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pool #4 28.06.-30.06.1999

pool #3 / pool #5

 

Bis gerade eben saß ich mit meiner Freundin Elke Naters im Restaurant Lutter & Wegner im Westen Berlins. Wir tranken Grünen Veltliner und aßen Wiener Schnitzel, obwohl wir zuerst den Vogerlsalat nehmen wollten, das ist der mit dem steirischen Kernöl. Den namen wir dann nicht. Es begann leicht zu regnen, die grüne Markise hielt die fallenden Tropfen ab. Es gibt wohl auch noch ein L&W im Osten, doch einmal war ich dort und wurde sehr schlecht bedient, das Schnitzel war wie ein paniertes, schlecht rasiertes Transvestitenbein, und Franz Josef Wagner, mit dem ich dort saß, sagte, das Ganze hier erinnere ihn an seine Jugend, fragen Sie, lieber Leser des "Pools" nicht, was mein muskulöser Freund Franz Josef Wagner damit meinte. Na jedenfalls, und jetzt komme ich drauf, ich saß also dort und Elke Naters und ich tranken, wie Minister Naumann, gestern, in der Paris Bar, (aufmerksame Pool-Leser erinnern sich) einen Marc de Champagne, und wir sprachen über alle Menschen, die beim "Pool" mitschreiben. Ja, über alle. Über Eckhart, über Georg, über Andrian, über Sven, über Maike, über Tom, über Moritz, über Elke, über Christian, über alle. Ich sagte zu Elke Naters, während neben uns zwei Holländer zaghaft in ihr Schnitzel schnitten, daß ich eigentlich am liebsten Eckhart Nickels Wetterbeschreibungen läse, diese meisterhaften Beobachtungen der Troposphäre, und die Auswirkungen des Azorenhochs auf unsere Psyche. Elke Naters sprach von Tom Kummer und seinen stakkatoartigen Beschreibungen der Stadt Los Angeles, und wie fein das alles sei. Ich konnte ihr nur recht geben. An dieser Stelle möchte ich auf drei Dinge hinweisen, nein, eher noch auf vier: 1.) Auf die neue CD der Band Luscious Jackson "Electric Honey", 2.) auf die neue CD von Moby und 3.) wenn ich keine Absätze machen kann so wie ich es möchte, will ich eigentlich nie wieder in "Pool" schreiben. Und 4.) am Allerbesten und Allerfeinsten ist www.cat-scan.com. Ich kann es nur immer wieder empfehlen, und deshalb gleich nochmal: www.cat-scan.com. Soviel zur Nacht.

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 28.06.99 at 01:10:21

wünschen von kunden mit der goldenen poolcard wird natürlich sofort nachgegangen:
'er träumt. von wem träumt er denn? weißt du es?'
'das weiß keiner.'
'von dir träumt er. und wenn er aufhört zu träumen, was wäre dann mit dir?'
'ich weiß es nicht.'
'du würdest verschwinden. du bist eine gestalt in seinem traum. wenn dieser könig erwachte, würdest du ausgehen wie eine kerze.'
(lewis carroll, through the looking glass, 1871)

svenmaster poolclub, - 28.06.99 at 10:37:14

Ueber Nacht ein Luftaustausch. Wahrend ich am Samstag abend noch bei strahlend blauem Himmel und klarer, leicht abgekuehlter Sommerluft mit meinem
Freund Christian Kracht durch die Innenstadt Berlins schlenderte, und lediglich die vielen Ueberbleibsel des Christopher Street Day den Flaniermeilen eine etwas ziellose und gehetzte Aura verliehen, erwachte ich Sonntag frueh in einer schlimmen schwuelen Bruehe. Feuchtigkeit hatte sich ueber die Stadt gelegt, als ich auf das Taxi wartete, das mich zur Taufe der Tochter eines befreundeten Ehepaars bringen sollte. Der anthroposophische Priester dort trug ein weiss-lilanes Zackenkleidchen und einen Dreispitz, unter dem das Gesicht eines Habichts lauerte. Die Worte von Seele, Geist und Waechter, die er sprach, verschwanden gegen Ende hin in der Untermalung durch eine Harfenmelodie, so ein ausgespielter Dreiklang, dessen Ende in der Krypta ohne rechten Winkel, wo das Ganze stattfand, verhallte. Es war wie ein expressionistischer Stummfilm, aber im Reformhaus und in Farbe gedreht. Als der Priester das Kind dreimal mit dem Wasser beruehrte, das dritte Mal auf dem sogenannten Sonnengeflecht, fing das Maedchen ganz furchtbar zu weinen an, und wehrte sich gegen die seltsamen Beruehrungen des unheimlichen hageren Mannes. An diese Prozedur musste ich noch lange denken, auch im ICE Frankfurt-Sprinter, dessen Inneneinrichtung zwar wieder in der klassischen Bahnfarbe Oceanblau gehalten ist, aber die Beinfreiheit wieder auf das LTU-Minimm reduziert hat. Eine ploetzliche Durchfallerkrankung zwang mich immer audf die Bordtoilette. Draussen vor den Fenstern bauten sich ueberall in der ansonsten windstillen Luft tropische graue Gewitterwolken auf, deren weisse Blumenkohlumrisse nur noch von ganz fern zu erahnen waren, sie wirkten einfach nass und zerbrechlich, ueberhaupt schien der Himmel seltsam zerschliert, ich verstand Deutschland ploetzlich nicht mehr mit diesem indonesichen Himmel. (Fuer Fernschachfreunde: d2, e5, Herr Oswald).

eckhart nickel strasbourg, france - 28.06.99 at 11:13:32

Der Moment, da man merkt, dass man krank ist: Ein Schock. Momente vorher noch sass ich in einem Berliner Hinterhofgarten in der durchfeuchteten Sommernachmittagsluft, es troepfelte gelegentlich ein wenig, ass eine Mousse au Chocolat zum Kaffee und zuendete mir zum Genuss eine Zino an, war also noch vor der Abreise zur Zigarre in ein literaesthetisches Gespraech mit Rudolf von Waldenfels vertieft gewesen, in dem es um Pasternak, Nabokov, spaetbuergerliche Tableaus und die subtile Architektursymbolik der skandinavischen Dramatiker, insbesondere Ibsen, ging, als ich dachte, die Gunst der Stunde noch einmal nuetzen zu muessen, vor der Abfahrt das W.C. aufzusuchen. Dort dann der erste Schweissausbruch und die Erkenntnis, besser noch eine Weile dort zu bleiben, hinter geschlossener Tuer bei entsetzlicher Geraeusch- und Geruchskulisse. Auf dem Weg zur U-Bahn rumorte es dann weiter in meinem Magen und ich musste zum erstenmal auf den Bahnhof Zoo ins Herrenklo, fuer zwei Mark. Unausloeschlich spulte sich der Nina-Hagen-Song in meinem Ohr ab, waehrend ich sass und litt, die Augen auf den Sekundenzeiger der Uhr bis zur Abfahrt des ICE gerichtet. Selbst Rauchen half nicht mehr. Ich war krank. Ich fror. Mein Anzug war verschwitzt, zerknittert. Die Welt war auf einmal feindlich. In der Zugtoilette durfte man nicht einmal rauchen, das Netzwerk meines Mobitelefons brach zusammen. Drei Reihen vor uns im ICE raeusperte sich jemand alle zwei Minuten, als ob er sich gleich erbrechen wuerde, dann stand ein anderer auf und kratzte sich selbstvergessen und genussvoll immer wieder durch die Hose im Hintern. Mir wurde schlecht, ich konnte alles nicht mehr fassen. Schlimm, ich wollte nur noch schlafen und zu Hause sein, nie wieder unterwegs, das schwor ich mir. So war das.

Eckhart Nickel strasbourg, france - 28.06.99 at 15:26:21

1.) Aus welchem filmischen Meisterwerk stammt der Dialog "What is your name?" "My name is for my friends"?

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 28.06.99 at 17:55:13

Lawrence of Arabia, die Brunnenszene in der Wueste.
2. Welches wunderbare Buch beginnt mit der klugen Frage "Was ist das"?

Eckhart Nickel Strasbourg, France - 28.06.99 at 18:18:28

3. Was ist das fuer ein Brummen bei meinem Ford Fiesta, so ein raeumliches Droehnen, das ungefaehr ab dem zweiten Gang beginnt? Wenn der Wagen steht, mit angelassenem Motor, merkt man nichts. Egal, ich fahre jetzt los.

en sb, fr - 28.06.99 at 18:35:17

Die Antwort zu 2.) lautet "Buddenbrooks". Zu 3.) fällt mir ein, daß ich selbiges Brummen einmal an meinem Bertone 2000 hören mußte und mir der Mechaniker sagte, das könne wohl nur die Lichtmaschine sein. Ich sitze gerade in der Wohnung der beiden sympathischen Schauspielerinnen Anna Boettcher und Nele Müller-Stöfen, die heute auf die Anfrage der Firma "Hotfilm", ob sie bei einem Soft-Porno mitspielen würde, leider absagen mußte.
4.) Was ist die Hauptstadt von Mozambique? Und wie hieß diese Hauptstadt früher?

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 28.06.99 at 19:42:19

Während ich mit Christian am Schnitzel saß, kam Charles Schumann vorbei mit einem Spezi. Sie mußten im Restaurant Platz nehmen, weil draußen alle Tische besetzt waren. Ich lächelte C.S. an, so wie man jemanden anlächelt, von dem man nicht weiß, ob er einen wiedererkennt.
Vor vielen Jahren begegneten wir uns regelmäßig im Cafe´ Venezia, wo wir Schneidermädchen aus der gegenüberliegenden Boutique Sweetheart unsere 10minütige Frühstückspause verbrachten, und beim Überqueren der Leopoldstraße unser Leben riskierten. Einmal traf ich ihn an der Ampel, nachdem ich beim Vinzensmurr eine Leberkässemmel gegessen hatte. Er lächelte mich an und wischte mir die Semmelkrümel aus dem Gesicht.
Er hat mich nicht wiedererkannt. Dabei ist meine frühere Kollegin und Freundin Eva Kantor heute die Königin des Schumanns und kann mit einer Handbewegung an einem Freitagabend Tische leerfegen.
Während C.S. mit seinem Spezi bei Lutter & Wegner in Berlin ein Schnitzel aß, saßen Louis und Moritz und Rebecca und Nicolette in München im Schumanns und wußten von alldem nichts.
Das war bevor es anfing zu regnen und nachdem der dicken Dame ihre Handtasche gestohlen wurde von einem dunklen schnellen Russen.
Am Ende des Abends stand Christian ohne Geld in der Tasche auf der Straße und ich raste mit meinem Fahrrad durch die Nacht und wähnte Christian in jedem vorbeifahrenden Taxi. Der aber mußte mit der U-Bahn nach Hause fahre. Davon wußte ich nichts und wartete vergeblich auf ihn.

e. naters berlin, - 28.06.99 at 20:02:06

ad 4.) Maputo, ehemals Lourenco Marques. Mein Schwager, ein Abenteurer, lebt dort. Sein Auftrag lautet: Entwaffnung und Reintegration der Kinder, die im Bürgerkrieg gekämpft haben. Seine regelmäßig per eMail eintreffenden Berichte aus dieser unermesslich fernen Welt sind aufregend und haarsträubend.
.
(Heute in unserer Schachecke: Herr Dr. Nickel, ich vermute, der von Ihnen als "d2" angegebene Zug sollte d4 heißen (also Bd2-d4), denn auf dem Feld d2 steht der Bauer ja schon. Weil es bequemer ist, sollten wir uns zur Verwendung der ausführlichen Notation entschließen, die jeweils die Figur, das Ausgangs- und das Endfeld bezeichnet. Also: Erste Partie: 1. Be2-e4, Be7-e5; 2. BF2-F4; Zweite Partie: 1. Bd2-d4, BD7-D5. Meine jeweils letzten Züge habe ich mir erlaubt durch die Verwendung von Großbuchstaben zu kennzeichnen. Ich erlaube mir diese Ausführlichkeit, die Notation betreffend, keineswegs in der Absicht, Ihre Intelligenz zu beleidigen, es ist mir allein um einen reibungslosen Ablauf des Spiels zu tun. Wir alle kennen die Enttäuschung, die es hervorruft, wenn mitten in der Partie festgestellt werden muß, daß bei ihrer Aufzeichnung ein Fehler unterlaufen ist, der das ganze Spiel verdirbt. Nicht zu Unrecht schilt man sich dann der Nachlässigkeit!)

Georg M. Oswald München, - 28.06.99 at 21:14:15

Zur Frage des Absatzes, lieber Herr Kracht, bitte ich Sie, einen Blick auf meinen letzten Eintrag zu werfen. Ein Absatz kann in der Weise eingefügt werden, daß man nach Beendigung des Satzes, auf den er folgen soll, die "return"-Taste drückt, dann einen Punkt tippt und sodann wieder die "return"-Taste. Ich weiß, es sieht nicht perfekt aus, aber immerhin, es ist ein Behelf.

Georg M. Oswald Am Tage der Hilfsbereitschaft, - 28.06.99 at 21:21:29

Absätze sind jetzt möglich.
Sven hat programiert.
Wie bereits bewiesen.

Dichtung ist jetzt möglich,
lieber Christian.

naters - 28.06.99 at 22:07:53

ein fall, an dem wir gerade arbeiten. wahrscheinlich steckt nichts dahinter. ort: vip-ausgang, hollywood bowl. zwei schwarze towncar-limousinen stehen abfahrtbereit. kleines mädchen - trägt versace-hosendress fuer kleine mädchen - hält die hand von bruce willis und sagt:
"daddy, wann erzählst du mir, was gleich nach eurer trennung passiert ist? ich bin nicht doof, ich weiss, dass man auf dich geschossen hat. onkel dutch hat es mom gegenueber zugegeben."
bruce willis - trägt eine schwarz-rot-goldene motocrossjacke von uzi - antwortet:
"warte noch einige jahre, baby. wenn du fünfzehn bist, dann werde ich auspacken. vorläufig bedeutet es nicht weiter, als dass ich einer menge leute eine menge schuldig bin.
was bist du ihnen schuldig?
ich weiss es nicht, baby. das ist das verzwickte daran.
wirst du' s mir sagen, wenn du' s rausgefunden hast?
du wirst die erste sein, die es erfaehrt. ich liebe dich, baby.
ich dich auch, daddy.
ich muss jetzt gehen.
ich auch. ich lieb' dich, lieb' dich, lieb' dich.
ich dich auch.
bye
bye

tkla - 29.06.99 at 02:06:54

Ja, richtig, es ist, richtig ausgesprochen, Lourenzo Marquesh. Es ist sehr spät. Ich höre die Musik, die mir immer als Antithese zur wirklichen Musik, nämlich dem Country schien, und jetzt höre ich Erykah Badu und finde das ganz so wie ich es eigentlich finden sollte. Es wird wir mir vorgespielt von Nele Müller-Stöfen. Alles weitere klärt sich durch diese Frage:
5.) "Im Hof des Krankenhauses steht ein kleines Seitengebäude, das ein ganzer Wald von Kletten, Brennesseln und Feuerkraut umgibt."
Aus welchem, bei Nele Müller-Stöfen im Regal stehenden Buch zitiere ich diesen Anfang? Für Neulinge: Die Nationalität reicht.

Christian Kracht Berlin, Deutschland - 29.06.99 at 06:45:26

"Krankenzimmer Nr.6" von Anton Tschechow

Georg M. Oswald München, - 29.06.99 at 14:14:48

Wie ich also den Wagen gestern, das Droehnen geflissentlich ignorierend in Richtung Deutsche Grenze steuere, und im Stau vor der Europa-Bruecke die Abendsonne stechend klar vom Himmel brennt, waehle ich, nachdem ich den Wagen, mit ca vierzig Stundenkilometern rollen lassend, die Cassette mit dem Cure-Meisterwerk "Wish" nicht mehr hoere weil es so droehnt, waehle ich also die nette ADAC-Nummer und der Mann sagt, ich soll nicht weiterfahren. Waehrend ich dann wiederum auf dem Parkplatz der Esso-Tankstelle Strassburger Strasse, Richtung Deutschland, so stehe und warte, und mein Blick geht ganz automatisch hinter den dunklen Glaesern meiner Sonnenbrille auf die andere Strassenseite, die Sonne steht tief und ploetzlich faehrt ein Kombi auf dem Parkplatz dort mitten in eine riesige Laterne hinein, und sie knickt ganz langsam, wie in Zeitlupe, um, der Kuehler dampft, ein junger Ragazzo steigt aus und kann es nicht fassen, der Wagen hin, die Freundin an der Windschutzscheibe, ihr ist schlecht, sie wird aus dem Wagen gezogen und gestuetzt von seinen Freunden, zu denen er im Gegenlicht unterwegs war, und all das ist ganz unfassbar. Und meine Panne kommt mir sofort so unsinnig vor, dass ich ueberlege, nach Heidelberg zu laufen. Was sind kaputte Radlager gegen ein gebrochenes Genick?

Eckhart Nickel Strasbourg, France - 29.06.99 at 19:20:06

Der Himmel hier in Strasbourg heute war opak, er schimmerte wie die aeusserste Schicht einer seltenen Perle, die halbrund die Stadt unter sich barg, ein Schleier der Schoenheit von den Vogesen her, hohe Stratocomuli, die einem das Herz aufmachen, ausgeformt von Fallwinden hinter Gebirgen, gleich auzgekaemmten Foehnfischen. Wer, und das ist meine Frage hier beim Fest der buergerlichen Kuenste, illustrierte den Tod des Drogisten Walther Rheiner?

en sb, fr - 29.06.99 at 20:58:44

der himmel heute über berlin: flockig, italienisch.
luft: altstadtgesättigt (ohne altstadt)
luftfeuchtigkeit: entspannt, satte geräusche
stimmung: man möchte über dünen laufen, andere beim baden beobachten. in den himmel sehen, nur in den himmel.

sven lager berlin, - 30.06.99 at 00:45:45

Das Filmfest München besteht hauptsächlich aus großangelegten Schmuggelaktionen, rein in die Party, raus aus der Party, erwachsene Menschen malen Stempel nach oder drücken ihre noch warmen Handflächen aneinander.
S. und ich waren drin. Auf der Indie-Party. Was gabs? Menschen, die sich gegenseitig zu beeindrucken suchten. Dennoch: das erschmuggelte Eindringen in die prominente Elite hatte einen Endorphinausstoß bewirkt, der bis ungefähr eins und eine Weinschorle lang anhielt.
Dann wieder heimradeln, allein. Seit zwei Tagen sinne ich über eine Zivilistenfrage nach, deren Beantwortung es mir möglich machen würde hier einen netten Text zu schreiben, leider finde ich keinen Angehörigen der Streitmacht, der sie mir beantworten könnte, die Frage, deshalb wird dies nun ein Stammeltext:

Montag nacht, zwei Uhr, radele ich am Englischen Garten entlang, will elegant in die Köngiginstraße, Ecke Altstadtring einbiegen und da steht dieses Ding, von dem ich nicht weiß wie es heißt: ein Panzer is es nicht, ein Auto auch nicht, ist so ein hochreifiges Demonstrantenausnehmefahrzeug, Panzer-ähnlich mit Polizei daneben und drin, Absperrgitter rund um die ganze Ecke, die Königinstraße ist gesperrt. Ein junger Polizist bittet mich abzusteigen, rechts ranzufahren. Ich frage, was los sei. Nichts, ganz normale Kontrolle, sagt er. Aber dann will er sich doch ein wenig aufspielen und er setzt ein gönnerhaftes "Das wird in den nächsten Wochen noch öfter so sein" hinzu.

Is es tatsächlich, denn der große Bruder Amerika hat sich Ärger zugezogen. Pfuideibel.

Maike W. München, - 30.06.99 at 11:11:36

 

Luscious Jackson: electric honey, pures Glueck. Sonnenstrahlen im Gewitterregen, Aquaplaning.

en sb, fr - 30.06.99 at 14:33:01

antje dorn, berlin 30.6.99 at 17:31:23

Gestern standen nicht nur zwei Polizisten vor der Synagoge, sondern vier hochvergitterte Mannschaftsbusse, wegen dem Todesurteil gegen Apo.
Die Sonne schien und aus den Hippie-Läden am Prenzlauer Berg drang der ganz eigentümliche Geruch von muffigem Parfum, Mottenkugeln, Altkleidern und nochirgendwas, was aus den Chillums kommt. Chilum, schreibt man das so?
Zuerst war ich auf einer Ausstellung von billigen Künstlern aus Frankreich. Bei Kunst weiß ich immer nicht so recht. Es waren so Bilder an die Wand gepinnt, die aussehen, wie die frühen Werke von Moritz R von Plan. Kosteten so zwischen 10 u 600 DM. (Wo ist eigentlich das Euro Zeichen auf der Tastatur?) Eigentlich, so bei näherem Hinsehen, doch Schrott.
Dann eine Marketing-Vorlesung in Rafael Horzom Wissenschaftsakademie, so ein ironisches Spiel, bei dem es aber trotzdem darum ging, möglichst ein Regal zu kaufen, bzw. verkaufen. Niemand hatte Ahnung, alle siezten sich und es war das übliche Volksbühne-Publ da. Nach einer Stunde war es so langweilig, dass ich gegangen bin. Am Abend auf einer Geburtstagsparty von zwei Schauspielern, er ist den älteren unter uns noch als der Junge Hesselbach Erinnerung, zu Zeiten des Schwarz-Weiß Fernsehens. Es waren nur Schauspieler da, die Herren alle, buchstäblich alle in Leinenanzügen, sodaß es an der Gaderobe Verwirrung gab, wem nun welches Leinenjackett gehört. Die Frauen a alle übergewichtig, b rothaarig und c mit Ethno-Schmuck überladen, daß es nur so rasselte.
Heute bekam ich das Magazin des Direct-Brokers Consors und wer schreibt darin: Unsere Freunde Uwe Kopf und Peter Glaser. Top war auch eine Bierwertung und unten war angegeben: Quelle: Tempo. Diese Liste muß ungefähr acht Jahre alt sein und schwuppdiwupp taucht sie im Aktionärsmagazin auf.
Ach ja, Messner ist peinlich, nicht weil er auf Berge klettert oder die Antarktis durchquert, ich wär der letzte, der das missbilligt. Nein, er ist ein Lallsack wie Andre Heller. Oder Moshammer.
Fragen-Spiele find ich lustig, da man Christian nicht mit Hauptstädten überwinden kann: Wo haben Frankreich und die Niederlande eine gemeinsame Grenze?
In welchem Buch steht der wunderschöne Satz: Places to stay -bottom end: One of the most well-known places to stay is the Ringo Guest House at 17 Scindia House, down a small side street near the tourist office.. 14 bed dorms are expensive at Rs 50.

Lorenz R. Schröter Berlin, - 30.06.99 at 17:37:54

Im Wartesaal des Bahnhofs, bei den Schliessfaechern um sechs Uhr zweiunddreissig morgens, an einem schoenen Sommertag den Zug verpasst und deshalb daemmere ich im Anzug, meine linke Hand an meinem Aktenkoffer herabbaumelnd. Und da ich sitze, den Nacken an die dreckig beigen Fliesen angelehnt, faellt mir der alte Penner auf, der mit mir dort auf zehn Quadratmetern und vier Drahtflechtschalensesseln sitzt. Von draussen, da der Durchgang offen ist, weht ab und zu ein Wind herein. Der Penner, unrasiert, im Anorak, schlaeft mit verschraenkten Armen, raekelt sich von Zeit zu Zeit, und schlaegt das eine Bein um das andere. Und wie ich ihn hypnotisch anstarre, weil frueh am Morgen und so muede wie ich bin, die kleinsten Dinge ploetzlich grossen Raum einnehmen, bemerke ich die Stechmuecke, die in unser fluechtiges Exil strauchelt; sie sucht, fliegt herum, riecht seinen Schweiss und findet sein Bein, setzt sich, kriecht weiter, weil der Ruessel nicht ans Schienbein kommt, und bleibt dann kurz vorm Knie ruhig sitzen. Der Mann zuckt auf, die Muecke fliegt kurz fort und setzt sich wieder, kriecht traege und klebrig auf seiner Kleidung herum. Und waehrend ich darueber nachdenke, was fuer ein Hohn das ist, dass ich da sitze und mitansehe, wie der Mann zerstochen wird, und was fuer eine bloede Verantwortung der Schreiber in der Position des Vivisekteurs hat, der protokolliert, das Objektiv auf den Weltausschnitt, den es zu beobachten gilt, scharf stellt und dann im entscheidenden Moment abdrueckt, das Leben von draussen gefangen, gebannt im Bild des Augenblicks, des Kunstportraits, da sticht es mich am Bein und ich merke, ce notre monde, der geschwuerige Obdachlose dort im Wartesaal, sein Blut klebt noch am Ruessel, der mich eben stach, waehrend ich im Geiste formulierte. Mein Bild fuer die unausloechliche, syphilitische Verzahnung von Kunst und Leben, die Kunst eine venerische Krankheit, die Haemmorhoiden des Gehirns. Erweiterung des Horizonts der Vene, Krankheit der Phantasie. Mein rechtes Ohr ist seitdem zu.

Ich Mannheim, Pfalz - 30.06.99 at 17:46:59