in dieser geizigen 50er jahre schrift spielbank berlin steht. hyatt ist auch nicht besser. und mercedes sieht leider auch aus wie ein filialgebäude in der provinz. auf dem rückweg von mitte steht wenigstens ein freundliches see you tomorrow an einem der glastürme. sonyturm. vielleicht. und auch frage ich mich, was für ein wunderschönes material die philharmonie als fassade hat. ein immer glücklich schimmerndes schuppengold. weil es regnet legt oschi nicht auf, nur eine minidisk, sagt er, und die ploppt so vor sich hin durch den wunderschönen hof, der schon früher ein wunderschöner hof war, als er noch dunkel und verfallen und mit mehr bäumen war. aber auch jetzt sitzt es sich sehr angenehm, mit hellen wänden und dem pflastergrund, auf dem es so schön dörflich ist, daß man da sitzt und etwas trinkt und nichts tut, während man das gefühl hat, gleich kommt jemand mit einer milchkanne aus einer tür oder einer mit dreckigen gummistifeln und einem eimer in der hand. von dan graham gibt es einen glaspavillon, in dem ein café ist und aus einer der hauswände kommt eine rutschbahn und geht weiter unten wieder ins erdgeschoss rein. die kinder wollen rutschen. sie rutschen. oben, denn es ist ein austellungsraum, sitzt eine frau, die aufpasst. es gibt aber nur die rutsche und eine treppe, die zu der rutsche hochgeht, darum komme ich nicht gleich drauf, warum sie dasitzt, dabei hat sie genau diese austellungsaufpasserlangeweilehaltung, mit der sie auf einem stuhl am fenster sitzt und das buch jedesmal weglegt, wenn jemand hereinkommt, auch wenn es nur die kinder sind, die kreischen und versuchen, die rutsche von unten wieder hoch zu steigen. eine verkehrte rutsche steht noch an der wand, mit der rutschkuhle nach aussen, ein großes rad aus edelstahl, das anfängt zu rollen, wenn man es anfasst. als könnte man so um die ganze welt herumrutschen, um die kugel herum, nach china und wieder zurück. die kinder rutschen und wir, wir sind ich und elke, welche die gleiche ist wie elke naters, treffen maike wetzel, die wir auch zu pool eingeladen haben. ohne daß wir uns je gesehen haben. darum treffen wir sie auch, weil sie gerade in berlin ist. elke und sie telefonieren: wie sollen wir uns denn erkennen? ja, wir sind groß, mit zwei ziemlich kleinen kindern dabei. klein im vergleich zu uns, denke ich, sonst eigentlich nicht. und maike sagt, ich bin rothaarig, nicht so groß. später finden wir uns, was nicht so schwer ist, aber es scheinen viele leute mit zwei kindern unterwegs zu sein. mit samstagnachmittagskindern. wir kommen zu spät und maike dachte wohl schon mehrmals bei einigen kleinfamilien, wir wären es. mit grausen. zum glück waren wir es nicht, also unterhalten wir uns beschleunigt, als wir uns sehen, wie man sich eben unterhält, wenn man sich nicht kennt und nett findet, vielleicht netter als man dachte. dann redet man beschleunigt. ihr freund ist auch dabei. er spricht nur englisch. also reden wir englisch und ich denke, was für ein glück, daß ich übermüdet bin, irgendwie angeschlagen von einer obskuren, schleichenden erkältung. ein glück, weil ich dann viel besser englisch spreche , als in einem erholten zustand. ausgeschlafen, da fange ich an zu stottern, beim englisch. es regnet. maike erzählt von ihrem ersten buch, für das sie jetzt die ersten angebote hat, also reden wir über verlage und agenten. ich erzähle ihr, daß wir bei elkes erstem buch erstmal in eine buchhandlung gehen mußten, um nachzusehen, wie die bücher der einzelnen verlage überhaupt aussehen, bei was man erscheinen will, in welchem zusammenhang. uns fiel auf, wie lange wir schon in keinem buchladen mehr waren. immer nur draußen bei den grabbelkisten, dem ramsch oder bei der eisdiele nebenan. jetzt gehen wir natürlich immer in den buchladen, in dem elkes buch an der kasse aufgestapelt lag. christian kracht erzählt ja auch immer wieder gerne die geschichte, wie er in einen buchladen in münchen ging, um nach seinem buch zu fragen, worauf der verkäufer..., aber das er ja selbst erzählen. um es nicht zu vergessen: pool ist eröffnet. kling klong. die flasche an der schnur müssen wir ein andermal an die wand schlagen, wenn wir uns alle wirklich in einem raum befinden.

sven lager - 05.06.99 at 22:13:36


Jo, es läuft! Wir heben die Gläser. Klirr Krach. Jetzt der erste Text. Hilfe! Christian schreib du was! Wo? wie? was? Wo soll man was reinschreiben? Versteh ich nicht. Da kann man jetzt reinschreiben! Hier oben! Schreibst du jetzt deinen Namen rein und dann! Nö will ich nicht. Ich auch nicht. Erst mal sehen was die anderen schreiben. Und wenn die nichts schreiben? Dann sitzen wir schön blöd da. Nach nächtelanger Arbeit und allem. wozu überhaupt? Was solll denn da drinstehen? Wer soll das lesen? Und wenn keiner reinschreibt? Natürlich schreiben die rein. Wirst schon sehen, das wird richtig gut. Sogar einen neuen Computer haben wir gekauft. Gestern war Christian da und hat seine Bilder für die Homepage eingescannt. Ein Büro wäre nett, dachten wir uns. Ein Schreibbüro, wo wir immer hingehen und fleißig nebeneinander sitzen und schreiben. Und wenn man nicht weiterweiß, dann hilft man sich. Pool könnte auch sowas wie ein Schreibbüro sein. Ein gemeinsames. Eine Möglichkeit. Dann fing es an zu regnen, als wir rausgehen wollten. Im Park sitzen die Jugendlichen im Regen und bewerfen sich mit Schuhen. 1: Tötet ihn! 2: Ab in die Mülltone! 3: Zerlegt ihn! 1:..Zieht ihm die Schuhe aus! 3: ZIEHT IHM DIE SCHUHE AUS! Der Anfang ist gemacht

naters - 06.06.99 at 15:44:39


Ich würde gerne einen Anzug haben von Ermenegildo Zegna. Ich würde gerne einen hellgrauen Anzug haben. Ich würde gerne Ermenegildo Zegna heißen. Ich würde gerne einen Sohn haben wie Anton.

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 07.06.99 at 22:58:47


Ich besitze eine Krawatte von Ermenegildo Zenga. Sie ist blau und gelb und winzig gemustert. Neulich, als ich meinen Sohn hochhob, berührte der Klettverschluß seines rechten Schuhs von Ricosta die Vorderseite der Krawatte. Berührte sie wirklich nur ganz leicht und trotzdem zog er, der Klettverschluß, mit seinen mikroskopisch kleinen, absolut tödlichen Widerhäkchen, tausende hauchdünner Fäden aus meiner Ermenegildo Zenga-Krawatte. Sah aus wie blau-gelbe Zuckerwatte. Und was lernen wir daraus? Wer Kinder mit Klettverschlußschuhen hat, sollte Fliegen tragen - natürlich von Ermenegildo Zenga.

georg.oswald München, Deutschland - 08.06.99 at 00:09:11

ich habe einen sohn. ich habe keinen anzug von Ermenegildo Zegna. keine krawatte. dafür sieht mein sohn aus wie Ermenegildo Zegna, als er noch klein war. oder wie sieht Ermenegildo Zegna aus? grau. hat er einen anzug an oder eher jeans und ein schlabberiges t-shirt. ich mag jetzt den bogen zu klettverschlüssen nicht schlagen, aber trotzdem, lieber georg, vor jahren las ich in einer stadtteilzeitung, daß es einen raum gibt, der mit klett ausgekleidet ist und man selbst hat auch klett an sich, einen klett anzug und mit dem konnte man sich an die wand werfen und blieb kleben, bis einen das gewicht langsam wieder losratschte.ich war nie da, aber ich träume des öfteren davon.

sven lager berlin, d - 08.06.99 at 04:09:26


Besuch in Deutschland. Müßte ja eigentlich heißen Besuch "daheim" in Deutschland. Mit Claudius Seidl in der Mittagssonne gesessen und versucht ihm zu erklären, warum es das Land, in dem ich aufgewachsen bin, nicht mehr gibt. Auszug vor dem Mauerfall - klar. Da muß man doch mal länger darüber schreiben. Über die Schwellenlandkultur. Wichtigste Beobachtungskoordinaten für eilige Kategorisierung eines Landes: Prime Time TV, Wochenblätter, Bestseller, Hits. Also: Johannes B. Kerner, Pro 7 Nachrichten, Die Zeit, Hera Lind, "Stadt, Land, Fluß", Xavier Nadoo. Jetzt gehören wir zu Polen-Mexiko-Thailand. Maxims erste Kolumne für die neue Zeit über Joschka Fischers Lebenslüge wird nicht gedruckt. "Sowas kann man doch nicht schreiben." Was? "Daß Herr Fischer lügt." Weiß doch jeder. Der tut nichts, will nichts, sagt nichts. Der strahlende Held der Opposition hat jetzt aber Zugriff auf die Akten des BND und die Depeschen aus Brüssel. So war das nicht gemeint, mit der Realpolitik. Und so kehrt sie zurück, die längst vergessene Tugend der Autoritätshörigkeit. Da muß man doch mal länger darüber schreiben.

Andrian Kreye Frankfurt, Deutschland - 08.06.99 at 11:33:52


Gestern abend war ich im Kino. High art. Da spielt Ally Sheedy mit. Ich habe ein T-Shirt von stylegames. Ein Prototyp. Weiß mit roter Schrift, da steht "Alley Sheedy" drauf. Auch deshalb war ich in dem Film. Alley Sheedy, wer ist denn das? habe ich gefragt, als ich das T-Shirt geschenkt bekommen habe. Die Chefin des Brat Pack, hat Bobby gesagt. Das klingt gut. Das trage ich gerne. Besonders jetzt, nach dem Film würde ich es gerne tragen, aber das kann ich nur noch nachts im Bett anziehen, oder zuhause, wo es keiner sieht und das macht keinen Sinn. Ich möchte ein neues T-Shirt, auf dem der Name der Brat Packchefin richtig geschrieben ist! www.stylegames.net.

elke naters berlin, - 08.06.99 at 11:58:37


Technik. Mein Computer, mein Drucker, der Hochschulcomputer: alles kaputt. Dauernde Abstürze, drei Tage dauerts bis ich heute endlich POOL lesen kann. Heureka. Ich schreibe auch, aber es stürzt ab. Verloren in den Tiefen des Systems. Gut, gleich ins Fitneßstudio und eine weitere Probestunde abstauben. Es muß ein Ende haben mit dem Sparstudentenleben, aber das sagt sich nicht so leicht, wenn man sein Leben auf zwei "kontinente" verteilt, denn die Engländer zählen ihr Inselchen ja nicht zu Europa. Ich weiß noch nicht, wann ich wieder auf grünen englischem Rasen wandeln werde, denn zur Zeit entwickele ich in München an der Filmhochschule (HFF) mit drei Mitstreitern eine Serie und schreibe außerdem ein Drehbuch. So sitze ich also in meinem Mini-Zimmer und die Geräte, die fast meine gesamte EInrichtung darstellen, stürzen ab. Gott verläßt die Welt.

Maike Wetzel München, D - 08.06.99 at 19:44:24


jackie-awards. schon mal gehoert davon? das ist die wahl zur besten privat-trainerin des vergangenen jahres, sowas wie die oscars im treibhaus "fitness". von dort komme ich gerade. jetzt schaue ich nach meinem sohn henry-sebastian, ein jahr alt. schlaeft goettlich. die hand zwischen den beinen, yeah, teletubbie im gesicht, mund offen. so gehts durch die welt. (babysitter, ab nach hause) nina, mutter von henry - kenngelernt im sommer 1984, anlaesslich eines grace jones konzerts in barcelona - fotografiert heute nacht die gossip-kolumnistin von star-magazine, j.c. "the wonderbra". werde warten, bis nina mit solidem gossip nach hause kommt. trinke mescal. punkt 11.35 pm pacific time steige ich dann zum ersten mal ins pool - wow! elke und sven, ehrenmedaille des farrah-fawcett-center ist euch schon sicher - und was lese ich dann: es geht mal wieder um anzüge. hello, chrigu kracht, das thema haengt mir ein bisschen aus dem hals heraus. check this out: die erfolgreichste kolumne in los angeles heisst "how to simplify your life" by t.k. auch gut ist die ausstellung bei saul weinberg: "find the right art for every wall in your life" darueber moechte ich gerade schreiben. aber cK markiert mit seinen fuckiguccimaessigen geruechen die landschaft. okay, play it again, rodman: was gibt es zu unseren anzuegen zu sagen? nina trägt neuerdings gerne mohamedanische Tücher, ich ziehe mich besonders samstagnacht auf tibetanische kampfmoenchtrachten zurück. so kann ich natürlich nicht bei den jackie-awards auftreten. klarer fall. trage dann schwarzen anzug der nicht zufaellig wie von lang aussieht aber tatsächlich secondhand ist - 35 dollar. no mas! okay, da haben wir es schon wieder. kracht ist eine liebenswerte ratte. kann mich gut erinnern, als er fuer mich bei tempo noch fotokopien machte. das war ca 1989. jetzt schreibe ich ueber mode. weil sonst nichts laeuft. darum schreibe ich über mode. also klopfe ich kurz vor mitternacht bei raul an. dritter stock, suite 328. raul ist kickboxer. irgendwie mein trainer. wir stellen uns aufs dach, taenzeln, spielen einige kampfmuster durch, wirkt alles ein bisschen wie pogo. in west-hollywood nennen sie es power-yoga. so entstehen tanzstile von unten. wie die mode mal war. henry weint!

tom kummer los angeles, usa - 09.06.99 at 01:02:11


wow tom terminator kummer. du machst mich glücklich! betrunken bin ich nach anettes würstchensuppe mit bier. ich möchte auch auf dein dach. südcalifornische nacht und pogojoga. grüße an nina und henry. und bitte gossip vom wonderbra was auch immer.

elke naters berlin, - 09.06.99 at 01:41:24

Apropos Klettverschluß: Heute wurde ich im Englischen Garten für die Firma Peek & Cloppenburg fotografiert, eine Reihe entsteht, unter dem Motto: »We are Family«. Der Stylist brachte Motorradbotten mit, an deren Außenseite unbearbeiteter Stahl appliziert war, wie wir sie aus dem Film Mad Max - Beyond Thunderdome kennen. Der Stylist zog mir auch einen großen Pfeffer-und-Salz Wohlfühlpulli über. Dann wurden Fotos gemacht, auf denen Benjamin von Stuckrad-Barre und ich auf Fahrrädern durch den Park radeln. An unseren Handgelenken waren bunte Luftballons befestigt. Ich erhielt dafür zwanzigtausend Mark. Plakatiert wird auch in Belgien. Seitdem denke ich anders über die Firma Peek & Cloppenburg.

Christian Kracht München, Deutschland - 09.06.99 at 14:42:41


kann mir bitte jemand luftballons an die arme binden?

sven lager berlin, d - 09.06.99 at 15:26:41

Uferaasfliegen gibt es hier im Neckartaal nach einer langen Reihe schönerer Tage im Sommer. Sie sind weiß, dick und verströmen einen fauligen Geruch. Wenn sie aus den Auen geschlüpft sind, überziehen sie die Stadt am frühen Abend. Dann schwärmen sie zu den Straßenlaternen auf, kreisen ein paar mal träge und gehen dann langsam schaukelnd nieder. Am Boden drehen sie sich wi irr, um nach einer Weile ermattet liegen zu bleiben. Die ganze Stadt sieht dann aus, als gäbe es ein heftiges Schneetreiben. Es riecht übel. Die Tochter eines Fotografen zu Gast bemerkte, als mehrere davon in ihrer Tomatensuppe zu liegen kamen: "Ich lieb' die Viecher nicht."

Dr. Eckhart Nickel Heidelberg, - 09.06.99 at 16:31:11


Uferaasfliegen gibt es hier im Neckartaal nach einer langen Reihe schönerer Tage im Sommer. Sie sind weiß, dick und verströmen einen fauligen Geruch. Wenn sie aus den Auen geschlüpft sind, überziehen sie die Stadt am frühen Abend. Dann schwärmen sie zu den Straßenlaternen auf, kreisen ein paar mal träge und gehen dann langsam schaukelnd nieder. Am Boden drehen sie sich wi irr, um nach einer Weile ermattet liegen zu bleiben. Die ganze Stadt sieht dann aus, als gäbe es ein heftiges Schneetreiben. Es riecht übel. Die Tochter eines Fotografen zu Gast bemerkte, als mehrere davon in ihrer Tomatensuppe zu liegen kamen: "Ich lieb' die Viecher nicht."

Dr. Eckhart Nickel Heidelberg, - 09.06.99 at 16:31:11


Wie im Kunstteil der Fernsehzeitschrift "Hörzu" sind die zwei letzten Texte "Original" und "Fälschung", eine knifflige Angelegenheit, doch nicht unlösbar. Wunbderbaren Nachmittag noch!

Dr. Eckhart Nickel Heidelberg, Deutschland - 09.06.99 at 16:42:12


Heute war ich in der Stadt auf der Suche nach zwei Büchern und am Zoo bekam ich Hunger und ging zu McDonalds um mir einen Big Mac zu kaufen. Die Kasse neben der, an der ich Schlange stand, war geschlossen. Dort gab es einen Streit zwischen einem jungen Türken und einer Hamburgerverkäuferin. Der Türke hatte einen halbausgepackten labberigen (so wie sie halt aussehen) Hamburger von der billigen Sorte in der Hand, den er umtauschen wollte, weil er nicht so aussah, wie in der Reklame. Die Verkäuferin sagte: aber die sehen doch alle so aus, das weiß man doch, der Türke: ja wenn ich das gewußt hätte, hätte ich ihn nicht gekauft, ein richtiger Hamburger ist mit Salat und sieht gut aus aber nicht so, und die Verkäuferin: ja den nehm ich nicht zurück, der ist ja schon ausgepackt, den kann ich doch niemand anderem verkaufen. Der Streit wurde lauter, alles wurde ein paarmal wiederholt, der Türke sagte: sowas kann ich doch nicht essen und hast du ein Problem? und die Verkäuferin: aber ich nehm ihn nicht zurück und nein, ich habe kein Problem. Da kam endlich der Geschäftsführer, ein netter junger Mann mit kurzen Haaren wie aus der Männer-Vogue, ließ sich die ganze Angelegenheit nochmal von der Verkäuferin und auch vom Türken erklären und schlug zum Ende vor, den Hamburger zurückzunehmen und nach Zuzahlung von ein paar Mark umzutauschen gegen ein Big Chicken Mac. Der Türke wußte jetzt keinen Ausweg mehr,zahlte das zusätzliche Geld und bekam den Chickenmac, den er ja gar nicht wollte. Gleich danach, ich hatte meinen Big Mac erhalten und schon verputzt, wartete ich auf die U-Bahn, als ein Penner, der mit seiner Freundin auf der Bank saß, einen grauhaarigen Handwerker im Blaumann um eine Zigarette anschnorrte. Der Handwerker schüttelte den Kopf und sagte laut: Nee!. Der Penner fing jetzt an zu schimpfen und rief laut ³Dann behalt doch deine Zigarette und dein Geld in deinem Schottenportemonnaieã, der Handwerker, auch verdutzt über das Wort ³Schottenportemonaieã, schnaubte nur kurz hinüber ³Penner!ã. Jetzt meldete sich die Freundin des Penners und sagte:ãDer ist aber kein Penner, das dürfen sie nicht sagen, der ist ein sozial Geschädigter, dafür ist auch die Gesellschaft verantwortlich! Also auch sie!ã Dann kam die U-Bahn. Im U-Bahnwaggon sprach der Handwerker plötzlich einen fremden Menschen mit Aktentasche an und begann sich zu rechtfertigen, es gäbe doch Sozialhilfe, aber die würde für Alkohol ausgegeben usw. Beide Geschichten sind wahr und genauso passiert.

ludger blanke berlin, d - 09.06.99 at 17:00:00


Unsere Wohnung ist voller dicker schwarzer Fliegen. Jedesmal wenn ich ein Fenster öffne, kommen hundert schwarze Fliegen und setzen sich an die Wände und brummen durch die Luft. Manchmal halte ich das nicht mehr aus und erschlage die Fliegen, aber es scheint, als würden aus jeder toten Fliege doppelt soviele Fliegen wachsen. Je mehr Fliegen ich erschlage, desto mehr fliegen herum. Die schickt der Teufel und es wird immer schlimmer. Ich habe noch nie eine weiße Fliege gesehen, aber ich glaube, das macht es nicht besser.

elke naters berlin, - 09.06.99 at 18:43:50


Fliegen leben im Verborgenen, das ist fatal. Im letzten Herbst sollte ich zu einer Hochzeit nach Dänemark aufbrechen. Wir waren erst vor einem Monat in eine neue Wohnung mit einer wunderbar hellen Küche gezogen, und erlebten seit langem einmal wieder den Luxus einer Mülltonne unter dem Spülstein. Wer jahrelang seinen Müll lediglich in Plastiktüten des ortsansässigen Supermarkts entsorgt, vergißt eine solche Einrichtung recht rasch. Nun roch es seit Tagen in der Wohnung nicht gut. Ein süßlich-säuerlicher Wind wehte bisweilen vom Treppenhaus herein, wir nahmen es nicht ernst. Ich wollte aber vor der Abreise mit dem Nachtexpress noch einmal dem Geruch auf den Grund gehen. Da entdeckte ich, der Strenge der Fahne folgend, die vergessenen Abfälle in der Tonne unter dem Spülstein. Aber nicht nur die. Myriaden von Fruchtfliegen dröselten aus der Türöffnung unter der Spüle hervor. In zwei Stunden sollte mein Zug gehen. Da ich aber wußte, wie schnell sich Drosophila vermehren (das lernt man ja in Genetik), begab ich mich in der Dämmerung auf eine schier aussichtslose Jagd, die Jagd nach den Fruchtfliegen. Da sie zum Licht drängen, mußte ich immer wieder das Küchenlicht an- und ausschalten. Anschalten, damit sie auffflogen, und Ausschalten, damit ich ihre winzigen bösen Schatten am Küchenfenster erkennen konnte, das beim grellen Licht der Glühbirne an der Decke ins Schwarze fiel. Da Fruchtfliegen langsam fliegen, aber schnell reagieren, erlegte ich die letzte mit dem allerletzten Küchenpapier von der Rolle erst kurz bevor das Taxi kam. Die Fenster waren noch mit winzigen Blutflecken beschmiert. Im Schlafwagenabteil, das trotz einer Reservierung ab Frankfurt leer blieb, bestellte ich bei dem freundlichen dänischen Steward eine Flasche Cabernet Sauvignon und las eine Erzählung von Judith Hermann, bis ich einschlief. Am nächsten Morgen erwachte ich nach einer traumlosen Nacht in Esbjerg. Seenebel lag am Hafen.

Eckhart nickel Heidelberg, Deutschland - 09.06.99 at 19:07:14


Ich habe heute zwei Stunden in meinem Speicherabteil verbracht, weil ich unbedingt mein Zweitausendeins-Buch "Global 2000" wiederfinden wollte. Hoffentlich hab ich das nicht weggeschmissen, ich hab überall gesucht, unter dem Weihnachtskrippchen, in der Mikrowelle, bei den alten Computern, natürlich auch in den Bücherkisten. Aber ich habs nicht gefunden. Ich suche morgen weiter. "Global 2000" ist sicher viel besser als Nostradamus, wenn's ums Millenium geht, wahrscheinlich haben die überhaupt alles ganz genau vorhergesagt und nur ich weiß es nicht, weil ich es damals - ich gebe es jetzt zu - zwar in meinem Bücherschrank stehen, aber natürlich nie gelesen hatte, weil ich ja eh wußte, was drin steht. Und jetzt, wo ich es lesen will, weil ich nicht weiß, was drin steht, find' ich es nicht!

Georg M. Oswald München, Mutter Erde - 09.06.99 at 21:22:19


Gestern: Sushi-Essen mit S. und K. Eine Kalifornia-Roll tat's nicht für mich. Es mußte noch mit diversen Suppen nachgegossen werden. Apropos, Sven: K. spricht nicht nur Englisch, sondern jeweils "ein bißchen" Französisch, Deutsch und Arabisch. Sein Wissen beschränkt sich aber meist auf Vorgänge der Nahrungsaufnahme. Höre gerade den einzigen und besten Radiosender in München "M 94,5", die anderen sind alle Waxlappen dagegen. Anthony ruft an und würd mich gern zur letzten Aufführung von "Titus" im Resi sehen, geht aber nicht, geht halt nicht, wird wohl wieder ein nächtliches Englisches Garten-Palaver draus. Demnächst. Meine kleine Schwester, die größer ist als ich, ruft an. Sie arbeitet in Tschechien und wird im Juli für einen Studiengang in Deutschland vorsprechen. Die Rolle der Martha in "Wer hat Angst vor Virginia Wolff?". Ihr Ex-Freund, mein bester Kindergartenfreund, fuhr mich wegen dieser Rolle dreimal nächtens vor unser Haus und wieder weg, hielt an und startete dann erneut in neuerwachter Rage zu einem weiteren Trip um den Block, um mich davon zu überzeugen, daß meine Schwester "unbedingt" die Erzählerin aus einem Handke-Stück spielen müsse. Es geht um keine Schauspielkunst, sagt meine Schwester. Worum dann?

Maike München, D - 10.06.99 at 10:04:28


Das Schild-Powerup macht Sie für 20 Sekunden unverwundbar gegen feindliche Angriffe. Beachten Sie aber unbedingt, daß Sie dennoch nicht gegen heiße Lava geschützt sind, falls Sie hineinfallen sollten. Seien Sie also im Lava-Level besonders vorsichtig, ndadchwqezgqöguujhc An dieser Stelle bin ich gestern Nacht eingeschlafen, den Kopf auf der Tastatur. Ich war so müde, so müde und starrte auf das leere Textfeld, bis ich dieses Spiel fand, daß sich in den Tiefen unseres neuen iMac verborgen hatte. Man muß als kleiner intelligenter Saurier durch eine furchtbare Welt aus grauen Flächen und Tyranno Rexen hasten, die so modern gestaltet ist wie eine Videoanimation eines türkischen Supermarktes für das lokale Fernsehen. Wir müssen dieses Textfeld reparieren. Immer schreibt man links und rechts in die Leere. Aber wir sind ja Anfänger. Was interessiert uns die Technik. Wieviele Nächte bin ich aufgewacht, weil mir etwas einfiel, das ich gerne in den pool schreiben würde. Bevor es pool gab. Dann war die technische Seite die schwierigste. Die Technik. Jetzt bin ich drin. Aber als es fertig war, fiel mir nichts mehr ein, weil mein Kopf voller Programmzeilen war, Hintergrundfarben und Perlscripten, daß ich mich betrinken mußte, rausgehen, zwei Schachteln Zigaretten rauchen, um von einem Sommerabend getränkt den ersten Text zu schreiben. Jetzt ist es so überwältigend, daß keine Stunde vergeht, in der wir nicht nachschauen. Nur am Nachmittag habe ich keine Zeit. Dann gehe ich auf den Spielplatz, um mit den Sudanesen Basketball zu spielen. Die Sudanesen sind sehr groß und ich habe eigentlich keine Chance. Jedesmal wenn ich komme, sitzen sie da und erzählen sich Witze auf arabisch und lachen sich kaputt. Einer der Witze geht so: Sitzen zwei Jungs im Kino. Der Film ist langweilig. Sagt der eine zum anderen, wieviel gibst du mir wenn ich dem Typ vor uns auf die Glatze haue? Das traust du dich nicht, sagt der andere. Wollen wir wetten, wieviel gibst du mir? Zehn Mark. Er haut ihm auf die Glatze und als der Typ sich umdreht, sagt er, Mensch Mohammed, wie gehts dir? Unerschämtheit, sagt der Typ, ich bin nicht dein Mohammed, lass mich in Ruhe den Film gucken. Wieder langweilen sich die beiden. Was gibst du mir, wenn ich dem Typ nochmal auf die Glatze haue? Zwanzig, sagt der andere und er haut ihm nochmal auf den Kopf und sagt, Mensch Mohammed, ich weiß, daß du es bist, stell dich nicht so an, kennst du mich denn gar nicht mehr? Jetzt reichts, sagt der Typ, so eine Frechheit, was für Idioten seid ihr? Er steht auf und schimpft weiter und geht ganz nach hinten in die letzte Reihe. Aber der Film ist wirklich langweilig, also sagt der eine wieder zum anderen, was gibst du mir, wenn ich jetzt hintergehe und ihm nochmal auf die Glatz haue. Das machst du nicht, der bringt dich um. Wieviel gibt du mir? Fünfzig Mark und er steht auf und geht hinter und schlägt dem Typ auf die Glatze und sagt, Mensch Mohammed, da bist du ja, warum sitzt du denn ganz hinten? Da vorne hauen wir ständig einem auf den Kopf, weil wir denken du bist es.

lager 2.stock VH, yummi - 10.06.99 at 14:00:02


Die neue Orbital ist komplett unhörbar. Ein Zirpen, ein Fiepen, ein Gurgeln und über allem liegt eine konsequent gedrückte Taste aus dem C-Dur-Akkord. Seit die Gebrüder einmal drei Auiftritte auf zwei Kontinenten innerhalb von 24 Stunden absolviern mußten, wozu sie auch die engen Ledersitze der Concorde in Anspruch nahmen, hat sich in der Musik ein böser Geist eingenistet, der Geist von Mach 2. Eigentlich nichts grundsätzlich Böses, sondern nur wie Nimm 2 ein alter Kindertraum, in diesem Fall der Überwindung des Schalles, wie beim Bonbon die Überwindung der elterlichen Süßigkeitensperre. So sitzen wir nun in den letzten Tagen des Academix-Magazins in den ausgebombt erscheinenden Hallen der Redaktion des größten Studentenmagazins Deutschlands und hören Orbital. Nickel hat gekündigt, es waren drei große Ausgaben. Wir danken allen Menschen.

Christian Kracht & Eckhart Nickel Heidelberg, Deutschland - 10.06.99 at 17:27:53


Ich jetzt auch: DRIN! DRIN! DRIN! Ha! Ha! Erste Frage an alle: Ist Missy "Misdemeanor" Elliott eine Kackplatte oder GANZ, GANZ, GANZ groß? Ich weiß es nämlich gerade nicht. Frage auch an Dich, Tom Kummer, da drüben, wenn Du mich jetzt hörst: Hörst du sie? Magst Du sie? Wie sounded Miss Elliott in L.A.? Schon keine Lust mehr, macht ja nichts: HARDROCK! FOREVER!

Moritz von Uslar München, Deutschland - 10.06.99 at 23:47:03


gähn

elke naters berlin, - 11.06.99 at 01:52:03


Das schlimmste am alt werden ist die Maßlosigkeit des Rausches. Ich sitze in der Redaktion an meinem letzten Tag und halte mich am Schreibtisch fest, um mich nicht übergeben zu müssen. Christian sitzt inzwischen im Zug zum Flieger nach Mallorca, Katerfrühstück: Broccoli-Mozzarella-Schinkentasche, "Lift"(Apfelschorlegetränk), Kaffee und Croissant. Gerade eben noch ein halber Liter Gatorade Citrus, nichts hilft. Wie konnte es dazu kommen? Eigentlich fing es ganz harmlos an. Wir saßen im schattigen Fabrikhof des Künstlerlokals "Tati" und tranken zwei halbe Liter Distelhäuser. Der entscheidende Moment der Entsicherung fand, glaube ich, danach statt. Wir fuhren in die Altstadt, weil ich ein lange als Geschenk zurückgelegtes antiquarisches Paperback-Exemplar (1906) von Richard Schaukals Balthesser-Roman für Christian abholen wollte. Da traf ich eine alte Bekannte vor dem Stadttheater. Dort gab man den "Stückemarkt" oder so etwas ähnliches, sie war inzwischen Dramaturgin in Greifswald oder so, auf jeden Fall hatte ich ihren Namen vergessen. Der Moment dieses Gesprächs rief mir, da ich mich konzentrieren mußte, die Erbärmlichkeit meiner betrunkenen Verfassung vor Augen. Auch Martina, die ich traf und nach Abdul fragte, was mir gerade wieder einfällt und extrem peinlich ist, meinte, ich sähe so erholt aus, da kann man sich ja dann auch etwas Nonchalance leisten. Ab da an war es zu spät. Da half nur weitertrinken. Zuhause angekommen tranken wir eine Flasche 95er Graves auf dem Balkon, um dann in das zienmlich leere "Ai Portici" um die Ecke aufzubrechen. Dort nötigte uns der kleine halslose Kellner zu einer Runde Prosecco, es folgte eine Flasche Chardonnay, ich trank zum Hauptgang Brunello, wenn ich mich recht entsinne, und dann gab es nach dem Erdbeersorbet noch die Flasche Averna auf den Tisch. Dann versuchten wir dreimal, die komplette Runde Averna-Gläser zu stehlen, was beim ersten Mal mißlang, da sie in meiner Jackettasche zerbrachen. Also forderten wir den Kellner auf, noch einmal eine Runde Gläser zu bringen. Die fand ich heute morgen bei uns in der Küche. All das mußte sich in rasendem Tempo abgespielt hanben, denn als wir den Laden verließen, stand ein Taxi vor der Tür, mit dem ich noch vor Mitternacht von der Nachttankstelle Champagner holen sollte. Warum und wie das geschah, weiß ich schon nicht mehr. Zu Hause gingen dann mehrere Gläser zu Bruch, ich fiel pausenlos um und Christian verbrannte sich unwillentlich den Nacken an einer Lampe. Anne war so schlecht, daß sie ins Bett ging. Ich saß auch irgendwann auf dem Klo und hatte diesen schlimmen Schluckdrang, der kurz vorm Umsturz der Peristaltik kommt. Jedenfalls wollte ich nie in meinem Leben mit dem Gürtel in der Hand und der Krawatte offen morgens mit Sonnenbrille mein Haus verlasssen und mich in der Straßenbahn fast übergeben. Diese unglaubliche BettyFord-Maßlosigkeit, nachdem ich doch gerade erst vor zwei Wochen in der Glam-Diskothek "Tiffanys" in Mannheim den kompletten Inhalt des Eiskübels unserer 1,5l Absolut-Flasche über meinen Kopf geschüttet hatte und auf der 10cm breiten Tresenfläche hingestreckt im Vollrausch eingeschlafen war, um auf der Heimfahrt im Taxi mitten auf der Autobahn beim Sonnenaufgang meine Lieblingshose zu zerreissen. Woher kommt das? Und was hat die unglaubliche Diva Missy Elliot damit zu tun? Liegt es an dem Song "Put your hands up in the air, put yourhandsup -in the air"?

Eckhart Nickel Heidelberg, Baden-Württemberg - 11.06.99 at 10:01:22


Die Ausführungen von Herrn Dr. Nickel über die Maßlosigkeit des Rausches im Alter sind bestechend und ich kann mich ihnen in lückenhaftem Gedenken an meine gestrigen Erlebnisse im Biergarten des Gasthauses zur Post in Eichenau nur anschließen. Frage mich keiner, was ich dort getan, was ich dort verloren hatte. "Gasthaus zur Post" in Eichenau - ts,ts. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, daß in Bayern mundartlich das Wort Nickel für den kleinen Rausch verwendet wird, also für den Schwips. Das sind natürlich ideale Voraussetzungen.

Georg Oswald München, Bayern - 11.06.99 at 10:55:20


Die innere Logik des Rausches schließt den nächsten Tag mit seinem gnadenlosen Gutwetter mit ein. Mein Mitredakteur wundert sich heute über nichts mehr. Nicht über mein lautes Gejammer auf dem Bürgersteig in der Mittagspause, und auch nicht über die interessante Anmerkung von Herrn Oswald (Was macht man im Gasthaus "Zur Post" eigentlich genau?), die Sinnhaftigkeit meines Namens betreffend. Hat man einen "Nickel", oder "nickelt" man ein wenig? Auch scheinen Räusche einer kosmischen Anordnung zu folgen. So telefonierte ich heute mit Martin Brinkmann in Bremen, der gestern in dem dortigen Studentenclub beim HappyHour-Donnerstag wahllos Bier mit Schnaps verschnitt und heute am Telefon eine extrem belegte Stimme hatte. Zusammen mit Herrn Oswald waren wir also schon zu dritt, oder mehr? "HappyHour" ist übrigens der Name einer noch nicht lizensierten Pille, die ein Berliner Arzt erfunden hat, den ich im letzten Sommer in der rustikalen Schlemmerbaracke "Sansibar" in Rantum auf Sylt kennenlernen durfte. Wirkt wiefolgt: Dauert exakt eine Stunde, und macht im Nu extrem glücklich. Danach vorbei.

Eckhart Nickel Heidelberg, AA - 11.06.99 at 13:58:49


Meistens mische ich nur Bier und Wodka, und zwar in genau der Reihenfolge. Nie andersrum! Neulich mußte ich zum ersten Mal die schmerzliche Erfahrung machen, daß selbst verschiedene Biersorten gemischt eine verheerende Wirkung haben. Vielleicht ist es auch nur das Alter. Meine Erfahrung ist nicht eine zunehmende Maßlosigkeit im Trinken, sondern eine zunehmende Unverträglichkeit von größeren Mengen Alkohol, die ich in früheren Jahren ohne weiteres weggesteckt habe und nicht nur das, es war mir auch möglich mehrere Abende hintereinander durchzutrinken. Das ist jetzt unmöglich. Vielleicht weil ich eine Frau bin. Und damit bin auch schon beim Thema: Ich wünsche mir in dieser Runde noch ein paar trinkfeste Tischdamen. Als Gastgeberin ist es meine Aufgabe auf eine ausgewogene Gesellschaft zu achten und dazu müssen noch Damen her. Finde ich. Free drinks for Ladys! ------------------------------------- und noch was: Jagt den deutschen Literturfonds in die Luft! Heute lagen unsere Anträge (auch der Antrag für eine Projektförderung für pool), die wir am 31.Mai aufgegeben hatten, wieder im Briefkasten. Zurückgeschickt von Traudl Ridder mit einem Begleitschreiben, daß sie die Anträge für die Oktobersitzung - OKTOBER!! leider nicht mehr annehmen kann, weil(kaum leserlich) der Poststempel vom ersten Juni draufstand.(Zum Beweis hat sie den Umschlag mitgeschickt). Das muß man sich mal vorstellen. Fünf Monate lang gammelt das Zeug da rum, bis es gelesen wird. Das hat man von seiner Inkonsequenz immer auf den Kulturbetrieb zu fluchen, im besonderen auf den Literaturfonds (schon so ein blödes Wort, ã deutscher Literaturfondsã, - der Fond oder die Fonds? beides unmöglich und sowas will die deutsche Sprache fördern, mit so einem Namen) und dann schickt man doch wieder seine Bewerbung hin, um sich in den Arsch treten zu lassen. Krauser war sich nicht zu blöde, einmal eine Lobeshymne von Maxim Biller auf sein Buch nach Darmstadt zu schicken mit den Worten (ungefähr): Wenn selbst Bücher, die sie ablehnen, solch fulminante Kritiken bekommen, wie großartig müssen dann erst die von ihnen geförderten Schriften sein. So stehts in seinen Tagebüchern und daran kann man sehen wie tief man fallen kann, wenn man diesen Ärschen nicht den Rücken kehrt. Ich bin wirklich erregt.

elke naters berlin, - 11.06.99 at 18:02:18


Neue Cds: Amanda Marshall "Tuesday Child"; Monty Alexander "Stir it up - the music of Bob Marley"; Wirtschaftswunder "100 % Schlager 100% Eine Reise ins Glück"; Glücklich III "A Collection of Brazilian Flavours from the past and the present, compiled by Rainer Trüby"; Jamiroquai "Synkronized"; The Candyskins "Death of a minor tv celebrity"; Vega "Ich chille". Oh Gott. Das kam heute alles mit der Post. Redaktionsarbeit: leider oft hundert Prozent williwilliwilli. HIHI!

Uslar München, Deutschland - 11.06.99 at 18:09:46


"Überhaupt sind Adelstitel sehr gut." "Wie Moritz von Uslar?" "Sehr geeignet. Das klingt nach großem Konfliktroman. Sehr gut." Das will ich mal lesen!

naters berlin, - 11.06.99 at 19:17:50

Man hat einen Nickel. Zum Beispiel im Gasthaus zur Post in Eichenau. Es begann so, daß ich mit dem Herrn Heiner Link, der eine Doppelhaushälfte in Eichenau bewohnt, telefonierte, um ihm mitzuteilen, daß ich beruflich in seiner Gegend zu tun hätte (sic!), und er promt vorschlug: "Ja dann schau doch einfach bei mir vorbei!" Auf dem Weg zu ihm fuhr ich am "Gasthaus zur Post" vorüber, das einen ebenso heruntergekommenen wie vitalen Eindruck auf mich machte, da die zugehörigen Wirtshausreptile bereits um elf Uhr vormittags ziemlich zahlreich in der für sie typischen Reglosigkeit hinter ihren Biergläsern in der Sonne dösten. Ich dachte mir, es wäre nicht das Schlechteste, sich da dazu zu setzten, in vieler Hinsicht vielleicht sogar das Beste, war mir aber im Klaren darüber, daß das aus etlichen Gründen jetzt nicht gehen würde etc. und vergaß das "Gasthaus zur Post" im gleichen Moment, als sich mein Blick wieder dem Verkehr zuwandte. Kurz vorher hatte ich, wie gesagt, mit Herrn Link telefoniert und dabei den Eindruck gewonnen, er müsse entweder eine Sommergrippe erwischt oder aber in der vorigen Nacht getrunken haben. Meine entsprechende Einleitungsfrage, als wir uns gegenüber standen, beantwortete er mit einer wegwerfenden Handbewegung und dem Ausruf "Halbeviere!", der in etwa wie die Mitteilung eines (sehr hohen)Richterskala-Wertes zu verstehen war, wenngleich er buchstäblich natürlich die Uhrzeit seiner nächtlichen Heimkehr angab. Ich erwähnte das "Gasthaus zur Post" mit keinem Wort, es war mir in diesem Moment gar nicht mehr erinnerlich, und ich stieg ohne Vorstellung in den Wagen, als Herr Link ankündigte, er würde mich nun zu einer ganz besonders "dahaudn Boazn" - so drückte er sich aus - lotsen. Selbstverständlich fuhren wir, und im Nachhinein betrachtet mit der allergrößten Zwangsläufigkeit, geradewegs zum "Gasthaus zur Post"! Herr Dr. Nickel stellt zurecht die Frage, was "zur Post" eigentlich genau heißen will, auch Herr Link und ich streiften kurz dieses Thema, denn eine Postamt oder ähnliches ist nicht in der Nähe, der Name also obskur und bei Lichte besehen, nichts weiter als scheinheilig, weil er der ganzen Institution einen offiziellen Anstrich gibt, den sie weiß Gott nicht für sich in Anspruch nehmen darf. Herr Link erklärte mir, sein Großvater habe vor sehr langer Zeit dieses "Gasthaus zu Post" mit selbstgemachter Limonade beliefert, was unserer Anwesenheit wenn schon keine Legitimation so doch wenigstens eine gewisse historische Folgerichtigkeit gab. Anzumerken ist noch, daß der Sanitärbereich des Lokals im Originalzustand die vierziger Jahre überdauert hat und dabei immer noch gepflegt wirkt. Den Rest will ich nicht erzählen.

Georg M. Oswald München, - 11.06.99 at 21:50:42