Momentarium
Das Lügen hätte man sich sparen können. Immer wiederkehrende
Faszination. Plüschartige Verzweiflung. Was macht es? Einfach da
sitzend, schweigend, still. Manchmal lächelt es, doch das täuscht.
Wenn man schon anfängt, sich in Franz Josef Wagners Romanen heimisch
zu fühlen. Was ist das? Es erinnert an etwas, dafür ist es da.
Doch was soll das? Ein dicker, samoanisch wirkender Mann fährt mit
seinem Elektrorollstuhl über den Schwanz eines auf der Straße
liegenden Hundes und lacht dabei. Was macht das? Zwei kleine Mädchen
gehen an der verwesenden Leiche eines überfahrenen Hundes vorbei,
seine Gedärme hängen heraus, die Mädchen lachen, der Busfahrer
auch. Was macht das? Ein Rind steht im sumpfigen Gras am Waldrand, ein
Seil ist durch ein Loch zwischen seinen Nüstern gezogen, ein Bauer
zieht mit einer Hand daran, während er mit der Rute in der anderen
auf es einschlägt, das Rind blickt geradeaus und bewegt sich nicht.
Was macht das? In Deutschland ist es kalt jetzt, sagt man, und bestellt
lieber Tee. Privates Flehen wird ignoriert oder nicht erkannt, auf den
Tischen stehen Kerzen. Entschuldigungen sind ein hartes Brot, denn wäre
man aufrichtig, müsste ein jeder sich von morgens bis abends entschuldigen.
Für sein Dasein. Falsch lag man immer, doch das fällt nicht
auf, denn keiner liegt richtig. Außer unter dem Tisch. Was macht
das? Kaputt, würde ein mancher sagen. Gar nicht. Nur verfahren. Energiesparlampen
bringen Rußflecken auf Tapeten, die keine sind, besonders gut zur
Geltung. Nicht funktionierende Kühlschränke als Raumdekoration
sind eine schöne Sache. Briefe ohne Antwort hängen in der Luft.
Man versucht immer, das Beste daraus zu machen. Das Beste ist eine böse
Katze ohne Schuhe. Sie sitzt Abend für Abend auf der Veranda, weil
man ihr einmal einen Keks gab. Was macht das? Die Erinnerung macht den
Menschen zu einem Tier ohne glasige Augen. Irgendwo in Bonn sitzt jemand
mit schwarzen Haaren. Und in Rom. In Bamberg jemand mit blonden. Der Chef
der AWO, und nicht nur er, hat eine undefinierbare Haarfarbe. Sie alle
trinken Tee. Ich auch. Ein Mann mit einem Straßenstand an einer
Tempelmauer will die Hosen kaufen, die man trägt. Macht doch nichts.
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