Winterjammer
Was ist denn das hier? In der Schale gefriert das Gräuliche, Weiche,
das dem sonst wo unter Wasser lebenden ähnelt. Draußen, vor
dem Fenster, dem Glas in der Wand, sitzt der Vogel auf kahlem Ast, seit
Stunden unbeweglich. Er ist wohl tot. Drinnen, hinten, unter Schubladen,
in Schränken, zwischen dunklem Holz und weißem Mehl, die Zeit,
verwirrt, zitternd, sie trägt einen lila gestreiften Morgenmantel.
Manchmal ruft sie, angestrengt, doch zu leise, das Holz ist zu dick, ich
höre nur Undeutliches und kann nicht finden. Die Verwandtschaft tanzt,
an Händen haltend, einen Tanz an der Decke, einen alten, ohne Sinn,
Münzen fallen aus den Taschen, golden und neu, man lacht, ist begeistert,
niemand vermisst das Grün, jeder nimmt die Kälte hin, gottgegeben,
ein Geschenk. Eine Mission, eine Aufgabe, das ist, was gebraucht wird:
Ich muss aufhören, mir kleine Hautfetzen von den gesprungenen Lippen
zu reißen. Muss aufhören, zu zittern, wenn ich vor die Türe
trete. Muss aufhören, lustige Mützen zu tragen, als Rache für
den Winter. Sie hat Augen aus Knochen und Glasmasse, Wimpern, Lippen und
Brustwarzen aus Kupfer sowie bloßliegende Silberzähne. Sie
lebt hinter den Wolken und ihr Blick ist starr. Doch sie sagt, es wird
grün werden, irgendwann, und ich glaube es, während ich auf
der Heizung wohne. Der Tod ist eine Nutte aus Obersdorf.
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